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Wilsdruffer Tageblatt : 25.06.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192506254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19250625
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19250625
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-06
- Tag 1925-06-25
-
Monat
1925-06
-
Jahr
1925
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 25.06.1925
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der Sachverständige, Professor Dr. Lewin, in der heutigen Sitzung des Höfle-Untersuchungsausschusses mit Dr. Kipper veranstaltete, der das chemische Gutachten über Dr. Höfles Tod abgegeben hat, erklärte Dr. Kipper: „Ich halte den Satz meines Gutachtens, daß Dr. Höfle kurz vor seinem Tode er hebliche Mengen Luminal genommen haben muß, nunmehr nicht mehr aufrecht." Die Verlobung des Prinzen Philipp von Hegen. Mailand, 22. Juni. Bei der Verlobung des Prinzen Philipp von Hessen mit der Prinzessin Hafalda hat die Neli- gonsfrage gewisse Schwierigkeiten gemacht, da der Prinz Pro testant ist und seinen Glauben nicht aufgeben will. Es heißt, Vast bereits mit dem Vatikan Vereinbarungen getroffen worden sind, um der Prinzessin die Erlaubnis zu geben, mit einem Andersgläubigen die Ehe einzugehen, wobei kommende Kinder der katholischen Religion angehören müssen. Philipp von Hessen war seit Jahren am italienischen Hose ein gern ge sehener Gast. Marschall Joffre erkrankt. Paris, 22. Juni. Marschall Joffre ist aus der Reise vq^ Tournai nach Lille an einer heftigen Halsentzündung erkrankt. Neichsverdand deutscher Kriegs beschädigter und Kriegshinterbliebener. Vom Reichoverband deutscher Kriegsbeschädigter und Kriegerhinterbliebener (Ortsgruppe Wilsdruff), welcher am 13. und 14. Juni feinen diesjährigen ordentlichen Gautag (Gau Freistaat Sachsen) in Dresden, Logenhaus, Ostraallee, abge halten hat, gehen uns folgende Zeilen zu: Als zu Beginn des Krieges die ersten Züge mit den roten Kreuzen auf den Wagen in die heimatlichen Bahnhofshallen roll ten, da ging eine Erschütterung durch Deutschlands Daheimge bliebene. Jung und alt strömte herbei, um mit helsenden Händen jenen das Los zu erleichtern, die draußen für des Vaterlandes Wohl und Wehe ihr Kostbarstes eingesetzt haben; Glieder und Gesundheit. Bester sollten und würden sie es haben, als die Invaliden von 1870, das war das allgemeine Gefühl. Wohl tätigkeitsvereine und Organisationen schossen üppig aus dem Boden, und gern denken die Kriegsbeschädigten jener Feit an die Liebe und Pflege zurück, die ihnen überall zuteil wurde. Es war aber schon während des Krieges klar, daß die Kriegsbefchädigtensürsorge auf die Dauer nicht der freiwilligen Wohltätigkeit allein überlasten werden konnte. Einmal war ein einheitliches Arbeiten vonnöten und weiterhin war vorauszu sehen, daß mit der Dauer des Krieges die Flut der Begeisterung und Fürsorge für seine Opfer verebben und manchen Kriegsbe schädigten auss trockene fetzen würde. Es war ganz erklärlich, daß sich die Kriegsbeschädigten in treuer Kameradschaft zusam menschlossen, um einmal sich gegenseitig im wirtschaftlichen Leben zu helfen und zu stützen, die amtliche Versorgung und Fürsorge zu beeinflussen und zum anderen alle Volksgenosten wieder zu dem freudigen Entgegenkommen zu