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aus uno Frankreich wollte zur Unterstützung Polens Trup- be» durch Deutschland schicken, so könnte Deutschland als Ratsmitglied eine Entscheidung des Rates anrufen und dabei seine Einwände geltend machen, wie zum Beispiel, daß es für die Sicherheit der durchmarschicrenden Truppen nicht garantieren könne. In diesem Fall hält man es für sicher, daß kein französischer General das Risiko des Durch Marsches aus sich nähme. Bricht ein Krieg ganz plötzlich aus, oder sind die Mittel dks Völkerbundspaktes zur Ver hinderung erschöpft, dann könnte Frankreich ohne Zustim mung Großbritanniens keinen Durchmarsch durch Deutsch land unternehmen. Täte es dies dennoch, würde es da durch den Pakt und die Entente zunichte machen. Das italienische Blatt „Tribuna" meldet, das? Briand den Wunsch kundgcgeben habe, mit Italien ein Spezial- abkommen zu treffen, wodurch sowohl der Brenner als die Adria für Italien garantiert werde. Es liege nunmehr an Italien, in Verhandlungen cinzutreten. UeberreichUNg der französischen Rote an die Alliierten. ' Paris, 1. Juni. Am Quai d'Orsay wird amtlich mil- geteilt, daß Briand unmittelbar nach feiner Rückkehr gestern den alliierten Mächten den endgültigen Wortlaut der französischen Antwortnote aus das deutsche Memorandum vom 24. Februar mitgeteilt hat. Es liegt die Vermutung nahe, daß die franzö sische Note im letzten Augenblick noch eine leichte Wanderung erfahren hat. In der nächsten Zeit soll ein Gelbbuch erschei nen, das sämtliche sich auf die Sicherheitsverhandlungen be ziehende Schriftstücke enthält. Die „irrternktiouale Solidarität" der Gewerkschaften Paris, 12. Juni. Die „Humanste" meldet: Die fran zösischen Gewerkschaften haben eine von ausländischer Seite be antragte Intervention gegen die Fortdauer der Ruhr- und Rhein- besehung obgelehnt. Die französischen Gewerkschaften wollen »ine politische Agitation nicht mitmachen. Unsere Sozialisten aber hängen weiter an dem Traume der „internationalen" Solida rität"! Die Flags her MilitärkoMEs. Rundschreiben des V ö l k e r b u n d s r a t s. Genf, 1 l. Juni. Der Völkerbundsrat wird an die Regierungen Deutschlands, Österreichs, Ungarns und Bulgariens ein Schreiben richten, worin er feststellt, daß alle Staaten, die der Militärkon trolle unterstehen, durch die Verträge gehalten sind, jede vom Rate für nötig erachtete Untersuchung zuzulassen und den Kommissionen alle Erleichterungen zur Durchführung ihrer Ausgaben zu gewähren. Der Nat erwartet, daß diese Bedingungen strikt erfüllt werden. Die Frage der Militärkontrolle in der Rheinlandzone wird auf die Herbsttagung ver schoben. SanzigerIragrnvor dem Völkerbundsrat. Gens, 11. Juni. Der Völkerbundsrat hat heute die Arbeiten seiner 44. Tagung beendet. Die wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung der Schlußsitzung waren drei Danziger Fragen. Zum Brieflastenkonflikt ist vom Völkcrbunds- iat das Gutachten des ständigen internationalen Gerichts hofes angefordert worden. Für die Festsetzung veS Hascngcbicts beschloß er einen Ausschuß zu ernennen, dem auf Vorschlag Schwedens als viertes Mitglied ein ju ristischer Sachverständiger beigegeben wird, über die Frage, ob durch das Gutachten des Internationalen Ge- richishofs bereits maßgebende Richtlinien für die terri torialen Bestimmungen im Hafengebiet gegeben seien, HIN«, I- N Rheinlandstöchter. 