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2590 PAPIER-ZEITUNG. No. 90. verwendete Geräthschaften, sowie weitere Papierproben von den ersten Anfängen usw. dahin zur Ausstellung senden. Obwohl dies sehr ehrend für mich ist, bin ich doch noch unent schlossen, was ich thun soll. Wie Ihnen bekannt sein wird, bin ich nicht abgeneigt, di• erwähnten Sachen an einen Liebhaber für einen angemessenen Preis zu verkaufen, um den E lös mit zur Besserung meiner drückenden Sorgen zu verwenden. Ich erlaube mir nun die ergebene Anfrage, ob Sie geneigt wären, für mich die Sachen zur Besorgung in die Hand zu nehmen, ich würde es ganz Ihrem Ermessen anheimstellen, und wäre Ihnen für die grosse Gefälligkeit sehr dankbar. Für den Fall Ihrer gütigen Bereitwilligkeit würde ich Ihnen die Sachen in einem angemessenen Kistchen gut ver packt zustellen. Mit der ergebenen Bitte, die Inanspruchnahme Ihrer gütigen Ver mittelung freundlichst entschuldigen zu wollen, und um Ihr ferneres Wohlwollen bittend, zeichnet mit grösster Hochachtung Ihr ganz ergebener F. G. Keller. Der erwähnte Brief von Herrn Waggonen, Herausgeber der Western Paper Trade, hat in Uebersetzung folgenden Wortlaut: Amerikanischer Papiermacher-Ausstellungsverein. J. Fred Waggoner, Sekretär. 17—21 Quincy Street, Chicago. Chicago, 8. Oktober 1892. Herrn F. G. Keller, Sachsen, Deutschland. Geehrter Herr! Wie allgemein bekannt ist, wird der Chicago Paper Trade Club, der aus den hervorragendsten Papier-Händlern und Fabrikanten von Ohio, Indiana, Illinois, Michigan und Wisconsin besteht, im Interesse der amerikanischen Papier-Industrie durch die von ihm gegründete Papiermacher-Ausstellungs-Gesellschaft die Aufgabe übernehmen, auf der Columbischen Ausstellung von 1893 die besten Erzeugnisse und Maschinen der Papiermacherei vorzuführen, welche jemals in diesem oder einem andern Lande ausgestellt wurden. Diese Ausstellung wird die Erzeugung von Papier zeigen und während der ganzen Dauer der Gesammt-Ausstellung, also sechs Monate lang, täglich 18 Stunden im Betriebe sein. Die bestkonstruirte und säuberst ausgeführte Langsiebmaschine, die je in Amerika gebaut wurde, von 106 Zoll Arbeitsbreite, wird in allen Arbeitsarten thätig sein, welche im wirklichen Betriebe vorkommen. Das Erzeugniss der Papiermaschine wird sofort auf einer Buchdruck- Rotationsmaschine bedruckt, und die so hergestellten Erinnerungsblätter werden verkauft, um die Kosten zu verringern. Die Papierfabrikations-Ausstellung steht unter der Aufsicht eines erfahrenen und energischen Papiermachers, welcher von den Direktoren gewählt wird, und nur die tüchtigsten und verkehrsgewandtesten Ge hilfen werden mit der Bedienung der Maschine und deren Erklärung beauftragt. Dieselben erhalten nette und zweckmässige Uniform, und um die wirksamste Vorführung amerikanischer Arbeit zu ermöglichen, werden dieselben mit grösster Sorgfalt gewählt. Die amerikanische Papiermacher-Ausstellungsgesellschaft ist der Ansicht, dass das Interesse an dieser Ausstellung gesteigert werden könnte, wenn Sie Ihr Original-Wespennest und die ältesten Holzschliff papiere dieser Ausstellung leihweise überlassen wollten. Die Gesellschaft ist bereit, die Kosten für sichere und feste Verpackung, für Schilfs beförderung und Bahnfracht nach Chicago, sowie für die Rückbeförderung zu tragen. Ich hoffe, dass Sie mit den genannten Gegenständen auch eine gute Photographie von Ihnen selbst senden können, welche mit ausgestellt werden soll. Geben Sie gefälligst bald Nachricht, und wenn Sie geneigt sind, die erwähnten Gegenstände vorstehendem Vorschläge gemäss zu leihen, so theilen Sie gefälligst die voraussichtlichen Kosten des Verpackens, Verschiffens und der Bahnsendung nach Chicago mit. Hochachtungsvoll J. Fred Waggoner, Sekretär. Wir bringen diesen Brief zu allgemeiner Kenntniss, weil das ganze Fach ein Interesse an Kellers Reliquien hat. Es ist keines wegs erwünscht, dass die erwähnten Gegenstände dauernd nach Amerika gegeben werden, und anderseits ist es berechtigt, dass der bedürftige Erfinder möglichst grossen Nutzen daraus zieht. Da Herr Keller dem Herausgeber d. Bl. die weitere Besorgung überlässt, so schlagen wir vor, die gewünschten Gegenstände unter der Bedingung nach Chicago zu senden, dass der dortige Papier- fach verein mindestens 1000 Dollar für Herrn Keller sammelt und einsendet und für unversehrte Rückgabe der unter Glas auszu stellenden Gegenstände Sicherheit in Höhe von weitern 1000 Dollar stellt. Da es genügt, wenn die Sachen im März abgesandt werdet, so reicht die Zeit zur Erfüllung dieser Bedingungen völlig aus. Wir bitten jedoch um Aussprache seitens der berufenen Ver treter unseres Industrie - Zweiges, der Vereins vorstände und Fabrikanten, da wir nur im Einvernehrmen mit diesen vorgehen wollen. Verlag der Papier-Zeitung. Carl Hofmann. Senefelder-Denkmal in