Volltext Seite (XML)
No. 81. PAPIER-ZEITUNG. 2323 nicht durch geeignete Papierauswahl unterstützt wird. Hier wird der Papierfabrikant am besten das Richtige treffen, und er hat es in der Hand, auch den Verleger auf die Vorzüge und Nach theile der einen oder anderen Papiersorten aufmerksam zu machen. Dabei ist es für ihn selbstverständlich von Vortheil, die Anforde rungen genau zu kennen, welche die Technik des Bucheinbandes an die Papiere stellt. Der gewissenhafte Buchbinder heftet und bindet die Bücher nach anerkannten Regeln, richtet sich, soweit er es kann, mit seiner Arbeitsweise auch nach der Beschaffenheit des Papieres, satinirt z. B. weiches, presst hartes, heftet dickes Papier mit stärkerem, dünneres mit schwächerem Zwirn, um ein Gleichgewicht herbeizuführen, und nimmt noch andere abweichende Hantirungen vor. Aber entspricht das Papier dem Zweck nicht, so kann er nichts ändern. Die Schuld liegt dann am Verleger. Dieser besitzt aber meist selbst nicht genügende Papierkenntniss, und sollte daher vom Papierfabrikanten berathen werden. In Betracht kommen bei der Papierwahl ferner noch die Ar beiten des Abpressens und Beschneidens. Das geheftete Buch wird, um die einzelnen Bogen unter einander zu verbinden, am Rücken mit Leim überstrichen. Den Leim reibt der Buchbinder mit der scharfen Seite eines Hammers fest zwischen die einzelnen Bogenrücken ein. Ist das Buch trocken, so beschneidet er es an der Vorderseite, macht es am Rücken rund und »presst es ab«. Das Abpressen hat den Zweck, den Rücken gegen den Buch körper zu verbreitern, und ihn mit zwei vorspringenden Falzen zu versehen, die den Deckeln als Stützpunkte dienen. Diese Arbeit verrichtet der Buchbinder auf folgende Weise: Er legt das rund- zwei Bretter und lässt den Rücken so weit über die Bretterkanten wegstehen, als die Breite des Falzes betragen soll. Fig. 7 zeigt dies; a sind die Bretter, b ist der bei c c etwas vorstehende Buch rücken. In dieser Lage setzt er das Buch in die Presse. Dann nimmt er einen Hammer oder das sogenannte Cachireisen und klopft mit ihm den Buchrücken kräftig nach beiden Seiten zu auf die Bretterkanten nieder. Dabei wird mit dem Werkzeug eine seitlich ziehende Bewegung gemacht, sodass der Rücken weniger über die Bretter geklopft als vielmehr gezogen wird. Liegt der Rücken auf beiden Seiten fest auf den Bretterkanten, so wird er mit Kleister über strichen, der Klebstoff kräftig eingerieben, dann abgewischt, noch mals Kleister aufgetragen und Papier, Gaze oder Shirting auf den Rücken geklebt. In grossen Buchbindereien wird das Herüberdrücken der Rückenfälze mit einer Maschine gemacht. Was bei Handarbeit das Ziehen und Klopfen bewirkt, thut dort eine Stahlwalze, die unter kräftigem Druck von der Mitte her nach den Seiten zu über den Rücken weggezogen wird. Dabei drückt die Walze die Rückenfälze an. Beim Abpressen wird das Papier ziemlich strapazirt. Be sonders ist das Abpressen mittels Maschine etwas gewaltthätig. Die Bogen werden im Rückenfalz unter starker Kraftanwendung breit gedrückt und zugleich seitlich gezogen. Infolge des Walzen druckes entstehen im Innern an den Blättern oft Falten, welche die Schönheit des Buches erheblich beeinträchtigen. Dieses Falten werfen soll nun freilich nichtstattfinden; es ist ein Verstoss gegen die Forderung guter Buchbinderarbeit. Auch bei Handarbeit ent stehen durch zu starkes Klopfen mit dem Hammer oft Falten, doch findet man sie vorzugsweise bei Büchern, die mit der Maschine abgepresst sind. Auch die Drahtheftung scheint das Faltenwerfen zu begünstigen. An einem abgepressten Buche ist der Rücken einige Millimeter breiter als der übrige Buchblock. Diese Verbreiterung wird durch ein fächerartiges Ausspreizen der seitlich gedrückten und ge klopften Bogen hervorgebracht. Fig. 8 zeigt den Rücken eines abgepressten Buches. Bei b, b sieht man, wie der Rücken in zwei Vorsprüngen — den sogenannten Rückenfälzen — scharf über den Buchblock hervortritt. Ebenso sieht man, dass diese Vorsprünge dadurch entstehen, dass vom höchsten Mittelpunkte des Rückens aus die Bogen rechts und links nach a, a zu heruntergebogen sind. Jeder Bogen sowie jedes Blatt erhält dadurch in der Entfernung der Falzbreite vom Rücken einen Bruch, der in jedem abgepressten Buche zu sehen ist. Dieser Bruch ist vorn und hinten bei a, a am stärksten, in der Mitte des Rückens aber am wenigsten sicht bar. Er leistet dem flachen Auflegen der Blätter Vorschub und gestattet, ein Buch ohne Schwierigkeit zu lesen, ohne dass der