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Nicht müde werden... Wir wollen krumm Hinterm Pfluge gehen, Und unser Schweiß sei der Scholle Wein. Und sollten wir nie ein Fruchtfeld sehen, Wir wollen nicht müde werden, Säer zu sein! Wir wollen nicht müde werden, zu glauben, Daß Kräfte ringen im kleinsten Keim! So läßt sich kein deutsches Herz berarlben: Der Glaube an uns bringt die Ernte heim! Der Bernburger Prozeß. Das .zweite Gesicht" vor Gericht. Wir leben in einer praktischen, nüchternen, durchaus realistischen Zeit, und ein Gerichtssaal pflegt im allgemein nen nicht der Ort zu sein, an welchem beglaubigte Wundei geschehen. Man hat wenigstens noch nie gehört, daß eil deutsches Schöffengericht, sei es nun ein großes oder eir kleines, sich für Romantik und Mystik ins Zeug gelegt hätte. In B e r n b u r g im Anhaltischen steht dieser Tag, vor den allem überirdischen abholden Richtern ein Mann der von sich behauptete, daß er dank einem „zweiten Ge : sicht", das ihm verliehen sei, über Raum und Zeit hinweg i sehen und mit Unterstützung geeigneter Medien dunkl< ' Verbrechen, die dem Spürsinn selbst der gewiegtesten Kri j minalisten unentwirrbar blieben, sozusagen von seinen s Schreibtisch aus restlos aufklären könne. Und das schönst« s war, daß man dem Wundermanne sein Hell- oder Fern sehen, oder wie man das sonst nennen will, beinahe glau ben mußte, daß selbst „überzeugte Zweifler" und Sachver ständige für das Antihellsehen — es gibt ja jetzt für alles Sachverständige — zuletzt schwankend und Richter unk Psychiater, die sich sonst nicht so leicht etwas vormachet lassen, halb bekehrt wurden. Als ein ganz simpler Betrugsprozeß begann das alles Ein harmloser Volksschullehrer Namens Drost, in Weser und Art der Typus des einfachen Mannes, stand im An haitischen schon lange in dem Rufe, mit einem „innerer Auge" in fernste Fernen blicken und Dunkelstes kraft einei geheimnisvollen Sehergabe, die ihm anhafte, aufhellen zi können. Da er überraschende Erfolge hatte, schlug sick s selbst die Polizei auf seine Seite, und man nahm seine unl s seiner Medien Hilfe in Anspruch, wenn man mit der Poli s zeilichen Weisheit am Rande war und nichts Positives her ausbringen konnte. Bei Morden, bei schweren Diebstählet — überall bewährte sich, von kleinen Irrungen abgesehen Drosts „zweites Gesicht" Bis plötzlich ungläubige Männer die sich seit Jahren in Wort und Schrift mit dem Okkultis mus herumschlagen, auftraten und den hellseherischer Lehrer für einen Schwindler erklärten. Und da er it einigen Fällen von denen, welchen er sein „zweites Gesicht' bereitwillig zur Verfügung gestellt hatte, als Entloh nung kleinere und größere Geldbeträge genommen Haber sollte, war rasch eine Betrugsanklage aufgebaut, in der es zunächst nur um jene Geldsümmchen ging, während di« Frage, ob es tatsächlich ein Fernsehen gebe, und ob der Lehrer Drost ein schlüssiger Beweis dafür sei, fast voll ständig ausgeschaltet wurde. Man behandelte den kleiner Mann und seine Sehergabe ein bißchen ironisch, setzte ihn mit großen Gelehrsamkeiten bös zu, und schließlich ließ ihr gar auch noch die Polizei, die sich vorher aus ihn verlasser hatte, im Stich. Bis dann, wie gesagt, die Wandlung kam ein Zeuge nach dem andern aussagte, daß Drost tatsächlick oft in geradezu unheimlicher Weise Verbrechen aufgeklärt habe, ein psychiatrischer Sachverständiger glatt umfiel uni Gedankenlesen, Hellsehen und ähnliches als durchaus ini Bereich des Möglichen liegend bezeichnete, und der klein« Volksschullehrer wie ein Triumphator von der Anklage bank auf die Nichthellseher herabblickte. Und nun kommt es ja wirklich gar nicht mehr darau! an, ob der Lehrer Drost wirklich unerlaubtes