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2S7, 4. November 1912. Nichtamtlicher Teil. »«rl-NN-Nt f. d. MI4N. «nch?andck. 13671 es müsse deshalb vor dem Ankauf dieses Buches gewarnt werden. Diese Kritik wurde abgedruckt in einer von den Interes senten gelesenen Zeitschrift. Der erste Verleger, der in Über einstimmung mit dem Autor den Standpunkt vertrat, das Buch enthalte solche tatsächliche Unrichtigkeiten nicht, klagte hierauf gegen den kritisierenden Autor auf Unterlassung und Schadenersatz. Er stützte diese Klage auf Z 6 des alten Ge- setzes gegen den unlauteren Wettbewerb, wurde aber vom Landgericht und Oberlandesgericht mit seiner Klage abge wiesen. Die Begründung, die das Oberlandesgericht seinem Urteil gab, erscheint so unrichtig und trägt den tatsächlichen Ver hältnissen so wenig Rechnung, daß die Vereinigung rechts- und staatswissenschaftlicher Ver leger beschloß, in dieser Sache ein Gutachten des Ober landesgerichtsrats Finger in Colmar einzuholen, der aus dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbs als Autorität gilt und auch in dem Urteil besonders angegriffen war. Zunächst sei noch auf folgendes hingewiesen: H 14 des Unlauteren Wetlbewerbsgesetzcs, der mit dem K 6 des alten Gesetzes übereinstimmt, besagt, daß, »wer zu Zwecken des Wettbewerbes über die Waren oder gewerblichen Leistungen eines andern, Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Geschäfts zu schädigen, ver pflichtet ist, dem Verletzten den entstandenen Schaden zu er setzen, sofern die Tatsache nicht erweislich wahr ist. Auch kan» der Verletzte einen Anspruch auf Unterlassung der Be hauptung oder Verbreitung der Tatsachen gellend machen«. Man sollte annehmen, daß nach dieser klaren und ein wandfreien Bestimmung der Klage hier hätte stattgegeben wer den müssen, denn wenn der Autor des Konkurrenzwerkes zu Unrecht behauptet, das Buch des klagenden Verlegers enthalte eine Reihe von tatsächlichen Unrichtigkeiten, es sei deshalb vor dem Ankauf zu warnen, so liegt doch darin die Behauptung und Verbreitung unrichtiger Tatsachen über Waren und ge werbliche Leistungen eines anderen. Das Oberlandesgericht war aber anderer Ansicht. Es meinte, wenn auch hier unrich tige Tatsachen über das Buch des klagenden Verlegers ver breitet seien, so handle es sich dabei doch nicht um Behaup tungen über »Waren oder gewerbliche Leistun gen«. Der kritisierende Autor habe nur den »In halt« des gegnerischen Werkes im Auge gehabt. Der »Inhalt« eines Werkes könne aber nicht als »Ware« des betreffenden Verlagsgeschäftes bezeichnet werden. Ein Buch könne höchstens, soweit es sich um seine äußere Aus stattung, z. B. um den Einband, die Beschaffenheit des be druckten Papiers oder die Art des Druckes handle, eine »Ware« des Verlagsgeschäfts darstellen. Wenn auch der In halt eines Buches gerade Gegenstand des Verlagsvertrages und der gewerblichen Leistungen seitens des Verlegers sei, so könne dies doch nicht dazu führen, das Buch als »Ware« eines Verlagsgeschäftes aufzusassen, soweit nur der »In halt« in Frage komme. Das Oberlandesgericht erwähnte ferner, daß die entgegengesetzte Ansicht des Fingerschen Kom mentars es in dieser Auffassung nicht beirren könne, denn es bestünde kein praktisches Bedürfnis nach einer so weiten Auslegung des Begriffs der »Ware« und der »gewerblichen Leistungen«, wie sie von Finger vertreten werde. Diesen Worten läßt nun Oberlandesgerichtsrat Finger in seinem Gegengutachten, das inzwischen in der Zeitschrift für Markenschutz und Wettbewerb veröffentlicht worden ist, die gebührende Zurechtweisung zuteil werden. In eingehender und interessanter Begründung weist Finger darauf hin, daß nach der Ansicht des Gesetzes der Begriff »Ware und gewerbliche Leistungen« möglichst weit zu fassen sei. Hier über seien sich auch Rechtslehre und Rechtsprechung von An fang an