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trat, und bevor er noch seinen in den Jahren der Jnfiatwn aufgetürmten Konzern richtig festigen konnte. Manche Unternehmungen des Stinnes-Konzerns ver schlangen riesige Summen, so vor allem ein Unternehmen der Filmindustrie, in welches bedeutende Mittel hineingesteckt worden waren. Auch die Zeitungs- Unternehmungen, welche von Hugo Stinnes ge gründet oder angekauft worden waren, gestalteten sich außerordentlich verlustreich und überall wurden Millionen summen verloren. Dazu kam, daß sich in den Hauptwerken des Konzerns, bei den Eisen- und Kohlenwerken, die Lage ebenfalls schlechter gestaltete, was mit der allgemeinen Kon junktur zusammenhing, und so gab es seit kurzem in dem ungeheuren Unternehmen kaum noch ein einziges Werk, das mit wirklich befriedigendem Nutzen arbeitete. Am be denklichsten aber war, ebenfalls im Zusammenhang hier mit, der steigende Geldbedarf des Konzerns. Immer neue Darlehen wurden ausgenommen, die Direktoren des Kon zerns fuhren wiederholt nach Amerika, um dort neue Mittel aufzutreiben, aber die Geschäftsführung wurde immer un übersichtlicher, so daß der junge Hugo Stinnes sich schließ lich an einige Freunde seines Vaters aus der Großindustrie sowie an die Großbanken wendete, damit in einer gemein samen Beratung die Lage des Konzerns geprüft würde und damit vor allem die geldlichen Bedürfnisse sicheraestellt würden. Vor allem muß nun eine genaue Prüfung stattfinden, welche Unternehmungen als lebensfähig gelten können und bei welchen es nicht der Fall ist, und diese letzteren werden wahrscheinlich aufgegeben und aufgelöst. Vor allen, soll es sich dabei um die Film- und Zeitungs« Unternehmungen des Konzerns handeln, ebenso auch um verschiedene Automobil- und Petroleum - werke, die sich als nicht lebensfähig erwiesen haben. Hugo Stinnes jun. wird nach wie vor nominell an der Spitze des Konzerns stehen, an seiner Seite werden aber erfahrene Männer aus der Industrie, vor allem die Herren Dr. Vögler und Dr. Silverberg, die Oberleitung haben und eine scharfe Kontrolle über alle Geschäfte aus üben. Sie werden dabei Hand in Hand mit den Banken arbeiten, vor allem mit der Reichs bank, welche in erster Linie die Stützungsaktion zu leiten übernommen hat. Irgendeine Gefahr, daß etwa der Konzern nachträg- lich noch in Schwierigkeiten geraten könne, besteht heute jedenfalls nicht mehr; im Gegenteil kann man heute mit Recht sagen, daß das Werk der Sanierung geglückt ist. Aber auch der Fall Stinnes zeigt, daß an den Mil- lionen, welche in der Inflationszeit verdient worden sind, kein Segen haftet; daß fast alle „Konzerne", welche in jenen Tagen in erstaunlich schneller Zeit aufgebaut worden waren, ebenso schnell wieder verschwunden sind, und daß kLmtliche Größen der Jnflationsjahre sich weit über ihre Kräfte ausgedehnt hatten, so daß früher oder später der unfreiwillige Abbau erfolgen mußte. Das hat sich jetzt sogar beim Stinnes-Konzern heransgestellt, den man -iöher als den weitaus stärksten und sichersten unter diesen Konzernen angesehen hatte. E. N. Adlige Zusammenstöße in Teltow. Zwei Tote, mehrere Schwerverletzte. Berlin, 8. Juni. Als gestern in dem nahegelegenen Teltow die Ichützengilde anläßlich ihres Schützenfestes einen Um zug durch die Stadt veranstaltete, kam es zwischen Teil nehmern des Zuges und Mitgliedern des kom- munistischenFrontkämpferbundes,der eben falls ein Fest feierte, zu schweren Zusammenstößen, lei denen als Wurfgeschosse Flaschen und Steine eine Nolle spielten. Schutzpolizei und Landjäger griffen in die Schlägerei ein, bei der schließlich auch Schüsse fielen. Die Landjäger