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stehenden Formen hervorzusuchen oder wohl gar mehr erforder liche Accent-Buchstaben durch Schneiden und Feilen mühsam und unvollkommen zusammenzuflicken. Als weiterer Vortheil ergiebt sich, dass die zu jeder Schrift mitbezogenen Einzel-Accente nicht in den zugehörigen Kasten gestellt zu werden brauchen, sondern nach Kegeln geordnet in einem Stellkasten für sich aufbewahrt werden können. Da nur wenige Formen nöthig sind, — z. B. passen fette Accente kleiner Grade in Bild und Stärke zu halbfetten Schriften grössern Grades; für alle Stein-, Grotesk- und ähnliche Schriften können einheitliche Accente gegeben werden, — sö erhält man ein so reichliches, allgemein verwendbares Material, dass niemals Mangel daran ein treten kann. Aber auch der von diesen Buchstaben jetzt in An spruch genommene todte Raum wird ausgenützt, man kann einige Reihen nützlicher Buchstaben mehr in den Kasten stellen, ausser dem wird die Uebersichtlichkeit grösser. Nicht nur, dass die Accentzeichen in Zukunft ausreichend zur Hand sein würden, auch die zugehörigen Buchstaben können niemals fehlen; nöthigenfalls hilft man sich durch Abhobeln oder Abfeilen eines gewöhnlichen e usw., das entwerthet die Buch staben nicht. Der Schriftgiesser hat von der vorgeschlagenen Einrichtung noch grössern Vortheil als der Schriftbezieher. Er beseitigt zu nächst die ihm sehr lästigen Beschwerden. Dann hat er statt der gewöhnlichen Accente ääädeöefiiiöööüüü bei jeder Schrift nur zu giessen a e i o u auf kleinern Kegel, statt 20 Charakteren also nur 5. Die 4 Accentzeichen wird er nach Gruppen feststellen und in entsprechend grössern Mengen auf Vorrath giessen können, er wird sie auch nicht zur Schrift packen, sondern sie in Reihen, für Minimen abgetheilt, auf Lager nehmen. Ein weiterer sehr bedeutender Vortheil entsteht für den Giesser dadurch, dass die Accentbuchstaben nicht mehr wie bisher be sonders geschnitten oder gelöthet, und dass nicht Matern davon genommen werden müssen. Es ist nur nöthig, eine Anzahl a e i o u auf kleinern Kegel zu giessen und die zugehörigen Accentzeichen vom Lager zu nehmen. Dies ist namentlich wichtig für die mit dem Auslande (Schweden, Finnland, Böhmen, Spanien usw.) arbeitenden Giessereien. Jede Schrift, auch Fraktur, kann also ohne weiteres für jede Sprache geliefert werden. Wer befürchten sollte, dass die kleinen Accentzeichen, z. B. für Text, beim Druck in die Höhe steigen und abbrechen könnten, dem kann dadurch geholfen werden, dass die Signatur bei den Accentbuchstaben auf der entgegengesetzten Seite eingegossen oder besonders eingehobelt wird, und dass die Accent-Type an der entsprechenden Stelle einen in die Vertiefung passenden Buckel erhält. Das würde allerdings besondere Vorkehrungen beim Guss der dazu passenden Accentzeichen bedingen, die hier zu erörtern nicht der Platz ist, die aber bei der Wichtigkeit des sonst Erreichten kaum in Frage kommen. Ich halte eine solche Sicherung nicht für nöthig, sie wäre nur eine Konzession an Bedenkliche. Die Theilung von Accent-Buchstaben und -Zeichen würde bei allen Titel- und Zier-Schriften vom Textkegel aufwärts durch geführt werden können, die nicht zu ausschliesslichem Satz in fremder Sprache bestimmt sind. Denn es versteht sich wohl von selbst, dass französische Bezieher verlangen werden, dass wenigstens die vielgebrauchten