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MMHe Llbzeitmg. Amts- und Auzeigeblatt für das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. 64. Schandau, Sonnabend, den 9. August 1884. Bekanntmachung, das Schweizführerwesen in der Sächsischen Schweiz betreffend. Die nntcrzcichnctc Königliche AmtShanptmannschaft findet auf Grund ncncrlichcr wiederholter Vorkommnisse zn nachstehenden erläuternden bcz. ver schärfenden Bestimmungen zu dem Ncgnlativc über das Schwcizführcr-, Sannithicr, und Lohnfuhrwcscn in der Sächsischen Schweiz vom 1. Mai l883 Bcranlassnng. ZU 8-' 12. Sämmtlichen Wirthen in der Sächsischen Schweiz, soweit dieselben der unterzeichneten Königlichen AmtShanptmannschaft nntcrstchcn, ist cs verboten, den Schweiz- nnd Sannithicr-, sowie den Gcschirrführcrn und deren Aufsehern für aller Art Zuweisungen von Reisenden zn ihren Etablissement« Geld- oder sonstige Geschenke znznsagcn oder zn verabreichen »nd werden nachweisbare Znwidcrhandlnngcn nach 8- <12 des obenerwähnten Rcgnlntivö bestraft werden. II. zu 8- 24. Die Sanmthicrbcsitzcr oder Führer dürfen mir an derjenigen Station bauernde Aufstettting nehmen, ans welche ihre Führcrbncher lauten nnd ist denselben ein Anfstcllcn an einer anderen der in 8- 24 des Regulatives festgesetzte» Stationen überhaupt nur dann gestattet, wcuu dieselben mit ihr Sannithicr bcnutzcudcn Reisenden ans der Tonr begriffen nnd von diesen zum Warten anfgcfordcrl sind. Von den Endstationen ihrer Touren haben sich dieselben »»verweilt auf ihre A»Sgn»gsstatio»e» zurück zu begeben, insoweit ein Aufenthalt nicht durch Nachtquartier oder nöthigeS Ausruhcu und Abfüttcru der Pferde bedingt wird. Znwidcrhandlnngcn hiergegen werden nach 8> <12 nnd 43 des Regulativs vom 1. Mai 1883 geahndet werden. zu 8- 26. Gleicher Bestrafung unterfällt ein Saumlhicrführcr, welcher sein Saumthicr einem anderen mit einem Saumthicrc bereits auf der Tour begriffenen Führer zur gleichzeitigen Leitung überweist. zu 8- 34. Die in den 88- 10, 11, 12, 13, 14 nnd 15, des mchrcrwähntcn Regulativs für die Schweiz- und Sanmlhicrführcr bcz. deren Anfschcr gültigen Vorschriften werden hiermit auch ans die Geschirrführer anögcdchnt nnd werden Zuwiderhandlungen Seiten der Letzteren in dieser Beziehung ebenmäßig nach 8- <12 obigen Regulativs geahndet werden. zu 8- '43. Wenn endlich der unterzeichneten Behörde ans den Erfahrungen der jüngsten Zeit dcm Pnblicnm gegenüber mehr nnd mehr die Verpflichtung erwächst, einer noch strengeren nnd schärferen Handhabung der rcgnlativmäßigcn Strafbestimmungen sich znzuwcndcn, so richtet sic hiermit n» alle bei dem Schwcizführcr- wcscn Bctheiligtcn die ebenso dringende wie ernste Mahnung, einer unbedingt streng corrcctcn Haltung fortan sich zn befleißigen, anderen Falles aber nnd nach Befinden ohne Weiteres sich der Entziehung der Eigenschaft als Schweiz-, Sannithicr- nnd Geschirrführcr bcz. Saumthicrhaltcr und Führcranfsehcr zu gewärtigen. Alle OrtSbchörden der Sächsischen Schweiz im Verwaltungsbezirke der Königlichen Amlshnnptmannschaft Pirna aber werden hierdurch veranlaßt, ans die vorstehende Bekanntmachung ihres OrtS noch besonders anfmcrksam zu machen und