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2614 PAPIER-ZEITUNG. No. 87. Urkundenfälschung. Unerwarteten Ausgang nahm vor einiger Zeit eine Schwur- gerichtsverhandlung vor dem Landgericht I in Berlin. Dieselbe war besonders dadurch interessant, dass der Hauptangeklagte trotz der übereinstimmenden Gutachten dreier Sachverständigen (Schreib- sachverständigen und Chemiker) von den Geschworenen freige sprochen wurde. Der Kommis Georg Fobbe war,,von der Rentnerin Wittwe Wiebke beauftragt worden, mehrere ihr gehörende Häuser zu ver kaufen. Für seine Bemühungen sollte F. 1 pCt. vom Gesammt-1 Erlös erhalten, was für den kein sicheres Einkommen Besitzenden eine erhebliche Einnahme-Aussicht bedeutete. Die Häuser wurden für 11/2 Millionen Mark verkauft, aber — i dieser Verkauf war ohne Zuthun F.’s zustande gekommen. Nach einiger Zeit trat nun F. mit dem Ansuchen an Frau W. | heran, ihm »seine« Provision von 1/2 pCt. laut Revers auszu zahlen und legte letzteren vor. Frau W. bestritt nicht, denselben unterschrieben zu haben, beschwor aber, der Revers habe ursprüng lich nicht den jetzt darauf befindlichen Zusatz: »Bei anderweitem Verkauf entschädige ich Sie mit 1/2 pCt.« enthalten, worauf F. I seine Ansprüche stützte. Die Sache war, nachdem F. mit seiner; Klage gegen die Wiebke abgewiesen worden, ans Kammergericht gekommen, und hier entstand der Verdacht, F. könne den Zusatz zumal der Revers ganz von seiner Hand herrührte) nachträglich hineingeschrieben haben. Ferner kam ein Drogist Damsch, der von F. als Zeuge geladen war, in Verdacht, einen Meineid ge leistet zu haben, als er behauptete, Frau W. habe in seinem Beisein den Revers unterschrieben, als der Zusatz bereits darin aufge.- nommen war. Es kam somit darauf an, zu ermitteln, ob die Unterschrift früher auf das Papier gesetzt worden war, als der fragliche Zusatz. Zufälligerweise fand sich der erste Bogen am W. der Unter schrift (Wiebke) von einem Langbuchstaben der darüber liegenden verdächtigen Zeile durchschnitten, wie es auf der beigedruckten Skizze in vergrösserter Darstellung zu sehen ist. Es ist im allgemeinen schwieriger als man glaubt, mit Be stimmtheit zu sagen, welche von zwei Schriften oben, und welche unten liegt. Die drei zugezogenen Sachverständigen aber waren darin einig, dass der Zusatz zweifellos später geschrieben sein müsse, weil der Strich des Langbuchstabens über das W hinweg gehe. Dies wollte der eine aus dem Aussehen der Tinte, der zweite aus analogen Beispielen, die er mit gleichartiger Tinte vorgenommen, und der dritte aus photographischen Vergrösserungen wissen. Der Vertheidiger Dr. Flatau hob in der Verhandlung mit Recht hervor, dass ein Schriftenvergleicher hier ganz überflüssig sei; nur der Chemiker könne urtheilen. Wenn aber dieser seinem Kollegen, der ebenfalls Chemiker ist, widerspreche und jener ihm, so sei Grund genug zur Annahme vorhanden, dass beide Herren ihrer Sache nicht sicher seien. Die Vertheidigungsrede hatte nach langer Berathung der Ge schworenen die Freisprechung zur Folge, obwohl der Staats anwalt die feste Zuversicht ausgesprochen hatte, die Herren würden einen verurtheilenden Spruch fällen. Und nun sehe man sich einmal die Sache genau an. Man erkennt in der Vergrösserung deutlich die Unterbrechung in dem Langbuchstaben gerade vor dem W-Bogen; ferner sieht man, dass der Strich nach der Unterbrechung bei weitem breiter einsetzt. Wie ist dasalles zu erklären? Würde es vorhanden sein können, wenn das W nicht vorher auf dem Papier gestanden hätte? Der Leser mag sich einen Augenblick einbilden, er sei Ge schworener; — ob er wohl den Angeklagten »nicht schuldig« ge funden hätte? Schreiber Dieses beantwortete die Frage, indem er es der Vertheidigung gegenüber ablehnte, in dieser Sache ein Gutachten abzugeben. Aus diesem Gerichtsfall ist mancherlei zu lernen. Der Ge schäftmann möge sich Folgendes merken: Lass nie eine freie Stelle über der Unterschrift in irgend einem Abkommen von Werth und schreibe in Fällen, wo Du eine Verpflichtung eingehst, möglichst das Ganze selbst. W. Langenbruch. T rockency linder in allen Dimensionen, solid und stark ausgeführt. Pappen- und Papier-Trockenapparate in verseil iedenster Zusammenstellung liefern billigst C Joachim & Sohn, Schweinfurt a.M. ceyulose-Fabr; ! Feldmühle. :: 3 LIEBAU, Schles., COSEL, Schiess 2 o directes indirectes ,, 2 Koehverfahren. Kochverfahr6rs2 2 Feld«», LiebausChlegremm-Adresamnüihie Cosolschlesien. 3 Gesehäfts-Leitung in Cosel. ccc0