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sichltgt yaven, umer oer rve;ayung oes Mmeimeergeiqwaoers eine revolutionäre Bewegung hervorzurufen. London. Englische Blätter berichten, daß Mussolini demnächst von einem berühmten amerikanischen Arzt an der Leber operiert werden soll. Nom. Das Gebäude der deutschen Schule in Rom ist von der italienischen Negierung zurückgegeben worden. Das Dekret wurde dem deutschen Botschafter ausgehändigt. Madrid. Die Kündigung des deutsch-spanischen Handelsvertrages ist durch den deutschen Botschafter zum 16. Oktober dieses Jahres ausgesprochen worden. Lissabon. In der Kammer wurde ein von dem nationali stischen Abgeordneten Pedro Pita gestellter Mißtrauens antrag mit 58 gegen 49 Stimmen angenommen. Der Ministerpräsident wird deshalb den Rücktritt des Kabinetts erklären. Warschau. Infolge der katastrophalen Lage der pol nischen Landwirtschaft wurde von der Regierung auf dem Verordnungswege die Grundbesitz- und Ver « mögens st euer bis zur Ernte gestundet. Neuer au» aller Welt Keine Typhusgefahr in den Ostseebädern. Auf das Gerücht hin, daß in den Ostseebädern eine gehäufte Anzahl von Typhusfällen vorgekommeu sei, hat die Medizinal- abteilung des preußischen Wohlfahrtsministeriums tele graphischen Bericht von den für die Ostseebäder in Frage kommenden Kreisärzten eingeholt. Aus den inzwischen eingegangenen Antworten geht hervor, daß keine Typhns- gefahr in den deutschen Ostseebädern besteht. Angerstein bittet um Urteilsvollstreckung. Der zum Tode verurteilte Angerstein hat vom Zuchthaus Freien diez aus seinen Verteidiger gebeten, von der Absendung des Gnadengesuches Abstand zu nehmen. Er selbst hat an den Justizminister ein direktes Gesuch gesandt, in dem er um sofortige Vollstreckung des Todes urteils bittet. Augerstein hat in den letzten Tagen auch sein Testament gemacht. Er ersucht darin, daß der von seinem Vermögen verbleibende Nest zur Herstellung ein facher Denkmäler für die von ihm ermordeten acht Opfer Verwendung findet. Grosftencr in einer Korbwarenfabrik. In den Fa brikations- und Lagerräumen der Korbwarenfabrik Hoch herz in Münster brach ein Schadenfeuer aus, das in kurzer Zeit den großen Gebäudekomplex in Brand steckte. Die Ur sache des Brandes ist noch unbekannt. Schweres Unglück beim Sprengen alter Festungs werke. Bei der Sprengung alter Festungswerke in Rastatthat sich ein schweres Unglück ereignet. Durch un vorsichtige Handhabung der Sprengung wurden schwere Steinblöcke in diebe wohnte Umgebung geschleudert. Einige Häuser in der Nähe der Spreug- stclle sind beschädigt worden. Die Sprengstücke durch schlugen teilweise die Fenster in den Wohnungen und richteten Zerstörungen an. Eine Frau, die in der Nähe der Sprengstelle die Straße überquerte, wurde von einem Steinblock getroffen und schwer verletzt. Drei Todesopfer bei einem Flugzeugzusammenstos;. Ans dem Flugplatz von Chalons-sur-Saone hat sich ein schweres Flugzeugunglück ereignet. Zwei Flugzeuge stießen in einer Höhe von 100 Metern zusammen nnd stürzten in ein Kornfeld. Die drei Insassen konnten nur, schrecksich verstümmelt, als Leichen gebor gen werden. Feuer im Warschauer Zentralgefängnis. Im War- fchauer Zentralgefängnis brach Feuer aus. über 500 Häftlinge stürmten die Ausgänge und wollten entfliehen. Ponzei, Mlmar uns Feuerwehr wurden alarmiert. Nach dem die Ausgänge umzingelt waren, wurden die Häftlinge in Sicherheit gebracht. Erdrutsch in Telemarken. Wie aus Oslo berichtet wird, erfolgte bei Lunde in Telemarken ein Erdrutsch. Auf einer Strecke von 100 Metern glitten plötzlich etwa 30 000 Kubikmeter des 15 Meter hohen halbfertigen Bahndammes in den Fluß. Die Eröffnung der