Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt
- Erscheinungsdatum
- 1925-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192510067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19251006
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19251006
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-10
- Tag 1925-10-06
-
Monat
1925-10
-
Jahr
1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Reise aussagen wollte. Er erzählte mir Weiler, daß Direktor Fleischmann zu Herrn v. Carlowitz in unerlaubten Beziehungen gestanden habe. Ich habe von diesem Gespräch dem Staats- anwaltschaftsrat Dr. Zimmermann Kenntnis gegeben. Später ist dann Herr v. Carlowitz mit Herrn v. Karstädt nochmals zu mir gekommen. Es handelte sich darum, daß der Ausschuß von beiden Herren Quittungen darüber verlangte, wie sie die privat entnommenen Gelder verwendet hätten. Die Aus stellung der Herren stimmte jedoch nicht. Hm weiteren Verlaus ,.,auolung wurde Bankier Schicke, der Inhaber der Firma Schappach, vernommen, dem Direktor Lüders große Kredite der Landespfandbriefanstalt ohne Deckung gegeben hat, die dann verlorengingen, als die Firma unter Geschästsaufsicht gestellt wurde. Schicke gab an, die Her gabe von täglichem Geld ohne Essektendeckung sei damals keine Ausnahmeerscheinung gewesen. Direktor Lüders widersprach dem, ebenso der weiteren Behauptung Schickes, daß Lüders ihm gesagt Habe, er solle gelegentlich für ^lfektendeckung sorgen. Schicke erklärte wiederholt, seine Fir ,ci damals zur Depot stellung durchaus in der Lage gewesen. Nach weiteren Zeugen vernehmungen wurden die Verhandlungen auf Dienstag vertagt preußischer Landtag. (75. Sitzung.) tt. Berlin, 3. Oktober. Die deutschnationale Landtagsfraltion hat zum Haushalt oes Innenministeriums, der demnächst beraten wird, den fol genden Antrag eingebracht: „Der Landtag entzieht dem Mi nister des Innern das Vertrauen." Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Ge setzentwurfs zur Überleitung der Gewerbesteuer in das regelmäßige Veranlagungsverfahren. Der Hauplaus- schuß schlägt unveränderte Annahme vor. Der Entwurf trifft Bestimmungen über die Ablösung der Gewerbesteuer für die Zeit bis zum 31. März 1925 und über die Vorauszahlungen für das Rechnungsjahr 1925. Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff warnt vor Anträgen, die dem Grundgedanken der Gewerbesteuer widersprechen, und verweist im übrigen auf ein kommendes neues Gesetz. Eine längere Aussprache ergibt sich sodann noch zu einem von den Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei, dem Zentrum, den Demokraten und der Wirtschaftlichen Vereini gung unterstützten gemeinsamen Antrag auf Einfügung einer neuen Bestimmung in den Entwurf über eine Herabsetzung des Ablösungsantrages der Gewerbeertragssteuer. Schließlich fand die Änderung in folgender Fassung Annahme: „Der für den Ablösungsbetrag des Rechnungsjahres 1924 maßgebende Steuergrundbctrag für die Gewerbeertragssteuer kann auf An trag herabgesetzt werden, wenn bei einem Unternehmen beson dere wirtschaftliche Verhältnisse vorgelegen haben, die feine Steuersähigkeit wesentlich beeinträchtigt haben. Als wirtschaft liche Verhältnisse diesre Art