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F/ 78, 4. April 1914. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. nicht ablaufcn lassen will, lind München wird es wohl schwer werden, in die Machtsphärc der alten Messestadt cinzndringen. Originell ist es, wie Nürnberg mit München ans dem Gebiete der Musik rivalisiert. Als seinerzeit das Bestehen des Konzcrt- vcrcins, der in München die einzige Möglichkeit bildet, gntc innsikalischc Darbietungen zu billigen Preisen zu hören, »och recht unsicher war, hat sich das »Philharmonische Orchester« in Nürnberg zu Gastrollen in der »Mnsikstadt« München angebotcn Und jetzt, wo alles für den trotz langem Kampf freigcwordcncn Parsifal sich interessiert, hat Nürnberg der Residenzstadt den Vor rang abgclanfcn. Gcschäftsgewandt, wie die Nürnberger nun einmal sind, haben sie natürlich die Sachlage verwertet, und die Münchner, die noch immer auf die Erscheinung des »reinen Toren« warten müssen, höflichst eingeladcn. Billctvorverknnf im Kauf haus Oberpollinger — bei größerem Interesse sollten Extrazüge von München nach Nürnberg eingelegt werden! Wenn Wagner wüßte, wie wählender Wille wirkt — den heiligen Speer, er bracht' ihn uns zurück. Nicht nur Opern und Bücher haben ihre Geschichte und ihre Geschicke, auch Zeitschriften. Von den besten eine, die Deutsche Alpenzcitnng, die eine ganz hervorragende Stelle in der alpinen Literatur cinnimmt, wird durch den Konkurs der Schboldschen Berlagshandlung jetzt in die fünfte Hand gelangen. Bisher irr textlicher und ganz besonders in illustrativer Hinsicht umfassend und sachgewandt geleitet, wird ihr das Schicksal rühmlosen Vcr- sinkcns Wohl erspart bleiben. Die innern Gründe dieser Wande rung von Hand zu Hand find dem Fernstehenden ja verborgen. Den Mann vom Fach, der die geachtete Stellung des Blattes kennt, wird es immerhin erstaunen, daß solch ein Unstern über ihm schwebt, während es doch seiner ganze Anlage und Leitung nach zu den führenden Zeitschriften seiner Art zählt. Ei» Gebiet der Propaganda, auf dem der Buchhandel bis her nur recht schüchterne Versuche gemacht hat, die Plakatierung, soll durch ein neues Unternehmen in seiner künstlerischen Bedeu tung gefördert werden. Unter dem Namen: Die ->K« haben sich die Künstler Glaß, Heubner, Moos, Preetorius, Schwarzer und Zietara vereinigt, um künstlerisch wertvolle Reklameentwürfc zu liefern. Der Auftraggeber erhält von jedem von ihnen einen Entwurf für sein Objekt, so daß er unter diese» sechs Skizzen die ihm am meisten zusagende answählcn kann. Die fünf übri gen werden wieder Eigentum der Künstler, während die gewählte in der Originalgröße bis 91X125 aw geliefert wird. Grund bedingung ist, daß der Druckauftrag der Geschäftsstelle der »6«, die die Vereinigten Druckereien <G. Schuh L Cie.) G. m. b. H., München, übernommen haben, erteilt wird. Für Kataloge, Inse rate, Geschäftskartcn usw. werden natürlich gleichfalls Entwürfe geliefert. Bei keiner Propaganda kommen Mißgriffe so lener zu stehen wie bei der Plakatierung, und bei keiner werde» sovicle Fehler gemacht wie bei ihr. Größe, Zeichnung, Text, Satzanwcndung, alles erfordert eben eine gute Erfahrung. Um »in ein Beispiel anzuführen: Ein hiesiges Sortiment hatte vor Weihnachten ein Sammelplakai von verschiedenen Verlegern anschlagcn lassen. Die gewählte einfache Zeichnung und die Farbe» waren reklame technisch vorzüglich gewählt, auffallend, ohne schreiend zu sein. Aber die Schrift in den einzelnen Textschildern war zu klein, sie konnte, da sich Plakate durch den Klebestoff immer runzeln, nur schlecht gelesen werden und der ganze Eindruck war, da sich diese Reklameart an den vielbeschäftigten, durch tausenderlei Ein drücke abgelenkten Passanten wendet, vermindert. Die Idee der >.8«, die ihre Erfahrungen mit der künstlerischen Ausführung ver binden, wäre also ganz vorzüglich. Nur wird sich mancher, trotz dem diese Vereinigung eine solch leistungsfähige Firma als Ge schäftsstelle gewonnen hat, erst mit der Bedingung abfinden müssen, daß er in der Ausführung an eine bestimmte Druckerei gebunden ist. Der Preis von 250 .kl für sechs Skizzen und einen Entwurf ist ja in Hinsicht darauf, daß diese von sechs verschiede nen wirklichen Künstlern auf diesem Gebiete geliefert werden, nicht übermäßig hoch, wenn auch in Betracht gezogen werden muß, daß für manchen Auftrag der Strich und die Darstellungs- Weise 4>ald des einen, bald des andern sich nicht eigne» werden. Hier sind eben Objekt und Anschauungsweise des Bestellers maß gebend, und wie häufig kommt cs denn nicht in der Reklame vor, daß eine künstlerisch feine Idee in