Sorlandsbahn, die 1926 stattfinden sollte, wird hierdurch verzögert. Die Robinson-Insel als amerikanisches Ausflugsziel. Die chilenische Regierung hat wiederum einmal die Insel Juan Fernandez, auf der bekanntlich Alexander Selkirk, das Vorbild Robinson Crusoes, lebte, an einen amerika nischen Unternehmer verpachtet. Auf der Insel wird ein großes Hotel gebaut werden, das durch regelmäßige Dampferlinien sowohl von San Franzisko wie von Val paraiso erreichbar sein wird. Juan Fernandez soll nach den Prospekten der Neubesitzer zu einer der größten Attraktionen für den amerikanischen Touristenverkehr aus- gebaut werden. Überschwemmung in Hongkong. „Daily Expreß" meldet aus Hongkong, daß im westlichen Teil der Stadt neun vierstöckige Häuser einstürzten. Der Boden war durch die heftigen Wolkenbrüche der letzten Tage gelockert worden. 200 Chinesen sind unter den Trüm mern begraben. 20 Personen konnte?! geborgen werden. Die Stadt ist zum größten Teil überschwemmt. Bisher war es nicht möglich, den Sachschaden genau ab zuschätzen. Bunte Tageschromk. München. Der 12. Bundestag des Deutschen Steno graphenbundes Gabelsberger findet am 26. Juli in München statt. Die Tagung ist von besonderer Bedeutung, weil aus ihr die organisatorischen Beschlüsse wegen der Umstellung aus die neue Deutsche Einheitsstenographie erfolgen werden. München. Der Bau der Schwebebahn auf das Nebel horn, der noch in diesem Jahre in Angriff genommen werden sollte, wird voraussichtlich wegen der wirtschaftlichen Notlage verschoben werden müssen. London. Die Bergwerke Großbritanniens lieferten in der Woche voni 28. Juni bis 4. Juli 4 676 260 Tonnen Kohle im Vergleich zu 4420 000 Tonnen der vorangegangenen Woche und 4 988 000 Tonnen in der entsprechenden Woche des ver stossenen Jahres. Nom. Der Papst hat einen bulgarischen Pilgerzng empfangen. Er dankte für den Gruß, den der Führer des Zuges vom König von Bulgarien überbrachte, und sandte dem König seinen Segen. Rewyorl. Der amerikanische Schachmeister Whitaker Wurde wegen wiederholten Autodiebstahls und anschließen den Versicherungsschwindels zu zwei Jahren Gefängnis ver urteilt, aber gegen eine Kaution von 20 000 Dollar bis zur Entscheidung der Revision freigelassen. Sauregurkenzeit. Sehnsucht nach den Hundstagen von einst. Am 24. Juli beginnen offiziell die Hundstage. Was für eine Reihe von schönen Tagen war das doch in der „guten alten Zeit"! Man holte sich, wenn man das Glück hätte, in einer Redaltionsstube zu sitzen, vom Regal den Brockhaus oder den Großen Meyer, las nach, was die alten Ägypter, Griechen, Römer und andere ehrliche Völker- schaften über Hundstage im allgemeinen zu sagen wußten, und schrieb den fälligen Hundstagsartikel. Und dann kam ein ganzer Monat mit nichts als Hundstagen, von dem der freundliche Leser und die schöne Leserin alaubten. daß WIMM Ü! KVMVWN „Ja, ja, mir ist auch besser!" Die junge Frau sah nicht ruehr mit so matt verschleierten Augen drein. „Und denke Ar, mir kommt vor, als wäre er ordentlich von einem Bann befreit, feit sie weg ist; er hat doch wieder für was ande-xs Sinn. Gestern fuhren wir aus, seit langer Zeit mal zusammen; er kutschierte mich durch den Tier garten. W.' kamen an zwei wunderhübschen Mädchen vorbei, da sa^e er: „Reizende Käfer! Sich mal, Agnes, dre links hat grade Haare wie du!" Oh, mein Gott, wie war ich froh! ^ag mal, Nelda" — sie legte beide Hände auf Newa» Schniern und sah ihr von unten herauf mit finniger Frage in^e Augen - „nicht wahr, du glaubst auch' " wtw sA »chi immer lieben, er wird mich noch - nötig haben! Sie «artete keine Antwort ab, sondern er- t rötete und rachelte. glaube wirklich, er wird sie ver- ! gessen!" Es war in der Beru„ Stube, wo die beiden Freun- Linnen saßen und sprach. Noch hing draußen an der ! Tur das wchild — ''^^'rätin Dallmer, Familienpen- , sionat aber e^ stimmte,inebr: leit aeltern' bl-A ! Fran Rätin einfach Frau L e dem aroßen ! Tisch lag nicht mehr das ew^E Tuch, sondenl ve^ fchiedene Reft^tensili^ standen ein p!mr Nersekorbe. Es war recht unge.