Volltext Seite (XML)
2662 PAPIER-ZEITUNG. No. 92. boten. Das Figürliche tritt bei den Amerikanern zurück, bei uns in den Vordergrund. Interessant und bezeichnend war, was Professor Doepier über den Entwurf von Plakaten sagte. Man finde bei uns die Wirkung der Schrift zu kalt und suche deshalb durch sinnbezügliches Bei werk, Embleme, Medaillen usw., Leben und Wärme in den Entwurf zu bringen. Man wähle zunächst die Embleme, ordne sie in einer fliessenden Linie an und lasse einen hinreichend grossen Raum für die Schrift frei. (Bei diesen Darlegungen konnte siel) der Berichterstatter des Gedankens nicht entschlagen, dass die bisherige typographische Aus stattungsweise für Plakate und kleinere Arbeiten noch viel eher diesen 'Padel verdiene. Namentlich die Folgerung: weil die Schrift zu kalt ist, nimmt man nicht etwa wärmere Formen, sondern Beiwerk und lässt einen Raum für den (leider nöthigen) Text, ist geeignet, die Aufmerksamkeit zu fesseln und zum Nach denken anzuregen. Dass eine Autorität wie Professor Doepier, trotzdem er selbst ein hervorragender Künstler ist, die klarere Auffassung der Amerikaner anerkannte, welche der Schrift in Raum und Form eine ihrer Bedeutung angemessene Ausbildung zutheil werden lassen, musste dem graphisch geschulten Zuhörer lebhafte Genugthuung gewähren.) Bei dem Entwurf von Plakaten sei es eine grosse Kunst, sich zu beschränken. Je weniger man auf dem Blatte anbringe, je weniger Striche man dabei bedürfe, desto besser sei es. Auch in den Farben sei Maasshalten nöthig; mit den drei Farben: Roth, Gelb, Blau und einer Konturplatte müsse man Alles machen können. Die Landwirthschaft z. B. könne mit einem einfachen Pflug symbolisirt werden; tausend andere Dinge daneben anzu bringen sei deutsche Unsitte. Ueberhaupt werde auf deutschen Plakaten meist zuviel Bei werk und zuviel Text angebracht. Auf Fabrik-Plakaten müssten stets eine Vorder- und eine Hinter-Ansicht, dann woihöglich alle Stockwerke nochmals einzeln, von oben und von unten gesehen, enthalten sein, anders thue der Deutsche es nicht. Auf Konzert-Plakaten werde das ganze Programm abgedruckt, dann Dichter, Komponist, jeder Solosänger einzeln, es werde an gegeben, wer den Flügel geliefert, die Kostüme gefertigt, das elektrische Licht eingerichtet habe und dergleichen mehr. Da könne natürlich die Schrift nur klein sein und an besondere Wirkung nicht gedacht werden. Der Kardinalfehler der Deutschen, zuviel auf eine Drucksache zu bringen, müsse fort und fort gerügt werden. Hierin solle man sich die Engländer zum Muster nehmen. Regelmässige Ausführung eines Plakats sei nicht zu empfehlen. Das Unregelmässige, aus dem Rahmen Fallende mache den Be schauer viel eher aufmerksam. Wenn z. B. zu einer Umrahmung zwei Farben angewandt würden, die eine ringsum, die andere nur an einem Punkte, so werde durch diese Abweichung von dem Gewohnten das Auge angezogen und also durch den kleinen Punkt auf die grosse Farbe gelenkt. Helle Farbe auf hellem Grunde und umgekehrt sei ein arger Fehler. Jeder Theil des Plakates, besonders die Schrift, müsse auf eine gewisse Entfernung deutlich erkennbar sein. * * * Was Herr Professor Doepier- da über Reklame-Arbeiten vor trug, kann mit vollem Recht auf die ganze typographische Aus stattung bezogen werden. Fast alle unsere Accidenzen, um deren Ausführung seit einiger Zeit ein heftiger Streit in der Fachpresse tobt, sind Reklame-Arbeiten, und sie wurden bisher in einer Weise ausgestattet, dass Professor Doepier sie noch viel mehr verurtheilen würde, als die deutschen Plakate, wenn er sie vorliegen gehabt hätte. Einfachheit, Klarheit, Selbstbeschränkung, uund zwar — von den Engländern lernen, das muss für die alte Schule eine bittere Lehre sein! Zur Veranschaulichung des Vortrages waren ringsum im prächtigen Festsaale des Architektenhauses Diplome und Plakate verschiedenster Herkunft, Ursprungszeit und Ausstattungsart aus gestellt. Am besten waren Plakate für Kunst- und Gewerbe- Ausstellungen vertreten, die in den letzten Jahrzehnten vielfach in grossen Formaten und vortrefflicher künstlerischer Ausstattung angefertigt wurden. Daneben fanden sich nicht minder sorg fältig ausgeführte Empfehlungstafeln von Brauereien, Dampf schifffahrtsgesellschaften und die erwähnten einfachen, durch Anordnung und Farbe die Aufmerksamkeit unwiderstehlich er zwingenden amerikanischen Plakate. Das Ganze bot eine so reiche Gelegenheit zu Anregung und Belehrung für den Fachmann, wie sie mit Bezug auf Erzeugnisse des wichtigen Sondergebiets selten irgendwo geboten wird. H. H. Billige Hohlstege. Die Leser der »Papier-Zeitung« wissen aus Nr. 55 und 59, dass Herr Carl Kempe unsere bisherigen Hohlstege zweckmässiger eintheilen und billiger liefern will. Ich habe meine Zweifel, dass seine neue Eintheilung zweckmässiger sei, als die übliche, in Nr. 59 ausgesprochen, und Herr Kempe war so ritterlich, den ganzen Artikel in Nr. 12 seines »Graph. Anz.