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nog. Lk. Markt»!!, (DIN.) vkMängelt es, Vak tn einer Stanzen Reihe von Polizeiämtcrn eine genaue Statistik über die Parteizugehörigkeit der einzelnen Beamten geführt werde. Abg. Meyer-Rheine (Soz.) bringt Beschwerden über die Ari des Geschichtsunterrichts an der Polizeischule Münster vor. Mit persönlichen Bemerkungen schließt die Einzclberatung. Das Haus vertagt sich aus den 19. Oktober. !»"«»«< H Das Nathans in Malchin niedergrbrannt. In Malchin brach im Rathaus Feuer aus. Die Malchiner Feuerwehr und die Feuerwehr der Zuckerfabrik zu Mal chin, letztere mit Motorspritze, haben versucht, den Brand zu löschen, was ihnen jedoch nicht gelang. Das Gebäude ist vollständig niedergebrannt. Mitverbrannt sein soll ein Verhafteter, der festgenommcn worden war und nicht mebr rechtzeitig herausgeholt werden konnte. Typhus in Pommern. In Sehmsdorf sind 25 Per sonen an Typhus erkrankt, von denen eine größere Anzahl ins Krankenhaus Stargard gebracht werden mußte. Die Seuche soll von einer polnischen Schnitterin eingeschleppt worden sein. Gedächtnisfeier für Oswald Boelcke. In Berlin finde; am 28. Oktober, ocm Todestag Oswald B o e l ck e s, eine Gedächtnisfeier zu Ehren Boelckes statt, die die Kame radschaftliche Bereinigung ehemaliger Fliegerbataillone im Einverständnis mit dem Ring der Flieger veranstaltet. Von einem Hirsch angcfaüen. Bei B a l l e n st e d t wurde ein Arbeiter, der zur Arbeit ging, aus der Wald chaussee von einem in der Brunst befindlichen Hirsch an gegriffen und trotz verzweifelter Gegenwehr lebens gefährlich verletzt. Dem Mann ist der Oberschenkel gebrochen, ein Ange ausgestochen; ferner hat er schwere innere Verletzungen erlitten. Um 56 W6 Mark betrogen. Tas städtische Leihami in Offenbach am Main wurde durch einen Betrüger um 50 000 Mark geschädigt. Der Gauner hatte minderwertige Juwelen mit einer sehr hohen Summe beleihen lassen und war dann, ohne die Schmuckstücke einzulösen, verschwunden. Paris—London in 1)4 Stunden. In den nächsten Tagen wird ein Reiseflngzeng auf der Strecke London- Paris in den Dienst gestellt werden. Es ist imstande, 24 Personen zu befördern und die Strecke Paris—Lonvon in 90 Minuten zurückzulegen. Bombcnatteniat bei einem Winzerfest. Bei einem Herbstfest auf dem Schlosse Mondot in der Nähe von Bordeaux warf ein neunzehnjähriger Winzer eine Bombe in den Saal, in dem die Weinleser und Weinlcse- rinnen tanzten. Elf junge Leute wurden schwer verletzt. Der Täter wurde sestgcnommen. Verhängnisvolle Notlandung. Ein großes franzö sisches Personcnflugzeug bat infolge dichten Nebels aus der Fahrt von Paris nach London auf freiem Felde in Kent landen müssen. Als eine Tragfläche dabei durch eine Eiche abgerissen wurde, schlug das Flugzeug uni. Ein Passagier würde getötet, einer erlitt schwere Kopfver letzungen und einem anderen wurde ein Pein gebrochen. Das älteste deutsche Kaufhaus im Besitz der Stadt Nördlingen. Durch notariellen Vertrag ging das alt- berühmte Nördlinger Hafenhaus, das älteste Kaufhaus Deutschlands, aus dem Eigentum der