können auch wesentliche Verluste in Betracht kommen, die sich bei einem Vermögensvergleich er geben." Mit dieser Änderung fand der Entwurf die Annahme des Landtages. Einstimmige Annahme findet ein ZeMrumsantrag aus Schaffung von Wohnungen für ausgewiesene verheiratete Schutzpolizeibeamte des Ruhrgebiets. Außerdem wurde noch eine Reihe von Entschließungen angenommen. Dann wurde in der Behandlung des Haushalts der Handels- und Gewerbeverwaltnng fortgefahren Bei einer Rede des deutschnationalen Abgeord neten Wiedemann kam cs wiederholt zu lebhaften Aus einandersetzungen mit der Linken, weil der Redner erklärte, die deutsche Wirtschaft habe ihren Notschrei an die Regierung auch in tiefer Sorge um das Schicksal der deutschen Arbeiter er tönen lassen. Abg. Lange-Dittersbach (Ztr.) wandte sich scharf gegen die Maßnahme der Reichsregierung zur Preissenkung. Die Vor aussetzung dafür müßte eine geregelte Wirtschaft sein. Wenn heute die Mittelständler aller Parteien einen Mißtrauens- antrag gegen die Reichsregicrung Luther einbringen wollten, so wäre es um die Existenz der Herren Dr. Luther und v. Schlieben geschehen. Zum Schluffe erklärte der Zen- trumsredner, es sei bedauerlich, daß der Reichskanzler noch keine Stellung gegen den Gebührenwucher der Behörden ge nommen habe. Abg. Heydenreich (D. Vp.) betont, der Sparsinn müsse ge hoben, der Luxus eingeschränkt werden. Nur ein Staat mit gesunder Wirtschaft kann auch Kulturaufgabcn erfüllen; bei dieser Aufbauarbeit wird die Deutsche-Volkspartei nicht fehlen. Abg. Hoffmann (Komm.) sagt, es sei Heuchelei, gegen die ungeheure Belastung des Mittelstandes zu schreien und auf der andern Seite di« Steuern und Zölle zu beschließen. Nach Schluß der allgemeinen Aussprache wirv das Gehalt für den Handels- und Gcwerbeminister bewilligt und es be ginnt die Einzelbcsprechuug. Auch diese wird beendet. Die Abstimmung soll erst am 14. Oktober erfolgen. Die nächste Sitzung wird auf Dienstag, den 13. Oktober einberufen mit der Tagesordnung: Etat des Ministeriums des Innern. Vas Glücksanmbanä. Roman von Renttoh. SSj (Nachdruck verboten.) Da bist du wiedergekommen, Hans Norbert, und da — da hab' ich dich hinausgewiesen für ewig: Die Christel Altenburger hat wollen ehrlich bleiben. Und was hast du damals gesagt, Hans Norbert? —Ich komm' doch wieder, und du wirst nicht frei von mir, solange noch ein Atemzug in dir ist, solange du die .blaue Schlange' hast, die schon einmal in einem Grab lag, weil sich eine Frau nicht von ihr trennen konnte. Mit diesem Reif hältst du mich, und ich halte dich. Doch nein, Hans Norbert, du hast mich nicht gehalten! Die kleine Christel Altenburger hat jetzt gewußt, daß sie trotz ihrer Liebe auch ihren Stolz hat, und damit dis Wand noch höher werde zwischen mir und dir, hab' ich ,ja' gesagt, als der verwachsene, ältliche Herton angehalten hat um mich, und bin ihm eine brave, treue Frau geworden, hab' Kinder gehabt, Pflichten, Freuden, Lasten." Große Tränen rollten über die blassen Wangen der Greisin. Ein Schluchzen erschütterte ihren Körper. „Komm nie mehr, Hans Norbert!" — rief sie feier lich. — „Es ist umsonst! Mein ist die .blaue Schlange' heute noch, und doch bin ich frei von dir — längst! Aber die einzige, die ich liebhabe, die kriegst du nicht! Da müßte die .blaue Schlange' ein Wunder tun und binden, was getrennt sein soll." Christa war aufgesprungen. „Großmutter," sagte sie mit bebenden Lippen — „vielleicht ist das Wunder schon geschehen! Die .blaue Schlange' war der Anfang meiner Liebe zu Hans Nor bert —" Aber die alte Frau hörte nicht mehr; noch einmal glitt ihre Hand wie tastend über die zerrissenen Saiten der Gitarre, dann schlug sie die Hände vors Gesicht und begann zu weinen, leise und bitterlich, wie Menschen weinen, die jahrelang an geheimer Last getragen und Aus dem Gerichtssaal. Zuchthausstrafen für Landesverräter. Vor dem vierten, Strafsenat des Reichsgerichts hatten sich dec Kunstmaler Paul Moydihsik aus Berlin, der Kaufmann Werner Bach und die ehemaligen Gefreiten August Grube und Kurt Mehner aus Mainz wegen fortgesetzter Spionage zu verantworten. Die Verhandlung wurde unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt. Die Angeklagten standen von 1922 bis 1924 dauernd mit höheren französischen Offizieren in Verbindung und lie ferten dem französischen Nachrichtenbureau Berichte, die das Reich außerordentlich schwer schädigten. Für ihre Arbeiten er hielten die Angeklagten Summen von 4000 bts 15 000 Mark. Der Reichsanwalt trat für strengste Bestrafung ein. Nach acht stündiger Verhandlung wurde Mohdihfik zu zwölf Jahren Zuchthaus, zehn Jahren Ehrenrechtsverlust und dauernder Stellung unter Polizeiaufsicht verurteilt. Bach erhielt neun Fahre Zuchthaus, zehn Jahre Ehrenrechtsverlust und oauernde Stellung unter Polizeiaufsicht. Mehner vier Fahre Zuchthaus, fünf Jahre Ehrenrechtsverlust und oauernde Stellung unter Polizeiaufsicht. Grube vierJahre Gefängnis und fünf Jahre Ehrenrechtsverlust. 15 000 M., die bei den Angeklagten bei der Verhaftung vorgefunden wur- ven, wurden für verfallen erklärt. Verurteilung eines Kreisfparkassendirektors. Der frühere Krekssparkassendirektor Sänger aus Bonn wurde Wege» llntreue, Betruges, Erpressung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu zehn Monaten Gefängnis und 30 000 M. Geld- trafe, sein juristischer Beirat, Rechtsanwalt Klein II, zu fünf Monaten Gefängnis und 15 000 Mark Geldstrafe verurteilt. Mildes Urteil im Wiener Mordprozeß Todor Panizza. Im Mordprozeß Todor Panizza wurde die Angeklagte Mencia Carniciu mit acht gegen vier Stimmen schuldig gesprochen. Der Gerichtshof verurteilte die Angeklagte Mencia Carniciu unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes zu acht Jahren schweren Kerkers und Landes verweisung nach Verbüßung der Strafe. Die Frage der Aussetzung des Strafvollzuges, die der Verteidiger formell auf Grund der Strafprozeßordnung beantragte, kam vorläufig nicht zur Entscheidung, da die Verurteilte Bedenkzeit erbeten hat. a u f: «et Rindern, Schafen und Schweinen ruhig, bei Kälbern iiemlich glatt; ausgesuchte Rinder über Notiz. 