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No. 29. PAPI ER-ZEITUNG. 831 Wenn aber als Grund angegeben wird: 1) dass die vollständige oder theilweise Ausübung des Ge werbes an Sonn- und Festtagen »zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürf nisse der Bevölkerung e erforderlich ist; oder 2) dass der Betrieb auf Wind oder unregelmässige Wasser kraft angewiesen ist, so handelt es sich um Verhältnisse, welche in den verschiedenen Gegenden verschieden sein können. Deswegen ist die Entscheidung darüber der »höheren Verwaltungsbehörde« zugewiesen. »Höhere Verwaltungsbehörde ist in Preussen der Regierungspräsident (in Berlin der Polizeipräsident), in Baiern die Kreisregierung, in Sachsen die Kreishauptmannschaft, in Württemberg die Central- steile für Gewerbe und Handel, in Baden das Ministerium des Innern, in Hessen - Darmstadt die Provinzial-Direktion, in den meisten andern Staaten das Ministerium. Die Ausnahmen, welche die eben genannte Behörde verfügen darf, erstrecken sich auf Gewerbe und auf Handel. Der Bundes- rath wird in dieser Beziehung Ausnahmebestimmungen für den Handel nicht zulassen, sondern nur für Gewerbebetriebe. 7. Festtage. Äusser den Sonntagen gelten im ganzen Reich als Festtage: Weihnachten, Neujahr, Charfreitag, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Eine gesetzliche Feststellung derselben ist noch nicht erfolgt. Im übrigen hat jeder der einzelnen Staaten zu bestim men, welche Tage innerhalb seiner Grenzen als Feiertage (z. B. Busstag) gelten sollen. In katholischen Gegenden können daher auch katholische Feiertage als offizielle Feiertage zugelassen werden. 8. Strafen. Die Verletzung der Sonntagsruhe wird mit Geldstrafe bis zu 600 Mark, im Unvermögensfalle mit Haft bestraft. Ist die Be schäftigung von Arbeitern am Sonntag verboten, so ist sie strafbar, auch wenn sie mit Zustimmung des Arbeiters geschieht. Auch begründet es keinen Unterschied, ob die Verletzung in einem Ungehorsam gegen das Gesetz oder gegen ein diesbezügliches Ortsstatut besteht. .9. Ausdehnung der Sonntagsruhe. Das Reichsgesetz bestimmt nur das nothwendige Mindestmaass der Sonntagsruhe. Wo die Landesgesetze schon jetzt eine strengere Sonntagsruhe vorschreiben, bleibt dieselbe bestehen. Auch in Zu kunft ist es jedem einzelnen Staate gestattet, strengere Vorschriften für die Sonntagsruhe zu erlassen. Aber auch hiervon abgesehen, nimmt inan an, dass die Ein führung der Sonntagsruhe schnell weitere Fortschritte machen werde. Ist die Sonntagsruhe in einem Gewerbe eingeführt, so wird manchmal ein verwandtes Gewerbe ein Interesse daran haben, dass die Bestimmungen gleichmässig geregelt werden. Durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths kann daher die Sonntagsruhe auch auf andere Gewerbe als die im Ge setze vorgesehenen ausgedehnt werden. 10. Beginn der Gesetzeskraft. Alle vorgenannten Bestimmungen sind zwar in dem bereits verkündigten Gesetz enthalten. Wann sie aber in Kraft treten sollen, wird erst durch eine eigene Kaiserliche Verordnung be stimmt werden. 11. Besondere Bestimmungen für die Sonntagsruhe der Lehrlinge, jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen. Für Lehrlinge galt bereits bisher die Bestimmung, dass den selben an Sonn- und Festtagen die Zeit zu ihrer Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes nicht entzogen werden darf. Ebenso war es auch bisher schon verboten, jugendliche Arbeiter an Sonn- und Festtagen zu beschäftigen und Ausnahmen nur in besonderen Fällen zugelassen. Diese Bestimmungen bleiben weiter m Kraft. Als neue Bestimmung ist nur die eine hinzugekommen, dass am Sonntag die Stunden für