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Wilsdruffer Tageblatt : 24.12.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192512245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19251224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19251224
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-12
- Tag 1925-12-24
-
Monat
1925-12
-
Jahr
1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 24.12.1925
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gestohlen haben könne, datz sie sic verkaufen konnte. Die ! Krankenschwester Hieronyma, Berlin, hat die Frau des Präsi- j »enten Rieck in ihren letzten Tagen gepflegt. Ihr ist von dem ! Brief, den die Verstorbene angeblich der Gräfin Bothmer z diktiert hat, nichts bekannt. Sowohl der Schreibsachverständige ! Kohlweyer, Berlin, als auch Kriminalkommissar Dr. Schneickert - und ein dritter Sachverständiger glauben, daß die Briefe an die katholischen Geistlichen von der Gräfin geschrieben seien. ' Dr. Sinn, Neubabelsberg, gab sein Gutachten dahin ab, daß die , Angeklagte phantastisch veranlagt ist. Eine Persönlichkeit mit l psychopathischem Einschlag, der bei der Strafzumessung zu be- > rücksichtigen sei. Der § 51 komme nicht in Frage, ebenso nicht j Kleptomanie. Kreismedizinalrat Dr. Geisler, Potsdam, trat i diesem Gutachten bei; in bezug auf die angebliche Schwanger- < schäft der Gräfin äußerte sich der Sachverständige dahin, datz ! eine Schwangerschaft nicht vorlicge. Der Erste Staatsanwalt i nahm seine Berufung, die sich nur auf das Strafmaß be- ! schränkte, zurück. Die Angeklagte gibt die Möglichkeit zu, die Unterschrift ; der katholischen Schwester unter den Brief der sterbenden Präsidentin gesetzt zu haben. Der Präsident selbst will noch mehr erzählen, doch der Vorsitzende gestattet es nicht, und die ! Beweisaufnahme wird desiniliv geschlossen. Dann ergreift ! Justizrat Jofessohn das Wort zum Plädoyer. Er bean tragt, den Polziner Fall auszuschalten, denn die Indizien seien j zu schwach, um eine Verurteilung darauf ausbauen zu können, j Zum Schluß beantragte der Justizrat die Freisprechung. Ein j Eventualantrag bittet die Richter um Bewährungsfrist. Zur Begründung dieses Antrages führte der Redner die schwere ; psychopathische Veranlagung der Gräfin an und wies auf das ! bevorstehende Weihnachtsfcst hin. i Neues aus allrr Arlt Ein Schlaganfall Michael Holzmanns. Da die j Generalstaatsanwaltschaft erklärt hat, das Verfahren j gegen die Brüder Barmat nun doch weilerführen zu i wollen, rechnete man mit dem Beginn des Barmat- f Prozesses für den März 1926. Voraussetzung dafür war ! jedoch, daß der Kutisker-Prozeß und der Prozeß gegen l den Oberregierungsrat Bartels vom Fremdenamt vorher ' ihr Ende gefunden haben müßten. Wie nun aus Dresden f gemeldet wird, hat der Mitangeklagte des Oberregierungs- s rats Bartels, der russische Kaufmann Michael Holzmann, > in einem Sanatorium auf dem Weißen Hirsch einen Schlaganfall erlitten. Außerdem heißt es, daß sich Holz mann einer Magenoperation unterziehen müsse, so daß i mit einer Verschiebung des Prozesses Holzmann-Bartels, j der für Mitte Januar angesetzt war, zu rechnen ist. Damit müßten dann auch die für später anberaumten Verhand- ! lungen verschoben werden. > 1 Die Braut ermordet und