freiwilligen Sani tätskolonne vom Roten Kreuz, Nördlingen, in den Besitz der Stadt Nördlingen über. Das Nördlinger Hasenhaus ist eins der schönsten und denkwürdigsten historischen Bau werke der alten Reichsstadt im Schwabenland und wurde von allen Besuchern der im Sommer d. I. stattgefunocnen Aufführungen der Nördlinger historischen Festspiele ge bührend bewundert. Millionenspendc für einen deutschen Ort. Uber den tm Kreise Osterholz gelegenen Ort Rittelhunde hat sich ein Goldsegen ergossen. Die vor vielen Jahren von dort nach Amerika ausgewanderlen Gebrüder Rieß, zwei jetzt im Alter von 76 und 78 Jahren stehende Jung gesellen, haben ihren Geburtsort mit einer Spende von 2)4 Millionen Mark bedacht. Für das Geld solle!« ver schiedene öffentliche Gcbände errichtet werden. Eine Hundertjährige gestorben. In Dortmund ver schied nach kurzem Leiden Frau Henriette Liedcner, die am 18. November 1924 in voller geistiger und körperlicher Frische ihren 100. Geburtstag feiern konnte. ' Neue Typhusepidemie in Neviges. Nachdem die Stadt Neviges schon im Sommer von einer Typhus- i epidemie heimgesucht worden war, breitet sich seit dem 27. September erneut eine Massenerkrankung aus. Wie amtlich mitgeleilt wird, waren vom 27. September bis 3. Oktober neun Fälle, vom 4. bis 10. Oktober 83, vom 11. bis 15. Oktober 70 neue Erkrankungen an Typhus, also insgesamt 162 Typhusfälle, zu verzeichnen, wovon bisher sieben Fälle tödlich verlaufen sind. Einige Erkrankte liegen bedenklich danieder. Man vermutet, daß die Ursache der Epidemie im Trinkwasser liegt. Brandstisicrschrccken bei Halle. Der Ort Crensitz bei Halle wird gegenwärtig von Brandstiftern heimgesucht. Nachdem am 28. September die Scheunen des Gutsbesitzers Rühl durch Brandstiftung in Flammen aufgegangen sind, s wurden jetzt die Wirtschaftsgebäude des Gutsbesitzers Seling durch Brandstiftung eiugeäschert mitsamt siebzig Morgen Getreide und zehn Morgen Klee, Ackerwagen, Ge räten und dem gesaniten Geflügel. Gleichzeitig wurden das Staügebäude und die Scheunen des Besitzers Lösch, der am anderen Ende des Dorfes wohnt, durch Brand stiftung zerstört. Dabei wurden viele Maschinen und Ge räte und 80 Zentner Äpfel vernichtet. überfall auf einen Straßenbahnwagen. In einem Vorort von Düsseldorf wurde ein Straßenbahnwagen von drei maskierten und bewaffneten Räubern überfallen. Der Schaffner wurde seiner Geldtasche beraubt und dann gezwungen, das Signal zur Weiterfahrt zu geben. Nach forschungen der Polizei blieben ergebnislos. 200 Arbeiter verunglückt. Aus Hermannstadl wird gemeldet: Zwischen Kercsvan und Buzan ist beim Tunnelbau das Gerüst eingestürzt und hat 200 Arbeiter verschüttet. Es gelang jedoch, diese zum größten Tei! noch lebend zu bergen. Die Mehrzahl der Verunglückten mußte verwundet in das Hospital gebracht werden. t Untergang eines Motorschoners in dec Ostsee. Ein Motorschoner von der Insel Aeröl, der mit einer La dung Hafer von Hadcrsleben nach Kopenhagen abgegangen war, ging in der Ostsee zwischen Alsen und den dänischen Inseln infolge eines an Bord ausgebroche nen Brandes