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2258 PAPIER-ZEITUNG. No. 79. Diese erschwerte Spaltbarkeit erklärt das noch leichtere Zerfallen der Baumwollfaser in kurze Stücke, gegenüber den Bastfasern, bei schnellem, kräftigem Mahlen im Holländer. Hierbei nimmt der Stoff die von Wiesner beschriebene Eigenart an. Bei vorsichtiger mechanischer Bearbeitung, vielleicht unter stützt durch geeignete chemische Vorbehandlung, lässt sich aber doch eine Stoffbeschaffenheit erzielen, welche auch die Baumwolle für gute Papiere geeignet macht, wenn auch zugegeben werden muss, dass die einzelnen Spaltfäden nicht so fein und scharf sind, wie bei den Bastfasern und mehr aneinander haften. Holz-Zellstoff. Zur Anfertigung der Präparate standen frische gebleichte Sulfit- und gleiche Natron-Zellstoffe aus Nadelholz zur Verfügung, ferner waren frisch eingelegte Aspen-Sulfitzellstoff-Präparate zur Hand. Ein charakteristischer Unterschied wurde in den Zerstörungs erscheinungen bei Sulfit- und Natron-Zellstoff vorerst nicht gefunden. Bei Behandlung im Porzellanmörser gelang es, ganz ähnliche Spaltungserscheinungen wie bei Baumwolle auch bei den Holz zellstoffen zu erzielen. Auch bei den Holzzellen bedeckt eine äussere widerstandsfähigere Schicht die inneren Zellwandschichten, erschwert die Spaltbarkeit, und verhindert eine grössere Aus dehnung der auftretenden Spaltungen. Selten, aber deutlich, treten im mikroskopischen Bilde Zu sammenschiebungen der äusseren widerstandsfähigen Schicht an den Fasern auf. Die dadurch freigelegten inneren Schichten zeigen deutlich eine Spaltbarkeit, die weniger spiralig gewundene Fasertheile ergiebt als bei der Baumwolle. Die Spalttheile (Fibrillen) sind aber noch weniger scharf gegliedert und zeigen sich mehr grob, schwammig, rundlich, sie lagern sich an den füllhorn ähnlichen Enden, meist schwach spiralig, seltener axial. An im Holländer bearbeiteten Sulfitzellstoffen konnten die im unbearbeiteten Stoff deutlich erkennbaren Markstrahlzellen nicht mehr nachgewiesen werden. An Schreibpapier aus reinem Sulfitzellstof fanden sich die Fasern in dem von E. M. im oben erwähnten Artikel beschriebenen Zustande; die Bruch-Enden der Fasern waren meist von der Art der Bruch-Enden morschgewordenen Holzes, viele Zellen waren in Lappen aufgelöst; aber es waren auch viele erhaltene Faser stücke mit gespaltenen Enden und scharf abgeschnittenen Enden zu erkennen. Ein anderes Präparat aus frisch dem Ganzholländer ent nommenem Sulfitzellstoff für Pergament-Imitation, durch 18 stün diges vorsichtiges Mahlen hergestellt, zeigte den grössten Theil der Fasern in eine gelatinöse schleimähnliche Masse aufgelöst, die bei 140facher Vergrösserung noch wie ein amorphes, hauch ähnliches Wolkengebilde erscheint, aber bei stärkerer Vergrösse rung sich wie fadenknäuelähnliche Gebilde darstellt. Hieran wäre also zu erkennen, dass auch die Spaltbarkeit der Holzfaser sehr weit geht. Eine bei mechanischer Bearbeitung stark hervortretende Eigen schaft der Holzzelle ist ihre geringe Widerstandsfähigkeit gegen scharfe Werkzeuge bei Schlag und Quetschung, sie erweist sich als noch spröder bei mechanischem Angriff als die Baumwolle und zerfällt daher noch viel leichter in Stücke. Bei schnellem, energischem Mahlen erhalten wir daher einen röschen Stoff, der brüchiges Papier liefert. Vorsichtig und lang sam gemahlen, bilden sich die erwähnten Zellwandlappen und schleimigen Gebilde, die dem Papier zwar gute absolute Festig keit verleihen, aber es leider gleichzeitig durchscheinend, glasig und brüchig machen. Der Holzzellstofffaser fehlt demnach bei der heutigen Her- stellungs- und Behandlungsart die wichtige Zwischenstufe des bei den Bastfasern besprochenen Feinmahlens, d. h. sie löst sich nicht in eine langspaltige Fibrillenmasse auf. Es ist wohl denkbar und sehr wünschenswerth, dass in der chemischen Vorbehandlung und in der mechanischen Bearbeitung Verbesserungen und Vervollkommnungen gefunden werden, durch welche der störende Einfluss der widerstandsfähigeren Aussen schicht der Holzfaser aufgehoben, die Spaltbarkeit der Faser unterstützt, die Eigenart des Zellwandmaterials entsprechend ver ändert und die mechanische Behandlung derart geleitet wird, dass ein Papier, fest gegen Zug und Bruch, undurchscheinend und weiss, dabei beständig wie Lumpenpapier, daraus wird hergestellt werden können. Solange ein solches Verfahren nicht gefunden ist, behalten die Lumpenfasern die von E. M. hervorgehobenen Vorzüge gegen über dem Holzzellstoff. Strohstoff. Die an und für sich schon kurzen, zugespitzten Fasern und anderen Pflanzen-Elemente zeigen sich als äusserst widerstands fähige Gebilde