4- Produktenbörse. Vom Auslande lagen keine Anregungen wr. Angebot vom Jniande bleibt knapp, während in Wei ten für die Küste zu Eiportzwecken Frage bestehen bleibt. Die Forderungen für sächsischen Weizen sind etwas höher ge halten, und im Lieferungsgeschäst ist auch die Stimmung nicht nachgiebig, für nahe Lieferung fester. Roggen war ruhig. Erwähnenswert ist, daß für angedienten amerikanischen Roggen sich einige Verwendung nach dem Auslande zeigt. Im Lande selbst bleiben Angebot wie Nachfrage gleichmäßig still. Das Mehlgeschäft ist andauernd schwierig, die Gebote bewegen sich allermeist unterhalb der Notierungen. Gerste ruhig und nur in gutem Material gefragt. Hafer hat bei sehr mäßigem Angebote und dauernder Frage, besonders nach Mitteldeutsch land, ziemlich feste Haltung behalten. Futterartikel blieben ruhig. Getreide und Olfaaten per 1000 Kilogramm, sonst per 100 Kilo- gramm in Reichsmark. Weiz„ mark. 3. 10. 200-204 2. 10. 200-204 Weizkl.s.Brl 3.10. 9,7-99 2. 10 9,7-9,9 pommerscher — — Rogkl.s.Brl. 8,7-8,9 8,7-8,9 Rogg., märk. 144 146 144-146 Raps —— — pommerscher —— Leinsaat —— —- westpreuß. — — Viktor.'Erbs. 26-31 26-3 l Braugerste 206-230 206-230 ll.Spciseerbs 26 28 26-28 Futtergerste 169-174 169-174 Futtererbsen 21-24 21-24 öafer, märk. 174-181 173-179 Peluschken —— — pommerscher — — Nckerbohnen —— — wcstpreuß. — — Wicken 23-26 23-26 Weizenmehl Luptn„blaue — — o 100 Kil. sr. Lupin., gelbe — — Bin. br. inkl. Seradella — — Sack (feinst. Mik. ü. Not.) 26,7-30.5 26.7-30.5 Rapskuchen Leinkuchen 15.0 21.5 15 21,5 Noggeiimehl Trockenschtzl. 11.2 11.2 v 100 Kil fr. Soya-Schrot 20.0 20 Berlin br. Torsml.30/70 8-8.2 s 8-8.2 inkl. Sack 20,7-23 20,7-23 Kartosselfl. 15-15,4 >15-15.4 l Sörle - Handel - MrllchsN) Amtliche Berliner Notierungen vom 3. Oktober. H Börsenbericht. Die Börsenwoche schloß bei sehr stillem Geschäft lustlos, die Kurse gaben zumeist etwas nach. Kriegs anleihe stellte sich auf 0,216. Am Geldmarkt herrscht weiter starke Nachfrage, tägliches Geld war nicht unter 12 2L erhältlich. 4- Devisenbörse. Dollar 4,19—4,21; engl. Pfund 20,30-20,35; holl. Gulden 168,64—169,06; Danz. 80,50 bis SO,70; franz. Frank 19,47—19,51; belg. 18,76—18,80; schweiz. 80,89-81,09; Italien 16,88—16,92; sch Wed. Krone 112,60—112,88; dän. 101,32—101,58; uorweg. 84,39 dis 84,61; tschech. 12,42—12,46; österr. Schilling 59,20 dis 59,34. 4- Die Steigerung des Kaliabsatzes im Jahre 1925. Der Ab satz des Deutschen Kalisyndikats G. m. b. H. im September 1925 betrug 1011964 Doppelzentner Reinkali. Der Gesanttabsatz aer ersten neun Monate des Jahres beträgt 10 350 453 Doppel zentner Reinkali gegen 6 044 666 Doppelzentner Reinlali in ven ersten neun Monaten 1924. 4c Konkurse im dritten Vierteljahr 1925. Die Anzahl der neueröffneten Konkurse hat im September nicht unbeträchtlich zugenommen, nämlich auf 896 gegenüber 725 im August. Immerhin bleiben die Konkurseröffnungen im dritten Viertel jahr 1925 hinter der Vergleichsziffer des vorigen Jahres zurück. Zs wurden nach einer Zusammenstellung der Finanzzeitschrist .Die Bank" in der Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2409 Konkurse eröffnet gegen 2786 im selben Zeitraum des Vor sahres. 4c Herabsetzung der mitteldeutschen Brikettpreise. Die Mitteldeutschen Braunkohlenbergwerke ermäßigen die Brikett- ireise um 4 Mark pro 200 Zentner. Da auch die Händlerschaft mn sich aus die Verdienstspanne kürzte, tritt im Kleinhandel n Halle eine Preisermäßigung von 5 Pfg. pro Zentner ein. 4° Butternotierungen. 