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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ M« »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint tSglich nachm. 6 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in »« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postkestellung 'Ä-Lst°nsL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Wien und Geschäftsstellen — ———— nehmen zu jeder Zeil Le» «ellnngen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeilc LV Moldpfennig, die LgespalteneDeile der amtlichenDedanntmachungcn40Gold- psennig, die ZgefpalteneAeklamezeNe im textlichen Teile IM Doldpfennig. Nachweisungsgebühr M Doldpscnnige. Bor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisvorm.10Uhr —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats 'zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffen. Nr.122.— 84 Jahrgang Teiegr .Adr »Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Donnerstag den 28. Mai 1925 in Der Kampf um den Achtstundentag. Theorie und Praxis —, das kennzeichnet als Über schrift die Gegensätze, die sich der Ratifizierung des Washingtoner Abkommens über den achtstündigen Arbeits- tag entgegenstellen. Vulgär ausgedrückt: die Negierungen sagen einander mit der Frage dieser Ratifizierung jetzt schon seit Jahren immer wieder: Hannemann, geh' du voran. Das kam aus der Genfer Arbeitskonferenz, wo man die Möglichkeit der Durchführung des Achtstunden tages wieder einmal eifrig debattiert, mit fast grotesker Deutlichkeit zum Ausdruck Belgien werde das Abkommen ratifizieren, sobald auch die anderen großen Staaten es tun würden —, so erklärte der belgische Vertreter. Der englische Vertreter lehnte die Ratifikation für den gegen wärtigen Augenblick als nicht geeignet ab. Frankreich tut es natürlich auch nicht, und es nützt gar nichts, daß sich der Vertreter der französischen Gewerkschaften, Jouhaux, dahin äußerte, die ganze Arbeitskonferenz mache sich lächerlich vor den Arbeitern der Welt, wenn das vor 6 Jahren ein stimmig beschlossene Washingtoner Abkommen nun von oen Negierungen nicht endlich ratifiziert werde. Die ver schiedenen nationalen Gesetzgebungen hätten sich dem Ab kommen anzupassen, nicht umgekehrt. Auch der deutsche Regierungsvertreter -ab eine wichtige Erklärung ab, die dem von Jouhaux aus- -estellten Verlangen zum Teil wenigstens Rechnung tragen Will. Deutscherseits wurde nämlich erklärt, daß das Reichs- »rbeitsministerinm damit beschäftigt sei, eine endgültige Regelung der Arbeitszeit vorzubereiten, und sich hierbei bemühen werde, sich den Grundsätzen des Washingtoner Abkommens anzupassen. Die Arbeitszeitverordnung der deutschen Negierung vom 21. Dezember 1923, die grundsätzlich jetzt noch gilt, war eine Frucht der Sanierungskrise, die nach vem Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft am Ende der ?,^/"Ewnszeit sich höchstmögliche Förderung der Pro- Zum Ziele gesetzt hatte. Die Arbeitszeitsrage ist, chwelt e» den Achtstundentag angeht, aber keine wirtschaft- iich-wzialpolitische Frage, sondern eine machtpolitifche, und der Kampf gegen die Verlängerungsmöglichkeit des achtstündigen Arbeitstages, wie. sie in jener Arbeitszeitver ordnung grundsätzlich zugestanden war, setzte auch sofort wieder ein, sobald die Gewerkschaften einigermaßen zu Kräften gekommen waren. Für eine Reihe von Betrieben hatte aber schon jene Verordnung eine Verlängerung der Arbeitszeit untersagt; das Streben ging nun dahin, das Verzeichnis dieser schwerstarbeitenden Berufe ständig zu vermehren. Ihren eigentlichen