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Wilsdruffer Tageblatt : 18.11.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192511189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19251118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19251118
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-11
- Tag 1925-11-18
-
Monat
1925-11
-
Jahr
1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 18.11.1925
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4cs französischen Rilterroman, gewesen, und von Frankreich Hal ßch die ritterliche Sitte über alle Länder Europas verbreitet. Die Ehre ist jedem zugänglich. Nach französischer Anschauung „trägt jeder Soldat den Marschallstab im Tornister". Wirtschaft und geistige Berufe sind der Tummelplatz des Wetteifers um diese beiden Wole. Ueberall im gewöhnlichen Leben Frankreichs ein „concours", ein Wettlauf nach demselben Ziel. Als Nation neben anderen Haffen aus dieser Einstellung heraus die Franzosen den Nebenbuhler, der ihm feinen Ruf, seinen vermeintlichen Vorrang in Wassenruhm und Ehre streitig machen könnte, sein „Prestige" etwa bloßzustellen geneigt wäre, sei es selbst in einem Kriege mit einem anderen Volke. Denken wir nur an jene „Rache für Sadowa"! Der Franzose ist befangen in einem Scheinidealismus. Ehre und Ruhm sind ihm idealere Werte als Besitz und Macht, und dabei ist doch der Egoismus die Wurzel seines vermeintlichen Idealismus. „Ehre und Ruhm für mich! Ehre und Ruhm für den Staat!" Das ist der Wahlspruch des typischen Franzosen. Der Staatsgcdanke bewegt ihn auss tiefste. Die klastische Literatur des französischen Volkes (17., 18. Jahrhundert), das klarste Spiegelbild seiner inneren Struktur, legt Zeugnis dafür ab, wie tief verwurzelt der Gedanke ans Vaterland in den weitesten Schichten des Volkes ist. Corneille, einer der größten jener Glanzperiode, wird heute, nach 250 Jahren, beinahe ebenso ost aufgeführt wie zu seiner Zeit. Seine Werke finden noch immer den begeisterten Beifall des Publikums. Corneille trägt einige von den „ewigen Zügen Frankreichs" an sich. Aus all seinen Werken leuchtete das Intereste für den Staat, die Hingabe an den Staat hevvor. Eine wahre Staatsreligion ist diese Staatsraison, und sie ist überzeitlicher Kern französischer Eigenart. Die Erkenntnis, wir sind mit dem Staat auf Gedeih und Ver derben verbunden, wir können nicht lieben, nicht hasten, nicht arbei ten, nicht ruhen, ohne irgendwie daran erinnert zu sein, daß wir Glieder eines Staatswesens sind, das sich in beständiger Bewegung befindet, diese Erkenntnis hatte das französische Volk vor 1914 seiner inneren Struktur gemäß, wir — hatten sie nicht. Der Franzose ist Vernunftmensch, wie schon das Wort „Staats- raifon" verrät. Die Vernunft ist ihm heilig. Er betete sie einst in den Tagen der Revolution von 1789 an. Der Bahnbrecher für die gesamte moderne Weltanschauung, der Franzose Descartes ebnete der Vernunft den Weg zu ungehemmter Durchforschung aller Lebens fragen. Corneille, Racine, Meliere, das Dreigestirn der fran zösischen Klassik, sind Jünger der Vernunft. Seelenkonflikte in ihren s Dramen werden „vernünftig" gelöst, wenn auch das jeweilige Resul- f tat -verschieden ist. Corneilles Helden folgen ihrer Vernunft blind lings; Racines Helden sind leidende Menschen, erkennen zwar, j aber unterliegen ihren Leidenschaften; Molieres Gestalten erkennen s auch, leiden nicht, sondern lachen sich in bitterer Selbstironie grimmig l aus. Gefühl