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No. 69. PAPIER-ZEITUNG. 1979 838 66 Sachliche Mittheilungen finden kostenfrei» Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. 638836 Behandlung bunter Farben beim Accidenzdruck. Man könnte beim Farben-Accidenzdruck zwei grosse Farben- Gruppen unterscheiden: 1) gefärbten Firniss, d. h. solche Farben, welche in der Hauptsache aus Firniss bestehen, dem nur eine ganz verschwindende Quantität Farbe zugesetzt ist: unsere sogen. Tonfarben; 2) mit Firniss druckfähig gemachten Farbstoff, d. h. Farben, welche hauptsächlich in dunkleren Tönen zum Druck von Konturformen gebraucht werden, und welchen nur so viel Firniss zugesetzt wird, um den Farbstoff mittels der Walzen auf die Druckform und von dieser auf das zu bedruckende Papier zu bringen. Die unter Nr. 1 aufgeführte Gattung wird in den weit aus meisten Fällen mit Firniss Nr. 4 angerieben, sogen, schwachem Firniss. Es geschieht dies aus folgenden Gründen: Fast immer werden diese Tonfarben für breite, volle Flächen verwendet; würde man die Farbe mit stärkerem Firniss anreiben, so würde ein bedeutend stärkerer Druck, den unsere Tiegeldruckpressen garnicht ausüben können, erforderlich sein, um die Platte zum Ausdrucken zu bringen, auch würden die kleinsten Mängel in dem Tonplatten-Material hervortreten. Anderseits lässt sich nicht leugnen, dass die Töne, mit je stärkerem Firniss sie angerieben werden, um so feuriger und schöner erscheinen. Bei unserem Tonplatten-Material spricht noch der Umstand mit, dass gewisse Platten-Stoffe das Verdrucken einer stark ange riebenen Tonfarbe nicht vertragen, sondern beim Druck abge blättert oder abgerissen werden. Aus diesen Gründen, und weil sich dünn angeriebene Tonfarben leichter und bequemer ver drucken, wählt man zum Anreiben von Tonfarben Firniss Nr. IV. Ausserordentlich wichtig ist es nun, dass der Anreibende nicht unter ein gewisses Maass der Farbe-Verdünnung heruntergeht. Nur ein sehr geübtes Auge ist imstande, auf dem Stein schon zu beurtheilen, ob die ohne Weiss angeriebene Tonfarbe den richtigen geringen Sättigungsgrad hat, und selbst dieses nicht mit absoluter Sicherheit. Es kommt dann beim Farbehalten einer Tonfarbe viel darauf an, wieviel Farbe man auf die Walzen giebt; mit viel Farbe wird dieselbe Tonfarbe im Abdruck natürlich dunkler erscheinen, als mit wenig Farbe. Ist nun einmal die Farbe zu hell angerieben, so helfen sich unerfahrene Drucker häufig dadurch, dass sie durch fetten Druck die Farbe dunkler machen wollen. Das ist grundverkehrt! Der Tondruck erhält dann das Aussehen, welches der Farbendrucker mit »ersoffen« bezeichnet. Der Druck sieht matt aus und zeigt meistens keine glatte reine Oberfläche, sondern hat ein grundirtes, gestreiftes oder punktirtes Aussehen. Nach längerem Liegen wird sich die Farbe nach dem Gelblichen zu verändern, und bei dünneren Papier sorten wird der Firniss auf der Rückseite durchschlagen. Bei Bestimmung der Schattirung einer Tonfarbe verfahre der weniger geübte Drucker so: Er gebe ein nicht zu grosses Quantum der vorher nach bestem Wissen und Gutdünken angeriebenen Farbe auf die Walzen und lasse sie einlaufen. Hierauf mache er einen Abzug. Deckt die Farbe glatt und gleichmässig, ohne ein fast regelmässiges Korn zu zeigen, glatte Platte vorausgesetzt, so ist die Farbe gut; zeigt sich aber dieses Korn, und schlägt die Tonfarbe über die Ränder, so ist unbedingt zu viel Farbe auf den Walzen, und es muss solange Farbe abgezogen werden, bis das selbe verschwunden ist. Ist die Farbe dadurch zu hell geworden, so muss mehr Farbstoff zugesetzt werden. Man giebt darum auch nie die Farbe in den Farbekasten, ehe man sicli nicht durch diese Probe überzeugt hat, dass die Farbe richtig angerieben ist. Die alte, zu dünne Farbe muss dann vor einem neuen Abzug von Walzen und Form abgewaschen werden. Wie schon angedeutet, halte ich es für ganz unzweckmässig, beim Accidenzdruck Tonfarben mit Weiss anzureiben, einmal weil das Weiss in den meisten Fällen dem Feuer der Farbe unmittel bar schadet, anderseits weil das Anreiben mit Firniss allein viel bequemer ist, und drittens weil wir im Accidenzdruck fast nur lasirende Farben gebrauchen können und jede mit Weiss an geriebene Farbe vorgedruckte Farben mehr oder weniger