bringen, das der Kriegsbeschädigte, die Kriegerswitwe und -waife, die Kriegersmutter, der Kriegers vater braucht und auch verlangen kann. Diesem Ziele dient im besonderen Maße der Reichsverband Deutscher Kriegsbeschädig ter und Kriegerhinterbliebener, der in Sachsen-Freistaat 25 000 Mitglieder Mit rund 40 000 versorgungsberechtigten Angehörigen zählt. Der Reichsverband, der für eine jede Kriegsbeschädigten fürsorge als Vorbedingung ansicht, daß sie vom ganzen Volke, nicht von einzelnen Parteien und Richtungen getragen wird, identifiziert sich daher auch mit feiner bestimmten politischen Par tei. Der Reichsverband wird von keiner Partei beeinflußt und beobachtet strenge parteipolitische Neutralität dahin, daß er Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene aller Parteirichtungen aus nimmt und so den Gedanken der Volksgemeinschaft im tiefsten Sinne des Wortes dient. Der Reichsverband hosst durch lleber- zeugung der breiten Oeffentlichkeit das Kriegsbeschädigtenpro- blem wieder in den Vordergrund des Interestes zu stellen und wünscht, daß alle Deutschen nie vergessen, was sie jenen zu ver- Kein Mensch begegnete ihr. Es läutete sieben, als sie wieder vor der Bürgermeisterei stand; das war die Zeit, in der Vefa die Ziegen im Stall molk. Von dorther glomm euch Laternenscheiy. Der Stall lag abseits neben dem 'Haus; ein einsamer Hofwinkel, auf den der Magd Kam- merfenster schaute, trennte beide. Die Stalltür war ange lehnt. Ein matter Lichtstreif fiel durch die Spalte und huschte über Neldas Füße. Man hörte drinnen das Stroh rascheln, eins -der Hühner im Schlafe gackern. Warum war Vefa so still? Sonst sang sie hier gern mit schallender Stimme. „Vefa!" ' Keine Antwort. Nelda blieb verwundert stehen — die Vefa konnte nicht hier sein, die mußte Loch sonst das Rufen hören! Aber der Laternenschein?! Noch einmal: „Vefa !" Wieder keine Antwort. Sie trat näher zur Stalltür, der gefrorene Schnee knackte unter ihren Füßen. Da — Ler Lichtschimmer drin nen erlosch plötzlich. Alles war finster. Horch! Klang jetzt nicht ein unterdrücktes Kichern? Und jetzt — träumte sie, hörte sie recht? — war das nicht das Flüstern einer Männerstimme?! Nelda wagte sich keinen Schritt weiter, sie hielt den Atem an und Mite, wie ihre Hände und Füße eiskalt wurden; nur ihr Kopf brannte. Was war das? Eine glühende Nöte schoß ihr jäh ins Gesicht, ihre Hände krampften sich zusammen; sie machte einer,! Satz wie ein getroffenes Wild, stürzte dem Haus zu und äuf ihre Stube. Dort ritz sie sich das Kleid vom Leibe, als hätte ihr Rock etwas Unreines gestreift; sie warf sich übers Bett und schluchzte: „Warum hast du mich verlassen, Ferdinand? Warum konntest du mich nicht lieben?! Ich Werde schlecht. Vater, Mutter — Papa, Papa hilf mir!" Sechzehntes Kapitel. Bürgermeister Dallmer satz nun schon seine fünfund zwanzig Jahre in der Eifel; einen so schlechten Winter wie den diesjährigen hatte er noch nie verbracht. Nicht, daß der rauher gewesen wäre als die früheren, immer lag der Schnee fußhoch bis tief in den März und in den Mulden hockten die Nebel, aber die Stimmung war trüber, der Ärger im Amt zu grotz. ' „Da möcht ein andrer Bürgermeister sein. Hol dec Teufel die verdammten BauerndickschädelI" Mit starken Schritten ging Dallmer in der Wohnstube auf und nieder. „Ich halt's nicht