flüchtig. Ein schweres Ver- j brechen ist in Britz bei Berlin verübt worden. Die 19 Jahre alte Arbeiterin Gertrud Münzer ist von ihrem > Bräutigam, dem 26jährigen Kammacher Robert Mi- ; lewcik, getötet worden. Die Motive der Tat liegen i völlig im Dunkel. Der Täter ist geflüchtet. Mellh Beese, die erste deutsche Fliegerin, aus dem Leben geschieden. In einem Anfall schwerer seelischer De pression hat sich Frau Melly Beese, die erste deutsche Fliegerin, in einer Pension im Westen Berlins das Leben genommen. Eine fünfköpfige Familie vergiftet. Nach dem Genus; von Leinöl erkrankte in Berlin die aus fünf Personen bestehende Familie Damerow unter schweren Bergif- tungserscheinungen. Die Mutter und die zwölfjährige Tochter mußten in das Rudolf-Virchow-Krankenhaus übergeführt werden. Die anderen Erkrankten wurden, ob gleich auch ihr Zustand nicht unbedenklich ist, in der Woh- nung belassen. Flüchtige Strafgefangene. Aus der Strafanstalt Brandenburg, in der in den letzten Jahren wiederholt Re volten und Ausbrüche von Strafgefangenen stattgefunden haben, sind wiederum mehrere Gefangene unter waghal sigen Umständen aus dem dritten Stockwerk des Arbeits gebäudes unter Benutzung der Drähte der Lichtleitung entflohen. Trotz des Eingreifens der Polizei, die das Gebäude umstellte und mehrere Schreckschüsse abgab, sind die Gefangenen anscheinend in der Richtung Genthin entkommen. Große Spritschiebuugen an der ostpreusnschen Grenze. Die Zollfahndungsstelle ist kürzlich großen Sprftschiebun- geu an der Grenze auf die Spur gekommen. Die Ermitt lungen sind jetzt zu einem vorläufigen Abschluß gelangt. Außer in Tilsit und in Insterburg wurden auch in Ragnit vier Kaufleute verhaftet, so daß bisher im ganzen etwa Perwnen fe,rgenommen worden sind. Die Ermittlun- S gen haben immer größeren Umfang angenommen und er- , strecken sich fast aus die ganze Provinz. Dem Staat sind dadurch etwa drei Millionen Mark verloren- I gegangen. Strandung eines deutschen Dampfers in der Ostsee. An der Westküste von Gotland ist infolge schwerer Schnee stürme der deutsche Dampfer „Poseidon" aus Königs berg gestrandet. Die Lage des Dampfers ist sehr kritisch. An Bord befindet sich noch die ganze aus 17 Köpfen be stehende Besatzung. Bei dem Versuche, die Besatzung zu retten, wurden zwei Lotsen von einer Sturzwelle fort- gespült; sie ertranken. Auch der Besitzer des Kalkstem- bruches, bei dem der Dampfer seine Ladung eingenommen hatte, ertrank bei dem Versuche, mit einem Kahn nach der kleinen Insel zu gelangen, vor der der Dampfer liegt. Der Sturm hat sich mittlerweile zum Orkan gesteigert, so daß die Lage des Dampfers sich ständig verschlimmert. Im Inn ertrunken. Drei Knaben wagten sich in einem kleinen Kahn auf den zurzeit stark eistreibenden Jnnstrom. In der Nähe einer Brücke, wo sich die Eis schollen besonders stark drängten, wurde der Kahn zum Kentern gebracht. Die Knaben fanden den Tod in den Fluten. Ihre Leichen konnten noch nicht geborgen werden. Verhaftung der Newhorker Kokainkonigin. In At lantic City wurde Emily Hampton, bekannt unter dem Namen „Kokainkönigin", verhaftet. Seit zwei Jahren war die Newhorker Polizei bemüht, dieser Frau habhaft zu werden, die als die größte Kokain- und Morphiumhänd lerin der Vereinigten Staaten angesehen wurde. Die