Volltext Seite (XML)
ilsdrusferTageblalt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Vas .Wilsdruffcr Tngedlurr- Lrjcheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in v«r Ge,chäftsftelic unk drn Ausgabestellen 2Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Wb., bei Postbeftellung , Wd. luiüoliltz Adu»»- . gebühr. Einzelnummern ISP'c. AllePoslanslalien Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Poftdolen und unsere Aus. rrüger und GeschäsissteUcn ! — —— n-hm-n zu jed» Zeit Be- ftellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Kern Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespalteue Ranmzei!e 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3 gespaltene Rcklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchweisungsgebühr 20 Goldpfennig. Bor- geschriebene Erscheinung- tage und Platzvorschriftei, wndeu nach Möglichk-ir Fernsprecher: Amt WUsdruff Nr. 6 derükksichttgl. Auzet,-». annahmeb-.L°vrm.1VUHr — —— Für die Richtigkeit d«r durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir Keine Garantie. Jeder Siabananspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klageeingezogenwerden muß oderderAuftraggeberinKonknrs gerät. Anzeigen nehmen alleVermittlungrsteUen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen. des Amtsgerichts und St-dtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 193 — 84. Jahrgang. Tclegl.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2K40 Donnerstag 20. August 1925 Die Etinnes-Tragödie. Die Gerüchte von einem Eingreifen ameri kanischer Finanzkräfte in die beim Agawerke des Dr. Edmund Stinnes entstandenen Schwie rigkeiten scheinen sich zu bestätigen. Dagegen scheinen sie noch keine bestimmte Form ange nommen zu haben. Von unterrichteter Seite wird uns zu der Angelegenheit geschrieben: Man sprach von „König" Stinnes, sprach von einer Dynastie Stinnes, als Hugo Stinves noch lebte, als an dem Zucken der Augenbrauen dieses wirklich wie ein Assyrerkönig aussehenden Mannes das Schicksal der Börse, das Schicksal des deutschen Wirtschaftslebens zu hängen schien. Mag sein Werk wirtschaftlich falsch aufge baut gewesen sein, mag die immer breiter werdende Masse seiner Werke und Beteiligungen kein organisch aufgebau tes Gebilde gewesen sein, sondern nur ein wild zu sammengekaufter Haufen, so daß er mit seinen scharfen Blicken das Ganze nicht mehr überschauen konnte, — den Zug ins Große kann man ihm nicht nehmen. Nach dem verlorenen Kriege war er der erste Wirtschaftspionier über See; dem Ansturm seiner gewaltigen Wirtschafts kraft erlag der heftige Widerstand, den man überall in der Welt dem Wiederaufbau deutschen Wirtschaftslebens jenseits der Meere entgegensetzte. Der Name Stinnes klang doch über den ganzen Erdball. Doch das Schicksal war stärker als er. Man wirft ihm vor, er habe ans den Niedergang der Mark speku liert. Tatsächlich hat er wohl nur nicht daran geglaubt, daß ein leichtes Stocken, ein kurzes mühsames Wieder emporklimmen das ins Bodenlose geschehene Absinken der Mark verhindern könne. Damit rechnete er als mit einer Tatsache, die unabänderlich war. Darum flüchtete er in die Sachwerte; er floh vor der Mark. Doch nicht er überwand die Inflation, sondern die Inflation überwand ihn. Im Kriege, in der Inflationszeit hatte sich die deut sche Schwerindustrie von der Gcldmacht des Leihkapi tals, also der Banken, gänzlich befreit. Rasend schnell wurde das Kapital umgesetzt und man brauchte keinen Kredit. Die Schwerindustrie vielmehr, Hugo Stinnes an der Spitze, brach in die Gefilde des Leih kapitals ein und — das haben ihm die Banken nie ver geben. Jetzt, wo das Kapital immer langsamer umge setzt wird, stieg die Kreditnot ins Ungemessene, sprach man selbst von finanziellen Schwierigkeiten einer Firma wie Krupp. Der Niedergang kam auch bei der Großmacht Stinnes, und