einig gewesen. Finger führt dann weiter aus: Es fällt deshalb unter den Begriff »Ware und gewerbliche Leistungen« alles dasjenige, was Gegenstand des Tauschver kehrs im Erwerbsleben ist. Das Gesetz ist weder auf Kauf leute noch auf Gewerbetreibende im Sinne des Handels gesetzbuchs beschränkt. Soweit überhaupt ein Erzeugnis im Verkehr einen bestimmten Vermögenswert darstellt, und gegen diesen ausgetauscht wird, handelt es sich um einen geschäft lichen Verkehr und um »Ware«. Deshalb fallen unter den Begriff »Ware« nicht nur bewegliche und unbewegliche Sachen, sondern auch die sogenannten Jmmaterialgüterrechte, wie das Urheberrecht, denn die Urheberrechte werden heute in gleicher Weise im geschäftlichen Verkehr bewertet und ausgelauscht und dienen regelmäßig dem Erwerb. Es sind deshalb auch die Urheberrechte »Waren« im Sinne des Unlauteren Wett bewerbsgesetzes, so daß sich also der Begriff »Ware« nicht nur auf das Äußere eines Buches, sondern auch auf seinen »In halt« erstreckt. Es liegt aber auch eine gewerbliche Leistung des Ver legers hinsichtlich des Inhaltes eines Buches danach so deut lich zutage, daß sich eigentlich jedes weitere Wort erübrigt; denn der Verlagsvertrag mit seiner Übertragung des Rechtes, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten, enthält ja ge rade für den Verleger die Befugnis der wirtschaftlichen Ver wertung des Inhalts. Der Inhalt gibt dem Verleger die Hoffnung auf den Absatz des Buches. Bei dieser Sachlage muß es wundernehmen, daß sich das Oberlandesgericht zu dem Satze versteigt, »es bestehe auch kein praktisches Bedürfnis nach einer so weiten Auslegung des Begriffs der gewerblichen Leistungen«. Man vergegenwärtige sich nur die vielen im Leben vorkommenden Fälle, wo sich Verleger, Autor, Herausgeber gerade auch be züglich des Inhalts eine unlautere Reklame zu schulden kommen lassen. Zutreffend weist Finger aus das Beispiel Ganters hin, der ein wertloses Machwerk als Tendenzroman schlimmster Art aller Welt anpries, oder auf die vielen anderen Fälle, in denen ein Verleger die unverkürzte Ausgabe eines Klassikers anzeigt, während sie tatsächlich stark gekürzt ist, oder wenn jemand behauptet, ein von ihm herausgegedenes Adreßbuch sei nach amtlichen Quellen bearbeitet, während dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist, oder sein Buch sei ein Ori ginal, während es tatsächlich nur eine Übersetzung darstellt. In allen diesen Fällen handelt es sich nicht um falsche, markt schreierische Behauptungen, die die Ausstattung betreffen, son dern um eine Reklame, die sich auf den Inhalt bezieht und gerade dadurch so bedenklich und verwerflich wird. Da wäre es doch wirklich traurig, wenn derartige Fälle nicht durch das Unlautere Wettbewerbsgesetz getroffen würden. Nach der übereinstimmenden Ansicht der Literatur und der Recht sprechung des Reichsgerichts besteht aber hieran kein Zweifel, und das Urteil des Oberlandesgerichts stellt nur eine gelegent liche Entgleisung dar. Man braucht deshalb noch nicht an eine erneute Verschärfung des Unlauteren Wettbewerbsgesetzes zu denken, seine Bestimmungen sind wenigstens über die hier interessierenden Punkte so klar, daß sie vernünftigerweise keinem Zweifel unterliegen können. Immerhin ist auch dieser Fall ein Beweis dafür, daß unser Recht zwar gut, seine An wendung aber häufig sehr schwierig und bedenklich ist. vr. Blüthgen. Kleine Mitteilungen Verlängerung der Schutzfrist im Musikalicnhnndel. — In dem Artikel Musik und Musikaltenhandel der vorliegenden Nummer gibt unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Robert Lienau, der Hosfnung Ausdruck, dah die Lbsährige Schutzfrist doch noch ihren Einzug in den deutschen Musikalienhandel halten werde, wenn man sür diese Forderung immer wieder nachdrücklich einträte. Demgegenliber möchten wir an die Eingabe des Börsen- t778»