Schwierigkeit bestand darin, sie beim Handel mit Rausch- ? giften in klagranti zu ertappen. Tragischer Tod einer Schiffsbesatzung. Nach einer ; Newhorker Meldung des „Journal" sind 16 Mann der Besatzung eines brasilianischen Dampfers unter tragischen Umständen ums Leben gekommen. Infolge einer Ma schinenexplosion trieb das Schiff hilflos auf den Wellen. Die Nettungsdampfer kamen zu spät und waren Zeugen, wie die Mitglieder der Besatzung in den Fluten versanken und von Haifischen aufgefressen wurden. Neues Unglück auf Zeche „Lothringen". Auf der Zeche „Lothringen l und ll", auf der sich am 30. No vember das schwere Explosionsunglück ereignete, trug sich abermals ein schweres Unglück zu. Durch vorzeitiges Los gehen eines Sprengschusses wurden fünf Bergleute schwer verletzt. Sie wurden ins Bergmannsheil ge schafft. Einer der Verletzten ist bereits gestorben. Entgleisung eines Höllentalzuges. Der von Freiburg commende Höllentalbahnzug ist zwischen den Stationen Kappel und Röthenbach mit der Maschine entgleist, ver mutlich infolge Dammrutsches. Menschen sind bei dem Unfall nicht zu Schaven gekommen. Bunte TageschronLk. Bcrttn. Mit Ablauf ves 23. Dezember wird der gesamte ncurscbc Luftverkehr bis auf weiteres eingestellt. Bestehen bleibt nur die werktägliche englische Luftpost Köln—London Breslau. Als zwei Schutzpolizisten in Breslau einen Ein brecher festnehmen wollten, zog dieser einen Revolver, ver letzte die beiden Beamten durch mehrere Schüsse schwer und entkam. Paris. Auf der Werft von St. Nazaire (Frankreich) geriet der Neubau eines holländischen Luxusdampfers in Brand. Das Feuer wurde durch herbcigerufenes Militär gelöscht, doch ist der Dampfer zum großen Teil zerstört worden. Port Said. Aus Abessinien wird die Ermordung des schweizerischen Kaufmanns Albert Broz und des Franzosen Monnier gemeldet. Beide sind aus eiucr Jagdpartie in d»r Rühe von Dschibuti von Somalis ermordet worden. Aus dem Gerichissaal. Verurteilter Kirchenrünbcr. Der 21jährige Zuschneider Hugo Brandt, der in der Küstcrei der MatthÜuslirche in Steglitz einen Geldschrankcinbruch verübt hat, wurde vom Schöffengericht Schöneberg unter Zubilligung mildernder Um stände zu fünf Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Selbstmordversuch vor Gericht. In Hamburg wurde der Mjähttge Seemann Rudolf Leinhos wegen Erpressung zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Als er abgeführt werden sollte, griff er in die Tasche und jagte sich eine Kugel in die linke Brustseite. In hoffnungslosem Zustande wurde er in ein Krankenhaus übergcführt. Vier Jahre Gefängnis für einen Bankdirektor. Vom Regensburger Schwurgericht wurde der ehemalige Bankdirektor Friedrich Scyerrer von der Filiale der Dresdner Bank in Regensburg zu vier Jahren Gefängnis und Aberkennung der ourgerucyeit Ehrenrechte auf fünf Jahre verurteilt. Scherrer hatte in seiner Eigenschaft als Direktor der Filiale der Dresdner Bant, Regensburg, Gelder in Höhe von 50 000 Mark unter- schlagen und sie in Gesellschaft einer geschiedenen Frau irr -Berlin durchgebracht. Vermischtes Soupa fleich. Die elsässische Wochenschrift „Die Zu kunft" weist an einem krassen Beispiel nach, wie es unter der französischen Herrschaft in Elsaß-Lothrmgen in der Schule aussieht. Die Zeitschrift