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PAPIER-ZEITUNG. Briefkasten. 285. Frage: Von der .... sehen Handelskammer zu bin ich beauftragt, — behufs Abfassung des diesjährigen Handelskammerberichtes -— einen Spezialbericht über Papier- und Pappenfabrikation zu erstatten. Als langjähriger Leser Ihres geschätzten Blattes, wie auch im allgemeinen Interesse bitte ich freundlichst, mich hierin durch einige Mittheilungen an geeigneter Stelle der Papier-Zeitung über die Einwirkung der neuen Handels verträge, Zölle auf Rohmaterial und fertige Waaren unserer Branche gütigst unterstützen zu wollen. Antwort: Die Handelsverträge haben, soweit wir es über sehen können, unserer Papier-Industrie die Ausfuhr nicht nennens- werth erleichtert, wohl aber Oesterreich und dem meistbegünstigsten Frankreich unsere Grenzen mehr geöffnet. Da die deutsche Papier industrie aber auf den Weltmarkt angewiesen ist, also mindestens eben so billig wie die anderen Industrie-Staaten fabriziren muss, um ihren Ueberschuss (1891 war die Ausfuhr von Papier-Erzeug nissen etwa 70 Millionen Mark grösser als die Einfuhr) abzusetzen, so kann die Wirkung dieser Aenderungen nicht so schädlich sein als vielfach angenommen wird. Der Vorstand des Schutzvereins der Papier-Industrie hat von seinen Mitgliedern Erfahrungen mit den Zöllen eingeholt und wird die eingegangenen Antworten dem Reichskanzler zugehen lassen. In denselben ist klar dargelegt, wie die deutsche Papier-Industrie, d. h. die Papiermacherei und die Papier-Verarbeitung, unter den Zöllen und besonders unter deren willkürlichen Anwendung durch die Zollbehörden zu leiden hat. Die Mittheilungen sind jedoch zunächst nur für diesen Zweck bestimmt und stehen Niemandem zur Verfügung. Wir werden stets und gerne Berichte unserer Leser veröffent lichen, worin dieselben ihre Klagen und Beschwerden zur Kenntniss der Fachgenossen bringen. 286. Frage: Ich suche in Verbindung mit meiner Düten- fabrik noch einen anderen lukrativen kleineren Betrieb, am liebsten die Fabrikation eines mit dem Papierfach verwandten Artikels, einzurichten oder käuflich zu erwerben, da ich sowohl über schüssige Motoren- als auch gegebenenfalls Wasserkraft zur Ver fügung habe, die ich gern ausnützen möchte. Unter verschiedenen Angeboten, welche ich nun auf meine diversen Inserate bekommen habe, befindet sich auch das eines Herrn X. Da mir nun das von ihm vorgeschlagene Verfahren völlig fremd ist, ich auch nicht weiss, welche Zukunft der Artikel hat, so ist mir der Rath eines maassgebenden Technikers speziell auf dem Gebiete der Papier industrie unerlässlich. Aus diesem Grunde bin ich so frei Ihre Güte in Anspruch zu nehmen und Sie höflichst zu bitten, mir un verhohlen Ihre Meinung hierüber zu sagen. Ganz besonders aber wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie mir als erfahrener Praktiker mit bezüglichen Vorschlägen an die Hand gehen würden und irgend einen Artikel empfehlen möchten, der bei den jetzigen un sicheren Zeitverhältnissen noch einigermaassen Aussicht auf Rentabilität übrig lässt. Für den Fall, dass Ihrerseits eine Be antwortung meines ergebenen Vorliegenden aus prinzipiellen Gründen nicht erfolgen könnte, so wären Sie gewiss so liebens würdig, eine bezügliche Anfrage im Briefkasten Ihrer Papier- Zeitung zuzulassen. Antwort: Wir sind äusser Stand, Ihren Wunsch zu erfüllen, da wir keine Fabrikation kennen, die an sich vortheilhaft ist. Es kommt bei jeder Fabrikation oder Anfertigung, wie von Alters her, darauf an, wie, d. h. mit wie viel Sachkenntniss, Fleiss und Geschicklichkeit dieselbe betrieben wird. Obwohl Schuhe, Kleider, Brot überall in Mengen gebraucht werden, geht ein Schuster, Schneider, Bäcker zu Grunde, während nebenan ein anderer reich wird! Ob die Werkstatt Fabrik oder Handwerk ist, bleibt sich gleich, da die Fabrik nur mit komplizirteren, Maschinen genannten, Werkzeugen arbeitet. Die erwähnte, Ihnen empfohlene Sonder-Fabrikation kennen wir nicht aus Erfahrung und wissen nur, dass das Erzeugniss in grossen Mengen gebraucht wird. Ob die Herstellung in Ihrer Hand von Erfolg sein wird, hängt nur von Ihnen ab. Noch weniger können wir wissen, ob das Erzeugniss auch in Zukunft viel gebraucht wird, da das Gute häufig in ungeahnter Weise etwas Besserem weichen muss. Wir wollen uns deshalb jeder Prophezeiung enthalten. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass man das Geschäft betreiben solle, welches man am besten versteht, und empfehlen Ihnen, Ihre Düten-Fabrikation so auszudehnen, dass dieselbe Ihre Räume und Motorenkraft verbraucht. Es giebt auf diesem Gebiet, wie Sie wissen, sehr grosse Geschäfte, die Ihnen als Beispiel dienen können. Um Erfolge zu erzielen, muss man sich bei heutigem Wettbewerb möglichst konzentriren, nicht zersplittern, die Anzahl und Verschiedenheit der erzeugten Waaren einschränken, nicht erweitern. 287. Frage: Wenn wir Normalpapiere machen und den Stoff nicht zu lange mahlen, so ist die Dehnung zu gering, aber die Festigkeit, mit der Hand probirt, viel grösser als nöthig; mahlen wir dann den Stoff länger, so genügt die Dehnung überaus, aber das Papier scheint, (mit der Hand probirt), weniger fest zu sein. Bei Prüfung mit dem Schopper’schen Festigkeitsprüfer stellt sich dann heraus, dass es doch genügt. Ohne Festigkeitsprüfer würden wir demnach dem länger gemahlenen Stoff nicht den Vorzug geben! Könnten Sie uns hierüber eine Erklärung geben, so wären wir Ihnen sehr verbunden. Antwort: Wir können nicht wissen, wie Sie mit der Hand probirt haben, sind daher auch nicht imstande zu beurtheilen, warum die Zerreiss-Maschine richtiger urtheilt als Ihre Hand. Kurz gemahlener Stoff mit kurzen Fasern kann keine grosse Dehnung bieten, weil die Fasern nur kurz ineinanderstecken und bei einer Dehnung ganz aus ihren Verschlingungen heraustreten, so dass sie allen Zusammenhang verlieren. Je länger die Fasern gemahlen, je länger sie sind, desto mehr lassen sie sich auseinander zerren, ohne ihren Zusammenhang im Papier aufzugeben. Durch Lang-Mahlen kann das Papier keinesfalls an Festigkeit einbüssen. 288. Frage: Wir haben die Absicht, Artikel wie die bei liegenden zu fabriziren. Da wir mit der Fabrikation nicht bekannt sind, so erlauben wir uns die ergebene Anfrage an Sie zu richten, ob Sie uns sagen können, wie dieselben hergestellt sind. Wir bitten Sie die Sache diskret zu behandeln und verpflichten uns, Ihnen ein sehr anständiges Honorar zu zahlen, wenn Sie uns auf die richtige Fährte bringen. Antwort: Die Herstellung der uns bemusterten, aus Pappe gepressten Gegenstände liegt zur Zeit in wenigen Händen, welche darin reiche und vieljährige Erfahrung besitzen. Wir haben von dieser Sonder-Fabrikation nur oberflächliche Kenntniss, die Ihnen nicht viel helfen könnte, und würden in keinem Falle die Ge heimnisse der Fabrikanten zu ermitteln suchen, um ihnen Wett bewerb zu schaffen. Mit kurzer Angabe des Verfahrens wäre auch nichts gethan, da gerade die Ueberwindung kleiner unschein barer Schwierigkeiten, welche sich bei der Fabrikation ergeben, am meisten Mühe und Geld kostet. Wer einen solchen neuen Industriezweig anfängt, muss klar darüber sein, dass derselbe viel Lehrgeld kostet, vielleicht mehr als die eigenen Mittel erlauben. Es ist sehr erfreulich, dass die in einer Fabrik mit vielen schlaflosen Nächten, mit grossen Opfern an Geld und Arbeit er kauften Kenntnisse und Erfahrungen sich — wie viele Beispiele zeigen — nicht ohne weiteres und häufig überhaupt nicht anders wohin übertragen lassen! Durch diese Schwierigkeit wird den Fabrikanten, mehr als durch Gesetze und Patente, der berechtigte Anspruch auf die Frucht ihrer Arbeit auf längere Dauer gesichert. Wir bedauern, Ihnen in dieser Sache nicht dienen zu können uud müssen es Ihnen überlassen, ob und wie Sie das geplante Unternehmen ins Werk setzen wollen. 289. Frage: Können Sie mir durch den Briefkasten der Papier-Zeitung mittheilen, wie viele Fabriken von Stahlfedern in Deutschland existiren? Meines Wissens nur Heintze & Blanckertz. Antwort: Auch wir kennen keine andere deutsche Stahl federnfabrik als die von Heintze & Blanckertz in Berlin.