die Fortbildungsschule, und die für den Gottesdienst getrennt liegen müssen. Ausnahmen hiervon können nur bis zum 1. Oktober 1894 gestattet werden und zwar auch nur für solche bereits bestehenden Fortbildungsschulen, zu deren Besuch keine Verpflichtung besteht. In Rücksicht darauf, dass die Thätigkeit der Arbeiterinnen für die Vorbereitung der Sonn- und Festtage im Hause nöthig ist, ist für dieselben die Arbeit schon am Sonnabend, sowie an den Vorabenden der Festtage bis 51/2 Uhr nachmittags beschränkt und darf jedenfalls an diesen Tagen nicht mehr als 10 Stunden be tragen. Selbst wenn die Nachtarbeit von Arbeiterinnen (nach % /2 Uhr), die im allgemeinen verboten ist, ausnahmsweise bis 10 Uhr gestattet wird, so bleibt sie in der Regel für den Sonn abend dennoch verboten. Nur in besonderen Fällen schleuniger Arbeit (siehe Nr. 3) darf zuweilen eine Ausdehnung der Sonn abendsarbeit bis 812 Uhr abends gestattet werden, aber auch dann nur, wenn die Arbeiterin nicht ein Hauswesen zu versehen oder eine Fortbildungsschule zu besuchen hat; auch darf der Unter nehmer sich diese Ausdehnung der Sonnabendarbeit nicht auf eigene Faust herausnehmen, sondern muss dazu die schriftliche Erlaubniss der unteren Behörde nachsuchen und den Erlaubniss- schein sorgfältig verwahren. Umfassendere Ausnahmen von der Sonntagsruhe der Lehr linge, der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen können in folgenden Fällen bewilligt werden: Wenn Naturereignisse oder Unglücksfülle den regelmässigen Betrieb einer Fabrik unterbrochen haben, so können Ausnahmen bis auf die Dauer von vier Wochen durch die »höhere Ver waltungsbehörde zugelassen werden. Beansprucht man dieselben auf noch längere Zeit, so muss man sich an den Reichskanzler in Berlin wenden. Ist Gefahr im Verzüge, so kann man sich auch an die untere Behörde wenden; doch kann dieselbe Ausnahmen höchstens auf die Dauer von 14 Tagen gestatten. Wenn die eigrenthümliche Natur eines Betriebes oder Rück sichten auf die Arbeiter selbst es erfordern, dass die besonderen Bestimmungen über die Sonntagsruhe der Arbeiterinnen oder jugendlichen Arbeiter anders geregelt werden, so ist dies aus nahmsweise zulässig; aber es bedarf dazu einer eigenen Ver fügung des Reichskanzlers. Endlich sind auch Ausnahmen für ganze Klassen von Betrieben zulässig; namentlich für solche, die auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt sind (Saisonbetriebe). Solche Verordnungen hat der Bundesrath zu erlassen. Die besonderen Bestimmungen über die Sonntagsruhe der Lehrlinge, der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen sind bereits in Kraft getreten. Für Lehrlinge und jugendliche Arbeiter, welche bereits vor Verkündigung des Gesetzes (Juni 1891) beschäftigt waren, behält es bei den älteren Bestimmungen sein Bewenden (bis zum 1. April 1894). Becker & Co. Pirna a. d. Elbe (Kgr. Sachsen). — — [55699 OFFENBACH A. M. [58429 MDHN 4651Gw• MM* Specialität: Defibreur- & Raffineursteine Kollergangsteine Steine für Getreiden Actien-Gesellschaft f. Schriftgiesserei u. Maschinenbau Abtheilung für Schriftgiesserei: SPECIALITÄT: Erzeugung von Originalnovitäten in Brod-, Zier-, Titel-, Schreib-, Rundschriften, Einfassungen, Vignetten, Polytypen; Lieferung von Messinglinien und Holzutensilien für Buchdruckei eien. Abtheilung für Maschinenbau: SPECIALITÄT: Buchdruckmaschinen als: Bostonpressen, Korrektur- Abzieh-Apparate , Tiegeldruck-, Cylindertret-, Aeeidenz- Maschinen, Schnellpressen; Falzmaschinen für alle mögl. Formate. Komplette Buchdruckerei-Einrichtungen stets am Lager und daher sofort lieferbar. 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