die alten Gegner vollführten die Stützungs aktion. In Börsenkreisen sprach man höhnisch von Stran- zulierungsaktion der Großbanken. Die Führung oabei hatte die Neichsbank und ein wilder politischer An sturm richtete sich gegen die Absicht, Reichsbankkredite zu verwenden. Auch die Preußische Seehandlung sollte helfen. Der älteste Sohn Stinnes, Dr. Edmund Stinnes, hatte jetzt versucht, vor seinem aufsehenerregenden Vor schlag der Abtretung der Aga-Aktien Seehandlungskredfte zu erhalten. Alles mißlang und bald sickerte durch, daß die Aktiven die Passiven nicht deckten und daß die Banken namentlich infolge der zahlreichen Auslandssordernngen selbst in Verlegenheit kämen, weil sie die Deckung der Passiven zugesagt hatten. So scheint im Hause Stinnes nichts übrigzubleiben oder doch fast nichts. Die Dynastie ist abgetreten, die Macht des Hauses Stinnes ist zu Ende. Gewiß war manches, vieles ungesund am stinnes- Konzern, doch fragt es sich, ob unter normalen wirtschaft- lichen Verhältnissen die Tragödie diesen Verlauf genom- So aber wurdenchie zuerst gar nicht so großen ^rmehrt und vergrößert durch die schwere wirstchaftüche Aotc des Augenblicks. Daran Vorhaben ves Dr.Edmund Stinnes Ac/Knu und der Nest sind — die A m e r i k a n e r. Man ipricht nämlich davon, daß amerikanische Interessenten sich der Aga-Akties Stiles da^ flottmachen wollen. Man kann ja darüber debattieren ob volkswirtschaftliche Erwägung durchschlagender Art das Reich oder Preußen veranlassen sollte, in die Stützungs aktion einzugreifen und Kredite zu gewähren. Nun aber scheinen die Banken entschlossen zu sein, ihren Feldzug bis zum völligen Siege fortzusetzen. Und dem könnte sich auch die Reichsbank nicht entgegenstellen. Viele Leute haben Geld an Stinnes verdient, als der alte Stinnes lebte und er der mächtige König im deutschen Wirtschaftsleben war. Auch die Banken waren unter den Verdienern, und sie sind die größten Jnflations- gewinner gewesen. Auch das Angebot der Aga-Aktien, also Möglichkeit des Mitbesitzes der Arbeiter an einem Unter nehmen und der Beteiligung an einem etwaigen Gewinn — ein Gedanke, der auch bei uns seit fünf Jahren besprochen wird —, wird nicht wirtschaftlich, sondern machtpolitisch behandelt. Die Arbeiter schwanken, aber vermutlich werden ihre Führer den Vorschlag ablehnen. In der Wirtschafts geschichte der Welt geht selten eine solche Tragödie vor sich wie die Tragödie Stinnes. Nicht ein Jahr ist vergangen, seit Hugo Stinnes tot ist, und sein Werk ist nicht mehr, sein Werk, dessen rasendes Anwachsen dem tiefen Sturz Deutschlands entsprach. Der nachdenkliche Zeitgenosse wird aus der ganzen Entwicklung, dem Auf And Nieder das eine entnehmen, daß nicht gigantisches häinporstürmen, sondern nur lang samer, zäher Aufbau u HZ aus dem wirren Taumel der de,«ticken Not berausbri kann. vir Wkabvlen bri Taxa geschlagen. Vorstoß gegen Abd-el-Krim. Paris, 18. August. Amtliche Berichte melden den Beginn großer mili- ärischcr Operationen gegen Abd-el-Krim an. Die Be- vrgung hat in der Gegend von Taza begonnen. Es soll tunlichst die Unterwerfung dcS vor einiger Zeit zu Abd- l-Krim übergcgangcnen Stammes der Tschul angestrebt verden. Die Aktion, an der ein Armeekorps und eine gc- nischte Brigade teilnehmen und die durch eine heftige Beschießung der Dörfer und Siedlungen eingelcitet wurde, mtwickclt sich angeblich „normal". Die Franzosen sollen ruf einer Front von 130 Kilometer angreifen. Die an greifenden Truppen bestehen aus sieben Divisionen mit nsgesamt 84 Bataillonen. Die Infanteriedivisionen an rer marokkanischen Front zählen 12 Bataillone, während ie in Frankreich nur neun betragen. Das Ziel des fran zösischen Oberkommandos ist, so weit in das Innere des Rifgebietes vorzudringen, daß die Wasfenarsenale Abd- K-Krims erbeutet werden. Nach neueren Angaben sollen die französischen Streit