der Praxis vollständig versagt? Das entscheidende Wort spricht hier immer der Fachmann, der alle Gebiete der Reklamctcchnik Übersicht. Das Plakatwesen Münchens steht schon auf einer angesehenen .Höhe. Einrichtun gen wie diese »8« werden das Ansehen aber gewiß halten und fördern. G. Recknagel. Kleine Mitteilungen. Amerikanisches Copyright für Neuauflagen. — Zu dieser Frage die bisher noch allerlei Unklarheiten aufwies und dein deutschen Ver- lagsbnchhandel in seinen Copyrightbeziehlnigen zu Amerika mancherlei Schwierigkeiten bereitete, macht das Amerika-Institut in Berlin auf Grund seiner jetzt mehr als zweijährigen Praxis und gestützt ans schriftliche und mündliche Ausführungen des Direktors des Copyright- bnreans in Washington' folgende Angaben: Zum Verständnis der in Betracht kommenden Verhältnisse sei zunächst an nachstehende Bestimm,tilgen erinnert: 1. Vor dem 1. Juli 1891 konnte kein veröffentlichtes Werk eines Ausländers das statutengemäße Copyright in den Vereinigten Staaten erwerben. 2. Auf Grund des am 15. Januar 1892 Unterzeichneten Abkommens zwischen den Vereinigten Staate» und Dentschland konnten deutsche Autoren ihre Werke in den Vereinigten Staaten vom 15. April 1892 ab schlitzen lassen. 3. Das neue Copyrightgesetz vom 4. März 1909 stellt ausdrücklich fest, daß der Originaltext eines vor dem 1. Juli 1909 erschienenen noch nicht geschützten Werkes nicht mehr nachträglich mit rückwirkender Kraft geschützt werden kann. Ans diesen Feststellungen ergibt sich: a) Deutsche Bücher, die zuerst vor dem 1. Juli 1891 erschienen sind, können das amerikanische Copyright nachträglich nicht mehr er werben. d) Von den zwischen dem 15. April 1892 nnd dem 30. Juni 1909 ver öffentlichten Werken konnten nur solche ans das Copyright An spruch erheben, die bereits innerhalb der vorhergehenden Copy rightperiode nach Maßgabe der damals geltenden Bestimmungen geschützt waren. Das gegenwärtige Copyrightgesetz macht es klar, daß Werke, die mit neuer Materie wieder veröffentlicht werden, durch ihre Anmel dung den Schutz nur auf diese Materie erwerben. Eine rück wirkende Kraft dieses neuen Schutzes auf den alten ungeschützten Text kann nicht konstruiert werden. Unveränderte oder nur ganz gering fügig geänderte Neuauflagen, deren Erstveröffentlichung ohne Copy rightschutz geschah, können also das Copyright demgemäß nicht mehr nachträglich erwerben. Bloße Änderung des Titels gibt keinen An spruch auf Copyright. Die Hauptschwierigkcit in der Beurteilung der einschlägigen Pro bleme scheint sich ergeben zu haben aus der Tatsache, daß seitens der Verleger oder anderer Copyrighteigentümer leicht übersehen wurde, daß das amerikanische Copyrightgesetz ausdrücklich bei jeder Anmeldung einen »Claim ok Cop^riM« fordert, das heißt eine Angabe oder Er klärung über den Gegenstand des beanspruchten Schutzes. Bei Neu erscheinungen ist dieser drum naturgemäß von selbst in der Tatsache der Erstveröffentlichung gegeben und bedarf keiner weiteren Begründung. Bei Neuauflagen, hauptsächlich von wissenschaftlichen Werken, wird der Fall häufig so liegen, daß sie so umfassend revidiert, erweitert oder umgeschrieben sind, daß die neuen Textteile als Neuerscheinungen gelten können. Nach dem Dafürhalten der Copyrightbehörde sollte es dem Verleger in der Regel nicht schwer fallen, eine klare nnd knappe Darlegung der textlichen oder illustrativen Tatsachen zu geben, die zu der Inanspruchnahme eines neuen Copyrights veranlassen, und zwar in Form einer Erklärung in großen Umrissen über die Punkte, in denen die Neuauflage gegenüber der alten Neues aufwcist. Eine gute Probe wäre nach Ansicht der Copyrightbehörde, daß sich der Verleger in einem solchen Falle die Frage vorletzte, ob irgend ein böswilliger Nachdrncker die neue Materie herausschnciden könnte, ohne die alten Teile anzutastcn. Ist das der Fall, wie zum Beispiel bei gänzlich neuen Kapiteln oder Abschnitten, so liegt ein berechtigter Anspruch ans Copyright vor. Bestehen dagegen die Veränderungen aus schließlich aus hier nnd da verstreuten Veränderungen von Worten des Textes, so ist offensichtlich nicht anzunehmcn, daß jemand aus gerechnet diese Textbrocken Nachdrucken wird, und ein vernünftiger Copyrightanspruch besteht demgemäß in solchem Falle nicht. Ein amerikanischer Gerichtshof könnte wohl kaum einen Anspruch aus Copyright aufrecht erhalten für die Zusätze zu einer geschützten oder ungeschützten Originalausgabe, deren neuen Charakter der Antragsteller des Copyright selbst nicht durch eine bestimmte Erklärung definieren nnd stützen kann. Die noch bestehenden Schwierigkeiten werden ver- 493