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Latz in den letzten Monate» auf die Vorlage des Aus wertungsgesetzes und die amtlichen Erklärungen hi« so wie im Hinblick auf die Ausschußverhandlungen sich ein entsprechender Kurs gebildet hat, zu dem zahllose Käufer die Anleihen als Anlagepapier in absolut reeller Weise gekauft haben. Diese Käufer stehen nun vor der Gefahr, daß sie die Hälfte ihres angelegten Geldes verlieren. Der Arbeitsplan des Reichstages. Tagung bis August vorgesehen. Berlin, 9. Juli. Über Besprechungen des Reichskanzlers Dr. Luther Mit den Vertretern der Regierungsparteien wird gemeldet, daß daran festgehalten wird, bis zum 15. Juli die Auf- wertungsvorlagen in zweiter und dritter Lesung zu erledigen. Da der Steuerausschutz erklärt hat, datz er seine Arbeiten nicht vor dem 21. Juli beenden kann, würden nach dem 15. Juli einige Tage für andere Materien zur Verfügung stehen. Es könnte auch die außenpolitische Debatte in dieser Zeit erfolgen, falls bis dahin die Note abgegangen ist. Wahrscheinlich ist, daß die Steuervorlagen und die Zollvorlage in der Zeit vom 21. bis 25. Juli auf die Tagesordnung der Plenarsitzung kommen werden. Die Mehrheitsparteien glauben, daß es möglich sein wird, in diesen Tagen die Steuer- und die Zollvorlage zu erledigen. In den letzten Tagen des Juli soll dann die dritte Lesung des Etats er folgen, und zwar in Verbindung mit der geplanten außen politischen Debatte. Es ist möglich, daß die Fristen überschritten werden und die Tagung des Reichs tags noch bis in den August hineingeht, falls es überhaupt möglich ist, so lange ein beschlußfähiges Haus zusammen zuhalten. * Der Ausschmückungsausschuß des Reichstages hat sich gegen die geplante Umstellung der Moltke- und Bismarck- Büsten ausgesprochen. Auch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal sollte aus der großen Wandelhalle entfernt werden und in Verbindung mit den Büsten einen anderen Platz erhalten. An Stelle der Moltke-Büste sollte eine Bronzebüste des ver storbenen Reichspräsidenten Ebert Aufstellung finden, was auch schon versuchsweise erfolgt ist. Da sich aber der Aus- schmückungsausschuß dagegen ausgesprochen hat, wird für die Ebert-Büste ein neuer Matz aewöült werden. lileinrüschricdten Vie Vorbereitung der deutschen Antwortnote. Berlin, 9. Juli. Die deutsche Antwort auf die Sicherheits note Briands wird gegenwärtig noch im Auswärtigen Amt vor bereitet, der Entwurf liegt dem Kabinett noch nicht vor. Am Freitag begibt sich der Reichsinnenminister Schiele nach Königsberg zur Tagung des Vereins Deutscher Zeitungsver leger, am Sonnabend fährt der Reichskanzler zu dem angs- kündigten Besuch nach Dresden. Es ist daher anzunehmen, daß sich das Kabinett kaum vor Montag über die Antwortnote schlüssig werden wird, so daß die vom Reichskanzler zugesagte Aussprache über die Note im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages frühestens in der Dienstagsitzung stattsinden dürfte. Die politische Aussprache im Reichstag, die nach der Absendung und Veröffentlichung der deutschen Antwort erfolgen soll, wird voraussichtlich mit der dritten Lesung des Etats verbunden werden. Die Großhandelsindexziffer gestiegen. Berlin, 9. Juli. Die aus den Stichtag des 8. Juli berech nete Großhandelsindexziffer des Statistischen Reichsamts ist gegenüber dem Stande des 1. Juli (134,9) um 0,7^ auf 135 gestiegen. Höher lagen die Preise für Roggen, Weizen, Hafer, Schmalz, Zucker, Margarine, Rind- und Schweine fleisch, Rindhäute, Kalbsfelle, Hanf, einige Nichteisenmetalle und Gasöl. Gesunken sind die Preise für Gerste, Butter, Baumwolle und