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Im ?arackiese gab. sängt an. wieder besser zu tragen. Und morgen früh werden vom Turm der allen Klosterkirche die Posaunen den Choral blasen von der Osterfonne, dis immer ausgeht nach noch so schwerer, dunkler Zeit." Das Osterfeuer drüben am Flußuser war erlo schen. vom Fährhaus her Nangen die Töne einer Harmonika herüber, und dann singen mit einemmal die Glocken an zu läuten, Landweg zum nächsten Dors Hal Napoleon pflanzen lassen, um seine Heerstraßen zu kennzeichnen- bald wird man di, legten wegschlagen. weil sie überaltert sind Damals verfiel das Kloster, aller Lefitz wurde Anhängern des fremden Gewallherrn geschenkt. Wir mußten durch noch Schwereres hindurch Ader unser Boden, der. durch den Krieg von künstlicher Düngereinsuhr adgejchnitten. immer ärmere Ernten Als da- Paradies noch aus Erden war. da gab es kein Ostern, kein Erwachen, kein Auserstehen, da war ewiges Blühen, ewiges Reifen, ewiger Som mer. Auf den Auen leuchteten die Blumen in un vergänglicher Pracht, in den Hainen reisten die Früchte in unermeßlicher Fülle. Niemals fiel eine Blüte von ihrem Stengel, nie entführte der Wind eines ihrer zarten Blättchen, nie welkte oder ver dorrte eine. Auch von den Früchten löste sich keine jemals aus dem Gezweig, aus der kosenden Um armung de» immergrünen Laubes, Denn im Para dies gab's keinen Untergang. Ein milder Luslhauch bewegte die Wipsel der Bäume, schaukelte die Kopse der Blumen, spielt« mit den im Sonnenlicht glänzenden Gräsern und trieb Duftwoiken von unbeschreiblichem Wohlgeruch über die Erde. Unzählige Tiere bevölkerten den pran genden Garten. Sie waren wunschlos und friedlich, lebten von den weichen Lüsten, von den süßen Düs ten, ohne Hunger, ohne Durst, und kannten keinen andern Trieb als den. immerdar durch diese» Schwellen undGleißen, dieses nie aufhörende Blühen und Reifen dahinzuwandeln, zu kriechen, zu fliegen, jede Art, wie es ihrer Natur entsprach, oder sich still vom Lichte der Sonne bescheinen zu lassen und des Nachts unter dem glitzernden Sternenhimmel zu ruhen. So sah es aus der Erde aus, bevor der Mensch geschaffen wurde. Und immer mehr nahm sie zu, die Pracht der Natur, ihre Schönheit und Üppigkeit, und der Erdball droht« zu ersticken unter der Über fülle dessen, was er erzeugt«. Da ließGottvater einen Funken des Weltengeistes auf ihn niederdlitzen, ein winziges Fünkchen nur, aber stärker als alte Kräfte der Erde. Erst schwirrt« es eine Weile tanzend um die grüne Kugel. Dann schoß es herab und im Augenblick, da es den Körper der Erde berührte, teilte es sich, so winzig es war. in noch zwei kleinere Fünkchen. An der Stelle, wo es niedergekommen war. begann ein wunderbares Weben und Treiben, so wie wenn im Boden ein Saatkorn keimt oder im Hirn des Menschen ein Ge danke sprießt. Und siehe: die Kräfte des Erdballs woben um jedes der beiden Fünkchen ein herrliches Kleid. Da aber das Fünklein, das beim Aufprall aus die Erde vom andern abgesprüht war, ein wenig kleiner als dieses war, wurden ihre Hüllen nicht gleich: das größere erhielt eins etwas derbere, kräftigere, das kleinere eine zartere. In der Form ähnelten die beiden Hüllen einander wie jedes der vielen Tiere, die meist in Paaren beieinande einen, dem andern des Paares. Aber sie waren viel schöner Von N. gestaltet als die Leiber der Tiere, und die göttlichen Funken, die in ihnen glühten, strahlten von innen her einen geheimnisvollen Schimmer über sie aus. Das waren die ersten Menschen: Adam und Eva. Sie lebten wie olle Kreatur vom Hauch der Lust und dem süßen Duft, der über der Erde lag, und trugen keinen Wunsch und kein Verlangen im Herzen. Doch da ein Funke der Wettvernunft in ihnen glomm, sahen sie die Natur mit andern Augen an als die Tiere. Sie gewahrten das ewige Blühen, das ewige Reifen und verwunderten sich und sprachen: »Was sind das