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No. 49. PAPIER-ZEITUNG. hatte eine solche Eingabe bereits fertiggestellt, hat sie aber nicht abgesandt, weil aus unseren eigenen Kreisen Widerspruch erfolgte mit der Drohung, eine Gegenvorstellung an den Bundesrath richten zu wollen, falls unsere Eingabe abginge. Unter solchen Umständen zogen wir es vor, die Eingabe nicht abzusenden, da sie ohne Zweifel doch wirkungslos gewesen wäre und beschlossen, die Sache hier noch einmal vorzutragen und zur Erwägung zu stellen. Betreffs der Weltausstellung in Chicago hat der Vereins vorstand sich grosse Mühe gegeben, eine würdige Kollektiv-Aus stellung deutscher Papierfabrikanten zu Stande zu bringen, aber vergebens. Ich verweise in dieser Beziehung auf die in Nr. 28 der Papier-Zeitung abgedruckte Bekanntmachung des Vorstandes vom 1. April d. J. und auf den redaktionellen Artikel »Welt ausstellung zu Chicago 1893« in derselben Nummer der Papier- Zeitung. Aus letzterem geht hervor, dass auch die Bemühungen des Herrn Kommerzienrath Rostosky für eine Kollektiv-Aus stellung sächsischer Papierfabrikanten gescheitert sind. Es bleibt hiernach den einzelnen Fabrikanten, welche aus stellen wollen, nur übrig, für sich allein auszustellen, oder sich der Papierverarbeitungs-Ausstellung anzuschliessen. Für die Besitzer oder Leiter preussischer in Privatbesitz be findlicher Papierfabriken erlaube ich mir auf die in den Fach blättern abgedruckte Bekanntmachung des Vorstandes hinzuweisen, laut welcher diese Fabrikanten die allgemeine bis 20. Januar ge stellte Frist zur Steuererklärung bis Mitte oder Ende Februar verlängert bekommen können, wenn sie sich dieserhalb mit einem motivirten Gesuch an die Vorsitzenden der Veranlagungskommis sionen wenden. Laut Beschluss der letzten Generalversammlung sind Formu lare zur Statistik des Papier-Exports an alle exportirenden Firmen der deutschen Papierindustrie und des Handels mit der Bitte um möglichst genaue Auskunft versandt worden. Es fragt sich, ob der Erfolg befriedigend war, und ob wir diese Arbeit im nächsten Jahre wiederholen wollen. In einem Schreiben des K. Preussischen Handelsministeriums vom Mai d. J. wird Auskunft darüber verlangt, was unter Buntpapieren zu verstehen sei, bezw. über die Bezeichnung von in der Masse gefärbten und von nachträglich auf der Oberfläche gefärbten Papieren, ferner darüber, ob zu den Seidenpapieren auch bunte Blumenpapiere, Klosetpapiere, dunkelfarbige Kreuz bandpapiere zu rechnen seien, weiter über die Produktionsmengen von farbigen und weissen Lösch- und Seidenpapieren usw. Der Vorstand hat dies Schreiben beantwortet. Wie Sie vielleicht in den Fachblättern gelesen haben werden, sind einige Sendungen Rollendruckpapiere, aus einer sächsischen Fabrik stammend, und von einem Hamburger Export-Hause nach England gesandt, von der englischen Zollbehörde angehalten worden, weil sie möglicher Weise Dynamit enthalten könnten. Jede 5te Rolle sollte mit einem scharfen Instrumente durchbohrt oder durch Umrollen auf Kosten des Lieferanten untersucht werden. Natürlich würde durch solche rigorose Maassregeln, wenn sie sich wieder holen sollten, unser ganzer Export aufs schwerste geschädigt werden. Auf Ersuchen des Lieferanten habe ich daher namens des Vereins eine Eingabe an den Herrn Reichskanzler, unterm 14./15. Mai d. J., gerichtet und unter Beifügung der Belege und Korrespondenzen, sowie einer Nummer von Paper Maker's Cirkular, in welchem dies Verfahren der englischen Zollbehörde ironisch missbilligt wurde, den Herrn Reichskanzler gebeten, unsern Export zu schützen. Ich habe hinzugefügt, dass zur Einschmuggelung irgendwelchen Gegenstandes mittels Rollendruckpapiers nur der in der Rolle nach Entfernung der Rollstange verbleibende Raum verwendet werden könne, dass es also genügen würde, vorzu schreiben, bei Verpackung der Rollen das Wellenloch unbedeckt zu lassen Man würde dann sehr leicht sehen können, ob etwas hineingelegt ist oder nicht. Eine Antwort auf diese Eingabe habe ich noch nicht erhalten. Ich hatte aber vor einigen Tagen Ge legenheit, unsere Eingabe noch mündlich zu empfehlen und glaube wohlwollende Prüfung unserer Wünsche erwarten zu dürfen. Leider hat die geschäftliche Lage in letzterer Zeit sich ver schlechtert. Verschiedene Umstände wirken in nachtheiliger Weise hierauf ein: das mangelnde Vertrauen in die Sicherheit der politischen und sozialen Zustände, der verminderte Export nach Südamerika wegen der politischen Wirren dort, nach Nordamerika wegen der Mc Kinley-Bill, nach England und den Kolonieen, weil andere Nationen, welche ebenso billig oder billiger fabriziren als wir, einen Theil unseres Exports an sich gerissen haben, endlich die neuen Handelsverträge; auch