deckt, was bei feurigen, lebhaften Farben bisweilen recht unangenehm werden kann. Das Anreiben der Tonfarben geschieht folgendermaassen: Man nimmt von der Teigfarbe — in dieser Form bewahren wohl die meisten Druckereien ihre Farben auf — ein Stückchen von der Grösse einer Bohne bei einer als Maassstab angenommenen Auf lage von 500 und einer zu druckenden Tonplatte von 250—300 ccm Fläche, dazu eine gleich grosse Menge mittelstarken Firniss Nr. 2, und reibt nun mittels eines Farbespachtels oder einer alten Messinglinie die kleine Farbemenge tüchtig durch. Brocken und Körnchen dürfen sich darin nicht finden. Nach dem Durchreiben setzt man etwa 2 ccm schwachen Firniss Nr. 4 zu. So wird man eine nicht zu helle Tonfarbe erhalten, welche für die angegebene Auflage ausreichen dürfte. Es würde ganz falsch sein, wenn man die Teigfarbe sofort mit schwachem Firniss behandeln wollte. Die selbe löst sich sehr schlecht in dem schwachen Firniss, man muss dreimal so lange reiben und wird eine Tonfarbe erhalten, die voll von kleinen, dunklen Farbekörnchen ist; sie wäre also unbrauchbar. Ein ausserordentlich wichtiger Punkt bei Tonfarbendruck so wohl als auch beim Druck reiner, feuriger Konturfärben ist die grösste Reinlichkeit, sowohl beim Anreiben als bei den Walzen. Der Farbestein muss durchaus frei von Schmutz und etwaigen Farberesten sein. Man darf über den Farbestein nur einmal mit einem schmutzigen Lappen wischen und wird nie darauf ein reines, schönes Rosa anreiben können, sondern dasselbe wird stets bräunlich und stumpf erscheinen. Noch sorgsamer muss man bei der Be handlung der Walzen verfahren. Es ist unbedingt nöthig, dass für Buntdruck zwei Sätze Walzen gehalten werden. Der eine für Schwarz und dunkle Farben, der andere für Roth und Tondruck. Man wäscht also die Walzen, Cylinder, überhaupt das ganze Farbezeug sorgfältig, so dass alle Ecken, Winkel usw. frei von Farbe sind. Hierauf streicht man die angeriebene Farbe auf und lässt sie einlaufen. Nun macht man einen Abzug und prüft die Farbe. Hat man eine gebrochene, z. B. graue Farbe, so braucht man es nicht so genau zu nehmen; sobald man aber einen reinen, klaren Ton erzielen will, wie bei Rosa, feurigem Blau usw., müssen unbedingt jetzt noch einmal Walzen und Farbecylinder geputzt werden. Dadurch, dass man die richtige Farbe hat einlaufen lassen, vermischt sich in den Poren der Walzen der Farberest mit dieser, und der Schmutz, welcher gegebenenfalls dennoch zu rückbleibt, kann nicht mehr so ungünstig einwirken, weil er sich der zu verdruckenden Farbe nähert. Namentlich Roth muss in dieser Beziehung sehr vorsichtig behandelt werden. Hat man schlechte, löcherige Walzen, oder war man ge zwungen, Walzen zu nehmen, die vorher in einer dunklen Farbe gelaufen sind, so wird sich vielleicht eine nochmalige Waschung nöthig machen. Das muss eben der Farbendrucker am Abzug sehen. Nur so wird man imstande sein, reine Töne und brillante Farben zu drucken. Die dünn angeriebenen Farben lassen sich jedoch nicht in allen Fällen verdrucken. Bei Kreidepapieren und auch bei Postpapieren schmieren, wenn man die Töne dünn angerieben über die Konturen druckt, diese letzteren aus, sobald etwas viel Farbe verwendet wurde. Man sucht dem abzuhelfen, indem man beim Anreiben etwas mehr mittelstarken Firniss nimmt oder der Farbe etwas Weiss zusetzt. Dadurch wird die Farbe etwas kräftiger und die auflösende Wirkung in etwas beschränkt. Hilft das nicht, so muss man nach dem vollständigen Trocknen des Vordrucks diesen mit Talkum abreiben. Ehe der Vordruck richtig trocken ist, darf dies nicht geschehen, weil Talkum sonst der Farbe den Glanz nimmt. Ueber- haupt muss jede Farbe erst richtig trocken sein, ehe man eine andere darüber druckt, weil sonst die zuletzt gedruckte nicht haftet. Beim Anreiben gehe man recht sparsam zu Werke und reibe lieber ein oder zwei Mal Farbe nach, weil zuviel angeriebene Tonfärbe fast nie wieder verwendet werden kann. Man hebt sie gewöhnlich in Papp-Schächtelchen auf, um später zu finden, dass sie eingeharzt ist, wenn man sie wieder gebrauchen will. Es giebt Drucker, welche absolut nicht imstande sind, zu beurtheilen, wieviel Farbstoff sie für Tonfarbe brauchen. Da wird denn von der dunklen Farbe so viel angerieben, dass man 100 000 Exemplare