und Vernunft gehen dabei ineinander über. Das ist l typisch französisch. Man könnte sagen: der Franzose denkt, fühlt l gleichzeitig; der Deutsche hingegen denkt oder er fühlt. Dieser Unter- s schied spricht sich z. B. darin aus, daß die Aufklärungsbewegung s in Frankreich viel gefühlsbetonter war als die in Deutschland, daß der gesühlstrunkenen deutschen Romantik eine intellektuelle Romantik j Frankreichs gegenübersteht. Eng verknüpft mit der Tatsache, daß der Franzose Rationalist, ' Denker ist, scheint die zu sein, daß viele der größten mathematischen : Köpfe Franzosen gewesen sind. Es sei nur einer ihrer genialsten genannt, der zugleich einer ihrer gefühlstiefsten Dichter war — > wiederum das Zusammengehen von warmem Gefühl und kalter Vernunft! — Sein Name ist Blaise Pascal, gest. 1663. Ein leiden- - fchaftliches, verzweifeltes Vernunftringen nach Klarheit, nach j „Ordnung des Herzens", ist niedergelegt in feinen Werken, die f gerade den Franzosen von heute besonders stark packen. ! ( Leyte MeMungen i s Dolchstoß-Plädoyers. München, 46. November. Am heutigen 20. Verhandlung^ tage haben die Plädoyers im Dolchstobprozeß begonnen. Graf Pcstalozza. der Verteidiger des Klägers Prof. Coßmann, be tonte, cs sei festgestellt, daß revolutionäre Organi sationen bestanden hätten, die schon früh in Erscheinung getreten seien, mit dem Ziele, den Krieg durch eine Revolution zu beenden. Es laste sich die Tatsache nicht aus der Welt j schaffen, daß damals eine Agitation entfaltet wurden die ! Stimmung des Heeres und der Bevölkerung zu zermür- s den, und dieses sei auch erreicht worden. Überraschend sei, ! daß die gleichen Personen, die während des Krieges in schärf- j ster Weise das Verhalten der U. S. P. als die Verteidigung - des Vaterlandes gefährdend bekämpft hätten, der U. S. P. k jetzt als Zeugen in diesem Prozesse eine Ehrenerklärung aus- k stellten. Um des Sozialismus willen habe die U. S. P. lieber ihr s eigenes Vaterland zugrunde gehen lassen. Das - sei der Kern des Vorwurfes, den der Kläger erhebe. Einen i klaren Beweis dafür gebe die Marinementerei von 1Sl7. Zum f Schluß seiner Ausführungen verwies Gras Pcstalozza auf die > Bündnisse General Gröners mit Haase und Ebert und er- s klärte, das sei der große historischc Moment gewesen, f in dem die Führer der Sozialdemokratie und Vertreter des ; Militarismus welthistorisch waren. Kommunalwahlcn in Hessen Frankfurt, 46. November. In Hessen baben Neuwahlen zu ; den Stadtverordnetenversammlungen und Kreistagen stattge- i fnnden. Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen ist zu er- j sehen, daß in den großen Städten ein starkes Anwachsen der s. sozialdemokratischen Stimmen stattgefunden hat. während die : Rechtsparteien Verluste erlitten haben. Zentrum nnd Demo- l kraten laben sich behauptet In Offenbach haben die Kommu- zzistcn sünf Sitze gewonnen. Freilassung politisch Verdächtiger. Allcnstein, 16. November. Wie die Allcnsteiner Zeitung er- fährt, sind die unter dem Verdacht der Eebeimbündelei aus mehreren Gütern im Allcnsteiner Bezirk verhafteten zwanzig Landarbeiter nach ihrer Vernehmung durch den Untersuchungs- - richter in Allenstein sämtlich wieder entlassen worden. Zusammentritt des Meineler Landtages am 23. November. - Memel, 46. November. Laut Bekanntmachung des Gou verneurs des Memelgebietes ist der Landtag des Memel- ; gebietcs für den 23. November 1925, 10 Uhr vormittags, nach s Memel einberufen worden. Drohende polnische Offiziere. Warschau, 