für bunte Blätter zwischen dem Grün? Was sind das für Kugeln und seltsame Kiesel an Baum und Strauch?" Und eine» Tages, als sie unter einem großen Apfelbaum stan den und neugierig in die fruchtbeladene Krone schauten, griff Evo tastend nach einem roten Apfel. Der löste sich vom Stiel und glitt ihr in die Hand, und wie sie ihn mit leisem Erschrecken betrachtete und hin- und herwendete und seinen herben Geruch einsog, kam ein Gelüst über sie und sie biß hinein und reichte ihn Adam und er kostete auch. Das war unsrer Urahnen erste Tat. Und von Stund an hatte dus ewige Reifen ein Ende. Dis Früchte fielen in Masten von den Bäumen oder wurden überreif und faulten an den Zweigen, die Beeren vertrockneten und die Körner sprangen aus den Ähren. Auch das ewige Blühen hatte ein Ende. Aber ihm folgte nicht Untergang und Verwesung, ihm folgte ein neues Reifen. Denn die Tat Adams und Evas war nicht nur Zerstören, sie war auch ein Siegen, Befreien. Erlösen, war ein Zerreißen des Zaubers, der sie gefangenhielt. Sie blickten sich an und die Flamme des Begehrens schlug in ihnen empor. Aber was sie begehrten, das wußten sie nicht. Der winzige Funke, der ihre Seele war, brannte in ihrer Brust, der Schöpfungswille des Weitengeistes, der ewig schaffen mutz, aber nur schaffen kann, indem er zerstört; denn alles Schaffen ist Wandeln und alles Wandeln Vernichten. Alle Wesen erwachten aus ihrem wunschlossn Dammern. Die Gier des Hungers und Durstes, die Glut der Triebe loderte in ihnen auf. Das aber kam nicht aus dem göttlichen Geist, das kam aus dem Geist der Tiefe, der im Innern der Erde haust und jedes Geschöpf, das die Erde zeugt, mit seinem Feuerhauch tauft. Der Erdball erschauerte unter der Lohe der entfesselten Leidenschaften. Er schwankte in seiner Bahn und vermochte nicht mehr aufrecht um die Sonne zu rollen, sondern neigte sich wie ein Kreisel, der aus dem Gleichgewicht kommt. Da oer I^eue Hoffnung-' gewährt? gegangen unbeküm- blühende der Winter über sie. Die anderen aber, merk um ihr Schicksal, zogen durch eine Landschaft. Hatte dieser Winter tausend Jahre Hatten die beiden anderen, die von ihr loren die Strahlen der Sonne ihre wärmende Kraft. Dis Kälte des Äthers brach in den Luftkreis ein und breitete sine Decke von Cis und Schnee über die Erde. Es hätte nicht viel gefehlt, und alles Leben märe erstarrt! Doch eh' do» geschah, sandte Gott seinen Engel herab. Der berührte die Erden kugel, daß sie sich wieder «mporrichtete und sich auf recht wie vordem dahinschwang. Jetzt begann ein Keimen und Sprießen, Treiben und Knospen, ein Blühen, so fein und lieblich, wie es wonniger nicht im Paradiese gewesen. Adam und Eva kamen aus der Winterhöhls, in die sie sich verkrochen hatten, hervor, hoben ihre Hände gen Himmel und lobten den Herrn. Sie glaubten, die Zeit Ler Paradieses sei wieder da. Aber dar war in Irrtum. Denn das Paradies ist ein Traum und kann niemals wieder erscheinen. Eine ander« Zeit war gekommen: die Osterzell. Da« ist auch eine paradiesische Zeit und eine köstlichere als die des Traumes; denn sie ist Wirklichkeit. Seit her kommt das Erwachen nach langem Winterschlaf jedes Jahr über die Welt, denn Gott hat der Erde das Schwanken aus ihrer Dahn zum Gesetz gemacht. Dann treibt ein Sehnen die Menschen aus ihren Häusern. Staunend schauen sie die Auferstehung ringsum und in ihren Herzen glühen die Fünklein aus wie in den Herzen Adams und Eva» im Paradies. Von UNISN Tages zu ihr brachte. Sie sollt« nicht so viel allein fein, Gesellschaft Haden, wenn «r bei seinen Arbeiten saß oder auf viele Stunden sie verlassen mußte. Di« Einsamkeit scheine sie schlaff und müde zu machen, meinte er. in zärtlicher Fürsorge. Wußte er nicht, daß diese Einsamkeit belebt war in unermüdlichem Gedenken an ihn: wie er war und sprach, und kam und ging, was er dachte und tat? Aber sie fügte sich, wie stets, seinem