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2526 PAPIER-ZEITÜNG. No. 88. Druckpapier und Dynamit. Lachendorf, 26. Oktober 1892. Bezugnehmend auf den Artikel: »Druckpapier und Dynamit« in Nr. 29 der »Papier-Zeitung«, Seite 822, bemerke ich ergebenst, dass auf meine namens des Vereins Deutscher Papierfabrikanten in dieser Angelegenheit an den Herrn Reichskanzler gerichteten Eingaben vom 14., 15. und 18. Mai d. J. mir von dem Auswärtigen Amte durch den Königlichen Landrath in Celle ein Bescheid zu gegangen ist. Doch hatte der Herr Landrath den Auftrag, mir den Erlass nur vorzulesen, nicht aber Abschrift davon zu geben, und ich habe demnach nur eine mündliche Mittheilung erhalten. Ich kann also nur aus dem Gedächtnisse berichten, dass der Herr Reichskanzler durch den deutschen Botschafter in London der englischen Regierung Vorstellungen wegen der rigorosen zoll amtlichen Behandlung deutscher Rollendruckpapier-Sendungen hat machen lassen. Die englische Regierung hat darauf laut Bericht unseres Herrn Botschafters dem Sinne nach — wörtlich kann ich es nicht wiedergeben — erwidert, dass sie -sich im Prinzip das Recht wahren müsste, die eingehenden Güter so zu untersuchen, wie sie es im Interesse ihres Landes und der Sicherheit für nöthig halte, dass sie aber den Vorfall untersuchen und mit möglichster Schonung vorgehen wolle. Einigen Erfolg haben diese Vorstellungen, wie wir dankend anerkennen wollen, doch anscheinend gehabt, denn seitdem sind, wie mir mitgetheilt worden ist, die über Hamburg durch die General Steam Navigation Co. nach London verfrachteten und in St. Katharine’s Wharf daselbst gelandeten Papiersendungen un beanstandet eingelassen worden. Dagegen sind leider deutsche Papiersendungen, welche den Rhein hinunter über Rotterdam nach London gegangen und nicht in St. Katharine’s Wharf, sondern an einem anderen Wharf oder Dock daselbst gelöscht sind, nur nach grossen Weitläufigkeiten eingelassen worden. Auf meine unterm 14. August d. J. an den Herrn Reichs kanzler gerichtete Eingabe, ob es nicht möglich sei, die englischen Zollbehörden zu bewegen, auch solche Sendungen unbeanstandet einzulassen, habe ich bislang eine Antwort nicht erhalten. Leider höre ich soeben, dass wieder 50 Rollen Druckpapier aus einer sächsischen Papierfabrik, von Hamburg über Bristol nach Cardiff versandt, in Bristol angehalten und nur nach grossen Weitläufig keiten und gegen Leistung einer Bürgschaft von 500 Lstr. zur Deckung der Untersuchungskosten zum Weitertransport nach Cardiff zugelassen wurden. Auch über diesen Vorfall werde ich eine Beschwerde an den Herrn Reichskanzler richten. Wohin sollen solche den Verkehr zwischen zwei befreundeten Nationen doch in hohem Grade störende Zollbelästigungen schliesslich führen, und was bezwecken sie? Dass die englische Regierung wirklich noch glaubt, es könnte Dynamit in den Papier rollen eingeschmuggelt werden, halte ich fast für undenkbar. Es ist ihr vorgestellt worden, und der Augenschein lehrt es, dass zur Einschmuggelung irgend welcher Gegenstände mittels Rollen druckpapiers nur der in der Rolle nach Entfernung der Rollstange verbleibende Raum verwendet werden könnte, dass es also ge nügen würde vorzuschreiben, bei der Verpackung der Rollen das Wellenloch unbedeckt zu lassen, um ohne Beschädigung der Waare und ohne Kosten zu verursachen, leicht sehen zu können, ob etwas hineingelegt worden ist oder nicht. Was aber soll sonst mit diesen Zollplackereien bezweckt werden? In dem diesen Gegenstand besprechenden Artikel: The Custom House and Paper Imports in Nr. 255 des englischen Blattes »The Paper Makers Circular« vom 10. Mai d. J. heisst es: Now however another scave has arisen. This time it is the German makers and their English clients, who are being subjected to unnecessary annoyance whilst the scene has been shifted to Tilbury. Here it was, that three centuries ago Queen Elizabeth reviewed her troops, when that great Fleet invincible agäinst her bore in vain«. Now the Custom- House marshals its forces at the same spot to resist in the influx of German paper! It is said by some that this action only serves the English houses right for importing paper from abroad instead of buying it from British mills. Yet if we are to have »protection« surely it would be better to have it enforced by a Mc Kinley Act duly sanctioned by the legislature than by the mischievous interference of dilatory officials. Uebersetzung: Wieder ist eine neue Wunderlichkeit zu verzeichnen. Diesmal sind es die deutschen Papiermacher und ihre englischen Abnehmer, welche in Tilbury, wo die Scenerie sich geändert hat, unnöthigen Plackereien ausgesetzt werden. Hier war es, wo vor drei Jahrhunderten Königin Elisabeth Rundschau über ihre Truppen hielt, als die grosse unbesiegliche Flotte vergebens gegen sie gezogen