schossen schließlich scharf auf die andrängenden Kommunisten, von denen ein Toter und neun Schwerverletzte liegenblieben. Später eintreffende Schutzpolizei stellte die Ruhe wieder her. Von den Ver wundeten ist nachträglich noch einer gestorben. Die Veranstaltungen der Schützengilde und des Roten Frontkämpferbundes waren beide polizeilich genehmigt und schon vor Wochen angekündigt worden. Die gegnerischen Parteien schieben sich gegenseitig die Schuld an den Vor fällen zu. Eine Klärung der bedauerlichen Vorfälle dürste wohl erst durch die gerichtliche Untersuchung herbeigeführt werden. Ji US unserer Heimst ) Wilsdruff, am 9. Juni 1925. Merkblatt für den 10. Juui. Sonnenaufgang 3<° » Monbaujqang kielst Sonnenuntergang 8" ff Mondunlergang V 1807 Die Franzosen bei Heilsberg von den Preußen und Russen geschlagen. — 1S11 Dichter Adolf Wilbrandt gest. * Darf der Krafttvagenführer rechts überholen? Zu dieser Frage, der angesichts des zunehmenden Autoverkehrs und der damit verbundenen Häufung der Verkehrsunsälle besondere Be deutung nich tnur für die Autofahrer, sondern auch für die Ge - schirrführer, Radfahrer und Fußgänger zukommt, äußert sich Staatsanwalt Dr. May (Bautzen) in der „Zittauer Morgen- zeitung" wie folgt: Der 8 21 Absatz 3 der Verordnung über den Kraftwagenverkehr vom 15. März 1923 schreibt vor, daß das Vorbeifahren an eingeholten Kraftfahrzeugen, Fuhrwerken, Reitern, Radfahrern, Viehtransporten oder dergleichen auf der linken Straßenseite zu erfolgen hat. Es kommt aber im täg lichen Leben oft vor, daß solche Fahrzeuge trotz der stärksten Warnungszeichen die linke Straßenseite zur Ueberholung nicht freigeben. In solchen Fällen darf der Krafttvagenführer natür- - lich nur unter Umständen die rechte Straßenseite zur lleber- holung benützen und von den polizeilichen Vorschriften abwei chen. Etwas anderes würde eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten und schtießllch einer Lahmlegung des Kraftwagenver- kchrs gleichkommen. Der Führer ist dann cll>er zu ganz beson ders hoher Vorsicht verpflichtet. Er muß sich nämlich unter möglichster Verlangsamung seiner Fahrgeschwindigkeit sozusagen langsam an die zu lleberholenden „heranpürschen" und durch wiederholte starke Warnungssignale die zweifelsfreie Gewißheit verschaffen, daß sie auf der linken Seite verbleiben wollen und werden, so daß er ungehindert und ohne die Gefahr eines Zu- § sammenstoßes rechts vorbeifa-hren kann. Solange indessen die Möglichkeit besteht, daß die Betreffenden nur die Wamungs- signale nicht gehört "haben und nur deshalb oder aus irgend einem anderen Grunde auf der linken Seite geblieben sind, so daß sie möglicherweise noch im letzten Augenblick auf die rechte Straßenseite öberbiegen können, darf der Krafttvagenführer un ter keinen Umständen rechts vorbeifahren. Andernfalls ist er für einen etwaigen Zusammenstoß und den dadurch herbeigssührten Unglücksfall verantwortlich. Vereinskalender. Einem schon lange gehegten Wunsche nach Einführung eines Veveinskalenders haben wir nun ent sprochen. Die Bodingungen für Aufnahme m denselben können die Vereinsovrstände in unserer Geschäftsstelle -erfahren. Gute Ernteaussichten für Heidelbeeren. Aus allen Gegen den des Erzgebirges und dem Thüringer Walde kommen Nach richten, daß die Aussichten für -eine gute Heidelbeerernte unge mein günstig sind. Die ältesten Leute können sich nicht ent sinnen, einen so reichen Vlütensegen an den Heibetbeensträuchern gesehen zu haben. Ost sieht man weit mehr Blüten als Blätter und da d:<> Blütezeit ohne jeden Frost vorübergegangen ist, wird man aus eine gute Ernte der gesunden, blutbildenden Frucht rechnen