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NO. 82. PAPIER-ZEITUNG. 2351 63 63 63 €3 Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. 63 663 6 Schwache Leistungen. Ohne Zweifel ist die Buchdruckerkunst gegenwärtig — so weit es sich um feinere Accidenzarbeiten handelt — auf einer hohen Stufe der Entwickelung angelangt, und diejenigen Druckereien, welche dieses Feld pflegen, sind eifrig bestrebt, auf der Höhe der Zeit zu bleiben und ihren guten Ruf zu wahren. Im Gegensatz hierzu steht die Thatsache, dass der Herstellung von Werken und Druckheften im allgemeinen nicht mehr diejenige Sorgfalt und Aufmerksamkeit zugewendet wird, welche fehlerfreie Und tadellose Arbeiten erfordern; — die Anforderungen, welche die Werkdruckereien selbst an ihre Erzeugnisse stellen, scheinen zurückgegangen zu sein in dem allgemeinen Wettbewerb, den heutigen Tages auch solche Druckereien aufzunehmen gezwungen sind, die sich seither einer festen, den Werth guter Arbeit würdigenden Kundschaft erfreuten. So kommt es, dass selbst wohlangesehene Druckereien, die ihre besseren Accidenzen vollendet schön auszustatten gewohnt sind, in Werken, Broschüren, Preislisten usw. typographische Schnitzer begehen, die auf gedankenloses Nachahmen des flüchtig hingeworfenen und vom Verfasser nicht genügend durchgesehenen Manuskripts zurückzuführen sind. Man begnügt sich damit, die groben Fehler im Satz zu berichtigen; zur Beseitigung typo graphischer Mangelhaftigkeiten und Inkonsequenzen aber ist die Zeit nicht vorhanden, weil die damit verbundenen Unkosten sich nicht bezahlt machen. In der Regel glaubt man auch, dass bei eiligen Aufträgen die Zeit, das Manuskript in der Druckerei vor dem Satz einer genauen Durchsicht zu unterziehen, nicht vor handen sei und findet dann leider zu spät, dass die zehnfache Zeit dazu gehört, die aus dem Manuskript überkommenen Mängel vor dem Druck zu beseitigen. Wohl oder übel muss man dann sehr oft hierauf überhaupt verzichten. In früherer Zeit haben die besseren Druckereien solche un vollkommenen Manuskripte entweder zurückgewiesen, oder sie haben deren Durchsicht und Verbesserung selbst übernommen und dem Auftraggeber diese Mühwaltung in irgend einer Form in Anrechnung gebracht. Heutigen 'Pages ist das erstere nicht angebracht, weil der Auftraggeber sicher leicht eine andere, minder gewissenhafte Druckerei findet, die den Auftrag bedingungslos übernimmt, und andernfalls duldet die leidige Konkurrenz einen Preisaufschlag für das Redigiren des Manuskripts nicht! Unter solchen Verhältnissen aber leidet die Güte der Druck- Erzeugnisse im allgemeinen; denn die einmal durchgegangene Oberflächlichkeit und Gleichgiltigkeit in diesem Punkte wird gar bald zur Gewohnheit. Dem Setzer ist vielfach schwer und nur durch wiederholte Korrekturen begreiflich zu machen, dass es nicht in der Absicht des Auftraggebers liegt, ein mit Ungleichheiten in der Schreib weise behaftetes Manuskript in dieser Form drucken zu lassen, und täglich kann man hierbei die widersinnige Entschuldigung hören: »Es hat so im Manuskript gestanden.« So findet man z. B. in einer Drucksache sich oft wieder holende zusammengesetzte Hauptwörter bald als Kuppelwörter mit Divis, bald zusammengezogen gesetzt; dann wieder werden die Bezeichnungen für Maasse und Gewichte: Hektoliter, Kilo gramme usw. bald ausgesetzt, bald durch die amtlich eingeführten Zeichen hl, kg usw., letztere auch wohl zur Abwechselung fälschlich mit Punkten versehen (hl., kg.), ausgedrückt; auch dem §-Zeichen wird zuweilen dieser überflüssige Punkt (§.) hinzugefügt; hier liest man Schiffahrt mit ff, einige Seiten weiter Dritttheil mit drei fachem t. Eine weitere Gedankenlosigkeit begeht man vielfach — wie selbst in einem Sektionsbericht der Buchdrucker - Berufs genossenschaft geschehen ist — dadurch, dass man das Wort » bis« kurzweg überall durch einen Bruchziffer - Schrägstrich ersetzt, während es in den meisten Fällen durch Gedankenstrich wieder gegeben sein müsste, weil der Schrägstrich nur da berechtigt ist, wo ein bestimmter Zeitabschnitt in zwei Kalenderjahre fällt, z. B. im Erntejahre 1890/91, Winterhalbjahr 1889/90. Wo von mehreren Kalenderjahren die Rede ist, z. B. in