mag in Preussen der Uebergang in der Einführung der neuen Normalpapiere mit Wasserzeichen störend wirken. Thatsache ist, dass wir an Ueberproduktion oder, wenn Sie lieber wollen, an zuviel Angebot leiden, dass wir mehr anbieten, als der Markt aufzunehmen vermag, und dass infolge dessen die Preise dermaassen gedrückt sind, dass kaum noch die günstigst arbeitenden Fabriken dabei bestehen können. In den Fachblättern und in privaten Zuschriften wird daher immer dringender der Wunsch ausgesprochen, dass etwas ge schehen müsse und der Vorstand des Vereins als derjenige be zeichnet, der in erster Linie berufen sei, den Versuch zu machen, eine Besserung der Lage herbeizuführen. Es liegen sogar einige bestimmt formulirte Anträge vor. Der Vorstand hat sich oft genug dieser Mühe unterzogen und leider schlechte Erfahrungen machen müssen, so z. B. bei der letzten Konvention. Er ist deshalb etwas zurückhaltend geworden, wird sich aber gern, wie es ja auch seine Pflicht ist, an die Spitze der Bewegung stellen, wenn er die Ueberzeugung gewinnt, dass die Opferwilligkeit und Einigkeit gross genug und der Erfolg ge sichert ist. Wir werden daher nachher in vertraulicher Berathung der vorliegenden Anträge und Vorschläge feststellen, ob und welche Maassregeln zur Besserung der geschäftlichen Lage ergriffen werden können und sollen, und ob die Herren Mitglieder ent schlossen sind, die zur Durchführung derselben nöthigen Opfer zu bringen. Die neuen Handelsverträge Deutschlands mit Oesterreich- Ungarn, Italien, der Schweiz und Belgien sind, wie Ihnen bekannt, abgeschlossen, während die Verhandlungen mit Spanien, Rumänien und Serbien noch schweben. Unsere Herren Kollegen aus Oesterreich werden es uns nicht verdenken, wenn wir mit der seitens unserer Reichsregierung Oesterreich-Ungarn und damit zugleich allen meistbegünstigten Nationen gegenüber zugestandenen Herabsetzung unserer Papiereingangszölle für: Packpapier ungeglättet auf 3 M. die 100 kg, gegen früher 4 M.; Packpapier geglättet auf 3 M. die 100 kg. gegen früher 6 M.; Druck-, Schreib-, Lösch- und Seidenpapier aller Art auf 6 M. die *100 kg. gegen früher 10 M.; durchaus nicht einverstanden waren, und dieselbe mit allen Mitteln bekämpften. Allerdings hat Oesterreich-Ungarn seine Eingangszölle auf einige Artikel wie Buntpapier, Gold- und Silberpapier, Tapeten, Papierwaaren, auch ermässigt, doch können wir deutschen Papier fabrikanten hierin ein Aequivalent nicht erblicken. In der letzten General-Versammlung ist beschlossen worden, mit aller Kraft gegen eine (etwa beabsichtigte) Herabsetzung unserer Papierzölle im Reichstage zu agitiren; aber bei der Ge heimhaltung des Inhalts der Verträge bis zum letzten Augenblick und der raschen Erledigung derselben im Reichstage war dies nicht möglich. Ich hoffte, dass wir zwischen der Veröffentlichung und der Berathung der Handelsverträge im Plenum des Reichs tags, jedenfalls vor der zweiten Lesung, Zeit und Gelegenheit finden würden, eine Vorstands- und ausserordentliche General- Versammlung nach Berlin zu berufen. Aber die drei Lesungen folgten so schnell auf einander, die erste am 14., die zweite am 16. und 17., die dritte am 18. Dezember v. J., dass es nicht möglich war, auch nur den Vorstand zu berufen. Zu erreichen war ja allerdings auch nichts mehr; die Annahme der Handels verträge war sicher. Trotzdem war ich der Ansicht, dass unsere Bedenken gegen die Herabsetzung unserer Papierzölle im Reichs tage zum Ausdruck kommen mussten. Ich führ daher am 14. Dezember zur zweiten Lesung nach Berlin, besuchte die mir bekannten Abgeordneten und bat sie, unsere Bedenken vorzutragen. Herr Holtzmann war leider nicht in Berlin, aber die Herren Graf Arnim-Muskau, Komm.-Rath Dr. Clemm, Herr von Kardorff und Herr Moeller haben in dankenswerther Weise tüchtig für uns ge sprochen. Herr Moeller am 14., die anderen Herren am 16. De zember. (Papier - Zeitung 1891, Nr. 102, Seite 2789.) Ich bin bereit, den Herren, welche sich dafür interessiren, die Reden nach dem stenographischen Berichte im Wortlaut mitzutheilen. Gegen die Handelsverträge mit Italien, der Schweiz und Belgien war unsererseits mit Aussicht auf Erfolg nicht viel ein zuwenden, wenn sie auch nicht vortheilhaft für uns sein dürften. Bezüglich des Handelsvertrags mit Spanien hatte ich letzten Donnerstag die Ehre, auf Einladung des Herrn Reichskanzlers an einer vertraulichen Besprechung in Berlin theilzunehmen, in welcher ich die Wünsche unserer Papier-Industrie eingehend münd lich vorgetragen und nachher schriftlich zu den Akten gegeben und zur Berücksichtigung empfohlen habe. Bezüglich der bevorstehenden Verhandlungen mit Schweden- Norwegen haben wir im Anschluss an eine Eingabe des Vereins