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Wilsdruffer Tageblatt : 26.11.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192511265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19251126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19251126
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-11
- Tag 1925-11-26
-
Monat
1925-11
-
Jahr
1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 26.11.1925
- Autor
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Deutschland in den Völkerbund eintreten müsse, schon im dorr gen Jahre zu folgen. Demgegenüber stellte er fest, daß aus dei Tagung des Völkerbundes tatsächlich ein solcher Appell er gangen sei. Er sei aber für die deutsche Regierung völlig uw erwartet gekommen. Bei dem vierzehntägigen Aufenthalt ir London zur Londoner Konferenz sei den deutschen Delegierter irgendeine Einladung in dieser Richtung nicht gemacht worden Das Entscheidende in dem deutschen Februarmemorandum ss dann die grundsätzliche Bereitschaft Deutschlands zum Eintrit! gewesen. Vorher hätten jedoch noch drciFragen geklärt werden müssen. Die Regierung Luther sei in keinem Punk! von den Richtlinien abgewichen, die sie in einer Sitzung unter dem Vorsitz des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert ubei die Völkerbundsrage ausgestellt habe. Was den Sicherheits- Pakt betreffe, so wäre es unbedingt Z e i 1 f ü r e i n d c u t s ch e i Eingreifen gewesen, wenn nicht ein einseitiges Eingreisei von anderer Seite gegen uns erfolgen sollte. Wäre die Para phicrnng von deutscher Seite in Locarno nicht erfolgt, so wär« Herr Briand trotzdem nicht mit leeren Händen nach Paris ge kommen, sondern dann hätten sich die Alliierten unter sich ge einigt. (Lebhaftes Hört, hört!) Es sei auch nach dem Locarno Vertrag viel Unerträgliches für Deutschland geblieben, aber nall diesem verlorenen Kriege werde es Jahrzehnte dauern, bu alle Unerträglichkeiten sür Deutschland vollständig beseitigt sind Der Minister wandte sich dann gegen die Bemerkung des Abge ordneten Graf Westarp, daß doch nach der Auslegung autoritativer Stimmen der Alliierten der Locarnovertrag cim erneute, diesmal freiwillige Anerkennung des Ver- sailler Vertrages sei. Der Minister suchte demgcgcn über nachzuweisen, daß dies nicht der Fall sei und daß aucl der Locarnoverlrag keineswegs die Möglichkeit ansschließe, du bestehenden Grenzen im Wege friedlicher Verständigung zr änoern. Das ergebe sich auch gerade aus anderen Teilen dei Rede Vandervcldes. Die Feststellung, daß der Versailler Ver trag unangetastet bleibe, finde sich fast m allen Verträgen, du Deutschland in den letzten Jahren abgeschlossen hat. Gegcr diese Verträge, die zürn Teil von der vollständigen Negicrunc Luther abgeschlossen seien, sei niemals der Einwand erhöbet worden, daß sic einer freiwillige Anerkennung des Verfaillci -Vertrages seien. Schon in der Note vom 20. Juli Pwrde aus drücklich erklärt, daß der Abschluß des Sichcrtzcitspakles keim Änderung der bestehenden Verträge bedeute. Zur Kricgsschuldfrage hätten die Deutschen ihre Erklärungen bei der Einleitung ve! Locaruovcrhandlungen so deutlich abgegeben, daß man untei leinen Umständen in der Unterschrift ein neues Schuldbekennt nis fehen kann. Der Minister wies dann darauf hin, daß er auch in Dcutfchland Stimmen gäbe, die für einen Pakt geger Rußland eintreten. Dazu gehöre z. B. der Jungdeutsche Orde» der diesen Gedanken in seinem Organ klar und offen publiziere