17) Roman von Tlara Biebig * „Gotl, tth habe darüber wirklich nicht nachgedacht, man hat so viel Wichtigeres im Kopf! Aber ja, ja, jetzt, wo du mich darauf aufmerksam machst, finde ich es auch. Sie war immer ein bißchen anders, als sonst die jungen Mädchen sind — aber abgesehen davon — sie hat jetzt so was — ich weiß nicht recht, wie ich mich ausdrücken soll — so was Gespanntes. Weißt du, sic hat am Ende Ra» mer gern? Es ist doch komisch, immer treffen die zwei hier bet uns zusammen; früher kam Nelda alle Jubel« jahr, jetzt kommt sie zweimal die Woche. Du, es wäre eigentlich ganz nett, wenn die zwei sich heirateten, findest du nicht? Freilich, sie haben nichts. Und dann Namer mit seinem Namen! Aber na, Nelda kann ja auch keine großen Ansprüche machen!" „Warum nicht?" „Aber Paul! Hübsch ist sie nicht, und Geld hat sie nicht, und riesig liebenswürdig ist sie auch nicht. Sie ist ja sehr nett, aber — ich glaube auch nickst, daß Ramer sich wirklich was aus ihr macht, der denkt zu viel an sich.* Die junge Frau reckte sich und wars sich in die Brust- „Für so was babe ich einen Blick! Der versinkt immer in seine alten Geschichten, der merkt gar nicht, wenn sich eine um ihn hat!" „Schade, schade, ich wünschte, wir hätten die zwei nie miteinander bekannt gemacht! Auch auf die gestrige Par tie hätten wir Nelda nicht mitnehmen sollen oder Ramer abwinken. Ich mache mir Vorwürfe." Lylander seufzte. „Es ist ein Jammer, wenn dies Mädchen auch schon so früh abgeknickt wird — gerade dies Mädchen!" „Liebe Zeit, aber Paul, was kannst du dafür? Faß die Sache immer ein bißchen praktisch auf! Es ist doch besser, es bietet sich überhaupt mal eine Chance als gar keft-e. Wer weiß, vielleicht wird's doch was — und wenigstens hat sie dann später mal Erinnerungen!" „Nein, nein", — sein Gesicht wurde finster — „du kennst Ramer nicht, wie ich ihn kenne. Eigensinnig, zäh - an seinen fixen Ideen hängend; wie du richtig fügtest, ganz in sich versunken. Selbst wenn sie zusammenkämen, wäre das ein Glück für dieses offene, hochherzige Ge schöpf?! Aber es wird nichts, ich weiß es genam" „So?! Also du hast was gemerkt?! Erzähle doch, haben sie dir was gesagt? Woher weißt du das denn genau? Herzenspaul, so sag doch, bei meinem Interesse für die beiden kannst du mir's. mußt du mir's verraten! ! emipann p.cy eine längere Diskussion. Entgegen der pol nischen Auffassung bestätigten sämtliche in die Debatte eingreifenden Natsmitglieder, insbesondere Chamberlain, Paul-Boncour und Hymans, die von Danzig ver tretene These, daß die Frage der Begrenzung des Hafcngebiets vollkommen offen und völlig der juristischen und technischen Beurteilung der Sachverständigenkommis sion überlassen bleibt. Der vom Rat genehmigte Bericht ses spanischen Natsmitgliedes Qumones de Leon über die Festsetzung eines neuen Verfahrens zur Regelung von juristischen und technischen Streitfragen zwischen Polen und Danzig entspricht im wesentlichen den von Danzig vertretenen Wünschen und stellt insbesondere fesft daß beide Parteien verpflichtet sind, jederzeit zu entsprechen den Verhandlungen vor dem Oberkommissar des Völker bunds sür Danzig zu erscheinen. Der dritte Punkt, der die Frage eines polnischen Münitionsdcpots betrifft, wurde debattelos aus die nächste Session vertagt. ( Kleine vUriMen ) Die Volkszählung Berlin, 11. Juni. Der Amtliche Preußische Pressedienst bemerkt zu der für den 16. Juni im Deutschen Reich beab sichtigten Volkszählung, daß die von der Bevölkerung ge machten Angaben weder als Unterlage zur Besteuerung noch zur Berichtigung der polizeilichen Mclderegister benutzt werden, da es durch Reichsgesetz den mit der Vornahme und Bearbeitung der Erhebungen beauftragten Personen ver boten ist, den Polizei- und Steueränttern Einsicht in die Fragebogen und Haushaltungsristen der Zählung zu ge