unter. Die Besatzung verlieh das Schiff in einem Beiboot. Der Motorschoner flog einen Augenblick später infolge Explosion des mitgeführten Benzins in du Luft. Blutiges Familiendrama. In dem Budapester Vorort Kiscest ereignete sich ein blntiges Familien drama. Der 67jährigc Bäckermeister Flaxmeier suchte seine 24jährige, seit drei Monaten von ihm getrennt lebende Fran zur Rückkehr zu bewegen. Als sie sich weigerte, ver letzte er sie mit einem Küchenmesser schwer, ebenso die her beieilende Hausbesitzerin sowie die zwei Kinder. Dann brachte er sich selbst eine schwere Kehlwunde bei. Alle sünf schwerverletzten Personen wurden ins Spital gebracht Ein Kurier spurlos verschwunden. Als der zwischen Ssebesch und Moskau verkehrende Schnellzug in Moskau eintraf, wurde festgestellt, daß der mitreisende litauische Kurier ans unaufgeklärte Weise verschwunden ist. Sein diplomatisches und persönliches Gepäck wurde sofort der litauischen Gesandtschaft übergeben. Es wird eifrig nach - dem Verschwundenen gesucht. Für eine Million Dollar Weure vermchtct. In New- rork wurde durch eine Kommission zur Bekämpfung des Ättoholschmuggels eine große Ladung von alten Burgun derweinen sowie bestem französischen Champagner im Werte von etwa einer Million Dollar beschlagnahmst Die gesamte wertvolle Ladung wurde in den East River gegossen. Zusammenstoß zwischen Autobus und Eisenbahn. Ein Zug aus der Strecke Angora—Konstantinopel stieß mit einem Autobus, der mit Ausslüglern besetzt war, zu sammen. Sieben Personen waren sofort tot, zahlreiche andere Insassen des Antobusses wurden zum Teil schwer verletzt. Die Ursache des Unglücks wird auf ein Versagen der Bremse des Autobusses zurückgeführt. Bunte Tageschronik. Stettin. Im Dachstuhl des Kurhauses des pommcrschcn Ostsecbades Henken ha gen entstand ein Brand, dem das ganz? Kurhaus zum Opfer fiel. Bautzen. Als aus dein Exerzierplatz von Bautzen eine Reichswehrabteilung Sprengungen vornahm, ging eine Mine zu früh los und zerriß dcn Unteroffizier Arno Klebig. München. In Coburg hat' sich die Großfürstin Marie, älteste Tochter des Großfürsten Kyril!, des Anwärters auf den Zarenthron, mit dem Erbprinzen Karl von Meiningen verlobt. s»örlr - Kanari - WirtfcbaN ! Amtliche Berliner Notierungen vom 17. Oktober. Börsenbericht. Aus Grund des Ergebnisses der Konferenz n Locarno war die Börse sehr fest: fast auf sämtlichen Markt- zebieten waren Kurssteigerungen zu verzeichnen. Am Markt zer inländischen Anleihen konnte Kriegsanleihe ans 0,23)4 tnziehen. Der Geldmarkt ist weiter flüssig, tägliches Geld z—10^. monatliches Geld 10—11,50^. Devisenbörse. Dollar 4,19—4,21: engl. Psund N,30—20,35: holl Gulden 168,63-169,05: Danz. 80,49 Ks 80,59: franz. Frank 18,82-18,86: b e l g. 19,12—19.16: f chwei z. 89,80—81,00; Italien 16,89—16,93; schweb. Ürone 112,16-112,44; dän. 105,02-105,28; vorweg. W7 ins 85,49; 1 s ch e cb. 12,42—12,46; ö st e r r. Schilling 59j13 ns 59,27; p o l n. ZIot n (nicht amtlich! 