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1438 PAPIER-ZEITUNG. arbeitet werden kann. In diesem Punkte sind die besonderen An sprüche und Geschäftsabsi eilten maassgebend. Soll das Geschäft mit vollkommensten Maschinen und Dampf betrieb auf der Höhe der Zeit stehend eingerichtet werden, so würde ungefähr nachfolgende Maschineneinrichtung entsprechend sein: Beschneidemaschine Dreiseiten-Beschneidemaschine Kreis-Pappenscheere Kanten-Abschrägmaschine Ritzmaschine Dampf-Vergoldepresse mit selbstthätiger Tisch ¬ bewegung und Farbeinrichtung Kleine Vergoldepresse » » Zwei Glättpressen Drei kleine Glättpressen Draht-Heftmaschine Gold-Abkehrmaschine Rücken-Rundmasch ine Anreibmaschine Zusammen etwa 9930 M. Dazu könnte noch kommen ein Satinirwerk zum Glätten der Pappen und eine kleine Pappenscheere zu verschiedenen Neben arbeiten. Die Werkstatt-Einrichtung würde sich entsprechend höher stellen, ebenso das Pressplatten-Material, da ein derartig eingerichtetes Geschäft auch durch Herstellung neuer und viel seitiger Muster grössere Anstrengungen machen wird. Endlich kommt noch der Motor hinzu. Das Anlagekapital für Rohstoffe richtet sich nach dem Ge schäftsbetriebe. Im allgemeinen ist dasselbe nicht gering zu ver anschlagen, da derartige Sondergeschäfte einen Nutzen in grossen Partiebezügen und Kasse - Einkäufen suchen müssen. Einzelne Papiersorten müssen besonders angefertigt werden, was nur in grossen Massen möglich ist. Der kostspieligste Rohstoff ist das Leder, besonders das Kalbleder, welches auch in grösseren Posten bezogen werden muss, da besonders hier bei grossen Kassebezügen oft günstige Einkäufe zu machen sind. Die Hauptsorge bildet, nächst dem Verkauf der Waaren, in der Regel die Beschaffung ansprechender Neuheiten. Hiervon hängt die Einträglichkeit des Geschäftes ab. Jedes Jahr erfordert neue Muster, mit deren Vorbereitung schon im Frühjahr oder Sommer begonnen wird, damit die Neuheit im Herbst zum Ver sandt und zur Weihnachtszeit zum Verkauf kommen kann. Diese jährliche Erneuerung und Vervollständigung der Muster ist un bedingt nöthig, soll das Geschäft der Konkurrenz gewachsen sein. Denn die Grossisten wollen immer Neues sehen, und sie, sowie das Publikum sind durch die Rührigkeit und den regen Er findungsgeist der Fabrikanten ziemlich verwöhnt. Diese Neubeschaffung entsprechender Muster ist nicht nur kost spielig, sondern sie erfordert auch ein reges Erfindungstalent des Fabrikanten und seiner Zeichner und Mitarbeiter. Farbendruck platten, wie sie die Gravir-Anstalten als Lagerartikel auf den Markt bringen, sind ungenügend, da sie jedem Kleinbuchbinder zugänglich sind und bald allgemein bekannt werden. Sie ent sprechen auch nur 'Selten den höheren Anforderungen, die Sonder geschäfte und Grossisten an Neuheiten stellen. Die neuen Muster sollen nicht nur schön ornamentirt, sie sollen vor allen Dingen auch auffallend sein, Ueberraschendes, Niegesehenes bieten. Das Publikum liebt Ueberraschungen, selbst wenn diese in Absonder lichkeiten bestehen, die sich nicht immer mit den Begriffen von regelrechter Buchausstattung vereinbaren lassen. Und der Ge schäftsmann muss dem Publikum entgegenkommen. Er muss ebenso wie die Konkurrenz trachten, möglichst überraschende Neuheiten auf den Markt zu bringen. Sind diese Neuheiten auch noch ornamental vollkommen und wirklich den Buchausstattungs gesetzen entsprechend, so ist es desto besser für das Kunstge werbe und für ihn. Denn derartige Muster erhalten sich jahre lang auf dem Markte, die theuren Platten können länger und vollständiger ausgenützt werden und machen sich sicher bezahlt. Neuheiten dagegen, welche mehr auf Ueberraschungen berechnet sind und Verzierungen absonderlicher Art tragen, werden im ersten Ansturm wohl gekauft, veralten jedoch auch schnell. Die vollkommenen Hilfsmittel, welche dem Buchbinder heut durch den Farben- und Broncedruck bei seinen Deckenverzie- rungen zur Verfügung stehen, gestatten ihm Ausführungen, die der Chromolithographie nachstreben und sie annähernd erreichen, dem typographischen Farbendruck aber sich an die Seite stellen, wenn nicht überlegen sind. Goldreliefplatten erlauben über-1 raschende Verzierungen; Imitationen in Verbindung mit Malereien! oder Farben- und Golddrücken gestatten vielseitige Ausstattungen von oft überraschender Zartheit. Dazu kommt das Umherschweifen auf allen Stilgebieten, selbst