-^-^ Nelda backte die Mutter packte; Nelda reiste morgc-^' SchmolleS i^ übermorgen an die Ostsee. Fran^f' t gespannter Erwartung; sie hatte in> „iedaSMcecaü- ! sehen. " Jetzt kam sie eben heremgerasche.. . nagelneuen steisgestärkten KattunmoE nnem Kleider über dem Arm. „Ah, Frau eme Last ! prallte zurück. „Ich wußte nicht — „O bitte, lassen Sie sich nicht stören! ihr herzlich die Hand entgegen. „Viel, viel s'^ckw ! Wünsche!" c uno gnre „Ich danke, ich danke!" Die Neuvermählte Gratulation mit Lächeln in Empfang. „Es ist nw '" „ rig, daß Nelda uns gleich verläßt, das trübt Sie zog das Taschentuch. „Aber Nelda ist ja, lerÄ^ i tes, immer eigenwillig gewesen, ich kann sie nichpo^ freisprechen vom Vorwurf des Egoismus. Sie haA-r gut mit uns reisen und mir nachher beim Emrichten^ neuen Wohnung helfen können, aber sie will ja nicht. T als ob es sie brennte, zu ihrem Onkel zu kommen; mer guter Schmolke ist ganz verletzt. Wir ziehen Potsdamer Straße, eine reizende Wohnung mit Vorgarten; und über all Teppiche. Darf ich Ihnen mal meine neuen Möbel zeigen? Es macht mir so viel Vergnügen!" ' Sie war wirklich geschäftig und beseligt wie eine ganz junge Frau, als sie nun den Besuch in die Vorderstube führte, wo das mit rotem Plüsch neu bezogene Sofa stand und der große Teppich für den Salon zusammengerollt lag. Nelda blieb im Berliner Zimmer zurück. Mit einem verlorenen Blick sah sie um sich, in Gedanken war sie schon so wett fort. Es war ihr bereits^ alles fremd. Seitz sie gestern in der Kirche nm niedergeschlagenem Blick hinter dem rauschenden Grauseidenen der Mutter dreingeschrit ten war, seit heute die Magd mit Lachen „Fran Schmolke", und nicht mehr Frau Rätin sagte, ging sie hier herum wie heimatlos. Sie hatte ihre Kraft doch überschätzt. Gestern abend, als Herr Schmolke in seiner Glückseligkeit sich einen harmlosen kleinen Schwips angetrunken hatte und sie immer wieder im Überschwang des Gefühls um armte, war es plötzlich über sie gekommen mit einem tiefen, erschütternden Schmerz. Sie hätte laut hinausschreien mögen: „Vater, mein Vater!" Sie krampfte die Hände unterm Tisch zusammen und biß die Zähne aufeinander — nur nicht weinen! Es war ihr gelungen; die Tränen, die am Abend heiß, unaufhaltsam in ihr Kissen flossen, hatte niemand gesehen. Aber sie war heute zerschlagen an allen Gliedern wie nach einer schweren körperlichen Anstrengung; halb im Traum hatte sie ihre Habseligkeiten zusammengetragen; in der letzten Zeit war so viel zu tun gewesen, sie kam erst jetzt in elfter Stunde dazu. Die Mutter hätte ihr gern noch alles mögliche mit in den Reisekorb gelegt. In aller Frühe war sie mit einem Dutzend feiner Taschentücher und einem halben Dutzend gestickter Nachtjacken erschienen. „Sie sind etwas ver gilbt", entschuldigte sie sich, „sie sind noch von meiner Aus stattung her, sie waren mir immer zu schade; nimm du sie, ;ch kann mir ja jetzt andere kaufen. Ach Gott, wie wird es mir doch schwer, du bist ja mein einziges Kind! Wenn du fortgehst, fange ich ein ganz neues Leben an; von dem alten bleibt nichts mehr übrig, gar keine Erinnerung!'', „Gib mir nur den grünen Teppich mit", hatte Nelda gebeten. „Ich will ihn vor mein Bett legen; Papa hat ihn immer gebraucht, ich möchte ihn gern haben, bitte!