Geld genom men hat und nach welchem «Paragraphen des Strafgesetz buches das zu bewerten ist, jetzt wird wieder die Wissen schäft, die oft nur eine Pseudowissenschaft ist, mit allen ihren Leuchten - marschieren, und der bekannte Laie, der immer paunl, w«ro Muhe haben, sich durch all die Ab- j Handlungen über Telepathie, Hypnose, Suggestion, Hell- ; sehen, Muskellesen usw., die in Sicht sind, hindurchzulesen. - Dr. M. S. ! politische Hunchchau j Die Reichswehr in Bayern Der Bayerische Heimat- und Königsbund hat wegen Unterlassung des Vorbeimarsches von Reichswehrtruppen vor rem ehemaligen bayerischen Kronprinzen Rupprecht anläßlich des Ordensfestes der Tapferkeits medaille einen Brief an den Reichspräsidenten von Hindenburg gerichtet, in dem er von einer tiefen Er regung über das Verhalten der Reichswehr gegenüber dem Kronprinzen Rupprecht spricht und erklärt, di« Reichswehr in Bayern habe die Tradition des alter bayerischen Heeres zu wahren. Der Reichspräsident wird ersucht, den Befehl des Reichswehrministers rückgängig zu machen. Die Bayerische Staatszeitung veröffentlicht nunmehr ein-. Meldung, wonach von einem Affront gegen ven ehemaligen bayerischen Kronprinzen nicht gesprochen werden könne, wie dies in der bayerischen Öffentlichkeit gttau würde. Der Erlaß des Reichswehrministeriums, wonach künftige Ehrenerzeugungen und Vorbeimärsche nur vor Neichswehrvorgesetzten stattzufinden haben, stamme bereits vom 20. April 1925, woraus hervor gehe, Laß tiefer Erlaß keineswegs gegen den ehemaligen bayerischen Kronprinzen persönlich oder ausschließlich ge richtet sei. Aus In- «ud Ausland. Jülich. Der langjährige Vertreter des Wahlkreises Düren- Jülich im preußischen Abgeordnetenhause, Karl Stupp, ist, 84 jährig, aus Merhof bei Ameln verschieden. Er gehörte dem Landtag von 1898 bis 1918 an. Im Reichstag vertrat er den Wahlkreis Neuwied-Altenkirchen von 1903 bis 1908. Stupp galt als Autorität in Ägrars ragen. Zweibrücken. Das zu Beginn des Rhein- und Ruhr kampfes Anfang Februar 1923 von der französischen Be satzungsarmee beschlagnahmte und trotz des Widerspruchs der Oberstaatsanwaltschaft von den damaligen deutschen Straf gefangenen geräumte Landes- und Amtsgerichts» gesängnis wird nach einer Mitteilung des kommandieren den Generals der Vesatzungsarmee an die Reichsvermögens verwaltung Landau am 21. Oktober zurückgegeben werden. Memel. Aus die hier erscheinende deutsche Zeitung Memeler Dcmpfboot wurde ein Bombenanschlag ver übt, um den Betrieb des Blattes für die bevorstehenden Wahlen stillzulegen und um den Belagerungszustand herbei- zusühren und aus diese Weise freie Wahlen unmöglich zu macken. Zm Bergwerk emgeschloffen. 300 Bergleute von der Außenwelt abgeschnitten. Infolge Versagens eines Aufzuges in der Kohlen grube der Alpine M o n t a n - G e s c l l s ch a s < Fohnsdors in Steiermark zerschmetterte eine Förder schale, so daß es nicht möglich ist, die im Bergwerk in einer Tiefe von dreihundert bis neunhundert Meter in verschie denen Stollen befindlichen dreihundert Arbeiter zutage zu fördern. Für die eingeschossenen Bergarbeiter besteht keine unmittelbare Gefahr. Es kann aber mehr als einen Tag dauern, bis es möglich sein wird, den Schaden zu beheben, um die Eingeschlossenen aus dem Bergwerk heraufholen zu können. Es ist Vorsorge getroffen, um die Einge schlossenen mit Lebensmitteln zu versorgen. Prozeß der preuß-LandMandbriesansiall Berlin, 17. Oktober. In der weiteren Verhandlung des Prozesses wegen der Landespfandbriefanstall wurde Dr. Golzen von der Bank für wertbeständige Anleihen vernommen. Der Zeuge be kundete, Nehring sei, als die Firma Schappach am Zusam menbruch war, an ihn herangetreten, um den