können. Die Hundesperre fängt an, in ihrer WirksaMkoi nachzu lassen. Man kann jetzt verschiedentlich beobachten, wie da und dvtt Hunde, frei und ledig aller Fesseln, wieder herumlausen, und die betreffenden Hundebesitzer scheinen der Meinung zu sein, daß da nichts weiter dabei ist. So sehr den Hunden die Frei heit zu gönnen ist, im Hinblick auf die Tollwutgsfähr sollte aber "doch jeder Hundebesitzer den gesetzlichen Bestimmungen streng nachkommen und sich oben geschilderte llebergviffe und Nach lässigkeiten nicht zuschulden kommen lasten, zumal von polizei licher Seite ilebertretungen streng geahndet werden. Fischsterben in der Saubach. Gestern abend in der sieben ten Stunde führte die Hauptschleuße -in der Dresdner Straße der Saubach eine grün-gelbe Flüssigkeit ungefähr eine halbe Stunde lang zu, welche zur Folge hatte, daß die kleinen Fisch chen in dem Schlamm am Ufer ihre Zuflucht nahmen oder im Master mit dem Leben kämpften oder auf dem Rücken lagen unb verendet waren. Die Auszahlung der Unterstützung an Klein-Sozialrentner und Kriegerhinterbliebene -erfolgt Montag den 15. Juni nach mittags 4 Uhr in der Stadthauptkaste. Betriebsstillegungsanzeigen. Die Zahl der beim sächsischen Arbeitsministerium eingereichten Anzeigen von beabsichtigten Betriebsstillegungen, die in der ersten Hälfte "des Mai 26 be trug, ist in der zweiten Hälfte desselben Monats auf 25 gurück- gogangen. Je 8 -Anzeigen stammen aus der -Industrie, 4 aus der Metallverarbeitung. Mit je -einer Anzeige sind beteiligt di-e Industrie -der Leuchtstoffe, Seifen-, Fette, Oele und Firnisse, die Papierindustrie, die Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, die Auckerfabrikativn und die Zigarrenfabrikativn. Wiedersehensfeier der 104er. Die am Sonntag und Mon tag in Chemnitz stattgefundene W-iedersehensf-eier des ehemaligen sächsischen -Infanterieregiments 104, die mit einer Denkmalsweiht für die Gefallenen verbunden war, nahm unter überaus großer BetöMgung früherer -Angehöriger des Regiments einen würdi gen Verlauf. An der Denkmalsweihe am Sonntag nahm auch der frühere Kronprinz von Sachsen teil. Die Stadt prangte in reichem Flaggenschmuck. * Mohorn. (Kirchliches.) Da die Allgemeinheit der Ge meinde Mohorn-Grund den kirchlichen Differenzen fern und un aufgeklärt gegenüberstand, hatte Gutsbesitzer Robert Bennewitz für Sonnabendabend eine öffentliche Einwohnerversammlung nach dem Gasthof -einberufen. Herr B. erstattete abermals ausführ lichen Bericht über die erzielten Ergebnisse der zwei vorange gangenen Beratungen. Die Aussprache hierüber ergab: Unter Anwesenheit des Konsistoriums, Pfarrers und Kirchenvorstande» eine Einwohnerversammlung einzuberusen, sn welcher die zehn- gliedrige KommUion, die noch durch fünf -Herren erwsiter wurde — der Herren Büttner, Welt, Partzsch, Rüdiger, Küp per, Findeisen — Richter — ihre Rechte der Kirche gegenüber -durchsetzen will. — Pfarrer Grumbt «hat einen vierwöchige» Urlaub angetreten. Während dieser Zeit werden cand. H.Grumbt und Pfarrer Dr. Held (Dittmannsdorf) den Kirchendienst über nehmen. Steinbach b. M. (Diebstahl.) Zwei auf -einem hiesigen Gute bedienstete Knechte wurden von dem -ebenfalls dort be schäftigten Dienstknecht Hans Thom aus Dresden am Sonntai bestohlen um eine braune Hose, braunes Jackett, 18 Stück Mcnll- wuvfsfelle, eine Taschenuhr Nr. 550, ein Paar Herrenschnür schuhe, ein Einsatzhemd und eine Geige mit Bogen. Vor An kauf wird gewarnt. Dittmannsdorf. (Aufnahmeprüfung der Frei will i g e n F e u e r w e h r.) Am Sonntag sand -hierfelbst in Gegenwart des Kreisvertreters, Branddirektor Moritz (Meißen), und Vertretern des Meißner Feuerwehrbezirks