1. Qualität 2,09, 2. Qualität 1,85, tbfallende 1,65 M. Tendenz sest. 4- Schlachtviehmarlt. Auftrieb: Rinder 3239, darunter Bullen 628, Ochsen 1195, Kühe und Färsen 1416, Kälber 1325, Schafe 9735, Schweine 7332, Ziegen 80, Schweine aus dem Auslande 391. Preise: Für 1 Pfd. Lebendgewicht in Pfg.: Ochsen a) vollsleischige, ausgemästete 54—56, b) vollsleischige, tusgcmästele im Alter von 4—7 Jahren 46—50, y) junge, sleischige, nicht ausgemästete 40—43, d) mäßig genährte jüngere lnd gut genährte ältere 35—38; Bullen a) 52—54, b) 45—48, :) 38—42; Kühe und Färsen a) 51—56, b) 40—48, c) 30—36, H 23-27, e) 18-20; Fresser 35-40; Kälber a) -,—, b) 90-100, :) 80—88, d) 65—75, e) 50—60; Stallmastschafe a) 50—56, b) 33 iis 43, c) 21—28; Weidemastschafe (Holsteiner) a) 57—60, b) 44 ,is 53; Schweine a) —, b) 95—96, c) 92—94, d) 87—91, e) 81 ,is 88. f) ——: Säue 83—86; Ziegen 18—23. Mark 1 ver - NUN plötzlich darunter zusammenbrechsn, weil sie ihnen zu schwer geworden. Doktor Hübinger legte den Arm um die hilflose Gestalt. „Könnten wir nicht hier zurück?" — sagte er, auf die Tür weisend. — „Die alte Frau ist erschöpft, durch den Gang ist's zu mühselig. Sie haben ja einen Schlüssel, Herr Herton!" wandte er sich an den Maler, als ob eine Bejahung etwas durchaus Selbstverständliches wäre. Und Edmund Herton nickte, wie geistesabwesend, und zog den Schlüssel aus Her Tasche, mit dem Robinson rasch aufsperrte. „Natürlich muß ich nun zu diesem Zimmer mit dem merkwürdigen Alt-Wiener-Kasten jederzeit Zutritt haben" — erklärte Hübinger. — „Ich darf daher wohl um diesen Schlüssel ersuchen! Haben Sie nicht ein Duplikat?" Er wartete die Antwort gar nicht ab, sondern steckte gelassen den Schlüssel zu sich, was Edmund Herton ohne den geringsten Widerspruch geschehen ließ; eine eigentümiiche Schlaffheit war über ihn gekommen, die ganze Szene war für seine leicht zu erschütternden Künst lernerven zuviel gewesen. Und doch hob er plötzlich wie elektrisiert den Kopf. Die anderen schritten schon durch den dunklen Haus flur zurück, voraus die Greisin, auf Hübinger und Christa gestützt, und mit verbissener Miene folgte Robinfon, dessen heißer Blick wieder und wieder die so anmutig dahin schreitende schlanke, schöne Mädchengestalt streifte. Rein er gab das Spiel noch nicht verloren, trotz allem nicht, er wollte nun erst recht gegen Hans Norbert ankämpfen. So achtete er auch — ebenso wie die anderen — nicht auf das heisere, dumpfe Gebell, das von der Straße bis herein drang. Nur Edmund Herton vernahm es und drängte so fort zum Weitergehen. „Wir müssen eilen" — sagte er —, Mutter erkältet sich sonst!" Aber er erreichte nicht, was er gewollt hatte. Die alte Frau blieb im Gegenteil einen Augenblick rastend stehen und schöpfte Atem; die Luft war schwer und lau, voll Arbeiter und Angestellte. Bochum. (21000 beschäftigungslose Bergarbei- , ter im Ruhrgebiet.) Rach Mitteilung des Landesar- - bettsanttes Westfalen und Lippe betrug am 15. September d I i die Zahl der arbeitslosen Bergarbeiter bei den öffentlichen Arbeitsnachweisen des rheinisch-westfälischen Industriegebietes 18 714. Darunter befinden sich 14 740 Hauptunterstützunas- empfänger, 6461 Ledige und 12 353 