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Frachtbriefe. Angesichts der in Nrn. 94 und 98 erörterten Frage, in welchem Umfange die Wasserzeichen-Inschrift auf dem Frachtbriefpapier erscheinen müsse, weist die Firma Andreas Kufferath in Mariaweiler bei Düren darauf hin, dass man die Siebwalze (Egoutteur) zur Her stellung von Frachtbriefen so anfertigen könne, dass unter allen Um ständen der ganzelnhalt desWasserzeichens auf dem Frachtbriefpapier erscheint. Nähere Angaben finden sich in der Anzeige auf Seite 2952. Frachtbrief-Deutsch. Die Eisenbahnverwaltung wird mit dem 1. Januar 1893 einen neuen Frachtbrief zur Einführung bringen. Da wäre es nun Zeit, diesen end lich in deutschen Worten abzufassen. Leider aber ist die neue Fassung der alten ebenbürtig in Fremdwörtern, Fehlern und Umständlichkeiten. Es ist doch sehr leicht, solchen Vordruck, der nur wenige Worte enthält, in gutem Deutsch abzufassen und dazu sehr nothwendig, weil Frachtbriefe durch die Hände von Leuten mit geringer Schulbildung gehen, und weil durch die allgemeine Verbreitung der Frachtbriefe die fremden, hässlichen Wörter immer wieder im Munde des Volkes be festigt werden und geradezu eine staatliche Unterstützung erhalten. Da steht zu lesen: Kontroll-Stempel — Pos. (Position) — Station — Transportweg — Tarife — Wirkliches Bruttogewicht — Deklarirtes Interesse — Duplikat — Provision — Interessendeklaration — Formular — Frankirt. Alle diese Fremdwörter, mit denen man beinahe einen schlecht ab gefassten französischen Frachtbrief zusammenstellen könnte, liessen sich bequem durch bezeichnende deutsche Ausdrücke ersetzen. Kontroll-Stempel. Der Zusatz des Wortes »Stempel« ist überflüssig. Der Beamte weiss und muss wissen, wohin er seinen Stempel zu setzen hat. Es würde genügen »Prüfung« oder »geprüft«. Die so verbundenen Wörter (Kontroll-Stempel) veranlassen zu der Frage: Warum formt man ähnliche Ausdrücke nicht nach gleichen Grundsätzen? Aber da heisst es an anderer Stelle: Stempel der Ver sandstation — Wäge-Stempel (Wäge ist ungebräuchlich) — Stempel der Empfangssta tion. Wie oben vorgeschlagen, empfiehlt es sich, das Doppelwort zu vereinfachen, man könnte auch hier sagen: Versand, Wage, Empfang. Das genügt vollkommen. (Oder: Abgangstelle — Empfangstelle; Ab gangsort — Empfangsort. D. Red.) Position lässt sich ersetzen durch Abtheilung, Abschnitt, Gefach. Station = Ort, Bahnort, Bestimmungsort. Transportweg — Weg, Bahnweg. Tarif = Frachtberechnung, Beförderungssatz, Frachtsatz. Wirkliches Bruttogewicht. Kennt denn die Eisenbahn ein Gewicht, das nicht wirklich ist? Das Wort erinnert sehr an den »wirklichen geheimen Rath«. Das »wirklich« kann fortfallen, und für Bruttogewicht genügt »Gewicht«, denn bei der Beförderung kommt nur das Rohgemcht in Betracht. Deklarirtes Interesse. Dieser Ausdruck ist ungefähr eben so künstlich gebildet. Das Wort »Deklarirtes« ist überflüssig, die beiden Worte heissen nichts weiter als: »Werth« oder »Werthversicherung«. Frankatur-Vermerk. »Vermerk« ist überflüssig. Man drucke an seine Stelle: »Frei« oder »Frachtfrei«. Wird Freimachung nicht beab sichtigt, so bleibt die Zeile leer. Duplikat = Zweitbrief, zweite Ausfertigung, Nebenbrief, Quittungs brief, Ersatzbrief, Abschrift, Aufnahmeschein, Annahmeschein. Provision = Zuschlag, Gebühr. Zuschlag für Interessen-Deklaration = Versicherungszuschlag, oder: »Auf rechtzeitige Lieferung M.« Formular = Vordruck, Formel. Frankirt = frei gemacht, frachtfrei, vom Absender oder vorher bezahlte Fracht, bezahlt. Tiemann. Strohpapier-Trust. Im Staat New Jersey in Amerika hat sich unter dem Namen Columbian Straw Wrapping Paper Company eine Aktien-Gesellschaft mit einem Aktien-Kapital von 4 000 000 und Obligationen von 1 000 000 Dollar gebildet, die jetzt schon die Strohpapier-Fabriken der wichtigsten Staaten besitzen soll. Die Gesellschaft hat dies bisher ganz im Stillen bewirkt und verfährt dabei, wie The Paper Mill sagt, in der Weise, dass ihr Vertreter unmittelbar als Käufer auftritt. Derselbe führt sich meist damit ein, dass er einen grossen Posten Strohpapier zu kaufen