währen. Eine Reform der Amtsbezeichnungen. Berlin, 11. Juni. Beim Preußischen Landtag ist ein An- ! trag Blank (Zentrum) eingegangen, der eine Nciorm der i Amtsbezeichnungen, dis seit Jahren von der Regierung an- gekündigt sei und dringend von der Beamtenverbändcn ge fordert werde, verlangt. Vernehmung Julius Barmats. — Berlin, 11. Juni. Julius Barmat wurde heute in der Wohnung seines Bruders Henry durch den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses des Preußischen Landtages, Abg. Dr. Leidig, vernommen. Bei der Vernehmung waren auch einige Ausschußmitglieder, der Untersuchungsrichter, der Staatsanwalt, der Verteidiger Varmats und einige andere Herren zugegen. Schwierigkeiten in der Deutschsozinleu Partei. Berlin, 11. Juni. Rach einer hiesigen Meldung kam es in der gestrigen Vertretertagung des Landesverbandes Groß-Berlin ocr Dentschsozialen Partei zu stürmischen Auftritten zwischen einem großen Teil des Vorstandes, der Orts-ruppen- j fuhrer und dem Parteiführer Kunze, der die verlangte Ver einheitlichung der Völkischen Bewegung ablehnte. Darauf or- - klärte die überwiegende Anzahl der Vertreter ihren Aus- i tritt aus der Deutschsozialeu Partei und ihren Anschluß f an die dentschvöllische Freiheitsbewegung. Der 50. Deutsche Gastwirtstag. - Berlin, 1t. Juni. Der Deutsche Gastwirtsverband E. V. i Berlin wird am 17. und 18. Juni in Breslau den 50. Deut- i schen Gastwirtslag abhalten. Auf der Tagesordnung stehen i u. a. Vorträge des Reichsfinanzrats Dr. Boethke-München ! über die Neuregelung des Rcichssteuerwescns und des Ver- ! waltungsdirektors Gobell-Berlin, von der Berufsgenossen-- s iwast snr den Einzelhandel über die Entwicklung der Sozial- ' Versicherung mit besonderer Beziehung auf die Unfallver sicherung im Gastwirtsgewerbe. Zur Beratung stehen zahl reiche Anträge zu fast sämtlichen Steuergesetzen, zur Neu regelung des Konzessionswesens, zum Rotgesetz, zur Polizei stunde usw. Typhus im Rheinland. Neviges, 11. Juni. In verschiedenen Stadtbezirken sind m dieser und in der vergangenen Woche etwa 20 Personen unter typhusverdächtigen Erscheinungen erkrankt. Bei vier Erkrankten wurde Typhus f e st g e st e l l t. Die Erkrankun- gen sind nicht aus den Genuß von Wasser zurückzuführen. Die Ursache konnte noch nicht festgestelll werden. Die Stadt verwaltung hat den Pilgerverkehr nach Neviges eingestellt und auch sonst alle öffentlichen Veranstaltungen'verbat«-« Also sie haben sich gern — was? Ja? Wissen es schon andere Leute?" „Das ist's ja eben!" Xylander wühlte sich in den Haaren und sprang heftig auf. „Muß ich mir heut mor gen nach dem Dienst, als ich mir im Kasino einen Schop pen leiste, die Bemerkungen von Bengels anhören! Osten soll sich auch was schämen, sitzt ruhig dabei, wenn über die Freundin seiner Frau skandaliert wird! Dem Rönt- heim, seinem Intimus, hätte ich am liebsten in das mali- tiöse Gesicht geschlagen: Nelda soll sich Rendezvous geben — Nelda soll einsame Spaziergänge tieft in den Wald, mit einem Herrn — man nennt Ramer — unternehmen! Nelda soll — ach, was rede ich davon! Es ist viel zu niedrig. Früher hat sich keiner von den Herren um das Mädchen gekümmert, jetzt, wo es an ihr zu mäkeln gilt, ist sie in ihren Mäulern, diesen ungewaschenen Mäulern, die viel zu schmutzig sind für ihren reinen Namen! Arme Nelda!" Er ließ sich schwer in den Korbstuhl fallen und be schattete das Gesicht mit der Hand. Frau Elisabeth war glühend rot geworden. „So heftig? Ich kenne dich gar nicht wieder! Du scheinst dich ja sehr sür Fräulein Dallmer zu interessie ren." „Gewiß, das tue ich auch!" Sein sonst so gemäßigter Ton