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Wilsdruffer Tageblatt : 24.03.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-194003249
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19400324
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19400324
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-03
- Tag 1940-03-24
-
Monat
1940-03
-
Jahr
1940
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 24.03.1940
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MUenweGsei ln Paris vollzogen Daladier auch im Kabinett Paul Reynaud / In Frankreich hat der ehemalige Finanzminister im Kabi- nett Daladier Paul Reynaud die Nachfolgerschaft deS über die Finnlandfrage gestürzten Ministerpräsidenten über nommen. Das neue französische Kabinett setzt sich nach einer Verlautbarung des amtlichen französischen Nachrichtenbüros Havas folgendermaßen zusammen. Ministerpräsident und Auswärtiges: Reynaud. Nationale Verteidigung: Daladier. Vizepräsident des Kabinetts: Chautemps. Kriegsmarine: Campinchi. Luftfahrt: Laurent Eynae. Rüstungen: Dautry. Justiz: Serol. Finanzen: Lamoureux. Inneres: Henry Roy. Handel: Louis Rollin. Kolonien: Mandel. Erziehung (noch unbestimmt): Tarrant oder DekboS. Die weiteren Minister sind: Landwirtschaft: Queuille; Blockade: Monnet; Oeffentliche Arbeiten: de Monzie; Arbeitsministerium: Pomaret; Jnformationsministerium: Frossard; Handelsmarine: Rio; Oeffentliche Gesundheit: Pernod; Pensionen (noch unbestimmt): Riviere oder Taurines. Unterstaatssekretärc: Ministerpräsidium: Ray mond Vidal: Auswärtiges: Champetier de Ribes; Inneres: Jacquinot; K^ieg: Hippolyte Ducos; Finanzen: Laniel; Elsatz- Lothringen: Schuman; Kriegsmarine: Blancho; Arbeit: Albertin. Kriegskabinett innerhalb -er Regierung Reynaud Rach einer Reutcrmeldung ist innerhalb der neuen fran zösischen Regierung ein sogenanntes Kriegskabinett gebildet »vordem das sich zusammensetzt aus Ministerpräsident Reynaud, Verteidigungsminister Daladier, Marine minister Campinchi, Luftfahrtminister Laurent Eynae und RüstungSministcr Dautry. Das Kriegskabinett soll täg lich Sitzungen abhalten. Zweites Kriegskabinett der pariser plutotratie Man hat in Paris die Rollen etwas vertauscht, am Kurs Ändert sich nichts. Der bisherige Finanzminister Reynaud Hat das Ministerpräsidium und das Außenministerium über nommen, der bisherige Ministerpräsident Daladier das Ministerium für die nationale Verteidigung. Paul Rey naud. der neue französische Ministerpräsident, ist kein un beschriebenes Blatt Allem, was in Frankreich aus der Seite der sogenannten Linken steht, ist der Name Reynaud der In begriff des Volksfeindes und skrupellosen Vertreters der Hoch finanz. In der Gestalt Reynauds tritt die Reaktion Frank reichs im verzweifelten Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland auf die Barrikaden. Aber noch mehr wird offen sichtlich. Die Londoner Finanz Magnaten haben ganz ofsen der Pariser Krise ihre Lösung diktiert. Das französische Volk, das im Herbst 1938 Reynauds Ueberwechseln vom Justiz ministerium zum Finanzministerium als Zeichen der Rückkehr in den alten Kapitalismus erkannt Hal, wird nun wohl merken, was nach sieben Kriegsmonaten die Stunde geschlagen hat. jDas neue französische Kabinett trägt ein durchaus Pluto- kratisches und chauvinistisches Antlitz. Denn es sei daran erinnert, daß Paul Reynaud, der Chef des zwei ten französischen Kriegskabinetts, seit seinem ersten Auftreten in Poincarös Chauvinistenkammer von 1919 auch der In- begriff des Deutschenhassers ist. Revnaud ist Advokat von Versailles und Gefolgsmann Tardieus und wird als geschäftiger Commis Englands aus dem Kontinent Frank reichs Hörigkeit im englischen Krieg und im Dienst des Low doner Kapitals vollenden Wenn man zweitens zur Kenntnis nimmt, daß Daladier als Minister der nationaler) Verteidigung dem neuen Kabinett angehört, so kann man daraus schließen, daß