kräfte in Marokko bis Ende August sich auf 100 Bataillone belaufen, von denen 72 in der vordersten Linie und die übrigen 28 in Reserve stehen werden. In Frankreich ver handelte Ministerpräsident Painlcvö abermals mit dem nach Marokko abreisenden Marschall Pätaiu /der dazu bestimmt ist, die Oberleitung dort an Stelle Liauteys zu übernehmen, mit dein man nicht zufrieden ist. Nach einer Meldung aus Rabat hat Abd-el-Krim strenge Vergeltungsmaßregeln gegen die Stämme er griffen, die kürzlich von den Franzosen zurückgeschlagen worden sind, und ihnen hohe Geldstrafen auserlegt. Außer diesen Geldstrafen haben die Rifleute bei den meisten Stämmen Nahrungsmittel, vor allem Ol und Eier, für den Bedarf der Truppen requiriert. Die Rifkabylen bei Taza geschlagen. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 10. August. Der amtliche Bericht aus Fez stellt fest, daß der Feind an der Front von Taza geschlagen wurde. Die im Osten vorrückenden vier Kolonnen haben das gesteckte Ziel erreicht. Der zurückweichende Feind wird von den Kampf geschwadern versolgt. ftm Süden haben sich einige Stämme unterworfen. Französische Sozialisten Regierung. Paris, 18. August. Der Abgeordnete Prcsfcmane, der aus dem sozialisti schen Kongreß die außerordentliche Einberufung der Kam mer vorgeschlagen hatte, um die Vorgänge in Marokko und die Banlbeamtenüewcgung zu erörtern, teilte mit, daß 40 Abgeordnete eine Petition in diesem Sinne unter zeichnet hätten. Der Sozialistenkongreß hat mit 2210 gegen 559 Stim men die Resolution Blum, die sich gegen eine Beteiligung an der Regierung ausspricht, angenommen. Die gegen teilige Entschließung Renaudel wurde abgelehnt. Eine Entschließung zur Marokkofrage besagt, daß die Sozialistische Partei jede Verantwortung sür das Ma rokkoabenteuer ablehnt und eine offene Diplomatie fordert, um möglichst schnell zu einem Friedensschluß zu gelangen, in dem Spanien die Unabhängigkeit des Rifgebietes aner kennt und Frankreich und Spanien eine Berichtigung der Grenzen sür das Nisgebiet zngestehen, um den Rifleuten die Möalichkeit zu geben, sich mit Lebensmitteln zu ver sehen Sobald der Friede unterzeichnet ist. muß der Ver- Bankenerklärung und Aniwsri In der Angelegenheit Stinnes geben nun auch die ' drei G roßbanke 'n, die in dem Stützuugsausschuß ver- . treten sind, die Deutsche Bank, die Disconto - j Gesellschaft und die Darmstädter u n d St a t i o - ! nalbank, eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie ihren i Standpunkt zu der „Aga"-Angelegenheit und insbesondere f zu der Persönlichkeit des Dr. Edmund Stinnes aussühr- ! sich darlegen. Die Erklärung besagt, daß Dr. E d m u u v Stinnes unmittelbar vor dem Eintritt der Krise er. s hebliche Werte aus dem Bestand des Stinnes-Konzerns ! erhalten habe. Ohne Rücksicht auf das weitere Schicksal der Hauptmasse und den Gang der Liquidierung habe er ! einen Teil dieser Werte ins Ausland verkauft, und ! zwar zu auffallend niedrigen Preisen. Solange nicht ge klärt sei, wo der Erlös rOtlcn Verkäufen geblieben ist , und weshalb tropdcm '-<--4 inr die Aaa benötigt i werden, konnten die Banken mit einem unter Leitung von Dr. Edmund Stinnes stehenden Industrieunternehmen -licht zusammenarbeiten. Dagegen wird aus Kreisen, die Dr. Edmund Stinnes nahestehen sollen, ausgeführt: „Die finauziellen Schwierigkeiten hätten selbstverständlich Dr. Ldmnnd Stinnes dazu aezwunaen, Verkäufe und Liqui- irag dura- den Völkerbund wirksam werden. Außerdem wird in der Entschließung erklärt, daß die sozialistischen Abgeordneten und Senatoren die Kredite für die „ko loniale Raubpolitik" ablehnen. O b c r l a h n st c i n a. d. Nahe, 18. August. Die farbigen Besatzungstruppen (Tuneser und Marok kaner) sind gestern nach den auswärtigen sranzösischen Kriegsschauplätzen abtransportiert worden. Sowohl Bad Kreuznach als auch Oberstein-Jdar