war noch immer erregt. „Sie ist das beste, präch tigste Mädchen, das ich mir denken kann. Jeder Mann könnte Gott auf den Knten danken, wenn er sie bekäme. Sie sind nur alle blind in ihren Ansichten, in den ver rotteten Vorurteilen dieses erbärmlichen Klatschnestes — mag sein, daß es überall so ist. Nun, ich habe ihnen heut energisch meine' Meinung gesagt, beinah wären wir uns in die Haare geraten!" „Um Gottes Willen!" Die junge Frau stürzte auf ihn los und umschlang ihn mit beiden Armen. „Paul, mach dir doch keine Ungelegenheiten! Was gehen dich fremde Leute an? Laß Nelda Dallmer zusehen, wie sie fertig wird; was macht sie solche Geschichten! Aber ich sage dir, hierher braucht sie nicht mehr zu kommen!" Die Tränen schossen ihr in die Augen, sie stampfte mit dem Fuß auf. „Ich will keinen Ärger im Haus und keine Alteration; wir haben genug mit uns zu tun!" „Rege dich nicht unnütz auf, nähe nur weiter", sagte er und machte sich los. ,Nrrrr' — die Maschine sauste geradezu. ,Nrrr—r—' da, der Faden war gerissen. Die Frau Hauptmann hob den Kops. „Die Hand zu küssen brauchst du ihr auch nicht mehr, Paul. Das ist überhaupt hier am Rhein gar nicht Sitte!" Hus unjrrer Keimst ) Wilsdruff, am 12. Juni 1924. Merkblatt für den 13 Juni. Sonueunuigaug 3^ Mondauigang >2 ° V Somieumnergang ff Monduntergang 11" V. 1903 Dr. Duboc, philosophischer Schriftsteller, geft. - !915 Sieg Mackensens über die Russen am San in Galizien Heuernte. Nun rauscht die Sichel wieder durchs blumenbestickte Gm»! Gestern noch naschten die emsigen Bienen an den tausen derlei Blumen, die mit der vollen Schönheit ihres lebendejahen- den Glanzes zur Sonne emvvrschauten. Und lustig flatterten weiße und farbige Schmetterlinge von Stengel zu. Stengel, nicht ahnend ihres ach so kurzen Daseins. Da sang eines Morgens die Sense ihr Lied vom Werden und Vergehen! Unter den kräftigen Streichen der Mäher sanken Gras und Wiesenblumen in langen Schwaden nieder. — Vorbei die leuch tende Pracht! . . . Süßer, kräftiger Duft erfüllt die Lüfte! Die Heuernte ist im Gange, es gilt die Vorräte für den kommenden Winter ein- zufahrcn. Gefördert durch Lie Gunst des Himmels in der Haupt zeit des Maien und unter den Strahlen der Iumfomre haben die Gräser und Kräuter unserer Wissen einen so erstaunlichen Fleiß im Wachstum entwickelt, daß sie die anfänglich starke Verspätung aus den ersten Wochen des Frühjahrs nicht nur ausgeglichen, sondern teilweise schon überholt haben und jetzt in der Lage sind, aus dem Vollen zu spenden. Hochbeladen fahren die Wagen von den Wiesen heimwärts in die Scheunen als stumme Mahner, daß es nirgends einen Stillstand geben darf. Während wir noch im Glanze der Iuniglut schmachten, ziehen die Pferde die ersten Wintervorräte in sichere. Obhut. Von den Wiesen aber trägt der Wendwind einen -würzigen Duft in die Stadt. Heuernte! Der Frühling geht zu Rüste! Noch wenige Tage, und wir haben den höchsten -Sonnenstand und die -längste Tagesdauer. Das Knospen und Blühen hat bereits seinen Höhepunkt erreicht. Der Johannistrieb, jener bekannte -Meile Trieb -an Baum und Strauch, ist allenthalben zu beobachten. Nun geht es bald wie/ der langsam abwärts. Die bunten Wiesen werden gemäht. Die wogenden Aehrenfelder fangen an, unten weiß -zu werden. Das dichte Blätterdach -der Bäume färbt sich dunkelgrün. Ms W- schiedsgade bietet uns der Lenz die Rose. Auf luftiger Höhe blüht das Heckenröschen, am Balkon und an -Ler Veranda, am Gemäuer glüht die Kletterrose. Der Lvürzige Dust im Garten wird vom süßen Geruch blühender Akazien und starkduftenden Jasmins untermischt. Doch -stiller wird es in