Inhalt erhielt die Arbeitszeilverordnung aber durch eine große Reihe tarifarischer Vereinbarungen, die zum größten Teil Werksverträge waren und die Arbeitszeit verlängerten; daneben liefen namentlich im Bergbau und in der Eisen industrie Verhandlungen zwischen Unternehmer- und Ar beitnehmerverbänden. Eine rückläufige Entwicklung gegen den im allgemeinen durchgeführten Neunstnndenarbeitstag »nd das Zweischichtenabkommen in der Eisen- und Stahl- iudustrie hat dann zu der Verordnung vom 17. Januar 1925 geführt, daß die Arbeiter der Hochöfen und Kokereien eine über den Achtstundenarbeitstag hinausgehende Arbeits zeit nicht zu übernehmen hätten. Der deutsche Negierungs- Vertreter in Genf erklärte weiter, in Deutschland arbeiten jetzt 50A der deutschen Arbeiter nicht länger als 48 Stunden, daß überhaupt von der Ermächtigung der Ver ordnung vom Dezember 1923 ein mäßiger Gebrauch ge macht worden sei. Dankenswerterweise hat er aber auch darauf hingewiesen, daß dort, wo wirklich in Deutschland »der den Achtstundenarbeitstag hinaus produziert wird, damit nur die Verhältnisse in den Nachbarländern erreicht worden sind. Jouhaux hätte nämlich auch ruhig erwähnen können, daß gerade in Frankreich zahllose Verlängerungen des Achtstundenarbeitstages vorhanden sind. Es besteht nun die große Gefahr, daß bei einer voreiligen Ratifizierung des Washingtoner Abkommens durch Deutschland allein die anderen Länder keineswegs dazu veranlaßt zu werden brauchen, diesem Schritt Folge zu leisten. Insofern ist die Erklärung des deutschen Negierungsvertreters, die Ratifizierung wüste durch alle großen Industrieländer gleichzeitig erfolgen, überaus berechtigt. Bei der Ausarbeitung des Arbeitszeitrechtes soll ja nun von vornherein berück sichtigt werden, was das Washingtoner Abkommen grund sätzlich verlangt hat. Aber selbstverständlich ist dabei, daß wir keinesfalls etwa der Arbeckskonferenz irgendwelche Kontrollrechte über Deutschland gestatten dürfen. Ein kritischer Tag. Der Handelsvertrag mit Spanien. Dem heutigen Mittwoch wird, wenn nicht im letzten Augenblick der Reichstag noch anders beschließt, eine be sondere innerpolitische Bedeutung zukommen, da der deutsch-spanische Handelsvertrag im Plenum des Reichs tages zur Verhandlung und Abstimmung steht. Die Be- deutnng dieser Beratung wird dadurch gekennzeichnet, daß die Ncichsregierung entschlossen ist, die Abstimmung über den Vertrag zu einer Kabinettsfrage zu machen. Um die Annahme oder Ablehnung des Vertrages sind in Deutschland schon heiße Kämpfe ausgekochten worden. WWr PeW« mgen des GmntitM. Die SvifOasterlonferenz wieder vertagt. Die Botschafterkonferenz, die schon etliche Male sich mit der an Deutschland wegen der Räumungsfrage abzu- sendenden Note beschäftigen sollte, hat ihren Zusammen tritt aber malsversch oben. Nach den letzten Pariser Meldungen wird die Botschafterkonferenz kaum vor Sonn abend dieser Woche zusammentreten, und es ist fraglich, ob auch dieser Termin wird eingehalten werden können. Für die nene Vertagung wird von der Pariser Presse als Be gründung angegeben, daß der Vorsitzende der Reparations- kommissiön, Barthou, vor der Beschlußfassung in der Räu mungsfrage gehört zu werden wünscht, weil nach seiner Ansicht die Besetzung der Nheinlande auch als Garantie maßnahme für die Durchführung der deutschen Repara tionsverpflichtungen erfolgt sei. Die Reparationskom mission werde daher offiziell darüber beschließen, ob Deutschland seine sämtlichen Verpflichtungen erfüllt habe. Inzwischen hat der französische Außenminister dein