Verlust zu ver decken. Er habe Nehring aber gleich gesagt, es gebe keine andere Möglichkeit, als daß man die Bilanz ein falsches Bild geben lasse. Tatsächlich sei dann später die bekanntx falsche Buchung von der Landespfandbriefanstalt vorgenommen Worden. Im weiteren Verlaus kam dann das Kapitel „Stet tiner Sparkasse" zur Verhandlung. Als Zeugen wurden Sckmidt-Stettin und Direktor K ü ß n e r - Stettin ver nommen. Beide Zeuaen wiesen zurück, in irgendeiner Weise an unlauteren Geschäften mitgewirkt zu haben. Sie seien von der Landespfandbriesanstalt hinters Licht geführt' worden und hätten nichts davon gewußt, daß die Stettiner Spar kasse nur vorgeschoben wurde. Während der Vernehmung ist der Angeklagte von Carlowitz eingeschlafen. Der Vor sitzende erklärte, daß er ihn bereits wiederholt gewarnt habe, und drohte Carlowitz, wenn er noch einmal während der Verhandlung einschlafe, mit Maßnahmen des Gesetzes gegen ihn vorzugehen. preußischer Landtag. (80. Sitzung.) «.Berlin, 17. Oktober. Heute wurde eine Novelle zum Pressegesetz dem Ver fassungsausschutz überwiesen. Wohlfahrtsminister Hirtfieser gab außerhalb der Tagesordnung eine Erklärung ab, in der er die von dem Abgeordneten Gieseler in der gestrigen Sitzung vorgebrachten Behauptungen als unrichtig bezeichnete. Ein polizeilicher Bericht aus Wien könne schon deshalb nicht be stehen, weil er nie in seinem Leben in Wien mit einem Poli zisten, geschweige mit einer Polizeibehörde in Verbindung ge kommen sei. Es könne sich nur um einen elenden Spitzel bericht oder um einen Schurkenstreich handeln. Der ge schilderte Vorfall in Wien sei nie vorgekommen. Die Erklärung des Ministers wurde in höchster Erregung vorgetragen. Auf der linken Seite des Hanfes und im Zen trum wurde ihn« lebhafter Beifall gezollt, während bei den Völkischen stürmische Protcstruse erschollen. Der völkische Ab geordnete Gieseler verlangte zur Geschäftsordnung das Wort. Dies wurde ihm aber vom Präsidenten Bartels verweigert. Ini ganzen Hause herrschte große Unruhe. — Zwischen Zentrum und Völkischen entspann sich eine stürmische Auseinandersetzung, die lange Zeit andauerte. Der Zentrnmsabg. Stieler tritt für Verbesserung der Lage der Schutzpolizeibcamten ein. Schließlich wendet er sich gegen die „Festseuche", die trotz der ungeheuren Not und Ver armung im deutschen Volke grassiere, und bemerkt dabei, datz vielfach die sogenannten Kampsverbände, wie der „Stahlhelm", zugleich Träger der Vergnügungssucht seien. Abg. Mctzenthin (D. Vp.) wandle sich gegen das Verbot des Besuches von Versammlungen des „Stahlhelms". Zum mindesten müsse eine ähnliche Vorschrift hinsichtlich des Reichs banners ersolgen. Der Kommunist Eberlein wandte sich gegen den militäri schen Charakter der Schutzpolizei. Innenminister Severing sprach über das Verbot au die Verbände, bei ihren Aufzügen Stöcke zu tragen, das von einzelnen Rednern gebilligt, gestern aber Voit dem demschnationalen Abg. Borck getadelt worden war. Der sogenannte Stockerlaß habe sich durchaus bewährt, namentlich aus dem Lande, wo es den einzelnen Landjägern jetzt viel leichter sei, die Staatsautorität zu wahren, wenn sie Haufen gcgenüberstehen, die sozusagen entwaffnet sind. Er denke nicht an die Aufhebung des Verbots, Stöcke zu tragen. Höchstens wolle er erwägen, ob das Verbot nicht auch aus das Tragen von Gummiknüppeln und Stahlringen auszudehnen sei. Der Minister lehnt ferner die geforderte Verlängerung der Polizeistunde in Berlin ab. Abg. Barteld-Hannover (Dem.) nimmt den Polizeipräsi denten von Berlin gegen die Angriffe des Abg. Mctzenthin in Schutz. Redner tritt zum Schluß für das Reichsbanner ein und wünscht, daß unter dem schwarz-rot-goldenen Banner