mehr aus!" „Aber, Onkel, wenn du's nicht aushalten kannst," sagte Nelda mechanisch aus ihrem Traum heraus — sie satz am Fenster, die Stirn gegen die Scheiben gedrückt — „so leg doch die ganze Schererei nieder!" „Was?!" Er stand, als hörte er nicht recht. „Was red'st du, Kind?" Er trat auf sie zu, drehte ihren Kops zu sich herum, bog ihn mit der mächtigen Hand hintenüber und sah ihr durchdringend in die Augen. „Bist du so bis banken haben, die Glieder und Gesundheit draußen -ließen für des Vaterlandes Bestand. Turnen, Sport und Spiel. Internationale Wettkämpfe im Berliner Stadion. Vor etwa 40 000 Zuschauern fanden im Berliner Stadion die vom Berliner Sportklub veranstalteten Europa wettkämpfe statt. Im 100-Meter-Lauf siegte der Kre felder Houben in 10,6 Sekunden. Die vielgenannten amerikanischen Läufer Murchison und Paddock ver sagten vollständig. Im 200-Meter-Laiff siegte der Hollän der v. d. Berge (22,5), im 400-Meter-Lauf der Berliner Schmidt (50 Sek.) vor dem bekannten Holländer Paulen, im 800-Meter-Lauf der Schweizer Martin (1: 56,5), im 1500-Meter-Lauf der Schweizer Schaerer (4 : 5,2), im 5000-Meter-Lauf der Finnländer Andersen (15:8,8), im 110-Meter-Hürdenlauf der Schwede Pettersson (15,1), im Weitsprung der Italiener Tommasi (7,03 Meter), im Speerwerfen der Estländer Blumberg (58,47 Meter), im Stabhochsprung der Däne Petersen (3,70 Meter). 8p. Im Länderfußballmatch Deutschland—Schweden, d^s in Stockholm stattfand, trugen die Schweden mit 1:0 den Sieg davon. Dem Kampfe wohnten etwa 10 000 Zu schauer, darunter die gesamte schwedische Königs familie, bei. ( * UrrnMÄtes » Der angebliche zweite Erdenmond. Auch die Ge schichte der Astronomie hat ihre Sensationen und ihre er fundenen Alarmgerüchte. Fast jedes Jahr wird irgendwo — meist in Amerika — ein Komet entdeckt, der aus den Tiefen des Raumes mit fürchterlicher Geschwindigkeit unserer Erde entgegenrast und Verwirrung anzurichten droht. Diesmal ist aber nicht ein Haarstern, sondern gar ein zweiter Mond unserer Erde aufgetaucht. Amerikanische Blätter wissen ausführlich über die Tragweite dieses au geblichen himmlischen Fundes zu berichten. Warum sollten wir übrigens keinen zweiten Mckud bekommen? Unser Planetennachbar Mars hat doch auch zwei Monde, und der Jupiter gar neun von dieser Sorte. Aber es ist leider nichts mit unserem zweiten Mond, der besonders den Dichtern, die ihn ansingen, und den Hunden, die ihn an bellen könnten, sehr willkommen gewesen wäre. Der an geblich entdeckte zweite Erdsnmond entpuppt sich nämlich als ein kleiner Planet, der nicht der Erde, sondern der Allbeherrscherin Sonne untertan ist. Der neue Wandel stern wurde zum erstenmal auf der Hamburger Sternwarte durch den Astronomen Dr. Baade ausgesorscht. Die Ent deckung eines Kleinwandelsterns ist aber an sich kein be deutsames astronomisches Ereignis, da es zwischen Mars bahn und Jupiterbahn über lausend solcher kleinen Planeten gibt. — Hochzeit in den LMen. Auf eine etwas sonderbare Weise ist dieser Tage in Detroit im Staate Michigan eine Trauung vollzogen worden. Das Brautpaar bestand aus einem Flugschüler namens Potter und einem Fräulein Gladys May Baxter, einer glühenden Verehrerin der Aviatik, und infolgedessen war es selbstverständlich, daß die Eheschließung in den Lüften stattfand. Aber Hochzeiten in