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Wüenbmg als MbspräzMM gewäbli. Berlin, 27. April Der ReichswalfUeiter veröffentlicht heute früh 3 Uhr das folgende vorläufige Wahlergebnis: Hindenburg . . . 14639399 (11709898) Marx 13751640 (13258628) Thälmann .... 2060000 ( 1871818) Präsident Hindenburg. „Die Waffen ruh'n, des Krieges Stürme schweigen* — nur fragt es sich, ob denn auch der süße Friede sich herab- senken wird auf das politische Schlachtfeld, jetzt nach der Wahlschlacht. Und dieser Friede ist so überaus notwendig; zwei Monate sind hingebracht worden in unendlicher Arbeit, gewaltigem Geld- und Geistesverbrauch; der in Politischen Leidenschaften nach rechts und links gezerrte Wähler hat endlich seine Ruhe. Und das Schlachtfeld kann aufgeräumt werden. So hat sich denn also auch bei uns wiederholt, was in Frankreichs Geschichte nach 1870 sich abgespielt hat: der Republik zweiter Präsident ist ein General, dort Mac ; Mahon, hier Generalseldmarschall von Hindenburg. Wer sich bei ver Wahl zu ihm bekannte, den wird die Siegesfreude erfüllen, doch nicht eine laute, lärmende Freude. Und der Gegner, der ihn bekämpfte, Wird die Wassen strecken voller Achtung vor dem Sieger; vcnn nicht einem schlechten Mann sind Marx und seine An hänger unterlegen. Das Gefühl hierfür wär ja schon im Kamps rege und hemmte und milderte die Härte und Rück sichtslosigkeit ver sonst üblichen Angriffsart. Selbstverständlich ist, daß dieses Gefühl nun schnell und stark emporwachsen muß. Das kann geschehen, weil jeder, auch der Gegner des neuen deutschen Präsidenten, genau weiß, daß diesem Mann, der so unendlich viel Menschliches sah, der so riesig-gewaltige Verantwortung getragen hat, nichts Menschliches fremd blieb. Und daher jenseits der Grenzen, über ihnen steht, der Grenzen nämlich, die heiße Parteileidenschaft zieht. Er will und wird wirk lich der Präsident des ganzen Deutschland sein, wenn er jetzt sein Amt antritt. Ein selbstverständlicher l Brauch will es, daß — bei uns wenigstens — der neuge- z wählte Präsident sich jeder aktiven parteipolitischen Be tätigung enthält; so legte Ebert sein Amt als Partei vorsitzender nieder. Bei Hindenburg bedarf es ja dessen nicht; er war ja nie Parteimann. Darum ragt er ja heraus aus der wimmelnden Masse seiner Zeitgenossen. Was ihn uns Deutschen, soweit wir nicht das Gefühl für Erbe und Geschichte unserer Väter verloren haben, so ganz besonders wertvoll macht, das ist, daß mit Hinden burg die Vergangenheit hineinragt in die Gegenwart. Es ist nicht angemessen, auf alles Vergangene zu schelten; ist es doch der Boden, auf dem wir alle stehen, und die ge schichtliche Entwicklung macht keinen Sprung. Nie hat sich auch der republikanisch-demokratischste Franzose des napo leonischen Zeitalters, des Kaisertums, geschämt, hat seinen größten Herrscher im Herzen Frankreichs, im Pariser Jn- validendom, beigesetzt. Das ehrt diese Nation. So ver- sich auch in unserm neuen Präsidenten das beste Stuck deutscher Vergangenheit, aber nicht Prunk und Pracht, sondern nur eins: Dien st am Vaterland. Seit der blutjunge Offizier bei Königgrätz sein Blut ver goß für die Heimat, kannte er nur eins: stillen, ruhig selbstlosen, aber auch angestrengtesten