die Versöhnung der Gegensätze in unserem Volke ermöglicht werde. Abg. Prelle (Wirtsch. Vg.): Unsere Polizei bedarf noch einer Steigerung ihrer Aus- und Durchbildung, wenn sic ihren so komplizierten, vielfach ein hohes Maß von Selbstbeherrschung und Menschenkenntnis voraussetzenden Funktionen genügen soll. Abg. Fink (A.) wünscht, datz das PreisuntersuchungSver- sahren nicht einseitig bei den Klein- und Mittelbetrieben ein- sctzt und sich auf diese beschränkt. Nach Ausführungen des Abg. Kaspar «Komm.) protestiert Abg. Müller-Franken (Wirtlch. Vg-> gegen die veranstaltete Razzia der Polizei gegen das gesamte Berliner Bäckergewerbe. Abg. Marckwald (Soz.) wendet sich u a. gegen den Entwurf eines Reichsgesetzcs zur Bekämpfung von Schmutz und Schund, das einen Inder vorsehe von Schriften, die zwar nicht verboten werden könnten, aber als unsittlich bezeichnet werden sollen. Damit ist die allgemeine Aussprache beendet. Es folgt die Eiuzelaussprache. Tie Abstimmung über Artikel I (Gehälter) wird bis zur Abstimmung über die Mißtrauensanträge am 22. Ok- iober zurückgestellt. Abg. Dr. Marctzly (Ttn.) erhebt Beschwerde gegen den Laudral des Kreises Bitterfeld, der einer Versammlung, in welcher der frühere Volksbeaustragte Emil Barth die stärksten Beschimpfungen gegen den Reichspräsidenten von Hindenburg zcrichtct habe, trotzdem weiter beigewohnt habe. Abg. Frau Wellmann (Soz.) meint, der Innenminister sei der Reckten gegenüber nicht parteiisch, sondern im Gegenteil viel zu milde. Abg. Tr. Marehky (Ttn.) widerspricht dieser Behauptung der Vorrednerin. Abg. Bachem (Dln.) kritisiert die Tätigkeit des stellver tretenden Polizeipräsidenten Dr. Friedensbura. Das Glückssi'mbanÄ. Roman von Renttob. 87j (Nachdruck verboten.) Hübinger, der neben Norbert faß und inzwischen die Zeitung studiert hatte, blickte nun auf, und ein Zug von Sorge war in seinem runden Antlitz: die Aussichten er schienen wieder einmal nicht friedlich. Diese Serben! Er redete sich in einen starken Zorn hinein, und zum erstenmal nahm auch Hans Norbert an Ferneriiegendem Anteil, wobei die alte deutsche Kampfeslust in ihm lebendig wurde, die jahrelang in unzähligen Herzen gerHt hatte, wartend aus den Augenblick, loszubrechen. Daß dieser Augenblick sich jetzt nähern würde, davon war Norbert überzeugt, und er sehnte ihn herbei, wie Tausende von Oesterreichsrn ihn seit Jahren herbeisshnten. Und trotzdem war — wie alle die anderen Ungezählten — auch er überwältigt, als dieser Moment plötzlich in greifbarste Nähe rückte; als das furchtbare Ereignis der Ermordung des Thronfolgers und seiner Gemahlin die Welt mit Entsetzen erfüllte und jedem die Ueberzeugung sich aufdräugsn mußte: Jetzt oder nie! Nun gab es kein gütliches Verstehen mehr; der blinde Haß hat den Mord aus dem Hinterhalt gezeitigt — das aber schrie nach Rache, nach Züchtigung I Alle Krankheitsschwäche siel von Hans Norbert ab. Er dachte nicht mehr an Vergangenes, nicht mehr an die Zuumst, sondern nur an diese ungeheure Gegenwart; die erlebte er mit aus vollem Herzen, mit aller Wärme seines Wesens, mit aller Tiefe feiner Seele. Er wurde fort gerissen , von den ungeheuren Ideen dieser Zeit und riß selbst mit fort; es duldete ihn nicht mehr in der Stille dss Landlebens, und so fuhr er, da Hübingers Urlaub zu Ende war, mit diesem zurück in das Treiben der Groß stadt. Es geschah dies am Tag, ehe dis Kriegserklärung fiel, und wie Gewitterschwüle lagerte über Wien eine Spannung, eine Erwartung ohnegleichen. Man mußte sich noch ge dulden, eine Nacht noch, Stunden — dann folgte der Schlag: Kriegserklärung auf Kriegserklärung! Umstellt, umlauert von Feinden das alte Reich, umringt von Verrat, Tücke, Gier, Neid. Und