Baumwollwaren. Der Strafantrag im Prozeß Rehnig. Berlin, 9. Juli. Im Prozeß Rehnig erachtete der Staats anwalt den Beweis als erbracht, daß der Reichsbannermann Schulz in einem Akt der Notwehr erschossen sei, und bean tragte gegen den Angeklagten unter Zubilligung mildernder Umstände 1 Jahr Gefängnis bei voller Anrechnung der Unter suchungshaft. Ermäßigung der Umsatzsteuer. verlix, 9. Juli. Im Steuerausschuß des Reichstages wurde ein Kompromißantrag der Regierungsparteien ange nommen, der folgendermaßen lautet: «Die Steuer beträgt, so weit nicht in den folgenden Vorschriften (M 15 und 21) höhere Sätze vorgesehen sind, bei jedem steuerpflichtigen Umsatz 1,25 A des Entgeltes." — Der Ausschuß beriet dann die Luxussteuer. Es Wird gespart. Berlin, 9. Juli. Die Spareinlagen in den preußischen Sparkassen haben sich im Mai 1925 um Weitere 60,89 Millionen Reichsmark, d. h. um 8,9 gehoben und sich damit seit Jahres beginn um 337,4 Millionen Reichsmark ober um 83,2 9L erhöht. Im bankmäßigen Verkehr der Sparkassen beliefen sich im Mai die Einzahlungen auf 1252,82 Millionen Reichsmark, die Aus zahlungen auf 1280,29 Millionen Reichsmark und die Gut haben aus 545,67 Millionen Reichsmark. Verhaftung von Falschmünzern. München, 9. Juli. Gestern wurden hier die beiden Inhaber der Chiemgauer Graphischen Kunstanstalt Traunstein wegen Herstellung und Verbreitung falscher Zehn-Rentenmarl- Scheine verhaftet. Der Weichseldamm bei Thorn gebrochen. Danzig, 9. Juli. Nach einer aus Dirschau eingetroffenen Meldung ist heute früh um 5 Uhr bei Scharnau gegenüber Schulitz in der Nähe von Bromberg der Weichseldamm ge brockten. Eine Strecke von 25 Kilometern bis Alt- Thor n i st ü b e r s ch w e m in t. An der Unglücksstelle arbeiten Thorncr Pioniere. Es ist zu befürchten, daß bei Münstcrwaldc in der Nähe von Marienwerder der"Alte Dämm, der ebenfalls unterspült ist, durchbrechen wird. Tagung der katholischen kaufmännischen Vereine. Stuttgart, 9. Juli. Der Verband der katholischen kauf männischen Vereine des Reiches trat heute hier zu seiner 45. Tagung zusammen. Die Grüße und Wünsche der Staats regierung übermittelte Justizminister Beyerle. Die Tagung wird sich vorwiegend mit Fragen der Sozialpolitik befassen. An den Papst wurde ein Huldigungstelegramm gerichtet. Außerdem wurde der deutschen Brüder in den be setzten Gebieten durch eine Kundgebung gedacht. Verzweifelte Lage in Schanghai. Schanghai, 9. Juli. Der Streik in Schanghai geht Weiter. Die Terrorakte gegenüber Arbeitswilligen nehmen zu. Überfälle und selbst Zerstörungen von Wohnungen mehren sich. Den Streikenden werden täglich tausend Dollar ausgezahlt, doch genügt dies keineswegs, um auch nur dem ärgsten Mangel zu steuern. Daher wächst die Unzufriedenheit. Das Heer der Arbeitslosen hat sich um 35000 Mann vermehrt infolge der Schließung der chinesischen Webereien, die keine Elektrizitäts- zufuhr mehr haben nnd daher nicht mehr arbeiten können. Ähre Lage ist um so schlimmer, als sie keine Streikunterstützung erhalten. Zum erstenmal in diesem Monat ist ein englischer Dampfer nach Hanknu gefahren. Die Bemannung besteht aus zaristischen Nüssen. ( Nur unserer keimst ) Wilsdruff, am 10. IM 1925. Merkblatt für den 11. Juli. Sonnenaufgang S" I! Mondausgang 11" N. Sonnenuntergang 8" ss Monduntergang 10« V 1700 Stiftung der Akademie der Wissenschaften in Berlin — 1920 Exkaiserin Eugenie von Frankreich gest. * Radsahrverkehr. Das Gemeinsame Ministerialblatt ver öffentlicht folgende Verordnung: Nach 8 8 der Verordnung über den Radfahrverkehr auf öffentlichen Wegen vom 16. Oktober 1907 hat her Radfahrer bei der Fahrt die rechte Seite der Fahr