Willen, und so führte er ihr die Jugend ins Haus, die Schönheit und den frohen, leichten Sinn. Machtvoller, stärker, sicherer schien er als je. Seine äußere Erscheinung strahlte seinen stolzen Mut aus, sein Selbstgefühl. Aber während die eine immer ganz in ihm ausging, war die andere nur neben ihm. in Lust und Lachen, in junger Ge sundheit! Das Frische. Lebendige, das Neue! Nur sie war dabei leer ausgegangen. Nun tand sie da mit leeren Händen und leerem, ver- i agiem Herzen. Aber weh tat's, fürchterlich weh! Ein >rausames, gräßliches Elend! Diese Armseligkeit. )iese Wehrlosigkeit und Ohnmacht. Nichts mehr hatte ie «inzusetzen. Mit ruhigen Worten hatte er ihr ge- agt, daß er die Trennung von ihr verlange. Es war um die Weihnachtszeit. Und während es wie Waldesduft aujstieg aus den weihnachtlichen Tannenreisern und wie Weih rauch aus den niedergebrannten Wachskerzen, fiel Ostersktrre Ein FrÜhlingsahneo ging Lurch die Natur. Ganz plötzlich war es gekommen! Gestern noch gab's Schnee und Eis und ein rauher Wind heulte um La» Haus, das draußen zwischen den Föhren stand. Unendliche Ruhe lag darüber, darin. Etwas Weiches, Müdes, wie tiefer Winterschlaf! Aus den Möbeln war es ausgebreitet, träumte über den dicken Teppichen und schweren Portieren und in der roten Glut de» Feuers. In atemlosem Schweigen zog «s durch den Raum, wob um die Gewänder der stillen Frau und lastete auf ihrer Seele. Ihr letztes Ge fühl war entschlummert, tot wohl gar; denn nicht» regte sich in ihrem Herzen und wie erstarrt war ihr Empfinden. Keine Sehnsucht und kein Verlangen, keine Neugier, keine Furcht und — keine Hoffnung! Erst glaubte sie. daran sterben zu müssen, und nun war alles erstorben in ihr. und sie — lebte. Wenn man das leben nennt! Sie atmete, sie bewegte sich, mechanisch, wie im Traume, auch das nicht einmal, denn die Träume haben einen Inhalt: Gestalten und Gedanken sind in ihnen. Ihr Dasein aber war inhaltlos! Die schreckliche Stunde hatte ihr olles ge raubt. Aus ihren Armen riß sie das Glück jäh und hastig. Und während sie sich noch daran zu klammern versuchte, während sie vermeinte, es noch festhalten zu können, entglitt es ihr auf immer. Da war sie zu sammengesunken in wilden, tobenden Schmerzen, in rasender Empörung und verzweifeltem Jammer. Das konnte nicht sein, durfte nicht fein! Aber es war. Unwiderruflich. Allgemach empfand sie es, begriff es und wurde ruhig und stillt Ohnmächtig erlag sie ihrem Geschick. Sie hatte heute nicht zu sagen gewußt, warum ihr Gatte von ihr gegangen war. Ganz hatte sie sich ihm unterworfen. Viele Jahre. Eine selige Ewigkeit glaubte sie; aber es war nur eine kurze Spanne Zeit gewesen. Ein Sommerleben, ein Sonnentraum, wurzellos, machtlos, haltlos, entschwebend. Sie war nur in ihm, ganz in seiner Kraft und seinem starken Willen; nichts Eigenes besaß sie. Im Denken und Fühlen eins mit ihm, so daß es ihr nie in den Sinn gekommen wäre, daß die andere ihn ihr rauben könnte — die andere, die sie beide geliebt hatten. Er und siel Denn sie liebte, was er liebte, und ihr gefiel, was ihm gefiel. Und so nahm sie es dankbar an, und in sretldiger Zustimmung, als er dies« andere eines waren, ein neues Reich errichtet? Ein letzter Rest von Neugier störte sie aus. Sie verließ den Platz, auf dem sie sich zusammengekauert hatte, und wankte hinaus, ins Freie. Am Gartenzaun standen die Flie derhecken dürr und kahl; aber wie von jungen Lebensschauern geschwellt, bewegten sie sich leise in der herben Luft. Eine Schneekruste zog sich den Weg saum entlang. Die Sonnenstrahlen lösten sie aus zu einer grauen, breiigen Masse, und aus der dunklen, feuchten Erde steckte ein erstes Veilchen sein blaues frierendes Köpfchen hervor. Langsam zog über ihrem Haupte ein Vogel einher. Ein Heimatsucherl Der Lenz war da! Sie stierte wie bewußtlos in das wiedererwachende Leben. Dann bückte sie sich und