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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das-Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. S Uhr sür den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend träger und Geschäftsstellen — . .. nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 9 Mai 1925 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltcne Raumzeile 20 Goldpfennig, die 2gespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- pfenuig, die L gespalteneReklamezeNe im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfennige. Vor- geschriebeneErscheinungs- —tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit ÄNll Ä?!!öÄrUff 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigenübernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. W keine AMW der MmMmim. Nr. 107. — 84. Jahrgang. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt Vergeblicher Kampf. Als der Einbruch der Franzosen in das deutsche Ruhrgebiet allüberall in Deutschland den Willen zum Widerstand emporschnellen ließ, als man nach Mitteln sann, wie man den Einbruchstruppen entgegentreten könnte, als man hin und her überlegte, ob es auch nichtmilitärische Mittel dieser Art gibt, da reiste ein bekannter rechtsstehen der Politiker vr dem höchsten militärischen Sachverständi- -en in Deutschland, zu Generalfeld Marschall von Hindenburg. Ihn fragte er, ob er nicht einen militärischen Weg angeben könne, auf dem den Einbruchs- iruppen nun auch ein aktiver militärischer Widerstand ge leistet werden könnte. Als Antwort stellte der General feldmarschall nur die Frage: „Wissen Sie, wie lange die Herstellung eines schweren Geschützes dau ert ?* Als der Besucher das verneinen mußte, sagte der veucralfeldmarschall: „Fünf viertel Jahre" — und betrachtete damit die Unterhaltung über diese» Punkt für abgeschlossen. Diese kleine Geschichte ist Wohl die beste Antwort auf die d e u t s ch f e i n d l i ch e Rede, die der bekannte englische General Morgan soeben in Paris, und zwar ausge- »echnet in der Carnegie-Stiftung, gehalten hat. Der General ist früheres Mitglied der Kontrollkommission. Daß er es nicht mehr ist, daß ihn offenbar seine eigenen Landsleute dafür nicht mehr geeignet hielten, scheint ihn tief zu schmerzen. Und diese Schmerzen scheinen ver heerende Wirkungen in seinem Gehirn ausgelöst zu haben, denn anders als daraus, daß er offenbar nicht mehr ganz normal ist, kann man seine Äußerungen wohl nicht er- Närcn, nach denen Deutschland „nicht eine Bestimmung des Vertrages von Versailles über die Abrüstung ausge- Mhrt habe". Das wird für den anwesenden französischen Kriegsmmister Rollet, den früheren Vorsitzenden der Kontrollkommission, zu hören schmerzlich gewesen sein, renn es bedeutet, daß sich Rollet der allerschwersten Pflicht- Verletzung schuldig gemacht hat. Deutschland sei über- ! Haupt von einer beispiellosen Gerissenheit oder — Dumm heit, sagte Motgan, wenn es nämlich fordere, zu wissen, warum die Verlängerung der Besetzung Kölns erfolgt sei, also welches die Feststellungen der militärischen Ge- xeralkontrolle seien. Morgan ist entschieden dagegen, daß «an Deutschland das mitteilt; denn dann würde Deutsch- svud feststellen können, bis zu welchem Punkte die englifch- tranzösischen Generalstäbe über die militärischen Rüstungen Deutschlands Bescheid wissen. Viel näher gäbe es sür Herrn S t r e s e m a n n die Informationsquelle: das wäre »er General von Seeckt, der eine vollständige Liste über die Heeresbestände habe. Das nächste ist so »müsant, daß man es direkt zitieren muß: „Ich kann Fhncn verraten, daß die Armeekorps für die neutrale Zone in Deutschland