Dienst am Vater land. Als er nach fast fünfzigjähriger Dienstzeit als kom mandierender General 1911 seinen Abschied nahm, da ahnte er nicht, daß die Heimat noch viel höhere Anforderungen an ihn stellen würde. Der Weltkrieg kam und nach einem Monat war Hindenburg der Held Deutschlands. Blieb es bis zuletzt, blieb es darüber hinaus, trotzdem zusammenbrach, was das Ideal seines mehr als siebzigjährigen Lebens gewesen war. Doch er wuchs im Unglück. Wieder diese selbstlose, auf Dank nicht rechnende Pflichterfüllung vom November 1918 bis in den Sommer 1919 hinein, in un seres Vaterlandes allerschwersten Zeiten. Noch mußte er im Osten die Heimat schützen gegen Polengefahr. Daß es schließlich vergebens war, daß vu ^.nienle für Polen deul- sches Land uns vom Leibe der Heimat entriß, war nicht seine Schuld. Nun, nach sechs Jahren, tritt er mit demselben Pflicht- bewußtsein an sein« neuen Ausgaben heran, für Deutsch land, für uns alle ein L-ymbol dessen, was in uns gut und «del ist und blieb. Ein Mann, zu dem wir ausschauen können, gleichgültig, wie wir parteipolitisch gesinnt sind, ausschauen, weil er ist, was wir zu sein erst erstreben müssen. „Treue der Heimat* ist sein Wahlspruch; wir wissen, daß auf keines Deutschen Wort so gebaut werden kann wie auf das seine. Denn das bewies er Das Ergebnis in Sachsen. In den drei sächsischen Wahlkreisen erzielten die Präsidentschafts-Kandidaten folgende Stimmenzahlen: Hindenburg Marx . . Thülmann Dresden - Bautze» 511653 (403420) 416 24S (471726) 65155 (36 636) Leipzig 331643 (273 973) 276628 (326 476) 82226 (67 663) Chemnitz-Zwickau 490272 (377145) 284597 (336 874) 138655 (99 864) durch die Tat in Deutschlands trübster Zeit, als wildester Egoismus, Gewinnsucht und Eigennutz wie eine gewaltige Woge Deutschland überschwemmte. Als Präsident ist er auch nach außen hin der Reprä sentant Deutschlands; mit Achtung nennt das Ausland seinen Ramen, nicht zuletzt jene, die ihm einst in Waffen gegcnüberstanden. Denn sie alle wissen, vatz an ihm nichts Kleines ist, daß er vielmehr das ist, was Goethe als das höchste Glück der Erdenkinder bezeichnet, eine Persön lichkeit. R. E. * Der Lebensgang Hindenburgs. Hindenburgs Wiege hat in Posen gestanden, wo er am 2. Dezember 1847 als Sohn eines preußischen Offiziers geboren wurde. Seine Erziehung genoß er, wie es beim Osfiziersadcl meist üblich war, im Kadettenkorps, um dann als Offizier zu dienen. Mit 32 Jahren reichte er Gertrud von Sper ling die Hand zum Lebensbunde, bis sie ihm nach 42jährigem glücklichen Zusammenleben durch den Tod entrissen wurde. ^7^77' Seinen vorgesetzten Stellen fiel d«r junge Offizier schon früh aus, denn schon nach verhältnismäßig kurzer Dienstzeit wurde er zur Kriegsakademie und in den Generalstab kommandiert. Auszeichnungen, die unter dem kaiserlichen Regime nur den tüchtigsten und besähigtsten Ofsiziercn zuteil wurden. So er klomm er schnell die Stufenleiter der militärischen Rangord nung. 1893 wurde er Kommandeur des Infanterieregiments Nr. 91, 1896 Ches des Generalstabes des 8. Armeekorps und in schnellem Wechsel Kommandeur der 28. Division, komman dierender General des 4. Armeekorps, bis ihn 1905 der Kaiser zum General der Infanterie ernannte. 