den Lüften sind in Amerika nichts Neues mehr, während die Trauung des Flugschülers etwas Außergewöhnliches bringen sollte. Deshalb heckte mau folgenden Plan aus: Das Brautpaar stieg in ein Flugzeug, der Geistliche nahm in einem zweiten Flugzeug Platz. Dann stiegen beide Apparate auf, wobei die erste Maschine der^ Bräutigam (über dke Ohren in dich selbst vertieft, daß du gar kein Ang - mehr hast für das, was um dich ist? Guck dir mal an, ftvie's hier oben aussieht! Die Welt sagt „armselig"; 's ist nicht unwahr auf den ersten Blick. Hier kann nur einer sitzen, der mit dem Herzen dabei ist. Meinst du, ich soll sie im Stich lassen, weil sie, wie ungezogene Kinder, nicht wissen, was sie wollen? Pfui, Nelda, darum die Flinte ins Korn schmeißen?" „Aber du klagst doch, Onkel, warum tust du's denn?" „Ja" — er nickte und lächelte dabei — „das ist so die menschliche Natur! Man seufzt und beklagt sich, weil man immer bewundert sein will wegen der eignen Vortrefflich keit. Daß ich's hier aushalte?! Zum Kuckuck noch emal, und ich möcht doch nirgend wo anders sein als hier oben."- Er schlug sich auf die breite Brust und riß den Rock von einander, als lüfte er sie dem' Eifelwind entgegen. „Heiho, meine Eifel!"- Er lachte. „Was meinst du, Nelda, wie würd ich mich ausnehmen im Frack oder in der Uniform zwischen den verdammten Zierbengels? Ich kann das nicht mehr. Ich will nicht sagen, daß die Menschen hier Engel sind — o je! Die Gemüter sind roh, die Leidenschaften ungezügelt. Es geht ihnen wie dem Strunk auf dem Feld, sie wachsen auf, wie sie wollen. Aber sie haben noch was Unverfälsch tes; mit dem Material ist's besser umgehn als mit dem künstlich präparierten. „Hat ja auch eine Zeit gegeben, da hab ich gemeint, ich kann's hier nicht aushalten; war noch zu sehr an den Dunstkreis vom Salon gewöhnt, an Lie Sporen und Lack- ftiefel. Aber ich sage dir* — schwer fiel seine Hand auf der Richte Schulter — „lieg du nur einmal fo recht fest an der Brust der Natur, dann kriegst du andre Augen. Sie werden Heller. Du sitzest auf einem hohen Berg — unter dir kribbelt und Wibbelt es, lauter Ameisen — -du bist wie ein König! Wenn dein Rock auch vom alten Steffens nach der Mode von Anno dazumal schneideriert ist und deine Stieselsohlen Nägel haben, du bist doch reich. Du hörst das Herz der Natur pochen, und deins pocht dagegen. Man wird besser. Man ist nicht mehr so kleinlich. „Herr Gott, wenn ich so alle Tage der Berge anseh und im Wald die Bäume und die Wasser rauschen hör, da sag ich mir: o du mein Schöpfer, wenn du mir Wurm so was Herrliches aufgebaut hast, wie -darf ich da dem Mit wurm, der neben mir kriecht und nicht geringer ist als ich, was entziehen?! Ich muß ihm so viel gewähren, als ich irgend kann. Schockschwerenot nochmal, was bin ich fü-c ein erbärmlicher Kerl! Beklag mich gar zuweilen, räsonier': „Bauerndickschädel, nicht mehr aushalten und so weiter!" Hab ich mich wirklich beklagt, Nelda, sag mal?" Er sah sie sragend mit einer Miene aufrichtiger Bekümmernis an. Sie mußte lachen wider Willen. „Beklagt hast du dich nicht so sehr, Onkel, aber verstimmt bist du oft!" „Ja, das ist's!" Der Bürgermeister ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen und stützte den Kovi in die Land. selber sreuerre. In emer Höhe von 1000 Meter wurden in beiden