Verheiratete. Gegenüber der am 15. August mit insgesamt 14 584 festgelegten Zahl ist somit eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit innerhalb der Bergarbeiterschaft um 28 A eingetreten. Gereimte Zeitbilder. Von Gotthilf. Den schon längst man ahnen konnte, Seht, er naht, der Völkerlenz, — Es erscheint am Horizonte Die bewußte Konferenz. Alle Völker sind Geschwister, Alle sind sich wieder gut, Und wir bringen die Minister Alle unter einen Hut. Laßt genug es sein des Scherzens, Denn jetzt fährt von Groß-Berli« Als Expreß der Zug des Herzens Zuschlagssrei nach dem Tessin. Auch aus anderen Zentralen Führt zur Nast ein grader Steg, Nicht mehr geht man in Spiralen, Nicht im Zickzackkurs den Weg. So will alles südwärts streben, , Und man trällert vor sich hin: „In Locarno will ich leben, Nach Locarno steht mein Sinn!" Längst hat sich's herumgesprochen, Und nach all der Redeflut Kommen jetzt wir in die Wochen, Wo man nur noch Taten tut. Alles ist nun hübsch in Butter, Und es depeschiert vielleicht Briand bald an Dr. Luther: „Bruderherz, es ist erreicht!" Wagen wir auch nicht zu hoffen Auf ein Glück in Permanenz, Steht uns doch der Himmel offen Bis — zur nächsten Konferenz von geheimen Frühlingsdüften, vom schweren Geruch der ' Erde. Und so drang jetzt, da das Geräusch der Schritte für einen Moment verstummte, das Gebell des Hundes doppelt vernehmbar herein.^ „Belle doch nicht so, Buzi" — meinte die alte Frau lächelnd —, „kleiner, dummer Hund! Du kommst doch nie mehr hier herein!" Hübinger sagte kein Wort, hob nur sekundenlang den Kopf, ohne indes scheinbar auf das Gebell des Hundes zu.achten, und ging dann mit Frau Christine weiter. Aber im Vorflur zu ihrer Wohnung blieb er stehen. „Ich muß mich nun empfehlen" — sagte er freundlich „aber ich komme sehr bald wieder. Fassen Sie Mut,- Fräulein Christa, und tun Sie unter keiner Bedingung etwas, was Sie einst reuen könnte!" Seine scharfen, Hellen Augen gingen bei diesen Worten so ausdrucksvoll von dem Mädchen zu Doktor Ro binson, daß wohl kein Zweifel darüber bestehen konnte, was der kluge Polizeirat mit seinen verblümten Worten sagen wollte. Doktor Robinson richtete sich kampfbereit auf, als wollte er etwas erwidern, aber Hübinger wehrte, während die Großmutter die Nichte bereits fortzog, freund lich lächelnd den Zorn des kleinen juridischen Kollegen ab: > „Lassen wir das nur, Herr Doktor! Und bitte: Merken Sie sich eins: Solange ich hier stehe, hat Hans Norbert einen Vertreter seiner Menschenrechte in mir und Frau- I lein Christa Herton, einen treuen, väterlichen Freund! s Damit Gott befohlen, meine Herren!" Buzi. Als Hübinger, nachdem er das schwere Haustor ge« öffnet hatte, auf die schmale Straße hinaustrat, blieb s er einen Augenblick wie lauschend stehen, und wieder vernahm er das dumpfe, heisere Gebell des Hundes. Er blickte suchend umher und gewahrte denn auch, in einen Winkel des Tors geduckt, eine struppige, kleine Ge» ' statt, in der er, sich niederbeugend, einen sehr staubigen, schmutzigen Hund erkannte, ein kleines, mageres, kläglich verwildertes Tier mit scheuen Augen, dem die Zunge zurN Maul heraushing. (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite