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§ 1. • Die Tinte, welche im Staatsdienste verwendet wird, soll folgenden allgemeinen Ansprüchen genügen. Sie soll klar sein (keinen Bodensatz oder feste, aufgeschlämmte Theile enthalten), nicht saurer als noth wendig sein und keinen zu starken Geruch besitzen. Sie soll eine kräftige Farbe haben und gleich kräftig gefärbte Schrift liefern. In das Tintenfass gebracht, soll sie sich längere Zeit haltbar zeigen, ohne dass an der Oberfläche oder den Seitenwänden des Glases sich ein Häutchen ansetzt oder Bodensatz und Schimmel auftritt. Auf einer guten Feder soll sie nach dem Eintrocknen nur einen unbedeutenden glatten, lackartigen üeberzug, nicht aber eine lockere, schuppenartige Kruste hinterlassen. Sie muss leicht aus der Feder fliessen, darf aber keine Neigung zeigen, in gutes Schreibpapier zu sehr einzudringen. Die Schriftzüge sollen schnell trocknen, ohne klebrig zu sein, und nach dem Trocknen schwarze Farbe annehmen. § 2. Die Tinte, welche im Staatsdienste gebraucht wird, soll einer der folgenden Klassen angehören: Klasse 1. Eisen-Gallustinte, die folgende Eigenschaften haben soll: 1) wenigstens 4 g Eisen im Liter enthalten, 2) vollständige 14tägige Haltbarkeit zeigen. Auf Haltbarkeit prüft man, indem man 25 cc der filtrirten Tinte in eine cylindrische Medizinflasche (von 500 cc Inhalt) bringt, deren Mündung durch eine Panierkapsel bedeckt oder derart geschlossen ist, dass zwar Luft in die Flasche eintreten kann, aber Staub und dergl. abgehalten wird. Bei der Prüfung auf Schimmeln lässt inan die Mündung offen. 3) Sie soll Schriftzüge liefern, die eben so dunkel und widerstands fähig gegen Licht, Luft, Wasser und Alkohol sind, wie die einer Tinte, welche aus folgenden Bestandtheilen zusammengesetzt ist: 23,4 g Tannin (von der reinsten käuflichen Gerbsäure soviel, dass darin 23,4 g Tannin enthalten sind), 7,7 g kristallisirte Gallussäure, 30 g Eisenvitriol, 10 g Gummi arabicum, Salzsäure entsprechend 2,5 g Chlorwasserstoff und 1 g Karbolsäure, alles in 1 Liter. (Die Prüfung geschieht durch Belichtung der Schrift, die auf ein Papier der Stoffklasse I (Lumpenpapier) geschrieben ist, durch direktes Tageslicht drei Sommermonate lang, nachfolgendes Auswaschen mit Wasser und Alkohol und Trocknen). Klasse II. Tinte, deren Schriftzüge nach 8 tägigem Trocknen weder durch Wasser noch Alkohol abgewaschen werden können. Von dieser Tinte wird nur verlangt, dass sie 3 Tage lang die unter Klasse I beschriebene Probe auf Haltbarkeit aushält. Doch soll sich die Probe auf Schimmeln auf 14 Tage erstrecken. Kopir-Tinte soll zur 1. Klasse gehören und wenigstens 1 Tag lang nach dem Eintrocknen gute und scharfe. Kopieen liefern. Selbst wenn die Schrift nicht kopirt ist, soll sie nach dem Trocknen doch nicht klebrig sein. • In diesen neuesten dänischen Normalien sind insbesondere die 3 von Schluttig und Neumann hervorgehobenen Hauptpunkte berücksichtigt worden: 1) die Forderung, eine Tinte der Klasse I müsse mindestens 30 g Gerb- und Gallussäure, die lediglich Galläpfeln entstamme, enthalten, ist fallen gelassen. Dafür wird der Gesammtwerth der Tinte geprüft; 2) die Prüfung auf Haltbarkeit im Glase ist genau, wie Schluttig und Neumann angegeben, aufgenommen worden; 3) das Nachdunkelungs -Vermögen der Tinten der Klasse I wird, den Ausführungen der genannten Chemiker entsprechend, mit demjenigen einer Tinte aus reinen Präparaten verglichen, deren Zusammensetzung durchaus mit dem von Schluttig und Neu mann angegebenen »Typus für Eisen-Gallustinten« übereinstimmt. Auch die nachträgliche Behandlung mit Wasser und Alkohol ist ganz im Sinne der Schluttig und Neumann’schen Prüfungsweise. In diesen 3 Punkten kennzeichnet sich der durchgreifende Unterschied zwischen den alten und den neuen dänischen Tinten- Normalien. Die Beibehaltung des Mindestgehalts an Eisen zu 4 g auf das Liter, den Schluttig und Neumann auf 6 g zu erhöhen vor schlugen, ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung; in dessen dürfte es immerhin wünschenswerth sein, die Gründe hier für zu erfahren, umsomehr als die von der dänischen Regierung angenommene Vergleichs-Tinte aus reinen Präparaten auch 6 g Eisen im Liter enthält. Jedenfalls liefern die neuen dänischen Grundsätze für amtliche Tinten-Prüfung den Beweis, dass die Sachverständigen der däni schen Regierung die in jener Schrift über Eisen-Gallustinten ent haltenen Ausführungen gegenüber der Prüfungsweise der Berliner chemisch-technischen Versuchsanstalt als gerechtfertigt anerkennen. Sie gestatten die Schlussfolgerung, dass die Prüfung der Tinte in Dänemark im Interesse der Haltbarkeit der Dokumente in sachgemässer und vorurtheilsfreier Weise ausgeübt wird und legen die Frage nahe: warum zögert die preussische Regierung, auch ihrerseits die erforderlichen Aenderungen vorzunehmen? Patentstreit um Papierstoff-Holländer. John Hoyt hat ein amerikanisches Patent auf einen Holländer, dessen Bauart wir unsern Lesern durch nachstehende Figur (Nr. 247 in Hofmann’s Handbuch) ins Gedächtniss zurückrufen. Der Maschinenfabrikant J. H. Horne in Lawrence, Mass., baute einen Holländer, der in wesentlichen Punkten mit dem von Hoyt übereinstimmte, und wurde von diesem wegen Patentverletzung verklagt. Das Gericht in Massachusetts wies die Klage ab, weil die Horne'sche Bauart er hebliche Abweichungen aufweise. Das höchste Gericht der Vereinigten Staaten aber, »The United States Supreme Court in Washington«, hat dieses Urtheil aufgehoben und das untere Gericht angewiesen, Horne zu verurtheilen. Nach »The Paper Mill« ist das Urtheil etwa folgendermaassen begründet: Der Hoyt’sche Holländer unterscheidet sich von dem ge wöhnlichen dadurch, dass die Walze am Ende anstatt in der Mitte liegt, dass die Mittelwand (N) waagerecht ist, ähnlich wie bei dem Ümpherston’schen Holländer, dass die Walze (A) die ganze Breite des Holländers füllt und sich gegen den Gipfel des Kropfes hinbewegt, anstatt von demselben weg. Das Ergebniss ist eine viel grössere Umlaufsgeschwindigkeit für den Stoff, so dass der selbe in gleicher Zeit 12 mal so oft zwischen die Messer kommen soll, als bei der alten Bauart. Die Bewegung des Stoffes in senk rechter Richtung um die Walze ist der wesentliche Punkt der Hoyt’schen Erfindung, deren Nützlichkeit durch deren allgemeine Anwendung erwiesen ist. In dem Horne'schen Holländer liegt die Walze gleichfalls am Ende und füllt die ganze Breite des Troges, auch der Gipfel des Kropfes erstreckt sich vor der Walze über die ganze Breite des Troges. Der abfallende Kropf (P) verengt sich aber an einer Seite, während des Abstiegs auf die halbe Trog breite; die Mittelwand steht dann senkrecht, und der Stoff läuft in einer waagerechten Ebene um, anstatt in einer senkrechten, nachdem er den Kropf verlassen hat. Bei der Rückkehr zu der Walze geht der Stoff unter dem Kropf durch, breitet sich auf die ganze Trogweite aus und wird genau wie nach dem Hoyt’schen Patent gehoben. Der Verklagte stützte sich darauf, dass er den ersten Anspruch des Hoyt’schen Patents nicht verletzte, weil der Stoff nicht in senkrechten Ebenen im Trog umlaufe und auch nicht vor der Walze in eine obere Abtheilung des Troges befördert werde, wie im ersten Hoyt’schen Anspruch gesagt ist. Buchstäblich ist dies auch richtig, und nach der Beschreibung muss die Mittelwand (wie N in unserer Zeichnung) waagerecht liegen. Zweck dieser Einrichtung ist aber, dass der Stoff auf die ganze Länge der Walze austreten soll, und dies wird auf beide Arten erreicht. In beiden Holländern dreht sich die Walze gegen den Gipfel des Kropfes (P), und der Stoff erlangt gleiche Schnelligkeit. Wie der Stoff in dem übrigen Theil des Troges umläuft, ist unwesentlich, wenn er nur senk recht nach oben um die Walze (A) geht. Der Verklagte Horne macht auch geltend, dass der Stoff in seinem Holländer beim Niedergange vom Kropf eine schrauben förmige Bewegung macht und sich dadurch besser mischt, als in Hoyt’s Trog, wo derselbe von und zu der Walze in parallelen Linien läuft. Dies kann richtig und der Horne’sche Holländer in diesem Punkt eine Verbesserung des Hoyt’schen sein; der Ver klagte hat sich aber dabei alles angeeignet, was in der Hoyt’schen Bauart von Werth ist. Der Ersatz der waagerechten Mittel wand anstelle der längst bekannten senkrechten in dem Theil des Troges, wo der Stoff nicht verarbeitet wird, hat offenbar nur den Zweck, den Wortlaut des Hoyt’schen Anspruchs zu umgehen. Die in dieser Umgehung bewiesene Schlauheit wird nur übertroffen durch die kluge Fassung der Beschreibung in solcher Weise, dass die Umgehung verborgen bleibt und die gründliche Mischung des Stoffes als das Wesentliche hervorgehoben wird. Neue Postordnung. Im Reichsanzeiger vom 24. Juni ist die unterm 11. Juni er lassene neue Postordnung abgedruckt. Das sehr umfangreiche Schriftstück enthält gegenüber den bisherigen Bestimmungen nur geringfügige Aenderungen. Das Heraussuchen derselben ist dadurch ungemein erschwert, dass die Postbehörde die einfache, in ähnlichen Fällen allgemein an-