16. November. Gestern abend fuhr eine Ab ordnung von über taufend polnischen Offizieren, darunter 20 Generalen, nach Sulejuwck, um dem Marschall Pil- sudski in seinem Landhanse anläßlich der Wiederkehr seiner Befreiung aus dem Magdeburger Gefängnis zur übernahm« der Macht in Polen ihre Huldigung darzubringcn. Im s Namen der Offiziere sprach General Drescher, der seine kurz« aber begeisterte Rede mit den Worten schloß, daß der Marschall bei der gegenwärtigen Krise „nicht abwesend sein werde", da er weder Polen noch seine trcncn Soldaten verlassen solle. „ES sind dies leine H ö f li ch k c i t S p h r a s c n, da wir dem Marschall nicht nur dankbare Herzen, sondern auch in siegreichen Schlachten erprobte Säbel dar- bringen." Marschall Pilsudski gedachte in seiner Antwort seiner Gefühle bei der Rückkehr aus Magdeburg und betonte sodann, auf die gegcnwärtiae Krise übergehend, hab er sich gelegent- c«y zcrncs reyren Beiucycs vcrm Präftvenlru »er Republik bemüht habe, die Ehre der Armee und die Achttmg vor der dort geleisteten Arbeit zu verteidigen. Allgemeines Aufsehen erregt, daß der in Demissionszustand befindlich KriegSministcr Sikorski noch diese Nacht eine amtliche Ver lautbarung ausgeben ließ, in der er unter sichtlichem Bezug auf die Offizierssahrt nach Sulejuwek den Offizieren streng verbot, an Kundgebungen teilzunehmen, die entweder poli tischen Charakter tragen oder zum mindesten von der Presse so ausgelcgt werden. Konflikt zwischen Vatikan und Jugoslawien. Paris, 16. November. Nach einer Meldung des »Petit Paristen" aus Rom erwartet man die Abberufung des päpst lichen Nuntius in Belgrad. Zwischen dem Vatikan und der jugoslawischen Regierung seien seit längerer Zeit bezüglich der Absetzung des Rektors des Jugoslawischen Instituts und seiner Ersetzung durch einen neuen Mann Meinungsverschie denheiten entstanden, die sich verschlimmert hätten. Die Lage gleiche der. die sich zwischen dem Vatikan und der Tschechoslowakei herausgebildet habe. Meuterei von Schantungtrnppen. London, 16. November. Reuter meldet aus Tsingtau: Ein« Division der Schanlungtruppen meuterte und griff eine russisch« Brigade im Rücken an, während die Russen das Vordringen der Streitkräfte Wupeisus aufzuhalten suchten. Von den 3000 russischen Söldnern, bei denen sich auch eine Panzerwagen abteilung befand, wurden die meisten getötet. Den Verwundeten Wurde erst durch die Ankunft ausländischer Ärzte aus Tsinanfu, die unter Hintansetzung ihres eigenen Lebens sich in das Kampfgebiet begaben, die erste Hilse zuteil. Aktenbeschlagnahme in der Mordsache Rosen. Dri Zwischenfälle im Falle Rosen häufen sich schon währeni der Voruntersuchung in aufsehenerregendem Maße. In Bureau des Verteidigers des vor kurzem unter dem Veo dacht der Täterschaft verhafteten Briefträgers Stock ev schien die Kriminalpolizei und beschlagnahmte auf Aw ordnung der Staatsanwaltschaft die Handakten des An walts. Die Beschlagnahme ist ohne Wissen des Unter suchungsrichters erfolgt; über die Gründe der auffallender Maßnahme verweigert die Staatsanwaltschaft jede Aris- kuuft. vnnweihung des oberschlesischen Rundfunksenders in Nleiwitz. Im Beisein der oberschlesischen Negierung und iller oberschlesischen Körperschaften erfolgte die feierliche Einweihung des oberschlesischen Rundfunksenders. Nach >em Vorspiel zur Oper „Die Meistersinger von Nürnberg" «verbrachte Staatssekretär Dr. Bredow, der Förderer »es deutschen Rundfunkgedankens, die Wünsche des