Tie deutsche Regierung habe so oft, daß es endlich einmal aus- hören müsse, betont, daß sie mit Rußland Frieden wünsche Es sei an der Zeit, daß Rußland nun auch seinerseits einma criläre, in Europa den Frieden haben zu wollen. Der Minisim verbreitete sich dann nochmals über die Stellung, die Deutsch land als Mitglied des Völkerbundes entnehmen 'werde. Kerne Knessgreuelprozeffe mehr. Wie der Minister weiter erklärte, seien die Rückwirkunger bisher allerdings noch nicht im vollen Umsange cingctrcten Er teilte daun weiter mit, daß die belgische Regierung in An schung der Konferenz von Locarno befchlossen hätte, die sog Kriegsverbrecher-Prozesse nicht mehr forkzusetzen. Auch di« französische Regierung hat cckiärt, dass sic einen ähnlichen Bc schluß vorbereite. Dann besprach der Außenminister das vom Neichsarbeits- Minister aus dem Zentrumöparteitag bekanntgcgcbcnc Tele gramm des Kabinetts an die Delegierten in Locarno. Es hab! sich dabei nicht um einen Kabinettsbeschlutz gegen die Para phierung der Verträge gehandelt, sondern nur um eiste Mei nungsäußerung darüber, das; die Delegierten doch erwäge« 'möchten, ob es angängig sei, daß, während für die anderer Staaten nur die Außenminister unterzeichneten, sür Deutsch land der Reichskanzler und der Außenminister unterzeichne Es habe aber eine Zeit gegeben, wo heftiger Protest dageger erhoben worden war, daß Deutschland nur durch seinen Außen minister in Locarno vertreten werde, und es sei auch Psychisä und Physisch sür einen einzigen Delegierten gar nicht möglich gewesen, mit den vielen Verhandlungsgegnern zu arbeiten Als dies zum Ausdruck gekommen sei, hätten dieselben Kreise die vorher den Außenminister nicht allein reisen lassen wolltest den gegenteiligen Standpunkt vertreten. Nehmen Sie es mir so sagte der Außenminister zu den Deutschnationalen gewandt daher nicht übel, wenn ich an der Oblektivität Ihres Standpunktes etwas zweifle. Merzeichlmng dM dieVEaffer Keinerlei Festlichkeiten in London. Aus London kam die Nachricht, die britische Re- «ieruna beabsichtige eine Mitteilung an die amLocarno vertrag beteiligten Regierungen zu richten, m vei diese ersucht werden, ihre Botschafter in London anzu weisen, den Locarnovcrtrag namens ihrer Länder zi unterzeichnen. Mit Rücksicht auf den Tod der Königin mutter Alexandra sind alle Festlichkeiten, die zur bevor stehenden Unterzeichnung der Locarnoverträge vorgescher waren, abgosagt worden. Auch in Berlin soll man, nach- d'm der Tod der Königinmutter Alexandra die vorge sehenen Unterzeichnungsfeierlichkeiten verhindert hat, di! Unterzeichnung durch die Botschafter für das richtige halten Notschrei aus Trier. In Trier herrscht ziemliche Erregung, da eine Be nachrichtigung des französischen kommandierenden Gene rals eingetrosfen ist, welche die Bereitstellung einer große? Anzahl von Quartieren für französische Stäbe usw. ver langt, die bei Räumung der Kölner Zone nach Trier ver legt werden sollen. Die Trierer Stadtverordneten Haber Telegramme an den Reichskanzler Dr. Luther, Dr. Strese mann, das Ministerium für die besetzten Gebiete und al den neueruannten Reichskommissar abgesandt. Es wirf darin gesagt, daß 115 Wohnungen und zwei herrschaftlich^ Häuser sowie ein Gebäudekomplex von über 300 Raumes besetzt werden sollen. Bei der furchtbaren Wohnungsnck in Trier sei die Stadt gar nicht imstande, diese Bereis stellungen auszuführen. Die jetzige Inanspruchnahme al Wohnräumen in Trier durch das