69,27—69,63. Unverzinsliche preußische Rcichsmark-Schatzanwcisnngen. Die Preußische Staatsbank (Seehandlung) ist, dem Amtlichen Preußischen Pressedienst zufolge, vom preußischen Finanz ministerium ermächtigt worden, unverzinsliche preußische Aeichsmark-Schatzanweisungen - sogenannte Schatzwechsel — mit einer Laufen von ein bis drei Monaten zur Begebung zu bringen. Die Schayanweisungen werden in Abschnitten ZN 109. 500, 1000 und 5000 Reichsmark und zunächst mit folgenden Fähigkeiten abgegeben: 15. 11., 30. 11., 15. 12.. Z1. 12. dieses Jahres und 15. 1. 1926. Die Preise auf der Berliner Häuteanktion. Die Preise -r Vorauktiou (24. 9. 25) sind in Klammern beigefügt. Reichte Häute, 21—29 Pfund m. K. sämtlicher Verwertungen: Ochsenhäute 86,75 (86,25), Bullenhäute 86,25—87,50 (86 bis 87,75), Kuhhäute 55,50 (59), Färsenhäute 87,50—88 (86,75 bis 88.25) Fresserfelle ui. K.: Bis 20 Psd. 95,75-96,25 (93,50 bis 95,75), Schuß o. G. (54). Kalbfelle (schief. Provinzgesälle): Bis 9 Pfd. o. K. 117-135 zck. (133,75), bis 9 Psd. m. K. 117,50 bis 134 rot (118,75—125.50 rot), 9,1—15 Pfd. m. K. 122,75 bis 136,25 rot (118,75—133 rat). Kalbfelle (Breslau-Schlachthof): Bis 9 Pfd. o K. 126,50—135 rot zck. (138,50), bis 9 Psd. m. K. 113,50-125 zck. (124,50-125), 9,1-15 Psd. m. K. o. G. (134,25—135), über 15 Psd. m. K. 110 zck. (135). Kalbselle (Berlin-Schlachthcs): Bis 9 Pfund o. K. 120,50 (123.), bis 9 Pfd. m. K. 102—122 rot (108—119 rot), 9,1-15 Pfd. o. K. 123 (123), 9,1-15 Psd. m. K. 117,50-125,25 rot (116-120), 15,1—20 Pfd. o. K. 99 (100 zck.), 15.1-20 Pfd. m. K. 90 bis 95 rot (91—102 1. zck.). Schlachtviehmarkt. Auftrieb: Rinder 3155, Bullen 74, Ochsen 1176, Kühe und Färsen 1405, Kälber 1593, Schase 7895, Schweine 7579, Ziegen 63, Auslandsschweine 201. Marktver lauf: Bei Rindern, Kälbern und Schafen ruhig, Holsteiner Rinder über Notiz, bei Schweinen ziemlich glatt. Preise: Für ein Pfund Lebendgewicht in Pfg.: Ochsen a) vollsleischige, ausgemästete 52—55, b) vollsleischige, ausgemästete im Alter von 4—7 Jahren 45—48, c) junge, fleischige, nicht ausgemästete 38—42, d) mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 36; Bullen a) 51-55, b) 44—48, c) 38—42; Färsen und Kühe a) 50—55, b) 40—46, c) 28—36, d) 22—26, e) 17—20; Fresser Z4—40; Kälber b) 90—100, c) 75—85, d) 60—70, e) 45—55; Schafe a) 47—53, b) 33—43, c) 23—30; Mastschase a) 54: Schweine b) 88—90, c) 85—87, d) 80—84, e) 75—78; Sauen 75—78; Ziegen 20—23. Produktenbörse. Die Depeschen aus Chikago, die eine unerwartete Hausse von 3 bis 4 Cent meldeten und die auch hier die Bewilligung höherer Preise veranlaßten, Zeigen, aaß Chikago seine weltbeherrschende Stellung durch das Auf blühen der Terminbörse Winnipegs verloren hat. Denn letzteres war im Gegensatz zu ersterem in matter Tendenz, und die Folge war, daß auch Chikago schnell wieder zur Flaue umschwenkte und auch Liverpool heute mattere Kurse sandte. Hier aber war die Unternehmungslust wieder abge- fchreckt. Weizen auf prompte Abladung geht Weiter Viel fach zum Erport, während Jnlandsgeschäst außerordentlich schleppt. R o g gen wird von Mühlen gekauft, es zeigt sich einzeln auch etwas mehr Angebot. Während über das Weizen- mehlgeschäst andauernd geklagt wird, hat Roggenmchl nor malen Absatz. Für Hafer lauten die Jnlandsforderungen meist höher, als hier zu erzielen ist. Im Gersten verkehr hat sich wenig verändert. Futterartikel eher billiger an geboren und ruhig. Getreide and Sliaaien per 1000 Kilogramm, sonst per 100 Kilo gramm in Reichsmark. ! 