Znwidcrhandlnngcn dagegen wie gegen das mchrcrwnhntc Regulativ überhaupt ebenso unnachsichtlich bei der unterzeichneten Stelle zur Anzeige zu bringen, wie dies den polizeilichen Aufsichtöorgancn hiermit ihrerseits zur Pflicht gemacht und von dcm Pnblicnm selbst andnrch erbeten wird. Pirna, am 4. August 1884. Königliche A m t s h a n p t m a n n s ch a ft. k,v AlnistL». Berthold. Zur Handwerkerfrage. Schon die unbestreitbare Thatsachc, daß die deut schen Handwerker, einem mächtigen Impulse folgend, für die Hebung ihrer bedrängten Lage cintrctcn nnd z» gemeinsamen Kundgebungen, zuletzt in Frankfurt am Main auf dem Haudwcrkertage, schreiten, uöthigl alle politischen Organe, der Handwcrkerfragc einige Aufmerksamkeit zuzuwcndcu und zur Klärung der Sach läge bcizntragcn. Wie ans den Resolutionen und Petitionen der Handwcrkcrkrcise hcrvorgcht, dreht sich der Streit hauptsächlich um die Wiederherstellung obligatorischer Innungen »nd bedarf gerade dieser Pnnkt der ein gehendsten Erwägung. Die Zunft in ihrer alten Form hcrzustcllcn, wird wohl keinem klar sehenden Handwerksmeister cinfallcu, denn dagegen lehnen sich unsere sämmtlichen modernen Wirthschaftövcrhältnissc, Maschinenwesen und Groß betrieb weit mehr als die Gcwcrbcfrcihcit ans, der man ja einige Beschränkungen, so weit sic als Zügel losigkeit auftritt, schon nngcdcihen lassen könnte. Mit dem Rufe nach Innungen kann man niemals dcm jcnigcn nach Aufhebung der Gcwcrbcfrcihcit vcrbmdcn, denn wir möchten den Handwerksmeister sehen, dcr sich bis zur Anwendung dcö Maschinenbetriebes cm- porgcschwmigcn hätte, — und heutzutage kommt dies iu jeder Brauche vor, — und cS sich ruhig gefallen ließe, daß er nicht znm Großbetriebe, znr Fabrikation mit Ncbenbranchen avancircn dürfte. Es wäre dies eine schreiende, wirthschaftlichc Ungerechtigkeit, denn der begabte Handwerksmeister müßte dann ans seinem beschränkten Gebiete bleibe», während er vielleicht das Zeug dazu hätte, ein industrieller Krösus zu werden. Die neue rcformirtc Innung muß eben Alles nuS- schlicßen, was irgendwie ein Hcmmniß für die natür liche Entwickelung sein kann, und muß eine AcrnfS- gcnosscuschaft lediglich zur Hebung dcö Gewerbe« durch Herbeiführung einer größeren LcistnngSfähigkeit der Lehrlinge, Gesellen nnd Meister werden. Dabei könnten diese Bcrnfögcnosscnschaftc» recht gut obligatorische sein, damit die Acrufögcnosscn gleichmäßig die Kosten der besseren Ansbildnng nnd höheren Leistungsfähig keit tragen. 'Ein sehr treffendes Urthcil über diese Frage lesen wir auch in der „Jllnstr. Lcipz. Schnhinachcr-Zcituug", wo cö heißt: „Auch wir sind für obligatorische Jnii- nng, wir sind cö hauptsächlich deswegen, um ciu Mi! tcl zu haben, durch das alle Angehörige eines Berufs- zweige«, je nach der Ansdchnnng ihres Geschäftsbe triebes, zn den Lasten hcranzuziehcn sind, welche die in Zukunft im Interesse einer zeitgemäßen Leistungs fähigkcit dcö betreffenden Handwerks nöthigcn Insti tutionen verursachen. Diese Institutionen liegen im Gcsammlintcrcssc dcö betreffenden Gewerbes nnd jeder Angehörige wird dircet oder-indircct davon profilircn; Grund genug, daß auch Jeder, insbesondere jeder Selbst ständige im