den Jahren 1890—92, oder wo die Klassen der Betriebe nach der Zahl der Arbeiter’ in den Vorderspalten der Tabellen aufgeführt sind, ist der Gedanken strich am Platze; also nicht: 1/10, 11/20, sondern 1 —10, 11—20. Als ein Merkmal grosser Flüchtigkeit muss es ferner erscheinen, wenn bei Tabellensatz die erste, sogenannte Vorspalte, wenn sie aus nur kurzen Wörtern oder Zifferngruppen besteht, einfach in die Mitte eines recht breit angelegtenFeldes gesetzt wird, anstatt dass diese Wörter oder Zifferngruppen mehr' nach links gerückt werden und der rechts frei bleibende Raum bis zur ersten Ziffer aus- punktirt wird. Die Eile der Herstellung sollte solchen Schönheits fehlern in besseren Druckereien nicht als Entschuldigung dienen; wo derartige Arbeiten öfter wiederkehren, sollte man eine ge druckte Anleitung für die Setzer zur Hand haben, damit solche Verstösse gegen den typographischen Geschmack von vornherein vermieden werden; sie in der Korrektur beseitigen zu wollen, ist sehr kostspielig und des damit verbundenen Zeitverlustes wegen auch selten noch möglich. Diejenigen Druckereien aber, welche in betreff der Korrektheit ihrer Erzeugnisse solchen leichtfertigen Grundsätzen huldigen, sind leicht geneigt, zu Preisen zu arbeiten, mit denen gewissenhafte Buchdrucker nicht bestehen können. Darum sollten angesehene Geschäfte an ihre Erzeugnisse dieser Art denselben Maassstab legen, den sie im feineren Accidenzfache allgemein als noth wendig erachten, und die Auftraggeber sollten für sorgfältige oder unsorgfältige Ausführung ein schärferes Auge haben. E. Normal-Zeitung Kopflose Zeitung. Zu Gunsten des deutschen Provinzial-Zeitungswesens haben sich seit einer Reihe von Jahren Unternehmungen gebildet, welche den Zweck haben sollen, denjenigen Herausgebern von Blättern, welche durch irgendwelche Umstände verhindert sind, den voll ständigen Satz ihrer Zeitung selber herzurichten, dadurch Vorschub zu leisten, dass sie ihnen einen Theil ihres Blattes, also eine halb fertige Zeitung, als Vordruck liefern, damit sie den bereits fertig gestellten Satz sparen. Mindestens ist bei diesen Vordrucken die letzte Seite, im allgemeinen jedoch die erste und letzte Seite blank (d. h. unbedruckt, weiss) gelassen, um den Beziehern Ge legenheit zu geben, die lokalen Nachrichten und Anzeigen selb ständig herzurichten. Diese Unternehmungen stehen noch im frühesten Stadium der Kindheit, sie sind noch gar zu wenig entwickelt, und Der jenige ist zu bedauern, welcher gezwungen ist, sich ihrer zu be dienen. Der Inhalt ist ziemlich werthlos, der Umfang knapp und die Ausstattung äusserst dürftig. Wenn dies von den Erzeugnissen der älteren Anstalten gilt, so muss aber auch zugegeben werden, dass in der jüngsten Zeit einige Unternehmungen für diesen Zweck an die Oeffentlichkeit traten, deren Erzeugnisse Beachtung ver dienen, denn ihr Inhalt ist gewählt, mannigfaltig und daher interessant, so dass man neuerdings von einem Fortschritt auf diesem Gebiete reden kann. In der nordamerikanischen Union steht diese Einrichtung auf einer hohen Stufe der Entwickelung, welchem Umstande es auch zuzuschreiben ist, dass sich dort eine grosse Anzahl der Provinzial blätter die ihnen auf diese Weise dargebotenen Vortheile zu Nutze macht. Die Geschäfte, welche solche Zeitungs -Vordrucke liefern, nennen ihre Erzeugnisse Normal-Zeitungen, während sie allgemein als kopflose Zeitungen bezeichnet werden. Beides sind Benennungen, welche völlig unverständlich sind und den Beweis liefern, wie wenig Geschick die Deutschen bei Ermittelung logischer Be zeichnungen von Neuerungen besitzen. So lese ich allemal mit Verwunderung die Namensform Normal-Zeitung, denn es ist mir nicht möglich, auch nur annähernd eine Erklärung für den Be griff zu finden; das Adjektiv kopflos dagegen ist noch viel ver werflicher gewählt, denn es drückt in ursprünglicher Bedeutung den Begriff von etwas Unästhetischem aus, in übertragener Be deutung ist es sinnverwandt mit thöricht, unvernünftig, närrisch. Der Amerikaner ist in dieser Hinsicht findiger, denn er weiss den Nagel auf den Kopf zu treffen. Er nennt seine Zeitungsvordrucke dieser Art »cooperative timest, und wenn wir diese Bezeichnung