die Prüfung der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr zwecks Aufnahme in den Pe- zirksverb-and und in den Landesverband Sächsischer Feuerwehren statt. Die Uebungen gingen trotz primitiver Gerätschaften in tadelloser Ordnung vor sich. Um 2 Uhr erfolgte dann im Gast hof die Aussprache. Mit kurzen Morten begrüßte Hauptmann Kugler all die Anwesenden, worauf auch Bürgermeister Böhm« allen ein „Herzlich willkommen" zurief und den herbeigeeilten auswärtigen Kameraden recht frohe Stunden in Dittmannsdorf wünschte. Nach diesem begann Branddirektor Moritz mit -der Bekanntgabe des Prüfungsergobnisses, nachdem auch er eine» Willkommengruß allen entboten hatte. Für alle Uebungen konnte die Zenljur „<Au!" und „Sehr gut" erteilt xveriden. Brand direktor Moritz erklärte unter anderem, "daß er die Aufnahme -der Freiwilligen Feuerwehr Dittmannsdorf in den Bezirks- und Landesverband empfehlen würde. Der Gemeinde wurde nahe gestellt, -eine mechanische Leiter anzuschaffen. * Vereivskalender. Freiwillige Feuerwehr: Dienstag 7,15 Uhr Uebung. Handwerker-Kreditstvck: Mittwoch, 10. Juni, Uhr ft» „Löwen". Sängerkranz: Mittwoch, 10. Juni. Alle Sänger dringend! Homöopathischer Verein: 14. Juni Stiftungsfest im „Löwen". „Terpsichore": 14. Juni Omnibuspartie. * Wetterbericht. Anfangs noch wolkig, wobei rasch vorübergehend -unbedsu- tender Strichr-een nicht ausgeschlossen ist, keine wesentliche Tem peraturänderung, schwache Luftbswegung. Als oberste Aufgabe der Menschheit wird auch dem Künstler ewig Vorschweben: die Erringung jenes geistigen Allgemeingefühls, das den vom Schicksal ge triebenen Einzelmenschen über sein Schicksal erhaben wacht, über inneres wie äußeres Schicksal. Dehmel. Die Bauerngräfin. Roman von Fr. Lehne. i tzs (Nachdruck verboten.) „Beruhigen Sie sich, Fanny!" Eliane stand starr da — so empfindungslos gegen Gewitter wie heute war sie noch nie gewesen; ihre Nerven waren Wohl zu abgestumpft durch das innere Leid. Sie war wie versteinert. Das Gewitter hatte ausgetobt. Nur ein sanfter, erquickender Regen rieselte hernieder, «nd die Sonne versuchte jetzt schüchtern durchzubrechen. Ein wundervoller Regenbogen spannte sich am Himmel. War er eine Verheißung des Friedens? Der Er lösung ? Eine knappe Stunde später wurde ihr Frau Krause ge- aneldet. Eliane war Darüber sehr verwundert, da Toni noch nie sie auf dem Schlosse aufgesucht hatte. Sie freute sich "über den Besuch; denn von der hübschen, resoluten Frau ging es wie ein erfrischender, belebender Strom aus. „Meine liebe Frau Toni, wie nett von Ihnen." Doch ein Blick in deren ernstes, erregtes Gesicht ließ sie nicht vollenden. „Was ist?" Beklemmend legte es sich ihr auf die Brust; dieser Besuch Tonis hatte eine ganz besondere Ursache. „Ich möchte Sie bitten, mit mir zu kommen, Frau Gräfin," sagte Frau Toni hastig. „Ist etwas bei Ihnen —" „Bei uns nicht! Aber — «in Unglück — daS Auto deS Herrn Grafen —" sie stockte. Eliaue mußte sich setzen. „Ein Unglück mit dem Auto." fiammelte sie mit versagenden Lippen. Dann schrie sie: „Mein Mann — was ist mit ihm? Sagen Sie mir — ich kann alles hören." „Der Herr Gras liegt besinnungslos in unserem Hause. Wir haben nach Aerrten televboniert und aeicbickt." „Und wte kam das?' stieß Eliane mühsam hervor; ihre Gedanken waren förmlich verwirrt. „Gottes Gericht — das ist Gottes Gericht!" mußte sie immer denken; sie konnte die Worte nicht aus dem Gedächt nis bannen, während sie sich bemühte, Tonis Bericht zu er fassen. Sie hatte es selbst gewünscht! War das nicht Frevel von ihr gewesen? „Der Chauffeur," berichtete Toni, „der selbst an Kopf und Schulter arg verletzt sei, habe