Neichs- »ostministers Stingl. Sturmschäden im Niesengcbirge. Im westlichen Teile »es Niesengebirges hat ein surchtbarer Sturm katastrophale Verwüstungen angerichtet. An den Wegen von Harrachs« wrf-Nenwelt zum Kamme wurde der gesamte Waldbestand «mgelegt und auch in den Talorten wurde schwerer schaden verursacht. Ein neuer Fememord? Vor dem Altar der St. Irbanus-Kirche in Buer (Westfalen) wurde der 21 jäh- nge Bergmann Fritz Bube, ein Mitglied des Stahl selms, erschossen aufgefunden. Man nimmt an. daß es ich um einen Fememord handelt. , "Bauschäden am Kölner Tom. Zur Untersuchung der gauschäden am Kölner Dom, die sich in der letzten Zeit in starkem Maße bemerkbar gemacht haben und zur größten öesorgnis Veranlassung geben, hat ein Ausschuß von Ninisterialkommissaren aus dem Finanzministerium und wm Ministerium für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung »en Dom unter Teilnahme von Vertretern des Oberprä- iidiums, des zentralen Dombauvereins und des Dom- lapitels unter Führung des Dombaumeisters Hertel ein- whend besichtigt. Es wurden Mittel und Wege berat- ichlagt, wie die erforderlichen großen Geldmittel zur Aus besserung dieser Schäden beschafft werden können. Von seinem unehelichen Sohn erschossen. In Wie n ourde der Zahnarzt Gabriel Wolf von seinem 24jüh- ligen unehelichen Sohn in der Sprechstunde erschossen. Her Sohn, der nach der Tat Selbstmord verübte, satte erst in den letzten Tagen nach langen Bemühungen wfahren, wer sein Vater war. Grubenunglück. Wie aus Heerlcn (Holland) berichtet vird, ereignete sich dort auf einer Kohlenzeche ein schwerer Inglücksfall. Beim Abstützen eines Ganges stürzte dieser n einer Länge von etwa 15 Meter zusammen, wobei drei Arbeiter unter den Trümmern begraben wurden. Alle »rei konnten nur als Leichen geborgen werden. . Unfall eines „Goldflugzeuges". Ein englisches Flug zeug, das 1090 Kilo Gold von England nach Basel »eförderte, erlitt unterwegs eine Havarie und mußte eine Notlandung vornehmen. Da diese im Flughafen von §t. Quentin erfolgen konnte, fiel es der Besatzung nicht chwer, in aller Eile Schutzpersonal zu requirieren. Deutsche Taucher bei der Bergung des gesunkenen mglischen U-Bootes. „Daily Mail" zufolge sind in Port- and an Bord eines britischen Zerstörers acht deutsche Laucher mit zwei Apparaten eingetroffen die die Suche «ach dem gesunkenen Schiff beginnen. In der Nähe der llnglücksstelle sind sünf verschiedene Hindernisse auf dem Neeresgrunde mit Hilfe von Hydrophonen sestgestellt vorden. Zusammenstoß zwischen Flugzeug und Unterseeboot. Her seltene Fall eines Zusammenstoßes zwischen einem Wasserflugzeug und einem Unterseeboot hat sich im italie- »ischen Hafen Spezia ereignet. Ein Wasserflugzeug, »as im Begriff war, niederzugehen, streifte mit einem Mgel auf dem Wasser, stieß dabei an das Periskop eines llnterseebootes und beschädigte es. Der Kommandant des llnterfeebootes mußte sein Schiff sofort auftauchen lassen, «m cs aus der drohenden Gefahr zu retten. Bunte Tageschronik. Hamburg. In Altona wurde eine Kontoristin verhaftet, >!e durch Fälschung von Lohnbüchern 16 000 Marl unter- schlagen hat. Wien. Ein dreizehnjähriges Wiener Schulkind, das zur Lrholnng nach Holland verschickt worden war, hat sich nach seiner Rückkehr in die Heimat mit Gas vergiftet. Es hatte ich bei seinen holländischen Pflegeeltern so glücklich gefühlt, »aß es die engen Verhältnisse der Heimat nicht mehr ertragen tonnte. Paris. Nach einer Meldung beabsichtigt der spanische