rn Paris eine Aktivierung der diplomatischen, finanziellen und wirtschaftlichen Kriegführung beabsichtigt ist. Der Kurs Daladier bleibt, sogar wohl in verschärfter Form. Es ist in Frankreich lange noch nicht so weit, daß das französische Volk den Klüngel zum Teufel jagt, der es in den dümmsten aller Kriege gestürzt hat. Frankreich muß die Suppe auS- loffeln, die ihm sein sogenanntes demokratisches Regime ein- gebrockt hat. Die gegenwärtigen Beherrscher des französischen Volkes aber wollen nach der finnischen Niederlage eine schärfere Betonung des sranzösischen Kriegswillens. Dafür spricht, daß der Volljude Mandel iMandelsohn-Rothschild) wie im Kabinett Daladier auch in der Reaieruna Revnaud Kolonlalminister ist Mandel haßt schon ans seiner"Rasse her- aus das neue Deutschland und ist ein alter Schüler Clemen- ceaus, des Tigers, dessen Herzenswunsch die Vernichtung Deutschlands war. Neben dein Testamentsvollstrecker Poin- carös Revnaud also der Clemenceau-Anhänger Mandel! Ferner der durch seine Hetzreden gegen Deutschland bekanntgewordene Kriegsmarincminister Campinchi. Ihre Namen sprechen eine aufschlußreiche Sprache. Man bedenke, daß Mandel der Vertreter einer maßlosen Deutschenhetze ist. Er forderte schon 1933 vor der französischen Kammer eine Kontrolle der deutschen Rüstungen und Sanktionen, falle Deutschland diese Maßnahmen nicht anerkenne. Die jüdisch-plutokratische Oberschicht be herrscht also nach wie vor in Wahrheit Frankreich. Ihr Ziel ist die Vernichtung Deutschlands. Wir Deutsche aber wissen jetzt genau, woran wir sind. Wir haben es nicht nötig, die Plutokraten zu stirchten, weil unsere politischen und militäri schen Erfolge uns die Garantie geben, daß in diesem Kriege der Sieg dem Großdculschcn Reich gehört. Sie haben in Paris ihre Ministerrollen vertauscht. Glauben die Pariser Pluto kraten, damit einen Anöwea aewon-"-' -n b"ben? Es aibt keinen! Das plutokratischc Regierungssystem hat eine so voll ständige Versitzung egoistischer Cliqueninteressen herbeigeführt, daß ein wirklicher Kurswechsel unmöglich ist. Was in Paris geschah, ist nichts weiter als- üble Kulissenschieberei. Sie er weckt im sranzösischen Volk wieder neue Hoffnungen, die völlig falsch sind und zu einem furchtbaren Erwachen führen müsse»». Mit parlamentarischen Mätzchen beseitigt man nicht mehr die bestehende Unordnung und Unsicherheit im französischen Volke. Mögen sie in Paris den Versuch machen, größere Aktivität zu entsaften, es wird ei»» vergeblicher Versuch sein. Die deutsche Wehrmacht, die den plutokratischen Wassen auf allen militärischen Gebieten überlegen ist, wird ihre Schläge weiterführen, bis die endgültige Niederlage das fran zösische und das englische Volk darüber belehren wird, wie es von der plutokratischen Oberschicht belogen und betrogen wurde. Deutschland kämpft weiter bis zum kla. renSiegel Bestürzung in Frankreich Kabinettswcchsel offenbart schwere innere Krise. Der KabineltSwechsel in Paris hat in der französischen Bevölkerung größte Bestürzung ausgelöst. Seit Wochen war es zwar bekannt, daß Daladiers Stellung ins Wanken geraten war, aber man glaubte, es sei mit einem Wechsel einiger Ministerposten getan. Nun erkennt man, daß sich hier eme ernste innere Krisis osfenbari, die durch das Fiasko in der Finnlandsrage zuin offenen Ausdruck gekommen ist. Die französische Bevölkerung, die diesen Krieg nicht gerade mit großer Begeisterung milmacht, hat immer mehr das Gefühl, daß die Chancen ver Weltmächte von Tag zu Tag geringer werden. So hat sich eine Unsicherheit breitgemacht, die sich allmählich zu einer allgemeinen Vertrauenskrise ausgewachsen hat In ausländischen diplomatischen Kreisen der franzö»,scheu Hauptstadt verhehlt man nicht, daß die innerfraiizösische Krisis schwerwiegende Rückwirkungen nach sich ziehen kann. Daran ändert auch nichts der von amtlicher Pariser Seite zur Schau getragene Optimismus, wonach