erzählt, auf Befehl des Herrn Grafen habe er die größte Geschwindigkeit des Wagens einstellen müssen, um vor Ausbruch des Gewitters heimzukommen. Der Herr Graf sei sehr aufgeregt gewesen, habe selbst den Wagen führen wollen, weil es ihm nicht schnell genug gegangen sei. Aber das Gewitter war noch schneller gewesen! Ein heftig flammender Blitz habe den Chauffeur geblendet, gerade an der Wegbiegung nach Klein- schmichow zu — und da sei das Unglück geschehen. Sic seien an einen Baum aufgefahren; durch den heftigen An prall sei der Gras aus dem Wagen geschleudert. Der Chauffeur habe.sich mit Mühe und Not ins Dorf geschleppt, um Hilfe für seinen Herrn zu holen. Toni ängstigte sich, als sie in das starre, Weiße Gesicht der jungen Frau blickte. Liebreich legte sie den Arm um Eliane. „Manches hatte einen schlimmeren Anschein, als es wirk lich ist, liebe Frau Gräfin: kommen Sie mit mir. Der Graf ist bei uns in den besten Händen. Mein Mann und zwei unserer Leute haben ihn selbst geholt, und an Gottlieb haben wir auch telegraphiert, sobald es wegen des Ge witters ging." — — — — — — — — — Und da stand Eliane vor dem Lager ihres Mannes, der bereits von einem Arzt aus Neustadt verbunden war. Man hatte in aller Eile ein großes Gartenzimmer für den Kranken hergerichtet. In tiefer Bewußtlosigkeit laq er da, den Kopf und das Gesicht ganz verdeckt durch die Verbände. Starr blickte sie auf den todwunden Mann. Mit fiesem Erschrecken fühlte sie da, daß nichts mehr in ihr für ihn lebte, ein ganz fremder war das, der vor ihr lag; nicht mehr der Mann, dem ihr junges, heißes Herz so sehn- iücbtia entaeaenariubclt batte. War es sogar mehr, als regle sich in ihrem wußtsein ein Gefühl der Erleichterung und Befreiung? Eie stöhnte leise aus und schlug die Hände vor das Gesicht, weil sie sich dieser Empfindungslosigkeit schämte, und konnte doch nicht dafür. Vor einem halben Jahre noch Wäre sie fas« sungslos und jammernd an Hans Bussos Schmerzenslager zusammengesmcken, und heute, heute? Sie zuckte mit der Schulter und senkte tief den Kopf, ge peinigt von ihrem Schuldbewußtsein. Toni verstand nichü was in ihr vorging; sie hielt für tiefsten Schmerz, was doch etwas ganz anderes war. Tröstend nahm sie sie in die Arme und führte sie hinaus. Widerstandslos ließ Eliane das zu Mechanisch trank sie das Glas Wein, das Toni ihr gereicht: sie sprach nichts, nur in ihren Augen glühte ein unheimliches Leben. Spät am Abend kam noch Dr. Gottlieb Krause. Gr hatte einen Kollegen, einen sehr tüchtigen Chirurgen, uutgs« bracht, mit dem zusammen er den Verunglückten unterjnchte Graf Busso lag noch immer ohne Besinnung, und die Ge sichter der Herren waren nach Beendigung der Untersuchung sehr ernst. Sie blickten sich an, und jeder sah, daß der an dere die gleiche Meinung hatte: da war keine Rettung mehr und keine Hossnung. Der fremde Arzt fuhr in Dr. Krauses Auto wieder zurück nach Berlin, während Gottlieb dablieb und die ganze Nacht bei dem Kranken wachte. Und als der Tag sich nochmals neigte, war Graf Haus Busso Laubenberg hinübergeschlummert, ohne die Besinn ung wiedercrlangt zu haben. Dem Arzt fiel es zu, die junge Frau darauf vorzuberei ten. Es wurde ihm sehr schwer; er suchte nach den schonend- sten Worten; sie unterbrach ihn, ihn starr ansehend: „Mein Mann ist tot?" Er nahm ihre beiden Hände. „Jede ärztliche Kunst war hier zu Ende. Der war so gar eine Erlösung für ihn, denn sonst —" Furchtbar deredt war das Schweigen das er diesen Worten folgen ließ. Sie legte die Hände verzweifelt ineinander. „ „Gönnen Sie ihm die Erlösung, Frau Gräfin," mahnte er, „tragen Sie darum Ihren Schmerz —" (Fortsetzung folgt.)