den asiatischen, sowie die flotte, naturalistische Verzierungsweise, die auch im Buchgewerbe immer mehr Anwendung findet. So iiat eine rege Phantasie genügend Mittel, um Neues, Ueberraschendes zu bieten. Während vor einem Vierteljahrhundert die Gold- und Relief platten so lange benutzt wurden, bis sie abgenutzt waren, kom men sie jetzt oft äusser Gebrauch, wenn sie noch viele Abdrücke aushalten könnten. Sie sind veraltet, sie müssen Neuerem Platz machen. Der Werth, den sie darstellen, muss also schon in einigen Jahren an den Waaren verdient werden. Dies ist nur durch grossen Umsatz möglich. Bleibt dieser Umsatz aus, werden nicht so viel Bücher verkauft, als der Werth der Platte auf eine bestimmte Partie kalkulirt ist, so bedeutet dies einen Verlust an der Gravur. Derartige Verluste kommen viel vor, da oft neue Platten-Abdrücke nicht so gefallen, als man voraus setzte, und die Bücher wenig gekauft werden. Eine andere Platte spricht dagegen mehr an, und die mit ihr gedruckten Bücher werden reichlicher verkauft. So muss die eine Neuheit die andere tragen, und eins in das andere gerechnet werden. Das gilt haupt sächlich von Poesiebüchern, die besonders theure Platten erfordern. Zum Vertrieb werden von den neuen Platten zunächst Muster abdrücke hergestellt, d. h. Abdrücke, die auf eine Deckelseite gemacht werden. Dadurch ist es unnöthig, ganze Bücher als Muster zu versenden. Es wird genügen, der Mustersammlung einige fertige Bücher beizulegen, um eine Probe des Papiers und der inneren Arbeit und Ausstattung zu geben. Nur wenn die innere Ausstattung von der Regel abweicht, vielleicht durch be sondere Schnittverzierungen und Innendrucke der Decke ange passt ist, werden durchgehend vollständige Bücher gesendet. Der Grossist wird seine Auswahl treffen und danach die Be stellung aufgeben. An kleinere Wiederverkäufer direkt zu liefern, ist nur grösseren Geschäften möglich, die entweder schon Ver bindungen haben oder Reisende aussenden können. Ein neues Geschäft wird sich schwerer bei Wiederverkäufern als bei Grossisten einführen, besonders ein Sondergeschäft, das nur einige Artikel fabrizirt. Mancher Anfänger hat daher auf diesem Wege schon traurige Erfahrungen gemacht und Haare gelassen. Wer an Wiederverkäufer liefert, muss ferner von allen Sorten entsprechen den Vorrath auf Lager halten, um prompt liefern zu können. Es ist nicht zu vermeiden, dass ihm dabei weniger verlangte Sorten in grossen Partieen liegen bleiben. Wer dagegen an Grossisten liefert, hat schon vorher einen Ueberblick über das Verlangte und kann die Erzeugung danach bemessen. Wichtig ist es, die Decken und Bücher verschiedener Sorten so einzurichten, dass beide zusammenpassen und wenn nöthig zusammengefügt werden können. Damit soll gesagt sein, dass zu der Grösse und Dicke eines Innenbuches die Grösse ver schiedener Deckelsorten passen soll, sodass man ein Buch in die Decken verschiedener Sorten hängen kann. Da sich die Deckel überwiegend durch den verschiedenen Aufdruck und die ver schiedene Ausstattung unterscheiden, so ist es ganz gut möglich, eine Anzahl Deckel in einheitlicher Grösse herzustellen. Dadurch hat man den Vortheil, dass man nur wenig verschiedene Schreib papiersorten braucht und jede Sorte in grossen Mengen beziehen kann. Ferner können auf eine Partie von tausend Büchern viel leicht sechs bis zehn verschiedene Deckel hergestellt werden. Will man bei Poesiebüchern und Schreib-Alben ganz vorsichtig verfahren, so stellt man einerseits die Innenbücher her, anderseits die Decken in kleineren Mengen, legt beides auf Lager, und hängt sie erst zusammen, wenn die Bestellung eingegangen ist. Da es ohne Anstrengung möglich ist, in kurzer Zeit einige hundert Bücher einzuhängen, so erleidet die Versendung keine auffallende Unter brechung. Anderseits schützt man sich aber vor Lagerhütern. Wird eine Neuheit nicht viel verlangt, so bleibt davon nur die Decke liegen. Diese kann in kleiner Auflage hergestellt werden, und das Risiko vermindert sich ohne nennbare Erhöhung des Arbeitspreises ganz erheblich. Bei billigen Notizbüchern ist dieses Verfahren aller dings nicht gut einzuschlagen, hier ist aber auch das Risiko nicht bedeutend. (Fortsetzung folgt.) Der Mann ist thöricht. Der die Menge der Freunde zählt, Ein Bündel Röhricht Hilft dir nicht, wo ein Stab dir fehlt. Rückert » 2500 7) 7) 150 380 290 2300 150 450 300 950 1100 210 230