der Regie rungswechsel keine besondere Bedeutung habe. „Daladier ist ein Gefallener des russisch-finnischen Krie ges*. so schreibt ein römisches Blatt und ein Turiner Blatt stellt fest, daß das demokratische Regime für die Aufgaben der modernen Gesellschaft nicht ausreichend sei. Soviel Blind heit geoenüber den tatsächlichen Erfordernissen, wie sie jetzt in Frankreich in Erscheinung trete, lasse sich nur als eine Rache der Göttin Remesis erklären Die italienische Zeitung „Resto del Carlino" meint, Frankreich verliere aus diplomati schem Gebiet an Boden und sei gleichzeitig unfähig, die mili tärische Initiative zu ergreifen. Daladiers Sturz werde für sein Land noch schwere Schläge nach sich ziehen, während der Krieg seinen unausweichlichen Fortgang nehme. Für Italien sei die Regierungskrise das Eingeständnis der Schwäche und für Deutschland eine gewonnene Schlacht. Adolf Hiller: „Was immer auch im ein zelnen uns an Opfern zugemutet wir-, -as wir- vergehen und ist belanglos. Entscheidend ist und bleibt nur der Sieg!" München, den 8. November 1939. London begrüßt Paul Reynaud Dtan erwartet noch engere englisch-französische Zusammen«" arbcit. v Die Engländer sind sehr befriedigt, daß ihr intimet Freund Paul Reynaud das neue französische Kabinett gebildet hat. Das halbamtliche Reuterbüro nennt ihn eine der in Eng land populärsten Persönlichkeiten und meint bezeichnender weise. daß man in England seine Arbeit als Finanzministei als „eins der besten Beispiele für die Wiederaufrichtung Frankreichs" betrachtet habe — wahrscheinlich als Vasallen staat des britischen Reiches. London ist aber auch zufrieden, daß der am Krieg verantwortliche Daladier als Kriegsminister geblieben ist. Der Londoner Korrespondent des Amsterdamer Blattes „Trlegraaf" gibt seinen Eindruck dahin wieder, daß man nun an der Themse der Ueberzeugung sei, daß die französisch- britische Zusammenarbeit noch intensiver werde als früher Moskau zum pariser Regierungswechsel Zur Neubildung der französischen Regierung nehmen die sowjetrussischen Zeituygen ausführlich in Artikeln Stellung, die unmißverständlich den Standpunkt der Moskauer poli tischen Kreise erkennen lassen, wonach die neue französische Regierung nicht anders zu bewerten ist als das verflossene Kabine« Daladier. Nach Ansicht der Moskauer Blätter bring» die Regierung Revnaud nicht die geringste Voraussetzung dw für mit, mit den Mißständen, die sich in Frankreich infolge des Krieges eingestellt haben, etwa besser fertig zu werden als ihre Vorgängerin. „Prawda" schreibt «. a.: Die Regierungskrise in Frank reich war hervorgerusen durch die Fehlschläge der Krieg führung. die Mißerfolge tn der Außenpolitik und die Ver schärfung der innenpolitischen Lage im Lande, die Unzu friedenheit der Volksmassen, die Elend und Entbehrungen er dulden und üb^r die Teuerung und die unermeßlichen Steuern klagen. Die Folgen dieser Außenpolitik, die Frankreich in Ab hängigkeit von England auf sich nehmen mußte, sind nicht ausgeblieben: Frankreich trägt die Hauptlast des Krieges. In ähnlicher Weise äußert sich die .Hswcstija". Sie wirst die Frage aus, ob die neuen Männer nunmehr „eine Regie rung der großen Strategie* bilden können. Die „große Stra tegie*. so meint das Blatt, „mutz verändert werden, sie braucht neue Vollzugsorgane, um sie zu verwirklichen, sollen die Gebeine von Millionen französischer Soldaten aus den Schlachtfeldern verfaulen." Moskau weist britische Lügenmeldungeu zurück. Zu der von Reuter verbreiteten Lügennachricht, wonach die Sowjelunion zusätzliche, über den Nahmen des sowjetisch- finnischen Friedensvertragcs hinausgehende Forderungen au Finnland richte, wird von feiten des Moskauer Autzenkom- missariais e^'län, daß es sich bei diesen vom Reuterbüro auf- qegrisfcnen Lügenmeldungen um eine böswillige Erfindung» handelt, die man in Moskau aus das energischste zurückwcist. Lord Gort über