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MMe LlbMng. Amts- unö Avzeigeblatt für das Köni^l. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sachs. Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postanstaltcn, sowie durch die Expedition dies. Bl. fiir 1 Mark bicrtcljährl. zu beziehe». — Inserate für das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh l) Nhr, fiir das Sonnabcndsblatt spätestens bis Freitag früh 1t Uhr erbeten. — Preis fiir die ge spaltene CorpuSzcilc oder deren Naum 10 Pf., Inserate unter 6 Zeilen werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirtc nach Ucbereinkunft.) — Inserate fiir die Elbzeitung nehmen an in Hohnstein Herr Bürgcrmstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annonccn-BiircauS von Haascnstcin L Vogler, Jnvalidendank und Nud. Mosse. 58. 1884. Schandau, Somiabcud, den 19. Juli Bekan ntmachn ng, das Fahren mit Velocipeden auf öffentlichen Wegen betreffend. Mit Rücksicht auf mehrere im Bezirke der unterzeichneten Königlichen AmtShauptmnuuschaft neuerlich vorgekommcuc, durch rücksichtsloses Fahre» mit Vclocipcdcu veranlaßte Unglücksfällc wird hierdurch zur Sicherung des freien Verkehrs auf den öffentlichen Wegen Folgendes angcordnct: 1. DaS Fahren mit Velocipeden ans allen öffentlichen Wegen des amtShanptmanuschaftlichen Bezirkes hat mit größter Vorsicht zu erfolgen nnd ist insbesondere beim Hcrannahcn von Fuhrwerken oder Reitern mir ganz langsam zu fahren. 2. Sobald Pferde beim Anblicke eines im Gange befindlichen Vclocipcdcö nnrnhig oder scheu werden, so hat der Vclocipcdfahrer unverzüglich auznhaltcn, nach Befinden abznstcigcn und zu warten bis die Pferde vorüber sind oder sich beruhigt haben. 3. Zuwidcrhandlnngcn gegen vorstehende Vorschriften werden, insoweit nicht andere Slrafbcstimmnngcn cinschlagcu, nach 8 360,10 dcö Ncichö- strafgcsctzbuchcs mit Geldstrafe bis zu 60 M. oder Haft bis zu 14 Tage» geahndet werden. Pirna, den 12. Juli 1884. Die Königliche A m t S h a n p t m a n n sch a ft. Nationale Feste. Von heute au wird iu dcu Manern der alten Mcß- uud Mnscustadt Leipzig daö VIII. deutsche Bundcö- schicßcu abgchaltcn und allen Anzeichen nach zu schlie ßen, wird dasselbe nicht nur aus allen denlschcu Gauen, sondern auch ans Oesterreich, der Schweiz n. s. w. ünßcrst zahlreich besucht werden. Es erhellt hieraus, daß die Thciluahmc für derartige Feste, wie Schützen-, Turner, nnd Säugcrfestc, welche gerade mit deutscher Art und deutschem Wesen so innig verknüpft sind, in unserem Volke noch immer in weiten Kreisen sich ans- recht erhält, während mau von anderer Seite stets den Einwand erhebt, daß sich solche Feste heute, wo Dculschlaud politisch geeint dastcht, überlebt und da rum keine Berechtigung mehr hätten. Es ist aller dings nicht zn läugncn, daß die allgemeinen Tnrncr-, Schützen, nnd Sängcrfcste vor 1870 viel dazn bcigc- trngen habe», den Gedanken der deutschen Einheit zn kräftigen nnd zn fördern nnd ihm dem deutschen Volke immer wieder zum Bewußtsein zu bringen nnd wenn wir derartige Festivitäten nur unter diesem Gesichts punkte betrachten wollen, so wäre freilich die Frage berechtigt: Wozu brauchen wir noch deutsche National- feste? — Zngcgcbc», daß die nationale Bedeutung solcher Feste an Erheblichkeit verloren hat und daß der Ernst der Zeit uns mahnt, Sparsamkeit, Enthaltsamkeit und Nüchternheit als Richtschnur iu unseren regelmäßigen Unternehmungen n»S dienen zn lassen: Kann nnd muß deshalb ein Volk sich abhaltcn lassen, »ach jahrelange»! Zwischenräume altem Herkommen gemäß sich wieder einmal zn vereinigen zn einem großen gemeinschaft lichen Feste? Akan müßte dann überhaupt jedem Volks feste als solchem seine Berechtigung absprcchcn, während doch schon die Geschichte uns lehrt, daß es deren zn allen Zeiten und bei allen Cnltnrvölkcrn gegeben hat. Im alten Griechenland bildeten die