französische Militär scs etwa sieben- bis achtmal so stark wie durch das deutsch Militär im Jahre 1914. Die neuen Forderungen seiet für Trier überhaupt untragbar. Bayerische Regierung und Locarno. Im Zwischenausschuß des Bayerischen Landtage; f erhielt Ministerpräsident Dr. Held das Wort zu Dar- legungen über den Standpunkt der bayerischen R e- f gierungzu den Locarnoverträgen. Er führte u. a. aus! j Bei der von der Neichsregierung ergriffenen Initiativ' z sind zwei Fehler gemacht worden: 1. Das Memoraudmi i vom 9. Februar war zu unbestimmt und weitgehend, j 2. der Schritt ist nicht zu dem richtigen Zeitpunkte erfolgt ! Ein weiterer Fehler war, daß Deutschland später nicht i einen ausgearbeiteten Vertrag den Vertragsgeguern vor - legte. Auch ein Wiederaufrollen der Schuldsrage in Ls i carno würde für das Gesamtergebnis keine nachteiliger - Folgen gehabt haben. Die koloniale Frage ist für Deutsch land eine Ehr c ns rage und eins Frage von hoher Wirt fchaftlicher Bedeutung; sie durfte daher bei der großer Auseinandersetzung ebensowenig übersehen werden wi! ! die MinoriLätsnsrage. Das Fortbestehen der Besetzung if für Deutschland das Härteste und Entwürdigendste. Si j lange nicht die Hand von Deutschlands Gurgel gelöst wicd » gibt es keine Voraussetzungen sür einen wahren Frieden Ministerpräsident Held erklärte zusammenfafsend: Id habe mich entschlossen, so wenig befriedigend die Rück j Wirkungen sind, und so übel die Lage Deutschlands außen - politisch ist, die Frage der Unterzeichnung mit ja zu bs i antworten. Soweit wie die Dings gediehen sind, schein f es mir nicht möglich, jetzt nein zu sagen. Was die Fra^ - des Eintrittes Deutschlands in den Völkerbund betrifft, f f habe ich in der entschiedensten Weise dagegen Stellung gt f Kommen, weil dieser Völkerbund nichts anderes darstellj als ein Instrument der Siegerstaaten zur NiederhalLunf Deutschlands. Rußland gegen den Völkerbund. Eine Rede Litwinows. Bei einem Empfang der ausländischen Presse m Volkskommissariat des Äußern in Moskau gab der Stell Vertreter Tschitscherins, Litwinow, eine Erklärung ab, di« sich auf die Stellung Rußlands zum Locarnovertrag und zum Völkerbund bezog. Litwinow dementierte alle Mel düngen, nach denen die Sowjetregierung ihren ablehnen ven Standpunkt dem Völkerbund gegenüber geändert hätte. Nach wie vor betrachte Rußland den Völker-bunt nicht etwa als einen freundschaftlichen Bund der Völker, der für das Gemeinwohl arbeitet, sondern als einen ver schleierten Bund der sogenannten Großmächte, die sich Vas Recht angemaßt hätten, über das Schicksal schwächerer Völker zu verfügen. Die Tatsache, daß nunmehr Deutschland als be siegtes und in militärischer Hinsicht schwaches Land dem Bund beitrrtt, ändert für Rußland nichts am Wesen des Völkerbundes. Die Sowjetregierung sei mehr als irgend eine andere Regierung daran interessiert, den Frieden aiH der Grundlage der Unabhängigkeit und des Selbstbestim mungsrechts der Völker zu sichern. Von diesem Stand punkt aus würde dis Sowjetregierung die Schaffung einer internationalen Organisation begrsißen, durch die alle Völker ihre national-souveränen Rechte verwirklichen und die zwischen ihnsn entstehenden Reibungen auf friedlichem und freundschaftlichem Wege aus der Welt schaffen können. Der Völkerbund habe bisher nach Ansicht SowjetrußlandS nicht im geringsten Maße den Hoffnungen und Erwartun gen, die aus ihn gesetzt wurden, entsprochen. l' - SZchMcher Lsnütag - I Dresden, 