Aranzosenbebandlimg Für den 24. März haben sich die Franzosen ein „Inters nationales* Sportfest ausgedacht, das aus der Rennbahn von! Le Tremblav ausgetragen werden soll. Die Jniernatio- nalität dieses Sportfestes beschränkte sich allerdings von vorn herein aus Engländer, Belgier und Franzosen. Nun aber hat ier britische Oberkommandierende in Frankreich, Lord Gori — der den Franzosen bereits durch seinen berüchtigten Anliheiratserlaß" aus die Nerven fiel — ihnen auch hier inen bösen Streich gespielt. Er hat Nämlich kurzerhand den englischen Soldaten die Teilnahme an diesem Sportfest und nsbcsondere an dem vor allem propagierten „militärischen Ouerfeldeinlaus* verboten, so daß nuninehr die Fran- wsen ihr Ostersportsest mit den Belgiern allein bestreiten müssen. Nies schon die Tatsache dieses Teilnahmeverbots in Frank reich allgemeinen Unwillen hervor, so haben die Aeutzerungey, die Lord Gori im Zusammenhang damit tat, einen wahren Sturm der Entrüstung entfesselt. Durch die Indiskretion eines britischen Offiziers erfuhr nämlich der „Petit Parisien", daß Lord Gori in seinem Hauprquartier erklärte: ,Jch werde niemals einen Urlaub erteilen für einen Wett bewerb, in dem die Engländer sicher geschlagen werden. DaS würde unserem Prestige, wie ich glaube, sehr abträglich sein. Wir müssen die Franzosen in jedem Augenblick in der Mei nung erhalten, daß die Engländer alles besser können als sie. Nur dann werden sie so willig sein wie bisher." Die Meinung Lord Goris über die Art, wie man Eng lands Verbündete am besten behandelt, scheint sich demnach noch nicht geändert zu habenl Vknksca-necmucnvrr ouacu vciro»o oiKäk z^e» Lira, wen o/w/L (86. Fortsetzung.) „Hatten Sie denn keine Gelegenheit, im Rundfunk h« hören?* „Ach, unser Apparatchen zu Hause...! Es ist ein ur altes Stück. Wenn man schon einmal München hörte, dann klang es wie eine Drehorgel, der von Zeit zu Zeit die Luft ausgeht. Und außerdem hörte mein Vater lieber Tanzmusik!" „Da müssen Sie einmal zu uns kommen!" schlug Albert Wiesner vor. „Wir haben ein recht gutes Ge- xät. Auch einige gute Schallplattenaufnahmen müssen noch da sein, ich glaube von den Berliner Philharmo nikern, nicht wahr, Fritz?" Fritz bejahte. „Im übrigen erscheint die „Zauber flöte" regelmäßig im Spielplan des Münchner Natio naltheaters. Da könnten wir Fräulein Volkmer zur telephonischen Uebertragung einladen." „Was ist das nun wieder?" fragte Eva, und auch Becherkamp hatte von diesem bedeutsamen Fortschritt Noch nichts gehört. „Verschiedene Städte, darunter seit kurzem auch Passau, sind mit ihrem Fernsprechnetz an die Münchner Opernbühne angeschlossen. Wer ein Telephon hat, kann sich also zeden Abend die Oper aus München anhören. Der Empfang ist sehr gleichmäßig und klangrein, da bei vollkommen störungsfrei, wirklich ein ungetrübter Genuß. Ich wundere mich, Herr Becherkamp! Ich dachte, daß es in Berlin längst diese Einrichtung gäbe!" „Nein, ich habe nie davon gehört und muß gestehen, daß ich begierig wäre, diese Sache kennenzulernen." „Nichts einfacher als das!" schlug Albert Wiesner sogleich vor. „Kommen Sie doch beide morgen abend, am Samstag! Es wird „Boheme" übertragen." „Herrlich! Da nehme ich Ihre Einladung mit Freu den an! Kennen Sie: „Wie eiskalt ist dies Händchen?" Fräulein Volkmer?" Er summte die Melodie, indem er mit dem Linaer leicbt den Takt andeutete. '„Schön!" flüsterte Eva. „Ach, da freue ich mich schon!" Fritz Wiesner rutschte vor Begeisterung auf der Bank hin und her. „Also abgemacht! Sie müssen aber recht- zeitig zum Abendbrot da sein." Er wandte sich an Bur ger. „Sie kommen natürlich auch, lieber Professor!" Burger schüttelte den Kopf. „Das geht leider nicht, da ich das Wochende regelmäßig aus dem Lande ver bringe, bei meiner Schwester in Griesbach! Ich denke, Sie werden mich nicht allzusehr vermissen!" „Das ist schade!" sagte Fritz und gab sich redliche Mühe, ein