bereits formiert sind; sobald Berlin die Order gibt, können die nötigen Mann- schaften im Rheinlands mobilisiert werden." Und das «lles hat Rollet nicht gemerkt —, es ist höchste Zeit, daß die Generalkontrollkommission Herrn Morgan zu ihrem Vorsitzenden macht. Vor ein paar Jahren erschien in Berlin ein entzückendes Büchlein: „Tartarin in 'Berlin". Darin kird geschildert, wie man in der Kontrollkommission dafür sorgte, daß man unentbehrlich bliebe, wie die Fälschungen kntstehen und vor alten Dingen bezahlt werden, die über die fürchterlichsten deutschen Kriegsrüstungen bis ans die Vgmen und die Zahl der Mannschaftsbelten genaue Nus- chnft geben, und die dann immer auftauchen, wenn die Kommission abgebaut werden soll. Der „Petit Paristen" äußert übrigens, General Rollet habe die Ausführungen seines englischen Kollegen mit einem Lächeln angehört. Er hat wohl selbst über das Gefasel gelacht, aber — wir Sachen nicht darüber, schon deswegen nicht, weil maßgebende französische Zeitungen das alles für Ernst nehmen. Wirklich und wahrhaftig für Ernst zwar nicht nehmen, aber doch so tun, als ob sie daran glaubten. Durch diese Ausführungen sei nämlich der Beweis für die „unehrliche Politik Deutsch lands" erbracht, das nur ein Zusammengehen Englands Mit Frankreich dadurch verhindern will, daß es Vor schläge über ein Sich-crheitsabkommcn herausbrachte, die es selbst nicht ernst nehme. Besonders raffiniert ist, daß man den englischen General ausgerechnet m der Carnegie- Ttiftung, die der Herbeiführung des Völkerbundes gewidmet ist, hat sprechen lassen. Tas gibt, diesen Aus- I kührungen Hintergrund, und zwar sehr ernsthaften. So ernst- ! haften, daß man wirklich daran zweifeln kann, ob denn nun ftnseits des Rheines endlich einmal eine andere Melodie erklingen wird als das ewiae Märchen von der Nichier- iiillung der Versailler Abriss ungsbcftimmnngen. Angeb lich bestehe sogar der Groß« t^eneralstab noch weiter, der »Generalstab des Herrn von Seeckt", wie- das Blatt „Jn- wrmation" behauptet. Dort liege das Karthago, das zer stört werden müsse, fügt cs hinzu. Die Neutralisation des Nheinlandes sei ein Bluff, die Arbeiten der Kontrollkom mission seien auf ausdrücklichen Befehl des Generals Seeckt "ns vor allem des Kanzlers Dr. Luther verhindert Morden —, kurzum, cs ist nichts so töricht, daß es in der französischen Presse nicht nur geschrieben, sondern von dem Leserpublikum sogar geglaubt wird. Und, was das fchlimmite ist, politische Wirkungen hu-. Eigener Fexnsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 8. Mai. Im Reichskabinett findet am Sonn abend die wichtige Beschlußfassung über die Zollvorlage statt. Gerüchteweise verlautete im Reichstag, daß die durchschnittliche Erhöhung der Zollsätze bis zu 15 Prozent in der Vorlage ent halten ist. Mit der Einbringung der Vorlage im Reichsrat in kommender Woche dürften sich auch die großen außenpolitischen Entscheidungen anbahnen. Reichsaußenminister Dr. Stresemann hat dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses eröffnet, daß die Reichsregierung erst nach dem 15. Mai in der Lage sein wird, im Ausschuß außenpolitische Erklärungen abzugeben. Die neue Aktion der deutschen Botschafter in Paris, London und Brüssel, nach Festsetzung des Räumungstermins der ersten Zone, ist bis her ohne Erfolg geblieben. Der Hauptwiderstand, sich auf einen bestimmten Termin festzulegen, liegt beim Kabinett Painleve- Briand. Auch sür die vertragliche Räumung des Ruhrgebietes liegen bisher keine Anordnungen der französischen und belgischen Militärbehörde vor. Zusammentritt aer Lok- lAalterkonlerenr sm IS. Mal Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Paris, 8. Mai. Die Botschafterkonferenz ist gestern nicht zusammengetreten. Sie wird aber den Abendblättern zufolge spätestens am Mittwoch den 13. Mai zusammentreten und end gültig zu dem Bericht der Kontrollkommission und dem Gutachten des Marschall Foch Stellung nehmen. In derselben Sitzung wird auch die Note der Alliierten an Deutschland festgelegi werden. Var seins»-kiMiMe iWiaaiistrir- Msnmien unterzeichnet. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Paris, 8. Mai. Gestern vormittag ist das KaiiaLlom- men zwischen der deutschen und der französischen Kaliindustrie unterzeichnet worden. Die besondere Bedeutung des Abkommens kommt darin zum Ausdruck, daß es nach längeren Verhandlungen gelungen ist, einen Ausgleich zwischen der deutschen und der el sässischen Kaliindustrie zu schaffen. Schiedsgericht im Korridorlonflilt. Eine Note der Reichsregierung an Polen. Die Rcichsregierung hat aus Anlaß des Eisenbahn unglücks bei Stargard an das Deutsch-Polnisch-Danziger Schiedsgericht für den Durchgangsverkehr in Danzig einen Antrag gerichtet, in dem um Feststellung ersucht wird, daß die polnische Regierung durch mangelhafte Unterhaltung der der polnischen Staatsbahn unter stehenden Durchgangsstrecke Dirschau—Marienburg schwere Gefahren für die Durchführung des Eisenbahntransports herbeigeführt und da durch die ihr nach dem Abkommen zwischen Deutschland, Polen und der Freien Stadt Danzig über den Durch gangsverkehr obliegenden Pflichten verletzt habe. Ferner wird um eine sofortige Beweiserhebung durch Besichtigung der Durchgangsstrecke Dirschau—Marienburg, insbesondere um eine sofortige Besichtigung der Unglücks- stelle unter Zuziehung von Sachverständigen und Zeugen ersucht. Die Vernachlässigung der Polen obliegenden Pflichten der ordnungsmäßigen Unterhaltung der Durch gangsstrecke wird u. a. damit begründet, daß das Schwellenmaterial nicht rechtzeitig er neuert worden sei. Zu der Ursache des Eisenbahnunglücks bei Stargard wird in der Begründung der Anträge der Standpunkt ver treten, daß die Annahme eines Attentats ab zulehnen, vielmehr der mangelhafte Zustand der Eisenbahnstrecke hierfür verantwortlich zu machen sei. Es wird weiter darauf hingewiesen, daß das Schwellen material an der Unglücksstelle nachweislich vermorscht war. Die Gefahr, die der Zustand der Durchgangsstrecke für das Leben und die Sicherheit deutscher Reichsange höriger bedeute, stelle die deutsche Negierung vor die Not wendigkeit, durch die von ihr gestellten Anträge sofor tige Klarheit über die Durchführung der Verpflichtung der polnischen Negierung zu schaffen. * Das Schiedsgericht, das nach dem Pariser Abkommen zwischen Deutschland, Danzig und Polen bei Streitfragen im Korridorverkehr anzurufen ist, besteht aus je einem Vertreter Deutschlands, Danzigs und Polens. Den Vor sitz tu diesem Gericht sührt der dänische Konfttt in Danzig. Lin neues Salksnbüncknis. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdrusfer Tageblattes". Belgrad, 8. Mai. Seit etwa einer Woche sind hier und in Athen Verhandlungen im Gange. Die Verhandlungen werden sehr beschleunigt geführt, damit noch im Laufe des Monats die Unterzeichnung des Bündnisses erfolgen kann. In Belgrad werden die Verhandlungen zwischen der griechischen und der jugo slawischen Delegation ist Boskowitz, der Führer der griechischen Delegation Ex. Kaklamanos. In politischen Kreisen verlautet, daß nach Abschluß des Bündnisvertrages Venezielos den griechi schen Eesandtenposten übernehmen wird. Im Gegensatz zu dem glatten Verlauf der Belgrader Verhandlungen soll die in Athen zwischen Rumänien und Griechenland laufenden Verhandlungen nur langsam vorwärts kommen. 