war. Jetzt wendet das Custom-House (Zollhaus) seine Kräfte an demselben Orte dazu auf, um die Einfuhr deutschen Papieres zu verhindern! Es wird von Einigen behauptet, dass dieses Vorgehen lediglich gegen englische Häuser ge richtet ist, welche Papier von ausserhalb beziehen, statt dasselbe von englischen Fabriken zu kaufen. Wenn wir durchaus eines solchen Schutzes bedürfen, so wäre es wohl besser, ihn durch eine McKinley- Bill zu erzwingen, die in regelrechter Weise durch Gesetz festgestellt werden könnte, statt durch das übelwollende Eingreifen nachlässiger Beamter. Ich habe mir erlaubt, diesen Artikel dem Herrn Reichs kanzler vorzulegen, um zu zeigen, wie selbst englische Blätter über diese Sache denken. Carl Drewsen, Vorsitzender des Vereins Deutscher Papierfabrikanten. Die deutsche Papierfabrikation wird die Bemühungen des Herrn Kommerzienrath Drewsen gewiss dankbar anerkennen, und wir können nur wünschen, dass dieselben von Erfolg sein möchten. Eine Unterstützung der Schritte unserer Regierung durch die englischen Abnehmer wäre vielleicht am wirksamsten, falls eine solche im Stillen ins Werk gesetzt werden könnte. D. Red. Natron-Zellstoff. Delary, 23. Oktober 1892. In den letzten Wochen gingen mir kurz nacheinander zwei Anfragen mit Probestückchen von ungebleichtem Natron-Zellstoff zu, welche viele kleine helle, anscheinend faserlose Bündel ent hielten, die zu Ausstellungen Veranlassung gegeben haben sollen. Da die Händler diese Bündel kurzweg für Splitter erklären, und die Sache von allgemeinem Interesse ist, so dürfte eine Erklärung zweckmässig sein. Der Baum ist in seinem Bau manchem Thier verwandt. Bei letzterem finden wir vielfach zuerst Haare, dann Haut, dann Fleisch und Knochen, beim Baum zuerst Rinde, dann Bast und dann Holz und Aeste. Dass die Rinde rein abgeschält werden muss, ist selbstverständlich, doch sollte man etwas tiefer greifen, besonders bei altem Fichtenholz, weil die oben erwähnten Bündel aus dem Bast stammen und ganz feinfaserig wie Leder sind. Die Bündel zeigen an ihren Ausläufen ganz feine Fasern, die sich im Waschholländer vollständig entkrusten, aber nicht ganz auf schliessen. Sie sind jedoch ungefährlich, da sie sich, falls sie als Halbstoff zu Papier verwendet werden, im Ganzzeug-Holländer vollständig zertheilen. Wird die Masse gebleicht, so wird durch die schwächste Bleiche deren Aufschliessung vollzogen. Man kann dies, wie bemerkt, durch Abschälen des Bastes, der nur Postpapier-Dicke hat, zum grössten Theil verhüten, haupt sächlich bei älterem Fichtenholz; junges Holz und Kiefern haben weniger davon. Man nehme aber gleich mit der Rinde, so lange das Holz noch grün ist, auch den Bast weg, weil dies, nachdem das Holz trocken geworden, schwieriger und kostspieliger wird. Man kann den Bast auch vollständig zertheilen, indem man die Masse mit hohem Druck aus den Kochern in die Auslauge-Kästen bläst. Hierzu ist jedoch nicht zu rathen, weil dadurch auch die Hauptfaser geschädigt wird, und dieselbe ihre leinenartige Festig keit zum grössten Theil verliert. Auch wird die Faser dadurch so kurz, dass der Ganzzeug-Holländer nicht mehr imstande ist, das zu geben, was von einem guten Papier verlangt wird. Der richtige Papierfabrikant wird sofort erkennen, dass die geschlossenen Bündel keine Splitter sind, und beim Verarbeiten erfahren, dass dieselben nichts schaden. Wenn ein Zwischen händler dieselben für Splitter erklärt, um die Preise, die bereits die niedrigste Stufe erreicht haben, zu drücken, oder, wie es in in solchen Fällen meist geht, einen Nachlass herauszupressen, so lässt sich dafür schriftlich kein Ausdruck geben. C. Hennefeld. Deutsche Löschpapiere. Seit langer Zeit ist von mir die grosse Saugfähigkeit unseres Natron-Zellstoffs beobachtet und von bedeutenden Papier-Fabrikanten bestätigt worden. Der Artikel unter obiger Ueberschrift in Nr. 86 liefert für die Saugfähigkeit eine bestimmte Norm dadurch, dass er eine Saughöhe von über 60 mm in 10 Minuten als hervorragende Leistung bezeichnet. Dies veranlasste mich zu Versuchen an 9 Streifen verschiedener Natron zellstoff-Pappen, welche unseren verschiedenen Bleichgraden und ver schiedenen Machungen entnommen waren. Ich habe die Streifen so in frisches Brunnenwasser gehängt, dass die Linie »Null« gerade mit der Wasser-Oberfläche abschnitt. Nach genau 10 Minuten habe ich die obere Grenze der Saughöhe sofort an gemerkt. Die erzielten Ergebnisse erscheinen recht befriedigend, wenn man berücksichtigt, dass unser Zellstoff keineswegs so auf der Papp-Maschine verarbeitet wird, dass dabei möglichst grosse Saugfähigkeit entsteht. Er wird im Gegentheil so gepresst, dass er möglichst viel Wasser ab- giebt, und dann getrocknet. Wenn man dies berücksichtigt, scheint es, dass bester Natron-Zellstoff als brauchbarer Rohstoff für gute Lösch-