Accent-Buchstaben in einem Stück gegeben werden. Bei Erwerb von einzelnen Minimen und darunter werden aber auch ausländische Bezieher mit der vorgeschlagenen Theilung einverstanden sein. Ich habe die Gründe für und wider nach bestem Wissen an gegeben, bitte aber Diejenigen, die dem Gesagten noch etwas hinzuzufügen oder daran auszusetzen finden, ihre Meinung nicht zu verschweigen. Es ist bisher nicht üblich gewesen, solche An- gelegenheiten vor dem grossen Forum spruchreif zu erledigen. Da aber hier eine Sache von wirklichem Allgemein-lnteresse vor liegt, so möge Jeder, der etwas dazu zu sagen weiss, dies nicht unterlassen. Hermann Hoffmann. Büchertisch. Der Autorenverkehr. Briefe von Verlegern an Autoren, und von Autoren an Verleger. Neu bearbeitete und vermehrte Auf lage. Von Friedrich Streissler. Leipzig, G. A. Müller & Co. Ge bunden 2 M. 50 Pf. Ueber die erste Auflage konnten wir bei der Besprechung in Nr. 53 nicht viel Gutes sagen. Der Verleger scheint das Erscheinen der zweiten Auflage ohne Rücksicht auf den Absatz beschleunigt zu haben und hat die Bearbeitung derselben nicht mehr dem ungenannten Verfasser der ersten, sondern einem anscheinend besser bewanderten Fachmanne über tragen. Das Buch hat nunmehr in seinem Haupttheil einen vollständig andern Inhalt bekommen, und zwar entschieden zu seinen Gunsten. Schon dem ersten Abschnitt, der Beispiele brieflichen Verkehrs zwischen Buchhändler und Schriftsteller bringt, sieht man an, dass er sich mehr an die Praxis anlehnt, als der ersichtlich erfundene Briefwechsel der ersten Auflage. Sehr verständiger Weise räth der Verfasser, solchen Briefwechsel streng sachlich zu führen, Lob und Tadel zu vermeiden, während sein Vorgänger mit Lob in Verlegerbriefen nicht kargte. Er sagt: Tadelt der Verleger ein ihm zum Verlage gesandtes Manuskript, so ist der Autor be rechtigt, ihm zu antworten, er habe ihm das Manuskript zum Verlage, nicht aber zur Rezension gesandt; lobt der Verleger das Manuskript zu sehr, statt einfach zu erklären, dass er es an nehme. so wird der Autor seine Forderungen hochschrauben wollen, und, wenn dies nicht ge schieht, wird er dem Verleger bei etwaigem geschäftlichen Misserfolg die Schuld beimessen, denn viele Autoren sind der Ansicht, dass ein gutes Werk auch einen guten buchhändlerischen Erfolg erzielen müsse. Unter den Beispielen für Berechnung des Selbstkostenpreises ist die in Nr. 40 laufenden Jahrgangs der Papier-Zeitung mitgetheilte Be rechnung eines Kolportageromans wiedergegeben. Eine wichtige Be reicherung des Buches ist der Abschnitt »Verlagsvertrag« und die Auf nahme der > Verlagsordnung für den deutschen Buchhandel«. Der Verfasser des ersten Theils hat, wie er selbst im Vorwort angiebt, sich die Aeusserungen der an der ersten Auflage geübten fachmännischen Kritik zu Nutze gemacht. Leider hat der Verfasser des Anhangs, zugleich der Verleger des Buches, dies seinerseits nicht für nöthig gehalten, und all die Schnitzer der ersten Auflage, die wir in Nr. 53 rügten, sind in der zweiten ge treulich beibehalten worden, obwohl unsere Besprechung s. Z. dem Verleger zugesandt wurde. Eine solche Gleichgiltigkeit gegen wohlge meinte Hinweise von sachverständiger Seite verdient die ernsteste Rüge. Lichthochdruck auf der Buchdruck-Schnellpresse, Galvanographie, ein ganz unzulängliches Verfahren, finden sich noch immer unter den Wiedergabe verfahren, das »Bleigalvano« ist allerdings verschwunden, und in »Blei klischee» verwandelt, gilt aber noch immer als Erzeugniss der Galvano plastik. An anderer Stelle ist dann die Technik, durch welche in Wirk lichkeit Bleiklischees hergestellt werden — die Stereotypie —, beschrieben, aber in einer Weise, dass dem Fachmann Hören und Sehen vergehen kann. Der Verfasser dieses Theils, welchen Herr Streissler in der Vor rede als »tüchtigen Fachmann im graphischen Gewerbe und Besitzer einer Buchdruckerei« vorstellt, leistet hier Folgendes: Dio drei verschiedenen Verfahrungsweisen (Stanhope’sches, Daule’sches und die Papier- Stereotypie) weichen von einander nicht wesentlich (!) ab. In allen Fällen (! also auch bei der Papierstereotypie?) werden zunächst Matern oder Formen aus Schlemmkreide oder aus Gips hergestellt, nach denen alsdann in gewöhnlicher Weise (sehr beliebter Ausdruck, wenn man das Verfahren nicht kennt) die Platten gegossen werden. Weitere grobe Schnitzer liegen darin, dass Autotypie als ein Ver fahren bezeichnet wird, »Klischees (Galvanos « nach Halbtönen auf photographischem Wege zu erzielen. Wie aus dem »Bleigalvano« her vorging, scheint der Verfasser garnicht zu wissen, was ein Galvano ist; er redet von autotypischen Galvanos als End-Ergebnissen des autotypischen Verfahrens und sagt auch bei chemigraphischen Zink ätzungen: »Der Preis für solche Galvanos beträgt usw.« Alle Klischees sind ihm also Galvanos. »Besitzer einer Buchdruckerei« mag der Verfasser dieses Theils sein, — Buchdrucker ist er nicht, auch kein »tüchtiger Fachmann im graphischen Gewerbe.« Es ist unglaublich, was sich der Buchhandel von seinen Halb- und Viertelswissern alles bieten lassen muss! Zwei reiche Frauen. Roman von M. v. Eschen. Berlin 1892, Verlag des Vereins der Bücherfreunde. Gegen Zahlung von 3 M. 75 Pf. für ungebundene, 4 M. 50 Pf. für gebundene Bände jähr lich G—8 in sich abgeschlossene Werke im Umfang von etwa 150 Bogen. Es ist eine » Offiziersgeschichte«. Die Schicksale zweier Paare werden darin fesselnd und lebenswahr geschildert. Das schöne, aber unbegüterte Fräulein Adele von Waldegge lässt sich durch Zureden ihrer Mutter bestimmen, trotz ihrer Neigung für einen tüchtigen jungen Offizier, den Antrag eines andern, sehr reichen Offiziers anzunehmen. Es wird eine glänzende, aber des festen, auf gegenseitige Neigung ge gründeten Zusammenhalts entbehrende Ehe. Anderseits gewinnt ein schuldenbelasteter Offizier, Graf Berg, die Neigung einer gemüth- und charaktervollen Fabrikantentochter, deren Vermögen er in kurzer Zeit vergeudet. Das eheliche Einvernehmen, welches auch hier von vorn herein den Keim der Zerstörung in sich trägt, wird endgiltig vernichtet durch das Dazwischentreten einer zweiten »reichen Frau«, einer inter essanten englisch - orientalischen Wittwe. Der Ausgang der mannig faltigen Verwickelungen entspricht der poetischen Gerechtigkeit, wird aber dem Leser keineswegs schon bei der Entwicklung der Fabel er kennbar. Man wird durch die Lösung überrascht, ohne ihre Folge richtigkeit bestreiten zu können. Kleine Mittheilungen. Kinderspielkarten. Die Firma Payne in Leipzig hat ihrem Familienkalender für 1893 ein Kartenspiel für Kinder beigegeben, das in Deutschland in Berücksichtigung seiner geringen Grösse stempelfrei ist. Ein Wiener Buchhändler dagegen wurde wegen Verkaufs dieses Kalenders zu 200 Gulden Strafe verurtheilt.