enttäuschtes Gesicht zu machen. Es war Eva unterdessen gelungen, ihr Weinglas leer zu kriegen, eine Leistung, die von allen nach Gebühr bewundert wurde. Jedoch lehnte sie es ab, sich das Glas noch einmal füllen zu lassen. „Nein, danke, ich glaube, ich habe schon einen Schwips. Mir ist so kribblig i»n Kopf, ganz komisch!" Die Männer erklärten wie aus einem Munde, daß dies keineswegs ein Schwips sei, denn ein solcher stelle sich niemals vor dem vierten Schoppen ein. „Nein, nein, Sie können mich nicht überreden!" lachte sie. „Im Gegenteil, ich werde jetzt nach Hause gehen. Denn morgen früh muß ich wieder im Dienst sein." Diesmal half keir» Widerspruch und kein Zureden. Eva blieb fest. „Auch ich möchte mich verabschieden!" sagte Becher kamp mit einem Blick auf die Uhr. „Seit nahezu zwei Stunden wartet meine Verwandtschaft im „Schwarzen Ochsen", um mir ihre Huldigungen zu Füßen zu legen; wahrscheinlich werden mich statt dessen die bittersten Vorwürfe erwarten." Fritz Wiesner runzelte betrübt die Stirne. „Dann können wir ja gleich alle miteinander aufbrechen. Was sollen wir noch, wenn die strahlenden Mittelpunkte dieser Tafelrunde uns im Stich lassen? — Aber kommen Sie uns am Samstag nicht mit solchen Ausreden, Fräulein Volkmer! Nm Sonntag gibt es keinen Dienst, da können Sie bis zum Nachmittag schlafen!" Zehn Minuten später trat die kleine Gesellschaft auf den vereinsamten Rathausplatz hinaus. Wahrscheinlich ward Eva sich der hohen Auszeichnung gar nicht bewußt, die darin lag, daß sie von vier an gesehenen und höchst ehrenwerten Männern bis zur Dürrbößlschen Haustür begleitet wurde. 26. Eugen Becherkamp, der bis in den späten Morgen hinein aeicblasen batte, stand mit brummendem ScbLLal am offenen Fenster seiner Schlafstube und blickte in Lier Stadt hinunter. Er -achte an die Ereignisse -eS vergangenen TageS, an dieses Mädchen Eva zumal, das ihn — hol's der Teufel! — ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Aber — was sollte das alles? Blödsinn! Aus gewachsener Blödsinn! Man wird sich auf die Sache nicht weiter mehr einlassen: die Einladung für heute abend konnte abgesagt werden. Es war sowieso besser, einmal zu Hause zu bleiben und sich dem Bruder zu widmen. Ueber der Stadt drunten lag ein dicker grauer Nebel. Nur für kurze Augenblicke tauchte zuweilen eine Turm, spitze oder ein steiles Hausdach aus dem wallenden Brodem empor. Das würde wohl wieder einen regnerischen Tag geben! — Na, mochte es! Er würde sich heute jeden falls nicht aus dem Hause rühren. Nach einer Zeit kam Anna herein unL berichtete ihm, daß sein Bruder krank zu Bett liege. „Nanu!" erschrak Eugen. „Doch nichts Ernstliches?" Anna zuckte die Achseln. „Es ist immer wieder seine Magengeschichte. Ich denke mir halt, der Herr Professor sollte sich operieren lassen; aber davon will er nichts wissen!" „Schon gut, Anna, ich werde gleich Hinunterkommen!" Er beeilte sich mit seiner Garderobe fertig zu werden. Sm, Franz! — Schon gestern, als er im „Schwarzen Ochsen" eingetroffen war, hatte ihm der Bruder nicht gefallen. Er hatte ganz bleich und verfallen ausgesehen. Als er das Zimmer des Kranken betrat, packte ihn wch der Schrecken. „Hallo, mein Lieber, was sind das ür Sachen?! — Hast du schon den Arzt verständigen assen?" Er zog sich einen Stuhl an das Lager und etzte sich. „Ach, kein Grund zur Aufregung! In zwei, drei Tagen ist der Anfall vorüber, und dann habe ich wieder acht Wochen meine Ruhe." „Das ist aber kein Zustand! Was sagt -er Arzt dazu?" Becherkamp machte eine wegwerfende Handbewegung. ,,Diese Aerzte! Die möchten natürlich am liebsten gleich immer schneiden. Unsinn! Wird sich schon wieder ein- renken mit der Zeit! — Wenigstens hat der Anfall -aS Gut", daß ich dich einmal richtig zu sehen bekoinme. Du cheinst außerordentlich in Anspruch genommen su " (Fortsetzung auf der 4. Seite.)
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