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MMuffer Tageblatt Da« Wilsdruffer Tayeblatt enthält die amtlichen Bekanvtmachmraen der Amtshauptmannjchast Meißen, des Amtsgerichts «nd Stadtrat» zu Wilsdruff, Forslrerttamrs Tharandt, F inanzamts Rosien. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenprft-: bl-8sejp-ittneRauMz<U«20<Soft>Pftruftx, di« 4g«ip-ltenkZ«fte d«i amUichenBekannt«achu»,r»40»»t>^ p'^aix, di- 3 grspaltesr «ckiamejrilr i« »riwchrn Teil« 100 Doldpfennig. Sicchwcislingrgrbüh« ro »olrpfk««i,. P«- gcschrikdrn« Erschriv-uügr. ia^r und P>.»xssüLi»ft«, w»d«« n«ch Mdziichdet- Fernsprecher: Amt Wlisdruff Nr. 6 ^-^<»«,1. >'N»-rhM- bis o-r». 10 Uhr - — - Füi di« NichÜ,k-ti d« d«rchi;ernriisüd-r»ittkl!rnLiizki,riiSd«ukhi!icn wtri,«in-<»2LLiitir. ^«d«r ÄaboNanjpruch «lischt, wen» drrBrtroxdsoch «lag« eingezog«« werden mutz oder der Auftraggeberin Nondikrsp-rLt. Anzeigen nehmen oLe Vermittluugnstellen eulgese«. Nationale Tageszeitung für die ^andwirischast, Wl'AN"»"? «-»enblau s«r Wll-dr-ff - Umgegend Nr. 230. 84. Jahrgssg. relegr.-Adr.: „Amtsblatt- W i!s-r«ff-D re sd es Postscheck: Dresden 3646 Freitas, de« 2. Oktober 1S25 Zwischenspiel. Nicht nur Bücher haben ihre Schicksale, sondern auch diplomatische Noten. Neben der Note, in der die Einladung der Alliierten zur Sicherheitskonferenz von Deutschland angenommen wurde, war in Form einer Verbalnote, also münd lich und schriftlich, eine Erklärung der deutschen Negierung übermittelt worden, worin zunächst die Kriegsschuldfrage im Zusammenhang mit dem eventuellen Eintritt Deutsch lands in den Völkerbund behandelt war. Damit berührte man ein gleiches Vorgehen im September vergangenen Jahres: wir können keine Behauptungen anerkennen, die „eine moralische Belastung des deutschen Volkes in sich schließen". Das ist unabänderliche deutsche Auffassung damals wie heute, ganz gleichgültig, ob der deutsche Ein tritt in den Völkerbund — wie jetzt die englische Antwortnote behauptet — eine „wesentliche Bedingung des Gegenseitigkeitspaktes" bedeute. Die in der deutschen Erklärung wiederausgenommene Ablehnung des Krieg s- schuldartikels im Versailler Vertrag ist den anderen Mächten notifiziert worden, die Erklärung ist entgegen- genommen worden, eine Erklärung, die einseitig ist und auch einseitig gemeint war. Und die zwar nicht ab gelehnt, aber zum Konferenzhindcrnis geworden ist. England und Frankreich — ersteres noch um eine Nuance robuster — lehnen die Beseitigung des Artikels ab, er kennen die deutsche Erklärung nicht als richtig an und fügen hinzu, daß sie nicht Gegenstand der Verhandlun gen in Locarno sein werde. Aber die Erklärung be stellt und macht trotz der englisch-französischen Antwort jede l bcrnahme neuer Verpflichtungen durch uns un- mögu^, die mit jener „moralischen Belastung" begründet würden. Ebenso lehnt die Paris-Londoner Antwort ein Ein gehen auf die zweite, in der deutschen Erklärung ange schnittene Frage ab, nämlich die N ä u m u n g d e r n ö r d- lichen Rheinlandzone und die damit rein äußer lich in Beziehung gesetzte deutsche Entwaffnung. Hierüber in Locarno zu verhandeln war freilich nicht eine deutscherseits ausgestellte Vorbedingung eines Konferenz besuches durch uns. Sie ist nicht etwa Austauschobjekt für Abschluß eines S i ch e r h e i tsp a k t e s, dürste es auch gar nicht sein. Die deutsche Errlarung betont vielmehr, und zwar sehr vorsichtig, daß sie sich nicht recht denken könne, wie ein Sichcrheitspakt, und zwar ein wirk licher, auf Gegenseitigkeit beruhender, neben der Nicht räumung der Zone, also einem offenbaren Unrecht, zu stande kommen könne. Das widerspricht einander, das hieße aus einem Sicherheitspakt selbstverständliche Schluß folgerungen nicht ziehen wollen. Die Bereinigung der Entwaffnungsfrage — wobei übrigens die vielleicht noch viel schlimmere Luftfahrtnote nicht vergessen werden soll — ist Sachs der Verhandlungen zwischen den Ne gierungen seit Monaten. Daß ihr Ausgang einen ganz wesentlichen Einfluß auf den Ausgang auch der Verhand lungen in Locarno haben wird, ist nach den Andeutungen in der Regierungserklärung nicht zweifelhaft. Vielleicht sind diese Andeutungen dahin zu verstehen, daß unsere schließliche Stellungnahme zu den Beschlüssen der Minister- konferenz vom Ausgang jener Verhandlungen abhängig gemacht werdeii soll. Paris hat versucht, die amtliche deutsche Notifizierung der Ablehnung des Artikels 231 zu verhindern. Das ist mißlungen. Trotz alledem, obwohl wir unserm Stand punkt — des Gefahrenmomcnts, der darin liegt, uns wohl bewußt — unzweideutigen Ausdruck gaben, trotz des ro busten Protestes der Gegenseite ist diese Kundgebung nicht zum Hindernis der Konferenz geworden. Wie diese nun lausen wird, ist nach diesem Auftakt noch unsicherer ge worden. Denn dieser Auftakt, diese Ouvertüre hat auf der Gegenseite ein Echo hervorgerufen, das von einem Zuge ständnis wirklicher Gegenseitigkeit auch uns gegenüber ganz bedenklich weit entfernt ist. Es sieht beinahe wie eine Programmstörung aus; ist doch auch auf der ver flossenen Juristenkonferenz in London unserm Vertreter — allerdings vergeblich — der fertige Entwurf eiues Sicherheitspaktes vorgelegt worden. Die deutsche Regierung hat sich die von der Rechten aufgestellte Forderung, zur Konferenz erst zu gehen, wenn u. a. auch die Räumung der Kölner Zone sichergestellt ist, in ihrer Erklärung bzw. in der Note nicht zu eigen ge macht; andererseits geht sie aber über diese Forderung hinaus durch den Satz, daß die Wirksamkeit der in Aus sicht genommenen internationalen Vereinbarungen ab hängt von dem Vertrauen, ein Vertrauen aber un möglich ist, wenn die Verlängerung der Besetzung fort dauert. Damit trifft sie Wohl die Ansicht des gesamten deutschen Volkes. Auf dem sozialdemokratischen Parteitag in Heidelberg kam das deutlich zum Ausdruck. Anfang nächster Woche soll nun die Konferenz zusammentreten und Entscheidungen schwerwiegendster, weltpolitischer Art werden fallen; noch wissen wir nicht, wie der Ausgang sein wird. Aber das eine wissen wir: in diesen Tagen ist es selbstverständliche deutsche Pflicht, hinter der Regierung zu stehen und sie in ihrem schweren Werk moralisch Z» "wen. Geredet, geurteilt und kritisiert mag werden, wenn oie Entscheidungen da sind. Vor der Konferenz. Ming Meise ter MM DelWtiM. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 1. Oktober. Wie die „Morgenblätter" melden, hat die deutsche Delegation für di- Paktkonferenz ihre Abreist, die urfrpünglich am Sonnabendabend stattfinden sollte, um einen Tag vorverlsgt. Der Sonderzug mit der Delegation wird Frei tagabend 9 Uhr Berlin verlassen. Die Delegation selbst wird sehr klein gehalten werden. Außer dem Reichskanzler und dem Reichsaußenminister wird sie nur aus dem Staatssekretär von Schubert, Ministerialdirektor Dr. Gaus, dem Pressechef der Rcichsregierung Dr. Kiep und Staatssekretär i» der Reichskanz lei Kempner bestehen. Die Teilnahme Geheimrats v. Bulow steht noch nicht fest. Dazu treten einige Beamte der Reichskanz lei, der Prcsseabteilung und des Auswärtigen Amtes und das nötige technische Hilfspersonal. Eine WEM Bemtcllms der Konferenz. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Berlin, 1. Oktober. Die Aussichten der Konferenz in Locarno werden, wie der „Tag" zu berichten weiß, in parla mentarischen Kreisen nach dem Ergebnis der letzten Vorverhand lungen über die Krirgsschuldfrage und über die Räumung der Kölner Zone wesentlich ungünstiger beurteilt, «s das in der Wilhelmstraße der Fall zu fein scheint. Es habe sich herausge- ftellt, daß man weder in London noch in Paris im Zeichen der vollkommenen Gleichberechtigung mit Deutschland zu verhandeln wünscht. Dis deutsche Delegation werde also, wenn nicht nach der Konferenz von Locarno sehr ernste politische Auseinander setzungen in Berlin gewagt werden sollten, Wert daraus legen müssen, daß sie schon in den ersten Verhandlungen die bis jetzt nicht erreichte Gleichberechtigung durchsetzt. Praktisch werde weder die Frage der Räumung der Kölner Zone noch die Kriegs schuldfrage aus den Verhandlungen ausgeschlossen werden können, da nach deutscher Ansicht die ganze Rheinlandfrage zur Sprache kommen und nach französischer Ansicht auch über den Eintrtt in den Völkerbund verhandelt werden müsse. Wenn dann der in der englischen und französischen Note bekanntgegehene Stand punkt aufrechterhalten bleibt, würden ohne Schuld der deutschen Regierung, aber unter voller Verantwortung der Westmächte die Verhandlungen wahrscheinlich gescheitert sein. Nach den bestimm ten Erklärungen der deutschen Regierung könne ein Abschluß des Westpaktes ohne Räumung der Kölner Zone nicht erfolgen. MWeirWrz des Getreides. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Rotterdam, 1. Oktober. Der „Courant" meldet aus Neuyork: Die Preise aus der Getreidebörse in Chicago haben in letzter Woche sich weiter um 8A gesenkt. Die Panik überträgt sich auch aus den übrigen Prvduklenmarkt. Man meidet teil weise Abschläge bis zu 12?S. Ein Weltpreissturz in der Brot mehlversorgung kündigt sich in zahlreichen Fallissements führen der Exportfirmen an. Gem Reichspräsidenten. Zur Vollendung des 78. Lebensjahres. So zeigt sich uns dein Bild in edler Reinheit, So bist du unser: wahr und echt und schlicht, Der Kleinheit Zeind. ein Paladin der Einheit, Der ikkann der Tat. der Held der Bürgerpflicht. Du botest dich dem Volk in schwersten Tagen, Du wurdest ihm Symbol des harten Vu hast die Last, das Leid mit ihm getragen Und bliebst ergeben bis zum bitt ren wn.g. Kus tausend Wunden blutend, ward's bezwungen, Du bliebst sein Sohn im Unglück wie im Glück, Das Schwert, mit dem du Sieg um Sieg errungen. Du gabst es still in seine Hand zurück. Doch als es rief, dich rief zu höchster würde, Du schwanktest nicht, und eisern und gestrafft Standst du am Platz und nahmst die neue Bürde Und baust am cn Reich mit Iugendkraft! U. 8. Hindenburgs Geburtstag. In Bochum war es, jetzt, in diesen Tagen, da des Deutschen Reiches Präsident die Reise in das endlich be freite Gelltet machen konnte, dte Befreiten im Namen oes Reiches zu begrüßen, Träger der Freude auch des un- befetzt gebliebenen Deutschlands zu sein. Unzählbare sausende umiräuzen den Bahnhos, säumen die Straßen und wie Donner klang der Zuruf, als Reichspräsi - d e nt v o u H lndeub u r g sichtbar wurde. Er dankt tiefbewegt und fein Auge schweift über die Massen. Plötz- Uch steht er in der vordersten Reihe einen Greis, auf dessen ihm vertraute Denkzeichen entgegenblitzeu: die von 1834, 1866, 1870. Da schreitet Hindenburg auf ihu zu und begrüßt, fast als erster, den alten Kriegskameraden. Das B-ld drückt sich in die Seele: dort der einfache Mann, der ttusruhen darf von einem langen Leben siegreicher Kämpfe st'.Ner Arbeit; ihm gegenüber des Reichspräsidenten --ne senaestaU. Der kann noch nicht ausruhen, w-n e- noo nicht trotz der 78 Jahre, die sein Leben'nnfavo Die Waffen ruh'», des Krieges Sturme schwelgen" -- so darf man jetzt zitieren, da ein h^bes <whr ver strichen ist seit dem Kamps um den Nmchspräsidenten. Das feststellcn zu können, 'st erfreulich. Hindenburg ist darum auch hincingewachien m die Herzen derer, die damals seine Anhänger nicht gewesen sind, weil sie der Art, wie er iem Amt als erster Bürger übernahm und ourchführte, Achtung entgegenbringen können. Was alle, aber auch alle Deutschen, soweit nicht wütender Partei- fanaüsmus haßblind machte, an Hindenburgs Wesen und Handeln ehrten, die Treue zum Volk, znm Vaterlande gerade damals, . als zusammenbrach alles, wofür er sieben Dezennien gedacht und gelebt hatte — das bewies er jetzt von neuem. Was er schwor bei der Übernahme feines Amtes, daß „ich meine Kraft dem . Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen meh ren, Schaden von ihm wenden, die Verfassung und die Gesetze wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde" — fein ganzes Streben ist es gewesen, das wahrzumachen. Denn es ist ihm Gewissensgebot, Gottesgeheiß; er will nicht ansruhen. Und er glaubt au das Volk, glaubt, daß sein Wollen glich den Gegner besiegt. Nicht erstürmen will er die Her zen derer, die vielleicht noch beiseite stehen, sondern ge winnen. Hindenburg hat ja auch in seinen Siegestagen, als sein Bild in jedem Palast und in jeder Hütte hing, nie nach Popularität gehascht. Darum ist sein Handeln stille Erziehungsarbeit, und sie ist erfolgreich, weil sein Han deln eine so selbstverständliche Pflichterfüllung, fern allen großen Worten und Reden, ist. In ihm wirkt der friderizianische Wille, der erste Diener des Staates »u kein. Revolutionen haben als geschichtliche Eigenart, neben vielem Vermorschtem auch Gutes zu zertrümmern; aber wahrer Fortschritt besteht nicht darin, das Neue nur um des Neuen willen zu schaffen, sondern auch, zu Unrecht Zerstörtes wieder aufzubauen. Das auch ist Hindenburgs ArUaabe. nickt durck ausdrücklich betontes Wollen, sondern