erhalten nunmehr fran zösische Infanterie zur Besatzung. * Mannesmann verlaust MarokkobeW. Beilin, 18. August. In Paris und London beschäftigt man sich lebhaft mit Meldungen von hier, wonach die Mannesmann-Ge sellschaft ihre Konzessionen im Rifgebicte an ein anglo amerikanisches Konsortium zu übertragen beabsichtigt. Die Gebrüder Mannesmann sollen keine Aussicht mehr sehen, das marokkanische Geschäft fortzusetzen. Es soll sich um mehrere hunderttausend Hektar Gut und Ackerland und zahlreiche Bergwerke handeln. Die Mannesmannfirma habe alle Originaldokumente in Händen, die ihre Konzessionen vom Jahre 1913/14 be träfen. Allem Anschein nach sollen seit dem Jahre 1919 Abgesandte Abd-el-Krims zweimal nach Deutschland ge kommen sein, um die Gebrüder Mannesmann aufzufor dern, ihren im Rifgebiet gelegenen Besitz auszubenten. Die Inflation verhinderte dies jedoch. Das Objekt wird aui vicle Millionen Pfund geschätzt. * Oer Aufstand in Syrien. K o n st a n t i n o p e l, 18. August. Entgegen »den verbreiteten Gerüchten ist kein Ab kommen mit den gegen die Franzosen kämpfenden Drusen getroffen worden. Die eingeleiteten Verhandlungen haben sich auf die Frage der Gefangenen beschränkt, die zum Teil ausgetauscht worden sind. Die Spannung hat sich nicht im geringsten verändert und die Lage der fran zösischen Truppen ist nach wie vor schwierig, zumal sich der Ausstand ausbrcitet und anscheinend von hinter ihm stehenden nicht osscn hervortretendcn Kräften gestützt wird. Grabskis Rückzug vor den Rechtsparteien. Ausweisung d übrigen deutschen Optanten Warschau , 19. August. Ministerpräsident Grabski emp fing gestern die Vertreter der Rechtsparteien, die an ihn in der vorigen Woche die Frage richteten: „Wie kam der Innenminister dazu, die Wvywoden von Posen und Pvmerellen telegraphisch zu beauftragen, die Ausweisungen der deutschen Optanten ein zustellen?" Grabski beruhigte die Abordnung und erklärte, daß der Innenminister dieses Telegramm tatsächlich abgesandt hätte, er habe jedoch nur dir Absicht gehabt, Zeit zu gewinnen, um sich genauer über die Zahl der iu Polen noch verbliebenen deutschen Optanten und ihre Zugehörigkeit zu den verschiedenen Kategorien zu unterrichten. Nach Erledigung der technischen Arbeiten wür den die noch verbliebenen deutschen Optanten unter allen Um ständen unverzüglich Polen verlassen müssen. Da zu erwarten sei, daß auch Deutschland daraufhin die polnischen Optanten ab schieben werde, Hobe das Ministerium alle. Maßnahmen zur Aus nahme der Optanten getrosten und zu diesem Zwecke zwei Mil lionen Zloty zur Verfügung gestellt. onnonen genau fo vorzuneymen, wie das oas Bamen- konsortinm der Max Hugo Stinnes auch getan hat. So sei die Verwerfung der Nordstern-Aktien zu einem Kurse erfolgt, der etwa dem heutigen Börsenkurs entspricht, trotzdem nur ein Tei! der Aktien an der Börse eingeführt ist. Bisher ist im Geschäftsleben der Börsenkurs der all gemein übliche Wertmesser sür Wertpapiere gewesen. Dr. Edmund Stinnes sei Aktionär der Aga und Besitzer ande rer Unternehmungen. Er habe diesen seit der Zeit seines Ausscheidens Kredite zu verschaffen gewußt, die genau ver Führung des Bankenkonsortiums bekannt sind. Daß jemand in der Zwangslage, nämlich dann, wenn er Geld unbedingt notwendig hat, schlechte Geschäfte macht, dürfte eine bekannte Tatsache sein. Was nun die Gelder selbst angeht, so sei dem Bankenkonsortium durchaus bekannt, vaß Dr. Stinnes seinen Unternehmungen in den letzten Monaten Kreditgelder beschafft hat, die ihm zugestande nermaßen niemals von einer der deutschen Großbanken gegeben worden wären." 4- Oie Löhne bei der „Aga* fichergesteltt. Wie man in Berlin von unterrichteter Seite erfahren haben will, würden die noch rückständigen Löhne bei de» Aga-Werken jetzt aufgebracht. Die am Freitag fällst werdenden Löhne seien schon so gut wie sichergestellt. Es