17. 10. WeiZ.. mark 212-215 16. 10 212-215 Wetzkl.i.Brl 17. 10. 11 16. 10. 11.0 pommerscher f Roykl.i.Brl. 8.S-9.2 8,9-9 2 Rogg.. märk. 1S0-1S4 150-154 Raps — — psmmerscher — —- Leinsaat — . — westyrentz. — — Biktor.-Erbs. 26-31 26-31 Braugerste 210-235 210-235 U Lpcisccrbs 26-28 26-28 Futtergerste -170-175 170-175 Futtererbsen 21-24 21-24 Hafer, märk 480-188 181-189 Peluschken — — pommerfcher — — -Ackerbnynen — — westpreuß — —» Wicken 22-25 22-2S Weizenmehl! Lupin.. blaue —. p, 100 K tt. fr. ! upin,, gelbe — Vas Glücksarmbanä. Roman von Renttoh. 83 , (Nachdruck deiboten.) Aber Frau Christine Herton war dazu jetzt allzu un ruhig, und des alten Robinson Gelassenheit den Gescheh nisfen gegenüber reizte sie auch unsäglich. So war sie denn wenig freundlich zu ihm und wollte ihn zur Teilnahme zwingen. Mehr als je stellte sie Vergleiche an. „Natürlich: Herton wäre mitgegangen, obgleich er ein wenig krumm war und ein sehr genauer Rechner. Aber seine Pflicht hat er doch immer getan. Und Hans Norbert?" „Er war ein Phantast I" knurrte der alte Herr. Sie fuhr auf. „Phantasten, Idealisten, Märtyrer der Ueberzeugung — das alles brauchen wir heute sehr nötig! Ja — die haben wir nötig! Schade, sehr schade, daß er sterben mußteI" — Sie verfiel in tiefes Sinnen. „Er ist aber doch eigentlich nicht gestorben — wie, Christa?" fragte sie dann. „Er war ja doch hier und holte die ,blaue Schlange'! Weil er frei sein wollte, nicht? Tr ist doch einer von denen, die immer leben?" Christa neigte ihr schönes, blasses Gesicht nieder zu der Großmutter. „Er steht schon draußen im Kampf — in Galizien — als Freiwilliger." Die alte Frau horchte genau auf jedes Wort. Dann nickte sie befriedigt. „Als Freiwilligeri Sehr richtig! Ein Norbert ging auch 1809 als Freiwilliger. Sie haben alle Köpfe wie Eisen. Es ist gut, Kind. Alles ist gut. Wir müssen für ihn beten." Sie holte das uralte Gebetbuch und las daraus einige Stellen, dem alten Robinson aber wurde es unheimlich neben ihr. Immer war sie ihm erschienen wie eine alte heidnische Heldin in ihrer ungebrochenen Willenskraft, ilirem leidenschaftlichen Haß, ihrer starken Liebe, und nun saß sie da und las laut und feierlich ein- ' zelne Abschnitte aus den Evangelien und anderen ähnlichen Büchern. „Es wird eine große Zeit kommen, welche wie die Sintflut vernichten wird, was klein ist und niedrig, die Lauen und die Feigen." Dann klappte sie das Buch zu. „Gottlob, das paßt nicht auf Hans Norbert! Aber i Ihr Sobn könnte es einmal lesen!" — sagte sie anzüglich, ' und dann suchte sie wieder mit unsicheren Händen allerlei warme Hüllen zusammen. „Vielleicht kann er es brauchen. Er war stets etwas ! empfindlich gegen Külte" — meinte sie, noch immer etwas zögernd und doch schon halb fortgerissen von den ? seltsamen Umwandlungen dieser eigenartigen Zeit. „Sie haben ihn ja so gehaßt" — sagte der alte Ro binson heftig. — „Betrogen hat er Siel Hat eine andere genommen und nicht mehr an Sie gedacht!" Frau Herton lächelte überlegen: Er war also jetzt noch eifersüchtig! „Das war alles lange vor dem großen Krieg und muß ruhen, bis wieder Friede sein wird" — beschwichtigte ! sie den Erregten. „Dann wird es noch lange ruhen" — meinte dieser , ungeduldig. — „Hans Norbert ist längst tot!" Sie schüttelte den Kopf. „Christa weiß es besser. Er lebt!" erklärte sie fest. Man konnte mit ihr nicht rechten: sie blieb stets bei z einer einmal gefaßten Meinung und ließ sich nicht drein» f reden, auch wenn, was sie sich in den Kopf gesetzt, noch f jo unwahrscheinlich, ja unmöglich war. In dem Kopf der alten Frau war aber jener Hans Norbert, der nun an der Front stand, der einst von ihr Geliebte, im Kopf ! der Enkelin war es der Enkel jenes von der Großmutter einst Geliebten, war es eben der Hans Norbert, den sie liebte. Aber beider Frauen Gedanken kreuzten sich in dem i einen, einzigen Wunsch: Gott schütze ihn! Vielleicht fühlte Han» Norbert dieses Gebet, wenn er i auf einsamem Posten stand, weit droben im galizischen > Land. Vielleicht zogen die heißen Wünsche einen Wall um ihn, der ihn stark und kräftig machte, der ihn rascher genesen ließ, als man jemals hätte vermuten können. In ihm war der eiserne Wille dieser harten Zeit, und dieser Wille machte ihn gefeit. Der Herbst kam ins Land, und dann der Winter. Ein furchtbarer Winter voll härtester Entbehrungen, voll Sturm und Eis, voll Kampf und Blut, ein Winter in den Karpathen. In dem kleinen Blockhaus hoch oben am Bergeshang saß Norbert und wartete auf die Ablösung. Sie hatten hier einen scharfen Deobachtungsstaud, auf dem man alle Sinne wachhalten mußte, denn von drüben drohte die feindliche Uebermacht, und ringsum lauerten bezahlte Spione, lauerten Lüge und Verrat. Hüte dich, Oesterreich! Wie ein Meer umbrandet dich Rußlands Millionenheer. Aber hier war ein Wall, ein eiserner G -c el ein Ring, geschmiedet aus Tapferkeit, Liebe und Treu, dem die Sturmflut abprallte und wieder zurückebbte. Wohl kostete es ungezählte Opfer, viele Leben, schlug tiefe, schwer vernarbende Wunden, aber die große Z-tt schritt wie ein Sämann hin Uber oie Herzen öer Men schen, riß die Seelen auf und säte den eisernen Sieoes- willen, den Opfermut, die unerhörte, nie gesehene Stand haftigkeit. Hans Norbert saß und sann. Gran verdämmerte der müde Tag; im Westen, über dem ragenden Hochwald stand noch ein blutig roter Schein, der jäh verblich, ein paar Dohlen kreischten in die Einsamkeit hinein, von fern antwortete das Gekrächze eines Raben. Dann und wann ward in den Weilen ein dumpfes Grollen vernehmbar: dort sprachen mit ehernen Zungen die großen Geschütze. Hans Norbert zog seine Uhr. Es konnte noch lange dauern, bis die Ablösung kam, aber zwei seiner Kameraden, die auf einem Erkundungsweg waren, mußten wob! bald zurückkehren, und der Einsame sehnte sie herbei, di» Still» hier wirkte bedrückend. (Fortsetzung sslgt?