bahn einzühalten. Auch die Benutzung der nicht erhöhten Ban kette darf nur entsprechend dieser grundsätzlichen Vorschrift er folgen. , Wenn mithin 8 12 der Verordnung bestimmt, daß außerhalb geschlossener Ortschaften das Fahren mit Alveirädern auch auf den neben den Fahrwegen führenden, nicht erhöhten Banketten stattfinden darf, so dü^en die Radfahrer die Ban kette nur insoweit befahren, als sie in der Fahrtrichtung an der rechten Straßenseite gelegen sind. Die Veranstaltung eines Kinderfestes seitens der Privil. Schützengösellschäft W in der Bürgerschaft überall freudigen Anklang gesunden. Mehr als 300 Kinder sind zur Teilnahme bis Mittwoch gemeldet worden. In der gestrigen Sitzung des vorbereitenden Ausschußes kam zum Ausdruck, daß trotzdem noch Kinder durch den frühen Meldeschluß vom Kinderfest ausge schlossen worden wären. Einstimmig wurde deshalb beschlossen, auch denen noch die Teilnahme zu ermöglichen, die sich bis morgen Sonnabend gegen Erstattung des Beitrages von 50 Pf«, bei den bekannten Herren anmelden. Das Stadtbad konnte sich bereits in der ersten Woche »ach seiner Wiedereröffnung sehr starken Besuches erfreuen. Von morgen Sonnabend ab ist nun auch das Dampfbad wieder ge öffnet, und zwar nachmittags von 4 dis 8 Uhr für Herren und Donnerstags von 12 bis 4 Uhr für Damen und von 4 bis 8 Uhr für Herren. Daß auch alle elektrischen und medizinischen Bäder in fachgemäßer Weise vom Bademeister Hausmann und feiner Gattin abgegeben werden, sei gleichzeitig in Erinnerung gebracht. Hauptversammlung der Lehrerschaft des Bezirks Meißen. Die Lehrerschaft des Schulaufsichtsbezirks Meißen hatte sich am Dienstag im Saale der Fürsten- und Landesschule St. Afra ihrer diesjährigen Hauptversammlung eingefunden. Die Tagung war von dem Gedanken beherrscht, wie die Volksschule am Wie- dererftarken des Deutschtums mitwirken kann. Schulrat Dr. Barthel ging in seiner Ansprache auf die allgemeine Seite des Problems ein. Er betrachtete die Schularbeit unter dem Bild« des Wanderns und flocht dabei mehrfach psychologische und päda gogische Winke ein. Nicht ein flüchtiges Vorübereilen und atem loses Zielhasten, sondern sinnige Betrachtung und Stetigkeit im Vorwärtsschreiten kennzeichnen das rechte Wandern, wie auch nachdeuksame Rückschau von erklommener Höhe. Auch im deut schen Vaterlande soll es wieder aufwärts gehen, nachdem die Not auf ein erträgliches Maß zurückgegangen ist. Freilich kan» der Aufbau nicht von materiellen, sondern nur von geistigen und sittlichen Kräften ausgehen. Die Volksschule kann an ihrem Teile mit dazu beitragen, indem sie an pädagogisch mrd psycho logisch ausgewählten Stoffen die inneren Kräfte des Kinde» stärkt. Damit wäre eine glückliche Synthese geschaffen Wische» den beiden in der heutigen Pädagogik miteinander kämpfende» Prinzipien des Stoffes und der Kraftentfaltung und gleichzeitis' der Weg geebnet zu einem allmählichen Emporsteigen zu lich teren Höhen auf dem Gebiete der deutschen Volksschulerziehuns. — Die beiden Chöre „Mein Lieben" und „Muttersprache", vvr- getragen vom Meißner Löhrergesangverein, leiteten! über zu« Vortrage des Studienrats Dr. Neumuth (Leipzig). Er sprach über „Deutsches Kulturgut als Grundlage der Bildungsarbeit", kurz über Deutschkunde. Nicht ein neues Fach soll dem Unter richtsbetriebe Ungegliedert werden, sondern ein Prinzip mehr Beachtung erfahren. Im Gegensatz zur bisherigen Wissenschaft, die mehr auf Atomisierung und Sozialisierung ausging, ist jetzt allenthalben eine mehr konzentrische Gedankenbewegung zu be obachten, eine zusammenschauende, vereinheitlichende Betrachtung der Wirklichkeiten des