Buchkörper vorn und hinten fest aus dem Deckelrücken gezogen wird. In der Mitte fällt das Buch von selbst flach auf. Die Bogen müssen beim Abpressen also im Rückenbruch einen kräftigen, ziehenden Druck aushalten, sie müssen sich unter diesem seitwärts legen, ohne dabei zu reissen oder durchzubrechen. Bei der Handarbeit wird der Rücken auch noch mit Kleister ange- feuchtet, bevor die Fälze angeklopft werden. Wegfallen kann das Abpressen bei Druckwerken nicht, die Technik des Buch bindens erfordert es. Daher dürfte es gerathen sein, dass bei der Papierprüfung auch hierauf Rücksicht genommen wird. Bemerkt sei noch, dass Kontobücher nur geleimt werden, dass bei ihnen also kein Falz angeklopft wird, da der Kontobucheinband anders als der gewöhnliche Büchereinband beschaffen ist. Ungeeignete Bücherpapiere machen dem Buchbinder oft beim Beschneiden des oberen und unteren Buchschnittes sehr zu schaffen. Da die Bücher am Rücken rund geklopft werden, so wird auch der Vorderschnitt in demselben Verhältniss mit gerundet. Der Rücken ist nach aussen gerundet, der Schnitt nach innen. Der obere und untere Schnitt wird in der Regel erst nach dem Runden des Buches beschnitten. Ist das Buch in die Schneidemaschine gepresst, so übt der Balken nur da wirklichen Druck aus, wo die Rundung am tiefsten ist, also bei b der Buchrundung Fig. 9. Der nach oben vorstehende Theil bis zu a hängt frei in der Luft und findet gegen den Druck des niedergehenden Messers keinen Gegendruck. Der Niedergang des Messers erfolgt bei der Schneidemaschine nicht senkrecht, sondern schräg, genau wie die oberhalb befindlichen Pfeile zeigen. Der Maschinenschnitt ist also ein nach rechts schräg ziehender. Besteht nun das Buch aus Papier, das nicht zäh genug ist, den ziehenden Schnitt des Messers ohne Gegendruck auszuhalten, so werden die Ecken bei a weggerissen. Bei Holzschliffpapieren kann man bemerken, dass sie förmlich herunterbröckeln. Papiere aus solider Fasermasse halten den Messerschnitt bei nicht übermässiger Buchrundung in der Regel gut aus. Man hat auch versucht, mechanische Vorrichtungen gegen das Ausreissen an der Maschine anzubringen, doch wäre es im Interesse des Buchbinders wünschenswerth, dass auch bei der Papierwahl Rücksicht auf das Beschneiden genommen würde. Zu Drucksachen, bei denen eingedruckte Illustrationen zu schöner Geltung kommen sollen, wird neuerlich öfter das soge nannte gestrichene »Feindruckpapier« verwendet, auf welches z. B. auch die Weihnachtsnummer der »Papier-Zeitung«, Jahr gang 1888, gedruckt ist. Es ist richtig, dass auf diesem Papier Bilderdruck schöner zur Geltung kommt, als auf gewöhnlichem Druckpapier. Zu Tafeldrucken, Preislisten, Rundschriften und Aehnlichem mag es daher recht zweckentsprechend sein. Anders ist das aber mit umfangreichen Werken, die zum Binden be stimmt sind. Hier müssen an das Papier noch andere Anforde rungen als die der leichtern und wirkungsvolleren Bedruckfähig keit gestellt werden. Werden Bilder, wie das oft geschieht, auf einzelne Blätter oder Tafeln von gestrichenem Papier gedruckt, die zum Einkleben in Werke aus ungestrichenem Papier bestimmt sind, so ist da gegen nichts einzuwenden. Denn die Tafeln werden von sorg fältig arbeitenden Buchbindern in der Regel mit Leinwandfälzen oder doch mit kräftigen Papierfälzen um die Druckbogen des Werkes gehängt. Besteht jedoch das Werk vollständig aus ge strichenem Papier, wird dieses zu Quartbogen gefalzt, durch den Rückenfalz geheftet und auf übliche Weise gebunden, so drängen sich schwerwiegende Bedenken gegen die Dauerhaftigkeit der artiger Bücher auf. Man falze einen Bogen gestrichenes Feindruckpapier in Quart- oder Oktav-Format, und man wird die Zweifel an der Haltbarkeit gebundener Bücher gerecht finden. Jeder scharfe Falzstrich, den man mit dem Falzbeine macht, ist von einem knisternden Ge räusch begleitet. Die Ursache desselben ist leicht zu entdecken: die harte Farbschicht, welche auf das Papier gestrichen ist, besitzt weder genügende Zähigkeit noch Biegsamkeit, um das Falzen er tragen zu können. Sie bricht beim Niederstreichen des Bruches in der ganzen Länge des Bogens durch und reisst, da sie mit dem Papier fest verbunden ist, theilweise sogar noch Papierfasern mit. Der Falzbruch ist beiderseitig von zackigen Farbtheilchen begrenzt, und das unter ihm liegende Papier wird sichtbar. Dieses Springen und Zerreissen der Farbschichte verursacht im Rückenbruch eine bedeutende Schwächung der Doppelblätter gemachte Buch zwischen Fig. 7. Fig. 8. Fig- 9-