englischen Auswärtigen Amt eine Antwort auf die in der lebten Woche erfolgten englischen Rückfragen wegen der Antwortnote an Deutschland betr. den Garantiepakt zu gehen lasten. Nach Mitteilung englischer Blätter hat dieses Schriftstück in englischen Rcgierungskrcisen eine pessi - miftische Stimmung hcrvorgcrufen. Briand betont in seiner Antwort besonders, daß der Garantiepakt nur e i n I n st r u m c n t zur Ausführung des Ver sailler Vertrages sein dürfe. Sowohl französische wie englische Blätter geben schon jetzt der Ansicht Ausdruck, daß es sehr zweifelhaft sei, ob mttcr diesen Umständen überhaupt der Abschluß eines Garantiepaktes möglich sei. * Genugtuung in England über das deutsche Angebot aus der Waffenhvndelskonferenz London, 27. Mai. Die Nachricht, daß der deutsche Ge sandte v. Eckardt bei der Waffenhandelskonferenz in Genf die Bereitwilligkeit Deutschlands ausgesprochen hat, ohne Vorbehalte für das Verbot der chemischen Kriegführung zu stimmen, hat in London große Genugtuung hervorgerufen. Man sei indessen ge neigt, so schreibt heute „Evening Standard", bei dieser Meldung Vorbehalte zu machen. Man brauche nur daran zu erinnern, daß der bekannte englische Chemiker Malbane in einer viel kri tisierten Schrift bewiesen habe, daß die Gaskriegsührung ebenso Auszcyup, wo oer Vertrag emgeyend behandelt wurde, hat er eine Ablehnung erfahren. Gegen diese Ablehnung haben vor allem die Organisationen protestiert, die die Interessen der Industrie vertreten, da sie bei Ablehnung schwere Absatzstockungen nach Spanien befürchten, währenv sich gegen die Annahme des Vertrages die Kreise ausge sprochen haben, die dem Weinbau nahestehen. Diese Kreise vertreten die Ansicht, daß bei Abschluß des Ver trages die eingeführten billigen spanischen Weine den deut schen Weinbau völlig ruinieren werden. Führende Mit glieder der Reichsregierung haben nun in den letzten Tagen versucht, durch Besprechungen mit einzelnen Parteien die Kluft zu überbrücken und den Abschluß des Vertrages zu sichern. Ob allerdings die Opposition, die sich vornehmlich ans Deutschnationalen und Zentrumskreisen zusammen setzt, sich den Erwägungen, die die Reichsregierung in dieser Frage leiten, anschließen wird, ist noch nicht bekannt. Jedenfalls versucht die Regierung mit allen Kräften den Vertrag zustande zu brinaen und will, wie oben betont, ihr weiteres Verbleiben im Amt davon abhängig machen, ob der Vertrag angenommen wird oder nicht. Llng wißheii über Vmunösen. Amerika will Luftschiffe zu Hilfe senden. Die letzten Meldungen, die vom Dampfer ,Fram" ge kommen sind, geben zu, daß Amundsen ein Unglück zu gestoßen sein könne. Die Meteorologen erwarten einen Sturm, der von Nordrußland über Sibirien auf den Nord pol zugehen werde. Amundsen müsse von dem Sturm Kenntnis haben und unverzüglich zurückkehren, wenn er dazu in der Lage sei. Sollte das in den nächsten Stunden nicht gefchrhen, wäre der Beweis erbracht, daß Amundsen keine Möglichkeit mehr habe, vom Nordpol zurückzukehren. Nach einer Meldung von „Herald and Tribune- aus Washington ist die Marine durchaus vorbereitet, ge gebenenfalls sofort eine Hilfsexpedition für Amundsen mit der »Shenandoah- oder der „Los Angeles- zu unter nehmen. Der Tender „Patoka- mit dem Ankermast würde vorher in die Diskobay aus Grönland entsandt werden. Hans Nansen, der Neffe des berühmten Forschers, kündigte die Absicht an, eine Sammlung zu veranstalten um eine Hilfsexpetzition auszurüsten, deren Zweck es jein soll, nach Amundsens Verbleib zu forschen. gnädig wie wirkungsvoll sei. Dieser Punkt