veröffentlicht einen Zettel, der ihr von einem Mülhauser Fleischermeister zugegangen ist. Auf dem Zettel hat ein dreizehnjähriger Junge die Aufträge, die ihm seine Mutter gegeben hatte, notiert. Er sollte, diesen Aufzeichnungen zufolge, mitbringen: „1K- soupa fleich, bei, oxa chevans und 2 schviena fleich." Man könnte das für Althochdeutsch oder für Gotisch hal ten, aber der dreizehnjährige Schüler ist sicher fest über zeugt, daß er glänzendes modernes Deutsch geschrieben hat. Die geheimnisvollen Worte, die er niedergeschrieben hat, bedeuten: 1-/L Pfund Suppenfleisch, Z4 Pfund Bein (Knochen), Pfund Ochsenschwanz, 2 Pfund Schweine fleisch. Der Junge schrieb in der französischen Schreib weise, die ihm beigebracht wurde, lautlich richtig die ihm von der Mutter diktierten Worte im Sundgauer Dialekt. Hebung einer versinkenden Stadt. Northwich in der englischen Grafschaft Cheshire.liegt im Mittelpunkt des englischen Salzgebietes. Das dort gewonnene Salz, un gefähr 1,5 Millionen Tonnen jährlich, wird zumeist nach Amerika ausgeführt. Man schafft es in Kähnen nach Liverpool, von wo es weiterverschifft wird. Dadurch, daß man dem Boden das Salz entzieht, sinkt dieser fortwäh rend, und mit ihm die Stadt samt ihren Gebäuden und Straßen. Am schlimmsten sind die Senkungen im Zen trum der Stadt, so daß dieser Teil sehr stark unter Hoch wasser zu leiden hat. Man hat deshalb jetzt den Ent schluß gefaßt, das Zentrumsviertel um 1 Meter 80 Zenti meter zu heben, was früher schon einmal geschehen ist. Die dabei zu lösenden Schwierigkeiten bilden für die Bauunternehmer der Gegend keine unüberwindlichen Hindernisse, denn viele Häuser sind so gebaut, daß sie bequem höher gestellt werden können. Kürzlich ist übrigens eine Verordnung erschienen, die vorschreibt, daß alle neu zu bauenden Häuser in Holz- oder Eisenfachwerk ausgeführt fein müssen. Das Heben der Häuser geschieht im allge meinen in der Weise, daß unter die Gebäude Wasserdruck- Hebemaschinen gestellt werden. „Vs bsnque" in Konstantinopel. Die von vielen Türken bedauerte Modernisierung der Türkei, die mit der Einführung zahlreicher Gebräuche der westeuropäischen Kulturvölker begonnen hat, schreitet mit Riesenschritten vor wärts. Zu den europäischen Herrlichkeiten, mit denen die Türken auf Weisung der Regierung Kemals beglückt wer den, gehören nicht nur der steife Hut, der Strohhut, der Gehrock, der Smoking usw., sondern auch eine regelrechte Spielbank, die demnächst in Konstantinopel eröffnet wer den wird. Diese Spielbank soll nach dem leuchtenden Vor bild von Monte Carlo eingerichtet werden, und zwar, damit alles stilecht sei, von Beamten des Kasinos in Monte Carlo. Die türkischen Staatsbürger der moham- medanischen Republik müssen allerdings dieser Spielhölle fernbleiben: ihnen wird durch ein besonderes Gesetz das Wetten, Würfeln und Hasardieren verboten. Nur die Fremden dürfen unbeschränkt ihr Geld verlieren, und man hofft, daß die Stadt Konstantinopel von dieser segens reichen Einrichtung große materielle Vorteile haben werde. Moderner und offenherziger kann man schwerlich sein. Die Fremden sind gewarnt! Eine europäische Niederlassung in Amerika vor Ko lumbus. Ein amerikanischer Geologe namens Sarle will in Arizona eine merkwürdige Entdeckung gemacht haben. Lr habe, sagt