Lebens. Dementsprechend will die Deutsch kunde unser Volk dem Kinde als eine Lebens-, Werk- und Kul- turgemeinschaft vor Augen führen. Die Anfänge dieser Betrach tungsweise liegen weit zurück. Namen wie Leibniz, Herder, Hum boldt, Ritter, Ratzel, Rousseau, Pestalozzi, Harnisch, Gebrüder Grimm, Arndt, Rud. Hildebrand sind damit verknüpft. An der Hand der sechs Sprangerschen Leibensformen Wirtschaft, Wissen schaft, Kunst, Religion, soziales Leben und Politik zeigte der Vortragende, wie das Prinzip der Deutschkunde im Unterricht praktisch auszuwerten ist, immer betonend, daß es sich nicht um ein Wissen über die Dinge handle, sondern um ein Erleben der deutschen Kultur und ein Hineinleben in dieselbe. Das Kind soll fühlen, wie es in seinem ganzen Dasein von Tausenden von Kräften abhängig ist, wie Vergangenheit und Gegenwart fein Schicksal beeinflussen. Dann wird es sich auch später um so freu diger in bas großeGemeinschaftsleden einordnen. Aus dem gleich gültigen „Was geht's mich an?" wird bas verstehende „Tua res igitur " werben. — Nach einigen geschäftlichen Mitteilung«« des Schulrats Dr. Barthel fand die eindrucksvolle Tagung, an der auch zahlreiche Ehrengäste teilnahmen, ihr Ende. Die Lage des Arbeitsmarktes im Bezirk des Oefsentliche« Arbeitsnachweises Meißen und Umgebung im Juni 1925. Nach dem bereits die Vormonate eine rege Nachfrage nach Arbeits kräften und einen Rückgang der Arbeitslosenziffer gebracht hat ten, gestaltete sich die Lage im Juni so, daß die niedrigste Er- werbslosenzahl feit Ende des Krieges erreicht wurde. Trotzdem ist die Lage nicht in allen Berufen gleich. In der Porzellan- induftrie läßt sie zu wünschen übrig und in der Schuhindustrie ist sie schlecht. Dagegen konnten Arbeitskräfte für die Glas industrie, Metallindustrie Md das Baugewerbe nicht in der ge wünschten Zahl oder nicht immer sofort gestellt werden. Nicht zu decken war der Bedarf an Arbeitskräften für die Landwirt schaft. Von 446 Stellen für männliche konnten 124 Stellen be setzt werden. Davon wurden 84 von auswärts herangehött. Von über 400 Stellen für weibliche konnten nur 9 besetzt werde». „Lore." Noman von Emma Haushofer-Merk. 1.2 (Nachdruck verboten.) Edmund Hohenburg, d'er mit dem Kunstmaler Mar- tinger so lange in einem Hause gewohnt, hatte nach dem Tode seiner jungen Frau seinen Platz im Kontor des Vaters wieder eingenommen; er bewohnte wieder seine alten Zimmer in dem vornehmen, mit schwerfälliger Pracht ausgestatteten Elternhause. Man schwieg seine Vergangenheit tot und gab sich Mühe, die neun Jahre, die er in der Fremde in einer mißliebigen Ehe ver lebt, mit einem Schleier der Vergessenheit zu verhüllen, wie eine Schuld, die man ihm verzeihen wollte, wenn er nie wieder daran erinnerte. Um ihm das Vergessen zu erleichtern, hatte man die kleine Lore sofort in eine der ersten Mädchen-Erziehungsanstalten.in der Schweiz ge schickt. Die arme, kleine Lore, die bisher von einer zärt lichen Mutter verhätschelt worden war, fühlte sich anfäng lich tvtunglücklich unter den vielen Zöglingen, deren Sprache fie nicht verstand — denn es mußte immerfort auch in den Erholungsstunden französisch geplaudert wer den —, wie verloren in all' dem Neuen und Fremden um sie her. Jeden Slbend weinte sie sich in Schlaf. Sie hatte so herzerbrechcndes Heimweh nach dem Gärtchen, in dem sie mit Albert und Leo herumgesprungen war^ in dem ihre gute Mama mit Frau Martinger in der Laube ge,essen und ihr zugelächelt hatte. Diese Erinnerung blieb ihrem Kindesaemüt so unauslöschlich eingegraben, daß sie ihr ganzes Leben lang, wenn sie von glücklichen Menschen laß oder hörte, unwillkürlich