keiner, der zu ihm stand, als der deutsche Bruder! Ein Schwerterklirren ging durch die Welt, wie man es noch nie vernommen, eine Begeisterung flammte auf, riesengroß wie eine Weltbrandfackel, und statt tausend Parteien stand da ein einiges, sieqaewitltes Volk --- ein Volk in Wassen. Wer las jetzt noch die kleinen spitzfindigen Andeutungen dss klugen Doktors Robinson? Wer kümmerte sich um das, was gewesen? Eine unendlich anschwellende Woge riß alle, alle mit sich fort; ein Sturm brauste heran, und man mußte stark sein, nm standzuhalten. Aber man war stark! Sogar bis in das stille Zimmer der alten Frau Heit.m drang eine Welle der großen Zeit, und — seltsam! — was keine Liebe, keine Sorgfalt erzwingen konnte, das erzwang der heilige, große Krieg: Noch einmal er wachten alle schlummernden letzten Kräfte in diesem Körper, noch einmal ward der Geist der Greisin klarer. Immer hatte Christine Altenburger — auch als Christine Herton — ihr Land geliebt mit all den« heißen Fanatismus ihres leidenschaftlichen Herzens, und diese Liebe wurde nun noch einmal lebendig. Sie begriff vollständig die Anforderungen Ser Zeit, verstand,- daß man schwere Opfer bringen mußte, daß das Leben harte Forderungen stellen würde wie noch nie zuvor, und freudig wollte sie noch mittragen behen, was zu tragen war. Sie erhob sich aus ihrem Sessel und schritt von Schrank zu Schrank. Berge von Leinen, Wäsche, Wolle türnlien sich auf für die Verwundeten; alte, treubehütste Hausschütze gab sie gerne hin, war selbst opferwillig und tap'er, verlangte das aber auch von den anderen. Sie stritt sich heftig mit Doktor Robinson junior, der den. Ereignissen kühl gegenübersiand und sehr froh war, daß er, eines kleinen Fehlers wegen, nicht mit hinaus mußte; sie wurde leidenschaftlich und schlsud ke Ihm starke VnUw jus Gesicht, .?>'Khlfl a . Ermnerungsn aus ihrer erbgesessenen Familie, von den Urgroßeltern, die die schweren Jahre 1809 und 1813 mit dnrchgemacht halten, dann vom Jahr 1848 und seinen Stürmen, vom Feldzug in Bosnien, wo zwei ihrer Vettern und Kindheitsgespielen gefallen waren. „Nie sind die Altenburger zurückgeblieben" — sagte sie stolz —, „wenn es das Land galt. Auch die Hertons nicht und auck — auch die Norberts nicht!" Zum erstenmal sprach sie den Namen wieder aus seit langer Zeit, und Christa wiederholte mit zuckenden Lippen und doch einem stolzen Leuchten in den Augen: „Nein! Auch dis Norberts nicht!" In ihrer Tasche knisterte ein Brief. Hans Norbert teile ihr nur kurz mit, daß er sich zu seinem Regiment gestellt habe, daß jedoch der Arzt ihn nicht aufnehmen wollte, da er von der schweren Krankheit her noch zu sebr geschwächt sei. Nun habe er sich als Freiwilliger gestellt, denn er bleibe nicht daheim — um keinen Preis! Wenn er wiederkehre, daun hoffe er sie als dieselbe zu finden, als die er sie jetzt verließ. Aushalten! Das sei jetzt die Losung. Es waren nicht viele Worce, sehr wenig Zärtlichkeit, und Christa suhlte wohl: Auch sie trat in diesem Augen blick zurück gegen den hoben Gedanken an bas Vater land. Aver sie beschied sich: Es mußte sein. In diesen Zeiten galien rauhere Gesetze als je. Aber wenn der-urcht- bare Krieg vorüber, wenn der Sieg unser sein wurde, dann traten wohl auch Liebe, Zänlichteit, Hingabe in ihre alten Rechte em. Dis alte Frau saun vor sich bin. „Ich will noch die Siege erleben," sagte sic stolz zu dem alten Doktor Robinson, der fas! erdrückt wurde von der Wucht der Tage. Sein Herz war schon zu kalt, sein Sinn zu nüchtern geworden. Er wollte nichts mehr, als seine Bequemlichkeit und Rube. Was tumm icn ihn die wilden Händel der Welt ? Er wollte neben der allen Freundin sitzen und Träume spinnen. (Fortsetzung wlgt.)