Flugzeugen die Motoren stillgelegt, und der Geistliche vollzog mit Hilfe eines Lautsprechers die Trauungszeremonie. Dann wurden die Motoren wieder in Tätigkeit gesetzt und der Geistliche sofort zum Erdboden zurüütransportiert; das junge Paar aber unternahm eine viertelstündige Hochzeitsreise. Bismarck — kn Friedrichsruh unbekannt! Wenn man von der vielgerühmten „Findigkeit der Post" spricht, schmunzeln alle Briefträger: „Ja, wir!!" Manchmal fchläfi aber selbst die Post, und dann ist es mit ihrer Findigkeit Essig. Es ist kürzlich passiert, daß ein Mann aus Plauen im Vogtlands, was bekanntlich in Deutschland liegt, an den Reichstagsabgeordneten Fürsten Otto von Bismarck in Friedrichsruh, den Enkelsohn des nicht ganz unbe kannten verstorbenen Reichskanzlers gleichen Namens, eine Postsendung abgehen ließ, und daß diese Sendung bald darauf als. unbestellbar zurückkam mit dem Vermerk, daß der Adressat in Friedrichsruh unbekannt sei. Auf eine An frage an die Oberpostdirektion kam der Bescheid, daß zu dem Ortsnamen Friedrichsruh unbedingt hinzugefügt werden müsse „Bezirk Hamburg", sonst wisse es die Post nicht. Der weiland Reichskanzler Otto von Bismarck kann froh sein, daß er tot ist: er hatte sicher eine ziemlich um fangreiche „Post" und hätte wahrscheinlich die meisten von cen Briefen, die er erwartete, von wegen „Bezirk Ham burg" nicht bekommen. Die Katzen und das Alkoholverbot. Sechs Katzen mußten es mit entgelten, daß Herr Mouquin, der Besitzer eines der bekanntesten Newyorker Restaurants, das Alkoholverbot übertreten hatte. Als nämlich laut Gesetz Herrn Mouquins Alkoholkeller an Fenster und Türen polizeilich versiegelt worden war, machte man plötzlich die fürchterliche Entdeckung, daß man die sechs Hauskatzen des Alkoholverbrechers mit „eingefiegelt" hatte. Natürlich mischte sich, wie das in Amerika üblich ist, sofort der Tier- schutzverein in die Sachs und bezichtigte unter grauenvollen Drohungen und Flüchen die Polizei der Tierquälerei. In ihrer Angst vor den Katzenfreunden nahm die Polizei die Siegel offiziell wieder ab, aber keine einzige Katze war zu sehen. Sie waren alle entweder in Whisky ersoffen oder hatten in Mouquins Keller neben Alkohol auch noch Mäuse entdeckt. Was war zu tun? Ein Bundesgerichtsbeamter, ein zweiter Daniel, wußte Nat: er machte den Vorschlag, daß man an Mouquins Keller kleine Löcher offen lassen solle, durch die zwar kein Alkoholsäuser, wohl aber eine Katze aus- und eiugehen könne. Und also geschah es. Der Keller ist da, die Löcher sind da, und nur die .Katzen sind noch nicht da; aber wenn sie wollen, können sie zu jeder Zeit kommen und in Mouquins Alkoholkeller das Gesetz über treten. Damit hat sich auch der Trerschutzverein einver. standen erklärt. _ „Pst, pst! es ist ein Kranker auf See!" Vor einigen Tagen wurde plötzlich von allen Stationen an der atlanti schen Küste die Absendung von Radiogrammen eingestellt. Man fragte sich in Newyork besorgt, was wohl die Ursache dieser Maßregel sein möge, und erhielt erst nach einigen Stunden die Aufklärung: ein Schwerkranker auf einem Schiff weit draußen im Ozean brauchte raschestens ärztliche Hilfe, und deshalb mußte der Radioverkehr siillgelegt werden. Das Schiff, auf dem sich kein Arzt befand, hatte drahtlos die Stationen an der Küste und die anderen Schiffe auf dem