Ma- Br Franco im kommenden Februar den Atlantischen Ozean m überfliegen. Die Startrome ist folgende: Sevilla— !lap Verde—Pernambuco—Buenos Aires. Or. Eckener an die Schuljugend. In Berlin erlassener «ufrns. In Berlin hielt Dr. Eckener im Zirkus Busck ! vor 5000 Schülern eine Ansprache. Zum Schluß richtet) - er an die deutsche Schuljugend einen Aufrus, in dem « j die Gewißheit ausspricht, daß das Werk des Gräfer j Zeppelin, das in Gefahr sei, nicht untergehcn Werve Zeppclins Erbe werde uns erhalten bleiben, weil Deutsch lands Jugend es wolle, denn der Lebenswille und tatz kräftige Glaube Juugdeutschlands sei Deutschlands Zu kunft und bestimme sein Schicksal. Dr. Eckener fordert di« - deutsche Schuljugend auf, für eine Zeppelin-Spende de: ! deutschen Schuljugend zu sammeln und zu arbeiten. l Wilsdruff, am 17. November 1925. Merkblatt für den 18. und 19. November. i Fonnenaujgang 7" <7^) li Mondaukgang v*? V. t1v" V. ! Sonnenuntergang -r' ü Monduniergang b"N. <8"N. j i i i ! 18. November. 1905 Das norwegische Storthing wählt Prinz Karl von Dänemark zum König. 19. Rovembe r. 1828 Franz Schubert in Wien gest. Des Bußtages wegen erscheint die nächste Nummer unseres Blattes Donnerstagnachmittag zu gewohnter Stunde. Klage des Pfennigs. Niemand schaut mich braunen Bur schen mehr au. Verächtlich weihe ich von allen verschmäh. Und doch sind auch heute noch hundert meiner Brüder eine Mark. Ja, damals war es anders, da legte man mich sorgfältig beiseite, bis unser hundert beisammen waren, wickelte alle fein säuberlich m ein weißes Papier und schrieb mit großen Buchstaben aus dieses Papier: „Eine Mark". Dann trug man mich zur Spar kasse. Wenn ich arbeiten durfte, vermehrte ich mich um 4 v. H. im Jahre, jetzt gar um 12 v. H., -und doch hebt mich niemand aus, wenn ich in die Stube falle ober auf die Straße. Die mich haben müßten, sind hoffärtig geworden und wollen nur den Fünfer als kleinste Münze gelten lassen. Aber es werben die doch am ehesten wieder zu Wohlstand gelangen, die auch meinen Wert zu schätzen wissen und noch nicht verkannt haben, daß selbst in der Liebe ein brauner Geselle noch eine große Rolle spiele. Wenn behauptet wird, baß die Liebe alle Dinge überwinde, so sage ich: Mich nicht. Denn wie will so ein Liebespaar denn sein Nestchen bauen, wenn es mich nicht hat, die Bausteine zu be schaffen? Ach, so vieles könnte ich noch zu meiner Ehrenrettung anführen; die Menschen aber scheinen meine Worte noch nicht hören zu -wollen. Sie werden abxr noch zur Einsicht kommen, darauf kann ich mich ganz bestimmt verlassen. Zweiter Heimatschutz-Vortrag heute Dienstagabend 8 Uhr im „Adler". Gutes Theater in Wilsdruff. „Wer Legenden und Wun der scheut, braucht das Apostelspiel nicht zu meiden. Das ein zige Wunder, bas an diesem Abend in den Kammerfpielen ge schah, war, daß anno 1925 einmal ein deutscher Dichter in der deutschen Reichshauptstadt aufgeführt wurde." So beginnt die „Vossische Zeitung" die Kritik über die Berliner Erstaufführung. Auch hier wird ausgedrückt, daß es sich um die Schöpfung eines Dichters handelt. Dieselbe Zeitung schreibt auch: „Mell kennt das Mittel, das allein den Greuel der falschen Naivität aus- treiben kann": Humo r. Man fürchte also nicht, eine Heiligem oder PaMonsgeschichte, die es auf die Tränendrüsen absieht, .von gesetzt zu bekommen, nein, dieses im höchsten und menchlichsten Sinne religiöse Stück ist von Anmut beschwingt und oon>Wmoi durchwärmt. Stellt sich zum Schluß doch tiefe