1911 nabm er den Abschied aus dem aktiven Dienst und wurde zur Disposition gestellt. War Hindenburg bis dahin nur in der Armee be kannt, so errang er seine Popularität und seinen Ruhm, als der Kaiser ihn im Herbst 1914 beries, um den Oberbefehl über die an der Ostfront stehenden Truppen zu übernehmen. In aller Erinnerung ist noch der Siegeslauf seiner Armeen, be sonders durch die Schlachten bei Tannenberg und an den ma surischen Seen, und das dankbare Vaterland überhäufte ihn mit Ehren, wie sie in diesem Umfange selten jemandem zuteil geworden sind. 1916 übernahm er den Oberbefehl über die gesamte Armee, und große Operationen bis zum Ende des Krieges unterstanden seiner Leitung. Beim Rückzug in die Heimat stellte er sich der neuen Regierung bis zur völligen Demobilisierung zur Verfügung und ging dann in den Ruhe- stand nach Hannover. Rege Wahlbeteiligung in Berlin. Berlin, 26. April. Die Beteiligung im zweiten Wahl gang für die Reichspräsidentenwahl war in der Reichshaupt stadt äußerst rege. Vor zahlreichen Wahllokalen standen schon bei Eröffnung um 9 Uhr morgens viele Wähler, um ihr höchstes bürgerliches Recht auszuüben. Die Wahlpropaganda, die sonst noch an Wahltagen lebhaft betrieben wird, flaute infolge des in den Vormittagsstunden einsetzenden starken Regens ab, der auch große Ansammlungen von Wahl bummlern verhinderte. Meldungen über Zwischenfälle lagen in den Abendstunden an den zuständigen Stellen nicht vor. Ser Wahlkampf im Reich. Berlin, 26. April. Nach den hier eingetrosfenen Meldun gen ist auch im Reich die Wahlbeteiligung recht rege gewesen. In verschiedenen Städten des Rheinlandes z. B. waren bis gegen Mittag schon mehr Wähler zur Urne geschritten als im ersten Wahlgang, während des ganzen Wahltages. In Thüringen, wo schönstes Frühlingsweiter herrschte, über- boien sich Reichsblock und Volksbkock gegenseitig noch am Wahlsonntag bet der Wahlpropaganoa. Die Wahlen in Suv- deutschland waren von schlechtem Wetter begleitet, das etwas lähmend aus den Wahlakt wirkte. In Oberschlesien ist es sowohl in Gleiwitz wie in Ratibor zu kleinen Zu sammenstößen gekommen. Einzelergebnijse aus Sachse«. H. - Hindenburg; M. - Marx; DH. DhälmaM. Meißen (Stadt). H. 11168, M. 12 026, DH. 1114. Meißen (Land). H. 24 271, M. 15962, DH. 1804. Rosten (Stadt). H- 1772, M. 1094, DH. 263. Lommatzsch. H- 1402, M. 983, Th. 43. Coswig. H. 1633, M. 1321, DH. 135. Riesa (Stadt). H. 6455, M. 5763, DH. 1066 . Freital (Stadt). H. 5825, M. 11 463, DH. 3257. Stadt Dresden. H. 179 242, M. 145 261, DH. 23 560. Amtsh. Dresden. H. 39 499, M. 35 379, DH. 6966. Dippoldiswalde (Stadt). H. 1551, M. 719, DH. 211. Pirna (Stadt). H. 8375, M. 4790, DH. 2808. Pirna (Land). H. 29 097, M. 18 831, DH. 6148. Königstein. H. 1230, M. 717, DH. 180. Großenhain (Stadt). H. 6001, M. 2725, DH. 197. Großenhain (Land). H. 19 625, M. 10 252, DH. 1715. Kamenz (Stadt). H. 3056, M. 3035, DH. 101. Kamenz (Land). H. 16012, M. 14318, DH. 654. Löbau (Stadt). H. 3696, M. 3349, DH. 181. Löbau (Land). H. 23 327, M. 23 393, DH. 28:51. Bautzen (Stadt). H. 10 938, M. 9349, DH. 1023. Bautzen (Land). H. 26 914, M. 19 803, DH. 2253. Zittau (Stadt). H. 8501, M. 10 234, DH. 438 Zittau (Land). H. 21158, M. 3S 187, DH. 3751.