er, dort Spuren einer jüdisch-römischen Niederlassung gefunden und auf ausgegrabenen Geräten jüdisch-römische Inschriften aus dem 8. Jahrhundert nach Christi Geburt festgestellt. Auf Schwertern, auf Kreuzen, Als Halbmonden und auf siebenarmigen jüdischen Leuch tern seien gleichfalls solche Inschriften zn sehen. Man ersehe aus den Inschriften, daß die Kolonisten mit den Toltekindianern kämpfen mußten. In ernsten wissen schaftlichen Kreisen Amerikas macht man sich über Dr. Sar- les Entdeckung lustig. Es sind allerdings Gegenstände ge funden worden, aber Kenner haben nachgewiesen, daß sie aus der Zeit der spanischen Eroberungen datieren, also wesentlich jünger sind, als der Geologe Sarle angibt. Mehrere Fachleute gehen sogar soweit, zu erklären, daß Sarle sich mit Amerika einen kleinen Scherz erlaubt habe. Vom Gluck vergessen. Roma» von Fr. Lehne. 50. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „In drei Wochen!" stieß er hervor. Lenzis sonst so schelmisch blinkende Augen hatten einen -ernsten Schein. Sie kannte das Leben viel zu genau, um nicht zu begreifen, datz nur ciutzerste Not Malte von Rein hardt, den lustigen, vergnügten Malte, zu diesem Schritt, ( der beinahe ein Schritt der Verzweiflung zu nennen war, getrieben hatte! Denn Hanna Likomski, so lieb sie war und gut — über ihren körperlichen Fehler konnte ein Mann wie Malte von Reinhardt nie hinwegkommen. Er tat ihr leid — und dennoch hatte sie auch ein Gefühl der Nicht achtung für ihn — warum nahm er nicht sein Geschick tapfer und mannhaft in die Hände? Er sollte sich doch an ihr ein Beispiel nehmen! Und aus diesen Gedanken heraus erzählte sie ihm von ihrer kurzen, aber strengen Lehrzeit, in der man sie nicht geschont, in der es von früh bis abends geheißen: tanzen und üben, üben und tanzen! „Mein Onkel ist immer gut zu mir gewesen, wie ein ! Vater, und so viele schöne Sachen hat er mir gekauft; an meine Eltern hat er auch gedacht! Mein Vater hat wieder eine gute Stelle bekommen, und die Theres, meine Schwe- ' ster, wird sich vielleicht Weihnachten verloben mit dem Buchhalter in ihrem Geschäft, Herrn Reigl! Er bringt sie fast jeden Abend nach Hause, und an Sonntagen geht er mit ihr aus." Das interessierte Malte nun wahrhaftig nicht, das, was um das kleine fesche Ding an Familie hernm war; nur einen Stich gab es ihm, als sie weiter sagte: ja, und das Fräulein Hanna Likowski hat sich die Theres auch mal kommen lassen und hat ihr ein Hochzeitsgeschenk versprochen. So arg gut ist sie doch! Und Ihre Schwester, die Baronesse Gwendoline " ,Ach, das lassen Sie doch alles, Lenzi! Sagen Sie mir lieber, wann und wo wir uns morgen treffen wollen! Solange Sie hier sind, möchte ich Sie jeden Tag sehen!" „Nein, Baron, das ist ausgeschlossen! Ja, wenn Sie nicht verlobt wären, würde ich gern wie früher ein Stünd chen mit Ihnen verplaudern — aber jetzt wär's schlecht von mir gegen Fräulein Hanna, der wir jo vie! Gutes zu verdanken haben." „Wenn ich Sie aber recht herzlich darum bitte?" Mit seinem unwiderstehlichen Blick sah Malte Lenzi an. Doch sie überlegte nicht lange. Energisch schüttelte sie den hübschen Kopf. „Nein, auch dann nicht!" Sie stand auf. Mit flimmernden Augen schaute er aus sie. „Aber daß ich nun nach „Venz" komme, jeden Abend, um Sie zu sehen, das können Sie mir nicht verbieten." „Nein, das allerdings nicht." „Nun also! Mädel, Lenzi, denken Sie doch an den letzten Fasching, wo wir zwei beide die ausdauerndsten Tänzer waren, denken Sie an unsere hübschen Spazier gänge im Isartal." Er faßte nach ihrer Hand. „Weiß Gott, ich habe das alles nicht vergessen! — Wenn ich noch frei wäre —" „Sie sind es aber nicht!" sagte sie entschieden, „also — behüt' Gott!" Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, sie noch ein Stück des Weges zu begleiten. Als sie aus dem Lass traten, war es dunkel geworden, so daß trotz der verhältnismäßig frühen Stunde die Bogen lampen schon ihr grelles Licht ausstrahlten. Ihn fröstelte jetzt in der frischen Kühle des Oktobertages. Er schlug den Kragen seines Ulsters hoch, dabei einen Augenblick stehen bleibend. „Guten Abend, Malte." Er schreckte bei der unvermuteten Anrede zusammen, blickte auf und grade in das ernste Gesicht seiner Schwester. Verflucht noch mal! Er biß sich aus die Lippen — die hatte er am allerwenigsten jetzt vermutet! — „Gut, daß ich dich zufällig treffe! Hanna —" sie brach kurz ab, da sie jetzt seine Begleiterin bemerkte. „Ah, Verzeihung —" sagte sie kalt und ging weiter. Also hier war Malte in anderer Gesellschaft, indessen ihn die Braut sehnsüchtig erwartete. Sie war gar nicht mehr verwundert über etwas, was Matte auch tat. Ihr Heitzer Wunsch war nur, Hanna davor zu bewahren, daß sic sehend würde. Illusion ist ja auch Glück! Sie dachte jetzt an Axel. Nur erst einmal hatte sie ihn ganz flüchtig gesprochen. Nach dem Manöver war er auf Urlaub gewesen. Jeden Tag hoffte sie nun, ihn zu sehen. Aber sie war jetzt wegen der bevorstehenden Hochzeit Hannas viel bei Li towskis, und heimliche Wege zu gehen, ihn abends zu treffen, widerstrebte ihrem Stolz, so sehr ihre Sehnsucht nach dem Geliebten verlangte. Aber immer dachte sie da ran, was sie ihm gesagt, als sie sich gefunden: sie war kein beliebiges kleines Mädel, daß sich unbekümmert Stelldich eins gab! Sie mußte warten, bis sie offiziell seine Braut war. Bei Hannas Hochzeit würde sie ihn ja sehen, da er geladen war. Als ob ihre Gedanken ihn herbeigezaubert hätten — in der Nähe der Kriegsakademie begegnete er ihr. Er war sehr eilig, achtete nicht auf die Passanten, so datz er sie erst im letzten Augenblick bemerkte, sie, die ihn schon von weitem mit zärtlichem Lächeln beobachtet hatte. Wie ihr das Herz schlug, als er stehen blieb und ihr die Hand gab — „Gwen doline!" „Axel" — und die Freude sprang auf in ihren ernsten Augen, „endlich sehe ich dich — wie ich mich freue —! Doch du bist in Eile," ihre tiefe volle Stimme bebte in Erregung. Er sah sie eigentümlich an. so forschend, durchbohrend, als wollte er ihr Innerstes ergründen, während er ihre Hand noch in der seinen hielt. „Freust du dich denn wirklich?" Sie war durch seinen ungläubigen Ton gekränkt. „Axel, wie kommst du mir vor! Wütztest du " „Ja, wenn ich wützte, Gwendoline —" entgegnete er be deutungsvoll, fast drohend, und drückte ihre Hand so fest, datz es sie schmerzte, „gib mir Gelegenheit, datz wir uns ein mal gründlich aussprechen, es ist so vieles, was ich dich fragen mutz und was nicht gut schriftlich zu machen ist —" lFortsetzung folgt.)
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