* „Nch, der gute Dallmer!" Es sah aus, als wollte dis Mutter in Tränen ausbrechen, aber es kam doch nicht dazu. „Freilich, freilich, du sollst ihn haben!" Weg war sie, nach zwc^ Minuten kam sie wieder, öffnete dis Tür nur halb und schleuderte den Teppich hinein. „Da, mein Herz, pack ein!" Dieser alte grüne Teppich mit den Karmoisinrosen und den blan-lila Veilchen! War es nicht lächerlich gewesen, die Wange daran zu drücken und ihn zu streicheln wie ein lebendes Wesen?! Wie vergnügt die Stimme der Mutter klang! Von der Vorderstube drang jeder Ton zu dem Mädchen herein, ms im wüsten Berliner Zimmer stand, an den Tisch ge- 'nt, die Arme herunterhängend. Und nun kamen sie drüben wieder zurück. gcReizend, wunderhübsch", sagte Agnes. „Die Sachen Em mir sehr, liebe Frau Rä — liebe Frau Schmolke! die Higen Sie nur, das will mir noch gar nicht über „'e!" Aufreg» dir nur, Nelda" — die Mutter war in großer fällia. d<- „eben erzählt nrir Frau von Osten ganz zn- e Planke sich auch verheiratet dat. Denk nur, er für die Redaktion verhängnisvoll werden müsse. Man stellte sich vor, daß jetzt in den Arbeitsstuben, in heuen die Weltgeschichte fabriziert wird, Ebbe und Dürre eintreten müßten, und daß der arme Zeitungsmensch sich alle Nach richten, mit denen er in dieser trockenen Zeit sein Blatt füllte, sich aus den Redaktionsfingern gesogen habe. Ss ganz stimmte das natürlich nie, aber etwas Wahres war schon dran. Es war gewissermaßen ein stillschweigendes Übereinkommen mit den „Kulissenschiebern", daß im Hoch sommer nichts Wichtiges zu geschehen habe, weil Minister, Parlamentarier, Redakteure und andere hervorragende Zeitgenossen ihre Ferien in Ruhe genießen wollten. Und weil in dieser schwülen Zeit die „neue saure Gurke" die Lieblingsfrucht der Mitteleuropäer war, nannte man sie kurzweg „Sauregurkenzeit". Man erinnert sich vielleicht noch, wie das war: Hundert bis zweihundert Zeilen lang wand sich die greuliche See schlange, die der durchaus glaubwürdige Hamburger Elb- dampferkapitäu bald hinter Blankenese, bald im Atlanti schen Ozean gesehen haben wollte, durch die Feuilleton- spalten der Zeitung. Unmittelbar darauf erschien die 165 Jahre alte Negeramme, dis George Washington, den Be gründer der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten, großgefäugt hatte, in sensationeller Aufmachung, um als größte Attraktion von dem gerissenen Barnum erworben zu werden. Auch der würdige Patriarch aus Posen kam Sommer sür Sommer; er war beinahe noch älter als Washingtons Amme, und Napoleon t. schon hatte ihn bei seiner Flucht aus Rußland, die direkt über Posen sührte, „alter Esel!" genannt. Und was kam nicht alles noch! Die vierundachtzigste Deutung des Wortes „Zeitungs ente", das Interview mit dem Urmenschen auf Borneo, die gelehrte Erörterung der Frage, ob die Marsbewohner Köpfe haben, und was solcher Dinge mehr sind. Bis in den Herbst hinein konnte sich — meinte der freundliche Leser und die schöne Leserin — eine geschickte Redaktion mit derartigem Nachrichtenmaterial dnrchfresscn. Heute meinen selbst sie das wohl kaum noch. Man sehe sich einmal die HundStage von 1925 etwas genauer an — spaßeshalber, obwohl einem der Spaß dabei vergehen kann. Es scheint, als ob ein strafender Gott alle wichtigen nnd wuchtigen Ereignisse, die in normalen Zeiten über ein ganzes Jahr verteilt wurden, ausgerechnet in die paar Hundstagswochen zusammengedrängt hätte, in diese Zett, in der man so erfolgreich Enten züchten könnte. Abd-el- Krim und die chinesischen Generale mit den unmöglichen Namen hauen, um Stoff für Leitartikel zu liefern, mitten im heißesten Juli alles kurz und klein, Minister aller Länder befinden sich in dauernden Krisen, Parlamente tagen in Permanenz, und