wünscht und dabei den niedrigsten Verkaufspreis des Papiers ermittelt. Dann besichtigt er die Fabrik und hat als erfahrener Fachmann rasch ein Urtheil über deren Werth. Fordert der Besitzer 60 000 Dollar baar für sein An wesen, so bietet der Käufer beispielsweise 20 000 baar, 20 000 in Aktien, 20 000 in Obligationen und 20 000 in Vorzugsaktien, also 20 000 Dollar mehr als der Fabrikant verlangte — und das Geschäft ist abgeschlossen. Wie viele Fabriken der Gesellschaft schon an gehören, ist nicht bekannt, wie überhaupt bis jetzt nur wenig von ihrem Thun an die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Bestellungen mit gedruckter Unterschrift. Eine Fabrik bestellte bei uns ein Adressbuch mittels Post karte folgenden Inhalts: Herrn Carl Hofmann, Berlin W. (Wohnort) 27. Juni 1892. (gedruckt) Ich erbitte mir nach Fertigstellung ein Adressbuch der Papier verarbeitung und des Papiergrosshandels gebunden ä M. 6,— Achtungsvoll Papierfabrik Karl Müller. Die Unterschrift, für die wir zur Verdeckung des wirklichen Namens Karl Müller setzen, war nicht geschrieben, sondern vor gedruckt; der Poststempel und die aufgedruckte volle Adresse zeigten aber, dass die Karte von der Fabrik kam. Als wir der Fabrik das Buch sandten, lehnte sie die Annahme ab und liess die Sendung zurückgehen. Als wir dann obige Be stellkarte einsandten, erhielten wir folgende Antwort: Die mir gefl. gesandte Bestellungskarte vom 27. Juni a. c. auf das Adressbuch reiche Ihnen anliegend zurück. Wie Sie daraus ersehen, ist diese Karte ohne Unterschrift ver sehentlich zur Post gegeben; die Unterschrift ist nicht vollzogen, weil die Bestellung nicht erfolgen sollte, und diese daher auch nicht notirt worden. Hochachtend .... Papierfabrik S"""Pt j Karl Müller. geschrieben i. Vollm. Schulze. Woraus sollten wir erkennen, dass die Bestellkarte versehent lich zur Post gegeben wurde? Da die volle Unterschrift vorge druckt war, so musste sie von uns als giltig angesehen werden. Wer zum Ausdruck bringen will, dass die Unterschrift hand schriftlich vollzogen sein soll, darf den Namen des Eigenthümers nicht mitdrucken. Wir halten demnach die Annahme-Weigerung für unberechtigt, bestehen jedoch nicht auf Lieferung, weil wir die noch vorhandenen Adressbücher voraussichtlich zu besserem Preise verkaufen werden. Dagegen scheint der Vorfall öffentliche Besprechung zu verdienen, und wir bitten um Aeusserungen darüber, ob die auf Postkarte gedruckte Unterschrift bindet oder nicht. Wenn eine solche ge druckte Unterschrift nicht verpflichtet, haben auch gedruckte Kundschreiben, sowie Zeitungsanzeigen, worin Preise angegeben sind usw., keine Geltung! Ausfuhr nach Australien. Von New York wurde in einer Woche des letzten Oktobers für 39 000 Dollar (160 000 M.) Papier nach Australien gesandt. Wir haben wiederholt erwähnt, dass grosse Mengen ameri kanisches Druckpapier nach diesem neuesten Weittheil gehen. Wenn wir überhaupt imstande sind, mit Amerika in Wettbewerb zu treten, so wäre dies in Australien am leichtesten. Dort sowie in Südafrika (Johannisburg in Transvaal) sind grosse, verbrauchs fähige, aussichtsvolle Absatzgebiete, die man pflegen sollte. Eigenartiger Papierverbrauch. Wenn man nach der Geschäftszeit in die Börse von New York in Wallstreet kommt, findet man den Fussboden mit einer Schicht ganz kleiner Papierstückchen übersät, die wie Theater- Schnee aussieht. Derselbe entsteht dadurch, dass die amerika nischen Börsenbesucher ihre Erregung durch Zerzupfen der in allen Händen befindlichen Memorandum-Blocks zu äussern pflegen. Manche besonders nervöse Bankiers sollen zwei und drei solcher Blocks während einer Börsenzeit verbrauchen, und auch in ihrem eigenen Geschäft damit fortfahren. Die in die Luft und auf die Möbel fliegenden Flocken werden bei diesen Bewegungen aufmerksam verfolgt, bieten also neben dem Zupfen auch dadurch Beschäftigung für die erregten Sinne. Viele Amerikaner befriedigen ihren Thätigkeitsdrang durch Schnitzeln von Holz, andere durch Kauen von Tabak oder Gummi, während die oben geschilderte Art wenigstens der Papier-Industrie zu Statten kommt.