der frohen WalL- sänger Thor. Kuckücksrus verstummt um Johanni. Der Früh ling geht schneller zur Rüste, als man gedacht. Unvermerkt zieht der Sommer ein. Möchte er sich als ein recht beständiger Herr zeigen, damit jeder die warme Jahreszeit, die uns zur Gesund erhaltung unseres Körpers so not tut, recht ausnützen kann! Baumfrevel. In der Nacht zum Donnerstag, wahrschem- lich in -den Adend-slundOn des QÜer den des Donnerstag, haben Lie Hände -eines Frevlers an der Straß« Wilsdruf—Sora von -fünf jungen Obstbäumen und einer junger Linde die Krone umgebrochen. Der erste seines Kopfes be raubte Baum steht unmitelbar beim Turnplatz t-n der Meißner Straße, der letzte kurz vor Sora, so daß angenommen wird, daß der Uebeltäter hier oder in Sora wohnt. Hoffentlich gelingt seine Ermittelung. Etwaige Wahrnehmungen erbittet Lie Gen darmerie. Ferkelmarkt. Am heutigen Markte wurden 31 Ferkel zum Verkauf gestellt. Das Kilo wurde mit 2M Mark bezahlt. Zirkus W. Lriseck, -er schon vor vier Jähren im hiesigen Schützenhause mit großem Erfolg gastierte, berührt auf seiner ,Arme Nelda', hatte Hauptmann Xylander gesagt. War sie wirklich arm? Sie saß in ihrer kleinen Giebelstube'; es war drückend heiß hier, so nah unterm Dach. Sie hockt? auf dem Tritt - am Fenster, arbeitete nicht, las auch nicht, hielt die Arme ums Knie geschlungen und sah ins Leere. Das Viertel jahr seit jenem Hochzeitsfeste hatte sie verändert. Ihre Augen waren größer geworden, ihre Wangen schmaler, ihre Gestalt magrer. Was am meisten fehlte, war der frische, gerade Ausdruck; ein gespannter, banger Zug ka um ihren Mund. Sie sah nicht glücklich aus. Was war das sür ein heimliches Hin und Her ge wesen, seit jenem Abend von Agnes Röders Hochzeit! Del Regierungsrat war damals lange krank an einer schweren Grippe. Die Tochter hatte ihn treulich gepflegt, sie hatte sich auch gesorgt — und doch, wenn sie still am Bett saß «der die Medizintropfen abzählte oder die Kissen lockerte oder mit eintöniger Stimme vorlas, immer war eine Seligkeit in ihr gewesen. Eine Seligkeit — —! Sie wußte ja, gegen Abend kam die Stunde, wo die Mutter mit der Häkelei im Krankenzimmer erschien und der Vater lächelnd sagte: „Lorchen, nicht wahr, jetzt soll Nelda an die Luft? Geh, mein Kind, geh!" Wie ein Vogel war sie hinausgeflattert; man merkte nicht, daß sie ans dew, Krankenzimmer kam, ihr Gang war so leicht, ihre Farben waren strahlend frisch. In dem kleinen Seitentälchen des Rheines trafen sie sich; da war recht ein Weg, um uubelauscht Hand in Hand zu gehn. Die grünen Wüsche ringsum bauten eine Schutz- mauer auf. Steile Hänge an beiden Seiten, droben Weinstöcke in Reih und Glied, fetten, daß ein Mensch da hantierte. Und wenn auch; sie konnten ihn sehen, wst seine dunkle Silhouette sich scharf gegen den lichten Früh- ttngshimmel abhob, er aber vermochte sie nicht zu entdecken auf dem verwachsenen Pfad neben dem murmelnden, glucksenden Bächlein. Das Bicnhorrttälchen war kein beliebter Spaziergang- Selbst die flachssträhnigen Bauernkinder von Pfaffey- dorf spielten lieber auf der breiten Chaussee, oder ließet unten am Rhein flache Steine übers Wasser flitschen Nelda wandelte in einer träumenden, wunschloscn Selig keit, ihr sonst so kluger Kopf war leer, ihr Herz zum Meo fließen voll. Jeden Abend lag sie lächelnd im Bett, fal tete die Hände und betete wie ein Kind um den folgend^ Tag. Sie dachte nicht daran, Namer zu fragen: wanri wirst du dich meinen Eltern erklären? Es wäre iln vn> zurr erichienen, daran zu rühren, der schönste Dust ihres Glückes wäre dann entflogen: auch mußte der Vater erst ^esund sein, Hl