24. November. Die Tribünen des Landtages waren auch heute gut besetzt. Nach Beantwortung einer kurzen Anfrage des Abg. Grellmann (Dn.) über das Verhalten jugend licher Insassen der Burg Hohnstein durch die Regierung be gründete Abg. Börner (Dn.) einen Antrag -auf erhöhte Unter stützung der Rentenempfänger der Altersrentenbank. Finanz- minister Dr. Reinhold bezeichnete den Antrag als überholt, -da die Regierung bereits einen Entwurf ausgearbeitet habe und ihn baldmöglichst dem Landtage vorlegen werde, -nachdem den Alters- renknern -laufend 25 Prozent ihrer Friedensrente zur Auszahlung gebracht werden sollen. -Sie würden damit besser gestellt sein, als bei irgendeiner anderen Bersorgungsan-lage. Die Auszahlung soll noch vor Weihnachten erfolgen. Hierauf kamen drei An fragen über den Preisabbau zur Beratung. Den Reigen eröffnete Abg. Böttcher (Komm.), der in längerer Rede cm- kündigte, die Verträge von Locarno -würden dem deutschen Volke nur neue Ketten und größeren Hunger bringen. Der deuksch- vvlksparteikiche Redner Abg. Schiffmann fragte die Regierung, was.sie zur Unterstützung der Preissenkungsaktion der Reichsre gierung getan habe und wandte sich gegen die Mißstände im Kartelkvesen und mahnte zur Sparsamkeit, Rücksichtnahme auf den Nächsten. Abg. Dr. Kastner (Dem.) wies in seiner Anfrage auf die preisverteuerndrn Maßnahmen der Konzerne hin und meinte, daß die festgsstellte Verm-chrung der Lebensmittelge schäfte nicht preisstei-gernd wirke. Redner kritisierte sodann den geltenden Zolltarif, der unsere Handelsvertragsvechandlungen er schwere, den unproduktiven Beamtenabha-u und die Steuergesetz gebung. Wirtschafts-Minister Müller wies die gegen die Regierung erhobenen Vorwürfe zurück. -Sie habe nach besten Kräften die Maßnahmen der Reichsregiernng zu unterstützen versucht. Zu. -besseren Verhältnissen und -billigeren Preisen würden wir erst kommen, wenn die Wirtschafts- und HandelsbeMhungen mir anderen Ländern wieder normal werden. Vor allem lredürfe es einer Aenderung der Zollpolitik. — Bei Abschluß des Berichtes dauerten die Verhandlungen fort. Die nächste Sitzung findet heute Mittwoch 1 Uhr statt. s Rus unferef KrimÄ Wilsdruff, am 25. November 1925.. Merkblatt für den 26. November. Sonnenaufgang 7'2 I! Mondaufgang 2" Sonncnumcrgang 3" sl Mondurnergang 2" P 1822 Der preußische Staaiskanzlcr Fürst Hardenberg Ir Genua gcst. — 1857 Joseph Freiherr von Eichendorfs i» Neiße gcst. * Das Reichsehrenmal nach Eisenach? Wie der Telunion- Sachsendienst erfährt, hat der Vorschlag des Oberbürgermeisters Dr. Janson, das Reichsehrenmal unter Verzicht auf monumentale Baulichkeiten in Form eines Heldengedächtnishaines unmittel bar bei Eisenach im Angesicht der Wartburg zu errichten, große Aussicht von der eingesetzten Kommission des Reichstages nach genauer Prüfung angenommen zu werden. 3. Heimatschutz-Vvrtrag: „Aus Sachsens Kornkammer — die Lommatzscher Pflege." Als Kind derselben war Herr Prof. Dr. Martin E r o ß e - Dresden besonders berufen, sie zu er forschen. Und was er sah und was er sand, das schilderte er gestern abend im „Adler" mit der ganzen Liebe eines an der Heimat hängenden Herzens. Buntfarbige Lichtbilder führten irr die fruchtbaren Gefilde und friedlichen Ortschaften des Jahna- und Ketzerbachtales, in die Gegend von Ostrau, Mügeln, Lom- Das Me stürzt Koman von Hanns HeiSsieck Alle Rechte vorb-hatz«, 45. Fortsetzung. Sic prcßte die Lippen zusammen und litt. Selbst bei ihren