olympischen Spiele den Mittelpunkt der nationalen Vereinigung und zn Olympia war cö, wo „der Kampf der Wagen und Gesänge die Gricchcnstämmc froh vereinte." Auch die alten Römer verstanden ihre Feste zu feier« uud unter den Kaisern verlangte ja die schon dcgcncrirte Nation mir nach „panom ot eireonsis", »ach Brot »nd Spiele». Das mittelalterliche Deutschland kannte zahl lose Aufzüge, Spiele und Unterhaltungen für daö Volk in Stadt und Land, Frankreich nnd die anderen ro manischen Länder haben ihre Volks- nnd nationalen Feste nnd jenseits des Canals vereinigen Regatten nnd großartige Wettrennen, wie z. B. der Dcrbytag, Tausende und Zchntanscnde in festlicher Stimunmg und werden so zum Ausgangspunkt vvlkSthümlicher Feste. Das wahre Volksfest, zn welchem sich alle Theile der Bevölkerung, Hoch nnd Niedrig, Imig nnd Alt, ohne Unterschied der Religion, der Parteien nnd der bürgerlichen Stclümgen vereinigen, hat seine sittliche Berechlignug in vielfacher Hinsicht. Es hebt ganze Massen mit einem Schlage zn einer frcndigeu Stim mung empor, die, was so selten ist nnd so anregend auf Herz und Gcmüth wirkt, einen gemeinschaftliche», ungekünstelte» Mittelpunkt hat; cs hebt sie heraus ans de» Lasten und Sorgen der Alltäglichkeit znm heiteren Lebensgenuß. Dadurch wird das Gefühl der Volks gemeinschaft gehoben uud gestärkt, die Gcmüthcr wer den versöhnlicher gestimmt, die religiösen, politischen nnd sociale» Gegensätze, die leider in den Tagcskäm- pfcn sich mehr imd mehr schärfen, sie verschwinden in den Tagen des Festes und weit hinaus über diese Tage knnu dieser mildernde Einfluß dcö Festes seine segensreiche Wirkung ansübcn. Die Jngcnd erhält Anregung und nachhaltige Stimmnug durch daö Fest für das ganze Leben, Kunst und Industrie scheu wir im Wettkampfe bestrebt, zur Verschönerung dcö Fcstcö bcizutragen und der wirthschaftlichc Pnlö erhält einen rascheren, frischeren Schlag in vielen Kreisen lange vor dem Feste, während desselben nnd darüber hinaus. Daö sind nicht mir ideale nnd sittliche Momente eines wahre» Volksfestes, sonder» sic vcrlcihcu dcmsclbc» auch ci»c gcwissc praktische nnd wirthschaftlichc Bedeut ung. Und auch der nationale Gedanke kommt hierbei nicht zn kurz. Zwar, die politische Einheit haben wir, der deutsche Staat ist fest gefügt, aber »och regt sich der Particulariömnö iu kräftigen Zügen, Partcigczänk zer klüftet daö deutsche Volk, und das Anöland blickt meist scheel ans die errungene Einheit der Deutschen — muß da uicht ein solches Fest erfrischend und segensreich wirken, als eine Mahnung nud patriotische Stärkung für u»S selbst, als eine sclbslbcwnßtc Kundgebung gegen das Ansland? Wenn das deutsche Volk in diesem Sinne seine nationalen Feste feiert, so wird Niemand, welcher nicht überhaupt ein abgesagter Feind aller Volksfeste ist, einen ernstlichen Einwand gegen deren Begehung erheben kömic» imd wir hoffen nnd wünschen darum, daß auch das VIII. dcntschc Bundes- schießen, zu dessen würdiger Feier die Stadt Leipzig ja so großartige Vorbereitungen getroffen hat, sich zu einem volksthümlichcn Feste im schönsten und wahrste» Sinne dcö Wortes gestalte» wird. Die Mission lle. Koch's. ' I» dieser Woche ist Gchcimralh Or. Koch vo» seiner Reise nach dem Süden Frankreichs, die er im Auftrage der deutschen NcichSrcgicrniig unternommen hatte, um über das Wesen der dort herrschenden Cholcracpidcmic Studien zu mache», wieder »ach Ber lin znrückgckchrt. Mit begreiflicher Spannnng sah man in- und anßcrhalb Deutschlands den Resultaten der Studienreise dcö berühmte» Entdeckers des Cholera- Bacillns entgegen, der seit seinen cpochcmachcndcn Studien der Cholera in Egypten nnd bcsoudcrö in Indien der eigentlichen Heimat der Seuche, mit Recht als ciue der ersten mcdicinischcn Autoritäten Europas bei Bcurtheiluug des Characters dieser furchtbare» Krankheit gilt »nd die Erwarlmigen, welche man