Ergriffenheit ein, so ist das eben ein Zeichen, daß ein Dichter am Werke war. Also, man lasse dieses natürliche Wunder auf sich wirken, sichere sich einen kurzen Abend erhebender Kunst und besuche die Vor stellung, die Direktor Oswald Wolf morgen zum Bußtag abends 8 Uhr im ,-Löwen" veranstaltet. Sinfvniekonzert. Gute Musik erfreut zu jeder Zeit des Menschen Herz. Die mißlichen Finanzverhältnisse freilich waren für einen großen Teil der Musikfreunde ein Hindernis, die Kon zerte immer zu besuchen. Aus diesem Grunde ist es besonders zu begrüßen, daß sich Herr Stadtmusikdirektor Philipp ent schlossen hat, in Ausführung seines Vertrages mit der Stabt der hiesigen Einwohnerschaft vorerst kommenden Donnerstag im „Adler" ein SiNfomelonzert zu bieten, dessen Eintrittsgeld (30 Pfennige einschließlich Programm) jedem den Besuch möglich macht. Das Publikum selbst hat es in der Hand, diese billigen Konzerte zu einer dauernden Einrichtung zu machen. Lediglich die Unkosten sollen gedeckt werden, eventueller Ueberschuß wirb zum weiteren Ausbau derartiger Veranstaltungen verwendet. Das Programm verzeichnet Werke von Mendelssohn-Bartholdy, Schubert, Klughardt und Grieg und dazu stellen sich Frl. Else Lux sowohl als Herr Lehrer Gerhardt in den Dienst der guten Sache, so daß wirklich einige genußreiche Stunden in Aus sicht stehen, die sich niemand entgehen lassen sollte. (Vgl. Inserat.) Der Seegras spricht im „Löwen". Freitag den 20. No vember kommt Graf Felix v. Luckner nach Wilsdruff. Die meisten wissen, mit welcher Todesverachtung er im Weltkriege mit seinen 64 Getreuen auf dem „Seeadler", -dem letzten deut schen Hilfskreuzer, die fast undurchdringliche feindliche Blockade mit Draufgängertum und List durchbrach und welche Erfolge dem „Seeadler" unter deutscher Flagge und unter Graf Luckners Kom mando auf dem Atlantischen und Stillen Ozean deschieben waren. Bis zum vorigen Jahre gehörte Graf Luckner der Reichsmarine an und war ihm das Kommando des Schulschiffes „Niobe" über tragen, das -er aber als Korvettenkapitän niederlegte, um für feine Vorträge und Sonderabsichten freie Hand zu erhallen. In dem Grafen ist der Plan gereift, eine große Propagandafahrt für das Ansehen und für die Weltgeltung des deutschen Vaterlandes zu unternehmen. Wenn er schon durch seine Vorträge in Deutsch land, in der Schweiz, in Oesterreich, in Schweden und in der Tschechoslowakei dazu beigetragen hat, das gesunkene deutsche Ansehen wieder zu heben und das Gist der Verleumdung un wirksam zu machen, so glaubt er aber auf einer etwa zweijährigen Weltumsegelungsfahrt mit einen« von ihm selbst geführten Schiff für fein Vaterland mehr leisten zu -können und in allen Erdteilen für das Deutschtum und für den deutschen Kolonialgedanken wirken zu können. Auf dieser großen Reise wird Graf Luckner, der von feiner Frau begleitet wird, durch Vorträge in zahlreichen Städten des Auslandes, die ihn säon lange eingeladen haben, und durch Vorführungen feines Schiffes und feiner Mannschaft dazu beitragen, dem deutschen Volke -das frühere Ansehen in der Welt wiederzugewinnen. Graf Luckner steht im Auslande wegen seiner an den Tag gelegten Unerschrockenheit und wegen seines menschlichen Verhaltens den gefangengenommenen Schiffsbesatz ungen gegenüber in hohem Ansehen. Die „Indepence Publi shing" aus San Franzisko schreibt Ende August: „Ganz Ame rika ist lucknertoll". Die Neuseeländer, bei denen der Graf fast:
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