heftigen, kaum noch erträglichen Schmerzen, dachte sie nur an den, dem sie sich völlig zu eigen gegeben hatte, — an ihren Mann. Sie sorgte sich, da sic ihn noch auf dem Fluge nach Japan glaubte, ob ihm auch nichts passiere und ob er den drohenden Ereignissen, von nnen ihr schon so manches zu Ohren gedrungen war, zu begegnen wisse Uebcr seine großen Organisationspläne hatte er sich auch nie mit ihr ausgesprochen, nnd sie hatte ihm das auch niemals übel- gcnommen. Das war Männsrarbcit, die sic nicht zu besorgen hatte. Aber mit Stolz konnte sie immer wieder seine wohlüberlegten Schach,zügc bewundern. Sic war überzeugt, daß er sofort zu ihr eilen werde, wenn er wieder in Berlin cintrcffen sollte. Wieder und wieder fragte sic, ob er noch nichts von sich hören ließ. Da fiel ihr in einer Stunde, da sie gerade recht elend war, das Gesicht einer Schwester auf. Auch die Schwester schien betroffen auf die, Hranke nicdcrzMicken. Ein Zufall hatte Edith Brinkmann an das Lager der Frau geführt, die statt ihrer zur Herrin der Welt werden sollte und nun so jäh von der Höhe in den unermeßlichen Abgrund gestürzt war. Diese Frau, von so vielen unzähligen anderen immer beneidet, lag nun stöhnend und hilflos auf ihrem Lager, unerbittlich auSgclicfcrt den unberechenbaren Lannen des Schicksals, das keine Rücksichten kannte. Vor oieser Tragik schwiege» alle anderen Gefühle der Schwester. Vor dieser Tragik kannte selbst sie nichts anderes mehr, als ein reines menschliches Mitgefühl. „Ich werde Sie in meine persönliche Pflege nehmen, und was ich tun kann, Ihre Schmerzen zu lindern, das will ich tun." Margot streckte ihr dankbar die Hand entgegen. „Wollen wir Burgfrieden schließen?" fragte sie langsam, mit einem wehmütigen Lächeln. Edith dachte über diese Worte lange nach. Also wußte Frau Margot doch, wie sie, Edith, bisher gegen die glückliche Frau des Erfinders eingestellt war? Oder hatte sie vielleicht jetzt erst, in dem sensiblen Zustande ihrer Körperlichkeit alle jene Zustände erraten, von denen sic bisher vielleicht gar keine Ahnung hatte? Gleichviel, es mochte sein, wie es wollte, Edith war bereit, Frieden zu schließen. Mehr noch, sie war bereit, wieder gut zu machen, was sie bisher in Torheit und Verblendung versehen hatte. — — Inzwischen hatte Willert telephonisch mit dem leitenden Arzt gesprochen. Zufällig war Edith dabei gewesen, und es durchrann ihr ganzes Wesen wie ein Schauer, als sie erfuhr, daß der Ingenieur vorerst noch nicht kommen könne. Wie sollte man das der Frau beibringen, die es für selbstver ständlich hielt, daß sein erster Weg in Berlin zum Krankenhause führte? Sollte man ihr den ganzen Anruf verschweigen? Freilich unheimliche Dinge gingen draußen vor in der Welt. Und Willert allein spann alle Fäden, — er allein be wältigte eine Arbeit und übernahm ein Verantwortung, unter der tausend andere wie ein Taschenmesser zusammengeklappt wären. . . . War es aber dennoch nicht grausam, rücksichtslos grausam, und wenn noch so dringende Angelegenheiten an Türen und Tore poch ten, eine liebende Frau einsam und hilflos sterben zu lassen? Als sich Margot von neuem erkundigte, ob Willert noch nicht nach ihr gefragt habe, sah sie ein Zucken um Ediths Mundwinkel gehen. Die schwarzen Wimpern des Mädchens hatten sich unwill kürlich über 1>cn schönen Augen für eine Sekunde gesenkt, als suche sie von innen her Kraft zu fammeln und dann erfaßte sie nnpulsiv die Hand der Frau, die sich in ihren Schmerzen wie