ans die Tonloncr Reise Or. Kochs gesetzt Halle, sind beim nach nicht getäuscht wordeu. Es handelte sich bei sei ner Mission vor Allem darnm, Klarheit in die ab sichtlich verworren gehaltenen Berichte der französischen Behörden über Charactcr nnd Wesen der Epidemie in Toulon uud Marseille zn bringen und dies ist unserm Landsmann sofort gelungen, denn er hat mit voller Bestimmtheit constatirt, daß man cö mit estoiorn rmiatiaa. zu thun habe nud diese für ganz Europa so ernste Thatsachc hat denn schließlich auch von den französischen Acrztcu anerkannt werden müs sen. Weiter hat aber Or. Koch bekanntlich die Ansicht ausgesprochen, daß die Epidemie sich von ihrem jetzi gen Herde ans über den ganzen europäischen Conti- ncnt verbreiten nnd also anch nach Dcntschland gelan gen werde nnd diese Worte ans dem Munde eines ManncS wie Koch wiegen allerdings schwer genug, wcun man auch im Interesse der Menschheit wünschen mnß, daß der berühmte Gelehrte sich diesmal geirrt haben möchte. Zwar ist die Scnchc glücklicherweise noch nicht über den Rayon ihres jetzigen Herdes himmSgcdrnttgcn, aber die Gefahr ihrer weiteren Ver- schlcppnng liegt doch sehr nahe und infolge der von Or. Koch noch während seines Aufenthaltes in Frank reich cingcsandtcn Berichte hat denn unser NcichSamt dcö Innern auch die nothwcndigcn Schritte gcthan, um die Buudcsrcgicrnugcu von dem traurigen Stande der Angelegenheit in Kcnntuiß zu setzen nnd die Durch- führimg der von der Cholcracommission für erforder lich gehaltenen Abwchrmaßrcgcln zn veranlassen. Was Or. Koch noch in Tonlon, Marseille und später anch in Lyon über die Ursache und Verbreitung der Cholera sowie über daö Verhalten ihr gegenüber gesagt hat, ist jetzt durch die Blätter bereits zu bekannt geworden, als daß wir an dieser Stelle noch einmal darauf zurückkommeu sollten. Ein Umstand verdient aber hierbei hcrvorgchobcn zu werden, welcher beweist, daß in der wissenschaftlichen Welt noch eine ziemlich scharf anSgcprägtc Verschiedenheit in den Ansichten über die znr Abwehr der Cholera empfohlenen Maß regel» vorhanden ist. Während Koch die Meinung vertritt, daß vorzugsweise daö Wasser der Träger der Chvlcra-Mikrobcu sei und deshalb von dem Bespren ge» der Straßen ii. s. w. mit Wasser abräth, ist der berühmte frcmzösischc Chemiker Pasteur, der Begleiter der französische» Cholera-Commission iu Egypten, gerade entgegengesetzter Ansicht, indem er gerade Was ser als ei» wirksames Bckämpfnugömittcl der Cholera bezeichnet. Dieser seiner Auffassung hat Pastcnr in einem Schreiben an den durch seine Animosität gegen alles Dcntschc bekannten Pariser „Figaro" Anödrnck ge geben, welche Gelegenheit das Blatt sofort benützte, um dem deutschen Gelehrte» „Ei»ö ai» Zeuge zu fli cke»", ein Verfahre», für welches selbst französische Blätter mir Ausdrücke der Verachtung haben. Ein Urthcil über diese Coutrovcrsc zwischen zwei so an erkannten wissenschaftlichen Autoritäten, wie Koch nnd Pasteur, ist für den Laien selbstverständlich mimöglich und wir können nnr der Hoffnung Ansdruck verleihen, daß wir cö m Dcntschland nicht nöthig haben mögen, die Wahrheit der „trockenen" oder aber der „nassen" Methode zn erproben. — Schließlich muß aber mit Befriedigung constatirt werden, daß Or. Koch überall, in Tonlou wie iu Marseille uud Lyon, vo» dc» Behörde» wie vo» seine» französische» College» mit größter Liebenswürdigkeit begegnet »nd scinc» Studien der möglichste Vorschnb geleistet wurde nud daß sich ihm gegenüber anch weitere Kreise der französischen Bevölkerung im Allgemeinen sympathisch verhalten habe». Trotz der Gehässigkeiten des „Figaro" und der ihm gcsinnimgöverwaiidtcn Pariser Boulevardö- prcssc dürfte also die Mission Or. Kochs mit dazu beitragen, Deutschland nud Frankreich einander wie der zn nähern nnd ei» derartiges Resultat wäre unter allen Umständen nur mit Freuden zn begrüßen.