« zu wie derholen, unter Hinzufügung des nachfolgenden Satzes: »Herr S. übersieht in seiner Polemik gegen meinen Sparsteg zu nächst den wichtigsten Punkt: Die Ersparniss an Gewicht. Nur bei der 5-Cicero-Eintheilung kann eine ausschlaggebende Metall-Ersparniss ein treten, denn diese 5-Cicero-Abstufung allein ermöglicht das weitgehende Aussparen der Hohlräume und damit eine ausserordentliche Gewichts- ersparniss. Letztere dürfte allerdings manchem Schriftgiesser un- bequem sein: aber mit einigem guten Willen ist zu finden, dass sich auch die Scliriftgiessereien der 5-Cicero-Abstufung der Hohlstege ohne Schwierigkeit anschliessen können, umsomehr, als sich das vorhandene Material der 4-Cicero-Abstufung vollständig mit dem 5-Cicero-System verbinden lässt. ...» Wer meinen Artikel in Nr. 59 gelesen hat, weiss, dass ich darin das geringere Gewicht der Kempe’schen Sparstege nicht übersehen habe, der eigentliche Inhalt sich jedoch mit der Kempe’schen Ne ierung der Abstufung befasste. Dies übersieht Herr K. und lä st in obigem Satze durchblicken, als hätte ich seine Sparstege im Interesse der Giessereien bekämpft. Diese weniger ritterliche Unterstellung zwingt mich, nun auch auf diese Angelegenheit nochmals zurückzukommen. Um jedoch Missverständnisse zu vermeiden, will ich zunächst den Begrif!' Hohlstege klarstellen. Ich verstehe darunter die bekannten Hohl stege in Breiten von 2, 3, 4 und in Längen von 4, 8, 12, 16, 20 Cicero, wie sie jede Giesserei am Lager hält und mit 65 M. für 50 kg verkauft. Herr Kempe will nach seinen Ausführungen in Nrn. 10 und 11 des »Graph. Anz.« die Hohlstege in Breiten von 2, 3, 4, 6, 8 Cicero und in Längen von 5, 10, 15, 20, 25, 30, 35, 40, 45 und 50 Cicero liefern, also viel mehr Breiten und Längen. Es giebt aber wohl keine Buchdruckerei, welche die Hohl- stege von 6 und 8 Cicero Breite und 24, 28, 32, 36, 40 Cicero Länge noch nach Art der kleineren Hohlstege bezieht, sondern man wählt dafür die längst bekannten eisernen Formatstege. Wenn Herr Kempe also diese letzteren durch Schriftzeugstege ersetzen will, so tritt er doch nur in eine Konkurrenz mit den Fabrikanten von eisernen Formatstegen und mit einigen wenigen Giessereien, welche diese grossen Stege auch schon mit grösseren Oeffnungen liefern. Die meisten Giessereien kommen daher gar nicht in die Lage, »mit einigem guten Willen zu finden, dass sie sich auch der 5-Cicero-Abstufung der Hohlstege ohne Schwierig keit anschliessen können«, denn diese Abstufung kommt bei dem engeren Begriff der Hohlstege garnicht in Betracht. Mein Erstaunen war aber noch grösser, als ich Herrn Kempe’s neuesten Prospekt: »Günstiges Angebot in Bleistegen jeder Art« in Nr. 45 der »Zeitschr. f. D. B.« las. Darin bietet er die Spar stege nur in Breiten von 4, 6, 8 Cicero und in Längen von 5, 10, 15, 20, 25, 30, 35, 40, 45 und 50 Cicero, auf Verlangen aber auch in Länge von 4, 6, 8 bis 48 Cicero. Herr Kempe hat also in der Zeit vom 5. Juli bis 5. November doch bereits in Erfahrung ge bracht, dass meine Zweifel betreffs der 5-Cicero-Abstufung für Deutschland durchaus am Platze waren. Derselbe Prospekt zeigt aber nun weiter die Hohlstege bekannten Systems, welche Herr Kempe in Breiten von 2, 3 und 4 Cicero und in Längen von 4, 8, 12, 16, 20 und 24 Cicero liefert, genau wie die Giessereien, und auch zu deren Preis: 50 kg mit 65 M. Dieser neueste Kempe’sche Prospekt lässt also doch ver- muthen, dass Herr Kempe sich mit der ursprünglichen Eintheilung seiner Sparstege in einem Irrthum befunden habe. Hermann Smalian. Berliner Typographische Gesellschaft. Das Stiftungsfest findet am Sonntag, 27. November, Nach mittags 4 Uhr, in Beau’s Festsälen, Kommandantenstr. 62, durch gemeinsames Essen, ä Couvert 2 Mark, und Ball statt. Die Mit glieder werden ersucht, ihre Theilnahme baldigst bei einem der Unterzeichneten anzumelden und dabei die gewünschte Couvert zahl anzugeben. Ebenso liegt an den Sitzungsabenden eine Liste zur Einzeichnung aus. [61801 A. Müller, H. Smalian, A. Stahl, S., Stallschreiberstr. 59. SW., Kreuzbergstr. 78. Solmsstr. 28- Au S5 c In rtt isr n» Ausstanm -4eAfabricirtalsSpecialität: ^sVKARLWEBER'BerlinS.'Sebastian^