eine Ertrinkende ari ihre Antwort festklammern wollte — — und doch vielleicht schon jetzt ahnte, das; alles Hoffen vergeblich nnd ihre ganze hingebende Liebe auf ein totes Gleis gefahren war. „Ihr Gemahl hat antelephoniert. Er läßt herzlich grüßen und gute Besserung wünschen," erwiderte Edith endlich in einem ange zwungenen Ton kühler Sachlichkeit, während ihr diese Worte die Kehle zuschnüren wollten, „die ungeheuren Aufgaben, die seiner warten, verhindern ihn einstweilen hierher zu kommen." Margots Haupt war mit einem schmerzlichen Laut hinten über- gefunken. Ihr Gesicht sah blaß wie ein Wachsbild aus. Ueber den ganzen durch die Krankheit geschwächten Körper schien plötzlich ein Zucken und Schüttcrn zu gehen, als ob er von innen her aufgewühlt werde. Edith hielt inimer noch ihre Hände. Unwillkürlich perlten ihr die Hellen Tränen über die Wangen und tropften milde auf die blassen Hände der zu Tode getäuschten Frau. „Sie weinen?" fragte Frau Margot mit einem Blick in die Züge des Mädchens, die sich in einem tiefen Mitleid zu ändern schienen, „Sic weinen jal" B „Ich leide mit Ihnen, Frau Margot," erwiderte Edith mit ver-. haltcner Stimme, während Margot krampfhaft ihre Fassung wieder- - gewonnen hatte und mit unendlich milder Stimme erwiderte: „Seien Sie unbesorgt, liebes Kind tiefstes Leid scheint! das Los vieler Frauen zu sein. Vielleicht soll es uns läutern. Wir! wollen deshalb nicht hadern mit Gott." Bei diesen Worten der Sterbenden war es Edith, als sei ihr das Geheimnis des Lebens erschlossen worden. * * * Die Verhandlungen Willerts mit England waren ein diplo matisches WeistcrL.ück. Man begann im britischen Weltreiche ein zusehen, daß dieser Mann einen Faktor bedeutete, mit dem man zu rechnen habe, und es wurde in der höflichsten Weise verhandelt, st- Willert hatte schon vieles dadurch gewonnen, daß er nicht, wie er es in der Regel zu machen beliebte, den englischen Vertreter zu sich nach Berlin beschieß, sondern sich selber mit nur einem kleinen > Stabe von Herren persönlich im Flugzeug nach London begab, um dort zu verhandeln. Man empfing ihn mit hohen Ehren wie einen König und wußte, daß jedes Wort von ihm 1000 Pfund Sterling wog. Auch wußte er so geschickt zu verhandeln, daß es den Anschein erweckte, als ob England das Heft in der Hand und allein etwas zu sagen habe — während er auf der anderen Seite unmerklich ein ganzes Netz um das britische. Weltreich spann. j So schlug er bereits in der ersten Stunde die Garantiezusage des deutschen Weltmonopols für den internationalen Flugzeug-! Verkehr heraus. Er selber aber sorgte dafür, daß dieses Monopol so trefflich bemäntelt wurde, als verhielte sich die ganze Sache ge-' radczu umgekehrt — und England hatte die Lacher vorerst auf feiner Seite, bis diesem bei späterer genauerer Prüfung die Augen über gingen Der große Erfinder trat so ziel- und selbstbewußt — und den noch wieder so vorsichtig und gelassen auf, daß die gewiegtesten Leute den Kopf verloren. Er spielte Länder gegen Länder und Verträge gegen Verträge aus, daß es selbst Fachl-uten schwindelte. Und wäh rend er beiläufig Japans freundschaftlichen Beziehungen zu Deutsch land erwähnte, traf just ein Telegramm von der ostindischen Küste ein, daß 30 japanische Kreuzer nnd 16 Torpedoboote vor ver schiedenen englischen Häfen eigenartige Manöver vollführten, deren- Unzweideutigkeit klar auf der Hand lag. (Fortsetzung folgt.)/
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