3 Priester der Kathedrale in Sofia verhaftet Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Wien, 8. Mai. Wie die Neue Freie Presse aus Sofia meldet, wurden drei Priester der Kathedrale Svetla Wdelja ver haftet, denen nachgewiesen werden konnte, daß sie den am Atten tat mitschuldigen Kirchendiener Sagorski Beistand geleistet haben. Auch aus der Provinz laufen fortwährend Meldungen über Verschwörergruppen ein. In Philipopel ist eine Verschwörung aufgedeckt worden, deren Leiter verhaftet werden konnte. * Enge Freundschaft zwischen Frankreich und England. London, 7. Mai. Auf einem Festessen des französischen Institutes in London hielt gestern Austen Chamberlain eine Rede, in der er die Notwendikeit einer engen Freundschaf IzwischenEnglandundFrankreich betonte. Zusammenarbeit in allen politischen Problemen des Tages und die gegenseitige Ergänzung beider Völker würden die beste Garantie für den Frieden und die Sicher heit der Welt und für die Aufrechterhaltung des demokra tischen Charakters in den Staaten der westlichen Zivilisation bieten. Verhaftung polnischer Kommunisten. Warschau, 7. Mai. Gestern gelang es der politischen Poli zei, einer geheimen Zusammenkunft von Mitgliedern des Warschauer Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Polens und Delegierter einiger kommunistischer Landesbezirke auf die Spur zu kommen. Neun hervorragende polnische Kom munisten, darunter der Zahlmeister des Zentralkomitees wur den festgenommen. Der Krieg in Marokko. Erfolge der Rifkabylen gegen die Franzosen. In Marokko ist es wieder zu schweren Kämpfen ge- komnicn, was selbst von den Franzosen zugegeben werden muß. Nach einem amtlichen französischen Kommunique ist bei einem Vorstoß auf den Gcbirgsstock bei Biban fest- gestellt worden, daß die Rifkabylen die Dörfer sowie die Waldungen auf diesem Gebirgsstock schwerverschanzt hätten, und daß sie mehrere hintereinander liegende Schützenlinien angelegt hätten. Zu schweren Kämpfen kam es im Zentrum der französi schen Front bei der Gruppe des Obersten Freyden - berg. Freydenberg sei es gelungen, die Höhe von Taunat nach heftigen Kämpfen von den Rifkabylen zu säubern. Die Rifkabylen hätten außerordentlich hartnäckigen Widerstand geleistet und eine ganze Reihe von Gegenangriffen unternommen. In den Reihen der Rifkabylen habe man mehrere tausend Mann der Ein geborenenstämme an der Grenze des französischen Gebietes sestgcstellt, die von den Rifkabylen zur Heeresleistung ge zwungen worden seien. Der Feind habe zahlreiche Tote auf dem Schlachtfelde zuriiügelassen. Auch einige Gefangene seien in die Hand der Franzofen gefallen. Nicht ganz so günstig für die Franzosen lautet eine Nachricht, die über Tanger kommt und bekanntmacht, daß die Rifkabylen der von Taza aus vorgehenden Kolonne unter General Cambay eine schwere Nieder lage beigebracht haben. Die Franzosen mußten sich auf Taza zurückziehen und verloren etwa 30 Tote, über lOO Verwundete und zahlreiche Gefangene. Im oberen l'crghatale wurde ein französisches Flugzeug auf dem Nifgebiet zur Landung gezwungen. Der Führer und zwei Beobachter wurden gefangengcnommen. Die Eingeborenen in der französischen Marokkozone Verhalten sich ruhig. Ein großer Teil macht jedoch aus seinen Sympathien zu Abd-el- Krim kein Lebl. Zum Wilnaer Dombenattentat. Wilna, 7. Mai. Zu dem Bombenattenlat der GVmnasial- schüler gegen ihre Professoren wird noch gemeldet, daß bisher sechs Todesopfer zu beklagen sind. Auch der Professor, der durch Nevolverschüfse schwer verletzt wurde, ist gestorben. De» Direk tor hofft man am Leben erhalten zu können. In der Stadt herrscht große Aufregung. Das Gymnasium wurde geschlossen.