Meere angerufen. Es meldete sich der Arzt Dr. Elder, der sich an Bord des transatlantischen Dampfers „Eedric" befand. Um ihm nun den EMpfürrg dennscher Meldungen über die Symptome des Krankheitsfalles und die Absendung von Weisungen an den Kapitän des um Hilfe suchenden Schiffes zu ermöglichen, mußten die Stationen an der Küste schweigen. In Newyork gab dieser Fall Anlaß zu der scherzhaften Redensart: „Pst, pst! es ist ein Kranker auf hoher See!" „Es bost einen doch, wenn man es so von Herzen gut mit ihnen meint und sie denken noch, man will ihnen was Böses. Das unglückselige Maar, es hat was zwischen mich und meine Eifler gebracht! Ich hab manch schlaflose Nacht drum. Kennst du die Geschichte, Kind?" Sie nickte. „Heinrich Hommes hat sie mir erzählt; der sagt: Liebesleute verstehen einander ja aych mal nicht!" „Liebesleute! Was — Liebesleute hat er gesagt? Ha ha! Ach ja, meine Eiseler und ich verstehn einander jetzt immer nicht; ich weiß nicht, liegt es an mir, liegt es an ihnen? Zum Donnerwetter, sie müssen doch wissen, daß ich's gut mit ihnen meine! Wenn sie mir nicht parieren, die Schafsköpfe, und Dummheiten machen, was kann ich dafür? Gestern in der Gemeindesitzung hab ich es aber energisch erklärt, ich kümmre mich um die Sache nicht mehr. Jetzt schreien die Meerfelder Hunger. Wie oft hab ich ge sagt: fangt Hausindustrie an, flechtet Körbe, bindet Besen, schnitzt Holzsachen! Ä was, sie denken nicht dran! Und alle Winter dieselbe Litanei, diesmal toller denn je. Und dis Manderscheider halten auch nicht zu mir!" Er seufzte und sah tief vor sich nieder. „Sie reden darüber, daß ich Lie Vefa im Haus hab. Als ob ich alter Mann an der nicht reines Wohlgefallen haben könnte! Und dann das Scheußlichste ist" — er stockte und rückte heftig mit seinem Stuhl — „sie — sie sagen, ich hätte bei der Sache mit dem Meerfelder Maar meinen Profit gehabt. Von dem be willigten Geld hätte ich — Herrgott, ist das eine Gemein heit, es ist, um rasend drüber zu werden!" Er fuhr sich durch die. Haare, die Stimme zitterte ihm; er sprang auf und rannte in der Stube hin und her. „Sie sind toll, meine Eifeler!" Nelda sah, daß er Tränen in den Augen hatte. Sie hatte ihn nie so gesehen. „Onkel", sagte sie leise. Er gab keine Antwort. „Onkel!" Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. „Meine Eifeler!" Sie blieben lange stumm. Im Ofen knisterte das Fener, die Holzscheite knackten; ein Regen von Funken sprühte durch die angelehnte Ofentür mitten hinein in die Sttrbe. Sie glimmten auf dem Boden; Nelda trat sie aus, schwarze eingefressene Punkte blieben in der weißgescheuer- ten Diele zurück. Sie sah darauf nieder — ach ja, solch eingefressene Punkte gibt's auch in jedem Herzen! „Onkel!" Sie kauerte rasch vor dem Sitzenden nieder und sah ihm von unten herauf mit großen Augen fragend ins Gesicht. „Glaubst du, -daß es etwas gibt, was einem die wunden Stellen im Herzen so zuheilt, als wären sie nie gewesen? Tut das die Religion? Ich möchte das wissen!" Er schüttelte langsam verneinend den Kopf. „Hör mal zu, Nelda! Ich bin früher, als du noch gar nicht geboren warst, Offizier gewesen, dazu ein sehr flotter — du weißt es ja — Ler Vater spricht nicht gern davon, habe zu tolle Fahrten gemacht. (Fortsetzung folgt.)
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