Gewerbe, zn den Kosten beiträgt. lind da dies ans dem Wege der Freiwilligkeit nicht zn er reichen ist, darum die obligatorische Bcitragövcrpflicht- nug, reeto obligatorische Innung. Judcß, wir sind, wie gesagt, für die Erreichung derselben nnf geradem Wege, nnd wir zweifeln nicht, daß, wenn cS der Reichs tag namentlich in angeführtem Sinne dargclcgt findet, er sich nnf die Dauer nicht der Einsicht verschließen wird, Beschlüsse in demselben zu fassen. Aber auch darum, weil durch den indircctcu Zwang nicht dnö erreicht werden kann, was für denselben an geführt wird, nämlich eine erhöhte Garantie, daß der Lehrling mehr lernt, wenn sein Lehrmcistcr Jnniuigs- Mitglied ist, sind wir gegen denselben, den iudircetcn Zwang. Es könnte nnr dnrch einen ganz geheimen Zander geschehen, wenn Jemandem, der selbst nicht viel gelernt hat oder dem überhaupt das Zeng abgcht, Lehrlinge ansznbildcn, lediglich dnrch Eintritt nnd Zah lung des bezüglichen Einlrittögcldcö in die Innung die Befähigung würde, einen jungen Menschen zn ei nem brauchbaren Arbeiter anözubilden. Es trifft daö natürlich auch hinsichtlich dcö obligatorischen Beitritts- Zwanges für selbstständige oder selbstständig werdende Handwerker znr (obligatorischen) Innung zn, wenns nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden, die eine gewisse erhöhte Garantie für gute Ansbildnng der Lehrlinge geben. Und diese erhöhte Garantie kann nnr in einer gewissenhaften, fachkundigen Prüfung der jenigen Handwerker, welche Lehrlinge ansbilden wollen, liegen. Bou dieser aber kann weder die selbstständige Ausübung deö Handwerks, noch der Beitritt znr Innung abhängcn. Denn wo sollte daö hinführcn? Abgesehen davon, daß cö immerhin eine große Anzahl tüchtiger nnd talentvoller Handwerker gicbt und ge rade solcher gicbt cö viel — die gar nicht darauf rc- flcctircu, Lehrlinge auöznbildcn, und die deshalb anch gar nicht Veranlassung habe», sich einer Prüfung da hin zn unterziehen, waö soll mit jenen Haudwcrkcrn geschehen, die eine gewissenhafte Prüfung ans die Bc- fähignng hi», Lehrlinge anözubilden, nicht bestehen? Soll ihnen deswegen die selbstständige Ausübung ihres Handwerke« verweigert werden, sollen sie zeitlebens Gesellen bleiben? Daö kann unter den heutigen Verhält nissen wohl Niemand ernstlich verlangen, er müßte denn in seiner geistigen Schfähigkcit sehr beschränkt sein." Das Scheitern der londoner Conferenz der Großmächte in den cgyptischcn Angelegenheiten. Man weiß, daß cö der englische Premierminister Gladstone schon vor Monaten für eine Nothwcndig- kcit erklärte, daß die gcsammteu Großmächte die Re gelung der cghptischcn Finanzverhältnissc in die Hand nehmen möchten nnd daß nach langwierigen Vorverhand lungen diese Conferenz der Großmächte auch endlich iu London zusammcntrat. Gegenwärtig befindet sich mm aber Europa dem lehrreichen «Schauspiele gegen über, daß Dank der Halsstarrigkeit, der Aumaßnng mid Selbstsucht, ja vielleicht auch der perfiden Schlau heit Englands die Conferenz scheiterte nnd in dcr Ncgclnng der cghptischcn Angelegenheiten so viel wie nichts erreichte. — Die englische Negierung, unter stützt vom Chorus der cnglischcu Presse, ist natürlich