Berlin. Am Sonntag, 6. November, wurde das durch freiwillige Bei träge von Lithographen und Steindruckern ganz Deutschlands gestiftete Senefelder-Denkmal enthüllt. Vielen Theilnehmern der Enthüllung war dasselbe bereits von der vorjährigen Berliner Kunstausstellung her bekannt, wo es im vorderen Theile des Ausstellungsparkes vorläufig aufgestellt war. Der gegenwärtige Standort ist die kleine dreieckige Schmuckplatz-Anlage im Norden der Stadt, wo die Schönhauser Strasse sich in zwei spitzwinklig ablaufende Strassenzüge, die Schönhauser Allee und die Weissen burger Strasse, spaltet. Auf diesem noch in herbstlichem Schmuck stehenden Platz war eine Tribüne errichtet, auf welcher sich die geladenen Fest gäste sammelten, während ringsum auf den Bürgersteigen, an geöffneten Fenstern, auf Baikonen und Dächern die Bewohner der Gegend und die zufälligen Zuschauer sich schon lange vor der Eröffnungszeit aufgestellt hatten. Als um 12 Uhr mittags der Einweihungsakt begann, bot die ganze Umgebung, von freund lichem Herbstsonnenschein übergossen, einen ungemein festlichen Anblick. Als Abgeordnete staatlicher und städtischer Behörden waren u. a. erschienen: Geheimrath Jordan vom Kultusministerium, als Vertreter der kartographischen Abtheilung für Landesaufnahme Oberst von Usedom, Geh. Kriegsrath Kaupers und der Vorsteher der Druckerei dieser Abtheilung, Herr Kessler. Ferner waren anwesend: der Präsident des Reichsversicherungsamts, Herr G. R.-R. von Boediker, der Direktor der Bergakademie Geh. Rath Dr. Hauchecorne, Prof. Feckert, Vertreter der Lithographie an der kgl. Akademie der Künste. Als Vertreter der städtischen Behörden waren erschienen: Stadtsyndikus Eberty, Stadtrath Schäfer, früher Mitinhaber der bekannten Firma Schäfer & Scheibe, Stadtrath Röstel und vier Stadtverordnete. Von Fach-Vereinen waren theils durch Abordnungen, theils durch die gesammte Mit gliedschaft vertreten: die Ortskrankenkasse der Steindrucker und Lithographen, der deutsche Senefelder-Bund, die stenographische Gesellschaft Gabelsberger. Aus Prag, der Geburtsstadt Senefelders, aus Leipzig und Bautzen waren fachgenössische Abordnungen er schienen. Die Feier wurde in stimmungsvoller Weise eingeleitet durch das von den Bläsern des Gardekürassierregiments vorgetragene Weihelied: Dies ist der Tag des Herrn. Dann bestieg Herr Hagelberg, Vorsitzender des Denkmalkomitees, den Rednerplatz und sprach folgende Worte: Verehrte Versammlung! Wenn wir im alltäglichen Leben einem Manne die Ehre erweisen, die er sich durch seine Verdienste, durch seine Leistungen erworben hat, dann pflegen wir zu denken und zu sagen: »Indem wir den Mann ehren, ehren wir uns selbst.« In welch’ hohem Grade ist dies aber der Fall, wenn wir einem Manne huldigen, der sein ganzes Leben, selbst unter den empfindlichsten Entbehrungen, geistig für uns gearbeitet und eine Erfindung gemacht hat, welche grossen Massen von Händen eine angenehme und lohnende Thätigkeit verschafft. Von solchen Gedanken beseelt, wie ich sie eben geschildert, war die Gesellschaft, welche sich am 6. November 1871 in Berlin zusammenfand, um den hundertjährigen Geburtstag des Erfinders der Lithographie und der Steindruckkunst, unseres Alois Senefelder, zu feiern. Jeder einzelne Theilnehmer war von dem edelsten Gefühle des Menschen, von der Dankbarkeit, voll und ganz erfüllt. Es genügte nicht, dass nur dieser kleine Kreis, der sich mehr zufällig zusammenfand, Veranlassung hatte, der idealen Empfindung Ausdruck zu geben. Es war der Wunsch, allen denen, welche ihre Existenz dem Erfinder verdankten, Gelegenheit zu geben, ihre Dankbarkeit zu bezeugen. Es genügte auch nicht, selbst in einem grossen, weiten Kreise diese Gefühle gegenseitig zu äussern, man wollte ein sichtbares Zeichen, um der Welt zu zeigen, wie wir den Erfinder unserer Kunst verehren, und so entstand der Gedanke, ihm ein Denkmal zu errichten. In gleicher idealer Weise, wie der Gedanke entstanden, sollte sich auch die Ausführung vollziehen. Nicht nur die Begüterten unter uns sollten das Vorrecht haben, sich bei Schaffung dieses Denkmals zu be theiligen, — nein! einem Jeden bis zu dem einfachsten Arbeiter sollte das Recht gewahrt bleiben, sein Scherflein, und sei es auch noch so gering, dazu beitragen zu dürfen. In dieser Weise wurden die Mittel beschafft, und das war wohl auch die Ursache, weshalb so viele Jahre des Sammelns dazu nöthig waren. Die Ausführung wurde dem Bildhauer Herrn Pohl anvertraut, der mit ernstem, mannhaftem Streben bemüht war, etwas Gutes zu schaffen, was ihm auch gelungen ist. Das, meine Herren, ist in grossen Zügen die Entstehungsgeschichte dieses Denkmals, welches wohl verdient, von einigen Gesichtspunkten aus beachtet zu werden. Es ist das erste Denkmal in unserer Stadt, welches einem Erfinder zu Ehren errichtet wurde. — Fern von jedem Personenkultus, soll es