gegen mechanische Angriffe, so dass man höchst selten eine zertrümmerte Strohfaser im Papier nachweisen kann. In nur gekochtem, durch Wasch-Holländer aufgeschlagenem Strohstoff sieht man noch viele zusammenhängende Gruppen von Parenchym- und Bastzellen, ebenso Oberhautzellgruppen und wohlerhaltene Gefässbündel zwischen kurze Einzelfasern und andere Einzelzellen eingestreut. An solchen ganz erhaltenen Faserbündeln erkennt man öfter deutlich den scharfen, glatten Schnitt des Häckselmessers. Bei kräftiger mechanischer Bearbeitung im Holländer oder versuchsweise im Porzellanmörser trennen sich die Fasern und Zellgebilde sehr deutlich und schön, aber es gelang trotz aller Mühe eines 1/,—3/4 stündigen Stampfens im Mörser nicht, eine der eigentlichen langerstreckten, beidseitig spitzen Fasern zum Spalten zu bringen. Sehr kräftig im Mörser gestampfter Strohstoff zeigte die solid erhaltenen, nur durcli Abbrechen der Spitzen wenig verkürzten länglichen Fasern ohne Spaltungserscheinungen, einige Gefäss- bruchstücke, viele zusammengedrückte beschädigte, umgefälzte Parenchymzellen, zertrümmerte Oberhautzellen usw.; dazwischen finden sich eingestreut eine Menge Faserspitzen und Faserstück chen und losgelöste Gefässwandlappen. An fertig gebleichtem, theils vorher gekollertem, theils vorher raffinirtem Strohstoff traten äusserst selten in der Mitte platt gedrückte und noch seltener Fasern auf, denen ein Stück der Zellwand gewaltsam abgedrückt oder abgerissen war. Zwei Stunden gekollerter, ungebleichter Strohstoff zeigte sich im Papierblatt-Aufguss klar und griesfrei; die langgestreckten Fasern hatten im mikroskopischen Bilde eine rundgebogene, zum Theil verschlungene Lagerung mit verhältnissmässig wenig Paren chym- und Oberhautzellen, dagegen viel kleines krümliges, theils polarisirendes, theils nicht polarisirendes Zeug. Diese Theile sind bei stärkerer Vergrösserung als zusammengedrückte und deformirte Parenchymzellschläuche, zertrümmerte Oberhautzellen und abgeriebene Faserspitzen zu erkennen. Raffinirter und gebleichter Strohstoff zeigt alle Faserarten viel klarer neben- und durcheinandergelagert; ziemlich zahlreich sieht man auch die Parenchymzellen, die in der Bleiche sich be sonders stark aufzublähen scheinen. Nach Vorstehendem dürfen wir also die im Strohstoff auf tretenden Fasern und Zellen-Elemente als unspaltbar bezeichnen. Von Alfastoff standen frische Proben nicht zur Verfügung. Ueber die Alfa- und Alfapapier-Präparate, die beobachtet wurden, lässt sich nur sagen, dass sie den Strohstoff-Präparaten sehr ähn lich sind, nur dass die oben erwähnten Haare häufig auftreten, die Oberhautzellen kleiner sind und die Parenchymzellen (wie bei Strohstoff) gänzlich fehlen. Bei Holzschliff ist deutlich zu erkennen, dass das scharfe Korn der Schleif- und Mahlsteine die Holzfasern sehr schön zur Spaltung bringt. Die abgespaltenen Fasertheile sind aber stets kurz und liegen starr im mikroskopischen Bilde, besonders tritt diese Starrheit an Laubholz-Schleifstoff auffällig hervor. Diese eigenthümliche Starrheit dürfte sich aus dem Anhaften der Inkrusten an den Fasern erklären. Papier aus sehr fein ge schliffenem und gut sortirtem Holzschliff, der zumeist aus solchen feinen, starren Faserspaltstücken besteht, wird zwar schön glatt und von vorzüglich klarer Durchsicht sein, aber geringe absolute und Zerknitterungs-Festigkeit besitzen. Die meisten Holzschliffsorten enthalten noch sehr viele grobe Holztrümmer neben den feinen Spaltstücken, die weder zur Glätte noch zur Festigkeit und guten Durchsicht beitragen, sondern er wähnte Eigenschaften wesentlich beeinträchtigen. Aspenschliff zeigt die Spaltbarkeit der Fasern sehr deutlich an kurzbefranzten Faser-Enden und Spaltstücken der Wände; trotzdem nun die ganze Libriformfaser der Aspe feiner und geschmeidiger ist, als die Tracheidenfasern der Nadelhölzer, so scheinen die Ab spaltungen bei ersterer doch gröberer und starrerer Natur, wie die der letzteren. Die Gewebetheile der Aspe erkennen wir im Mikroskop als ganze Gewebebruchstücke, oder als flachliegende Lappen mit schönen siebartigen Tüpfelgruppirungen. Fichten- und Tannen-Schliff zeigen meist viel feinere, geschmei digere Faserabspaltungen als Aspenstoff. Einzelne Abspaltungen zeigen sogar Fibrillenform von einer Feinheit, wie die der Bastfasern, aber diese Spalttheile sind doch der Gesammtmasse des Stoffes gegenüber so selten, dass sie dem aus dem Stoff hergestellten Papier die Eigenschaft der Brüchigkeit nicht nehmen können. Doch erklärt sich aus dem Obengesagten, dass ein fein ge schliffener, gut sortirter Nadelholzschliff festeres Papier ergeben wird, als Aspenschliff.