besonders fleißige Parteien möchten, weil sie bei Tag sich nicht genügend aussprechen können, sogar in den Nächten Tagungen veranstalten; Erd beben finden statt, nicht künstliche, für die Hundslage eigens arrangierte, sondern ganz natürliche, selbst den Amerikanern zu glaubende, Prozesse und Kongresse mit unerhörten Sensationen wirbeln durcheinander, und kein Mensch, keine Regierung fragt danach, ob der Zeitungs mann das alles bewältigen kann, wo doch draußen im Lande die saure Gurke regiert. Und stellt man sich dann dazu noch die Aufwertung und die Zollvorlage, die Noten, die Pakte und die Barmat-Ausschüsse und weiß Gott was noch alles als „Sommeramüsement" vor, so wird selbst der unfreundlichste unter den freundlichen Lesern — von den immer so gerechten und netten Leserinnen ganz zu schweigen — verstehen können, daß die Herrschaften, die am Webstuhl der Zeit sitzen, sich nach den Hunds tagen von einst mit ihrem ruhigeren, geregelteren Betrieb sehnen. Seeschlange, kehre zurück, es ist dir alles verziehen! —rz. rate mal mit wem?! Nein, das rätst du nicht! Es ist unglaublich! Mit dem jungen Kandidaten, du weißt doch, den du dir aufgegabelt hattest zu" — „zu Dallmers Be erdigung", wollte sie sagen, aber sie schluckte es herunter. „Du weißt ja schon! Herr Gott, und wie hat die immer geredet! Wenn ich noch an die Kaffees-denke! Da braucht sich doch kein Mensch über mich zu wundern; ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ich gern hätte, wenn Nelda sich verheiratete. Du wunderst dich ja gar nicht, Nelda?!" Nelda war in der Tat nicht sehr erstaunt. Die Szene auf dem Gipfel des Mosenberges stand noch lebendig vor ihr. Und dann sah sie den blassen, schüchternen Menschen, hörte seine Weiche Stimme, die wie aus einer andern Welt hsrüberdrang, durchs praktische Leben wie ein unverstan dener Klang irrte. Sie schüttelte bedauernd den Kopf. „Mama schreibt", erzählte Agnes, „daß er jetzt zweiter Geistlicher an der Schloßkirchs ist; er ist's sehr früh ge worden. Fräulein Planke ist für ihn von Pontius zu Pilatus gelaufen. Nun stürmen die Leute ordentlich die Kirche, wenn er predigt; mehr aber noch aus Neugier wegen der Planke, schreibt Mama. Die soll ganz verklärt dasitzen. Er soll übrigens prachtvoll reden; ganz beson ders, so ideal! Dem Konsistorium wäre es lieber, er spräche praktischer, die Leute verstehen ihn manchmal gar nicht." „Nein, die Planke, die Planke!" Frau Schmolke war ganz außer sich. „Wenn ich alles vergessen sollte, das ver gesse ich nie, das ist eine Erinnerung fürs Leben. Nein, die Planke, die Planke! Weißt du, Nelda, die könnte ja deine Mutter sein; da hast du doch auch noch Aussichten! Rein, wie kann man so alt sein und noch heiraten! Nein, die Planke!" ! „Lebe Wohl", sagte Agnes le.ise und faßte Neldas Hand. „Du siehst blaß aus und hast noch viel zn tun! Gott behüte dich, meine liebste Nelda, habe Dank, vielen Dank!" „Dan? — wofür? Ich habe dir zu danken, du hast mich was gelehrt!" „Oh, Nelda, du warst immer so gut!" Schluchzend lehnte sich Frau von Osten an die Freundin. „.Hättest du was sür mich tun können, du hättest es gewiß getan! Lebe wohl!" Und dann flüsterte sie noch einmal hastig: „Richt wahr, du glaubst, es wird besser, er liebt sie nicht mehr?!" „Bleib du nur, wie du bist! Wir Frauen sind doch die Stärkeren. Lebe wohl, Agnes!" --- « * Das war die letzte Nacht in Berlin gewesen, nun war der Morgen da. Ein heißer dunstiger Sommermorgen. Noch war nicht gesprengt ans den Straßen; der Staub, vom trockenen Wind getragen, wirbelte in die Fenster und kroch sein und zudringlich in alle Ritzen. Der Himmel stählern blauaran; man iah die Sonne nicht nnd dock stach sie.