müsse vor allen Dingen vorher geprüft werden, bevor England ein Abkommen cingehe, das andere nicht billigten. SmjetruW- SsterreWWr Konflikt. Eigener Fernlprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Wien, 27. Mai. Wegen der bekannten Rede des Außen ministers gegen Moskau und den Bolschewismus hat gestern der hiesige Sowjetgesandte alle Verhandlungen mit Wiener Indu striellen und Kaufleuten über die verschiedenen Lieferungsverträge abgebrochen und die für den 9. Juni nach Moskau einberufene Generalversammlung der österreichisch-russischen Handelsgesell schaft vorläufig abgesagt, wenn nicht in den nächsten 48 Stunden alle Streitfragen beseitigt würden. Da die Zahl der an den russischen Lieferungsverträgen beschäftigten Arbeiter etwa 60 000 betragen soll, werden in der heutigen Sitzung des Nationalrates die Sozialdemokraten an die Regierung und den Minister des Aeußeren eine dringliche Anfrage richten und die sofortige Bei legung des Konfliktes verlangen. kxpiostonrllslaslropbe in MiHkOrn. 300 Tote Neuyork, 27. Mai. In Mukden fand eine schwere Explosion statt, die viele Häuser zerstörte. Man zählte bisher 3tz0 Tote. Amerika ohne Interesse am Sicherheits pakt. W a s hi n g t o n, 27. Mai. Wie aus dem Weißen Hause mitgeteilt wird, sieht Präsident Coolidge keinen Anlaß zur Teil nahme Amerikas am Sicherheitspalt. Die „Fram" an der Grenze des Polar kreises. Paris, 27. Mai. Nach einem Telegramm des Kapitäns der Fram an die „Zentral News" nähert sich das Schiff jetzt der äußersten Grenze des Polarkreises. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden Amundsen und seine Gefährden heute mit dem Schiffe an der verabredeten Stelle zusammentreffen. SW SpekMivlisgeNmne als Einkommen zu versteuern? DieVeschlüsse des Steuerausschusses. Eine umfangreiche Aussprache im Steuerausschuß des Reichstages entstand über die Frage, ob Spekulations gewinn als Einkommen zu versteuern sei. Der Ausschuß entschied sich schließlich, folgende Normen dem Reichstag zur Beschlußfassung vorzulegen: Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften unterliegen der Besteuerung nur, wenn sie als Spekulationsgeschäfte anzusehen sind. Als Spekulationsgeschäfte können nur Ver- äußerungsgcschäfte angesehen werden: 1. wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und.Ver äußerung a) bei Grundstücken weniger als zwei Jahre, bs bei anderen Gegenständen, insbesondere Wertpapieren, weniger als drei Monate beträgt oder 2. wenn es sich um Geschäfte handelt, bei denen der Erwerb der Veräußerung zeitlich folgt. Französischer Rückzug in Marokko. Weitere Verhandlungen mit Spanien. Nach einer amtlichen Pariser Meldung ans Marokko hat die französische Heeresleitung beschlossen, sechs von den Marokkanern umzingelte Posten zurückzu- zichcn. Dieser Beschluß wird mit dem Wunsch nach größerer Bewegungsfreiheit begründet. Die Pariser Mel dung will zugleich wissen, daß auch die Front der Marok kaner ins Wanken geraten sei. In Casablanca treffen fort gesetzt französische Verstärkungen ein. Die französische Kammer, die am Montag eine Debatte über den Aufstand in Marokko zu führen beabsichtigt hat, bat diese Aussprache auf Mittwoch vertagt, um der Regie rung Gelegenheit zu geben, ihre mit Spanien ungebahnten Verhandlungen zwecks gemeinsamen Vorgehens in Marokko sortzusetzen und abzuschließen. Vom Erdbeben in Japan. 25 Erdstöße in den letzten Tagen. Auf Grund amtlicher Feststellungen sind in den letzten Tagen in dem von Erdbeben heimgesuchten Gebiete Japans 25 Erdstöße seüaestettt worden, die schätzungsweise