an jenes Vorstadt häuschen, mit dem kleinen Garten, mit dem Spring brunnen denken mußte. Einmal, im ersten Jahr, als sie in einem langen Zug paarweise gereihter, gleichangezogenec JnstitutS-Zöglinge spazieren ging, sah sie eine Gestalt, die ihr jene verlorene Ainderzeit so lebhaft inS Gedächtnis zurückrief, daß sie zuM Entsetzen der Lehrerin aufiubclte: „Herr Martinger! Herr Martinger l" Der Vorübergehende blieb stehen und nickte dec Klei nen zu. „Lorle! Das Lorle!" sagte er, selbst von diesem Wieder sehen ergriffen und fchaute lange dem Zuge nach, aus dem das lebhafte Kind noch immer zurückwinkte. Wie das feine Gesichtchen mit den feinen Augen ihn an jene selige Schaffenszeit erinnerte, in der sein erstes namhaftes Bild entstanden war: Ein Merkstein in seinem Leben! Seitdem war der Erfolg ihm treu geblieben, das Gold rollte nur durch seine Hände, wie er es ersehnt, und was er schaffte, wurde mit Summen bezahlt, an die er früher in seinen kühnsten Träumen nicht zu denken ge wagt hätte. Aber er war seitdem auch ein Heimatloser! Wie er so inr Sonnenschein auf der einsamen Straße stand und un willkürlich von warmer Erinnerung überflutet, der klei nen Gestalt nachschaute, fühlte er so recht, daß in diesen wenigen Jahren mancher Sturm über ihn hingegangen war und ihn gealtert hatte. Die tiefeinschueidendste, die wildeste Enttäuschung hatte er freilich recht bald erleben müssen. Am köstlichsten Morgen war er zwischen blühenden Rosenlauben einem Brautpaar begegnet, das Arm in Arm, von der blauen Luft umflossen, auf ihn zuschritt. Margot, die weiße Lichtgestalt, uud an ihrer Seite schmunzelnd und vergnügt der Freiherr von Stafsenhagen mit seinem gutmütigen, runden Gesicht und seinem dünn gewordenen Scheitel. Und er, er hatte sich eben in einer schlaflosen, heißen Nacht zn dem Entschlusse endlich durclMkämpft, daß er Weib und Wider im Stiche lassen uud feine Pflicht und fein Gewissen niedertreteu wolle, weil ihre Augen ihm Lieb« gelogen! Hatte er nicht bitterlich «nfvelacht, »lS er den Hetze* Mück wünschte? Das Vogelgezwitscher hatte ihm wie Hohn geklungen. Er hatte in hem Branden der Wellen nur immer das eine Wort zu hören gemeint, das er sich selber zurufen mußte: „Du Narr! Du Narr!" Er war zurückgefahren über den Brenner, bereit zur Reue, zur demütigen Heimkehr. Seine Wohnung stand leer, war verödet! Frau «n8 Kinder waren fort. Sein Männerstolz war empört da rüber, daß Laura ihre Drohung wahr gemacht. O, er bettelt nicht um Gnade! Wenn sie so leichten Kaufes von ihm ging, dann hatte auch fie keine wahrhaftig große, echte Liebe für ihn gehabt! Mit diesen! Trugschluß tötete er sein Gewissen. Im ersten Moment war er frseilich entschlossen, sofort eine Klage wegen böswilliger Verlassung einzureichen. Er wollte seine Knaben um sich haben. Sie sollte ihn» seine Kinder nicht entreißen. Dann aber besann er sich, daß ihm endlose Verhand lungen und Vorladungen bevorstanden, daß gerichtliche Scherereien ihn am Schaffen hindern, ihn in der Stadt festhalten würden. - . / Er wollte fort. Auch unter den Freunden fühlte er sich nicht mehr wohl. Sie waren ohne Erfolg geblieben und der Neid machte sich unter ihnen geltend. Nun nann ten sie ihn einen Streber und ärgerten sich über dieAnev- kennung, die er im Publikum fand. . Was sollten ihm die Kinder bei seinem Wanderleben? In bitterster Stimmung reiste er damals von München fort. Nun wollte er nach Paris, um siH da Wiede» in die Arbeit zu stürzen. Der freudige Gruß der kleinen Lore, ihr süßes Kindev- qesicht, das in ihm so viele Erinnerungen weckte, hatte ihm so recht klar gemacht, wie heimatlos « nun in HM- ....