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No. 48. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Farbendruck. In der Sitzung des Kunstgewerbe-Vereins vom 8. Juni hielt Herr Professor E. Doepier d. J. einen Vortrag über farbige Reproduktion, insbesondere über das in Nr. 44, Seite 1265 besprochene Vogel-Ulrich’- sehe Naturfarben-Lichtdruck-Verfahren. Nachdem Praktiker sich mit dieser Sache beschäftigt, nachdem auch die »Berliner Typographische Gesellschaft« die Tragweite des neuen Verfahrens gewürdigt hatte, musste es interessiren, einen so bedeutenden Künstler wie Professor Doepier, dessen Malklasse am Kunstgewerbe-Museum alljährlich einige hervorragend geschulte Kräfte an das Kunstgewerbe abgiebt, sich über diesen Punkt äussern zu hören. Der Vortragende schilderte zunächst die Entstehung und Bedeutung der Chromo - Lithographie. Er wies darauf hin, mit welcher fast unglaublichen Mühe und Sorgfalt der Lithograph die verschiedenen Farbenplatten eines Bildes zu bearbeiten habe, und welcher Schulung und wie hohen künstlerischen Gefühls es bedürfe, durch Berechnung des Uebereinanderdrucks von 12 bis 30 Platten eine möglichst voll ständige Originaltreue zu erzielen. Ausgelegte Arbeiten von Champenois in Paris (u. a. ein wundervoller Frauenkopf), von Prang in Boston, Vouda in Paris, (Vertreter: Herm. Schlittermann), sowie von J. Miesler und E. Wundsch in Berlin wurden rühmend erwähnt. Der Redner wies darauf hin, dass die immer leistungsfähiger werdende Photographie den Gedanken nahe legen musste, die chemische Einwirkung des Lichtstrahls wenigstens für die Herstellung einer so genannten Kontur- oder besser »Modell«-Platte zu benutzen, um der Hand die unsäglich mühevolle Arbeit des Kopirens der Formen einer farbigen Vorlage abzunehmen. Dieses Verfahren, die Photolithographie, sei namentlich für die Wiedergabe von plastischen Vorbildern, von Gemälden, überhaupt von Objekten benutzt worden, in denen statt der Konturen und Strich- oder Punkt-Zeichnung die unmerklichen Ueber- gänge, wie sie uns die Photographie von körperhaften Gegenständen zur Erscheinung bringt, sowie die gesättigten Tonschatten der Malerei in ihren wechselnden Helligkeiten formgetreu nachgebildet werden sollten. Die Verwendung einer photographisch auf genommenen Deckplatte in Grau oder Braun, welche zum Schluss über den wie sonst vorge arbeiteten Farbendruck gedruckt wird, habe jedoch den Nachtheil, dass sie viel Grau in das Bild bringt, dass sie also frische Farben empfindlich beeinflusst und sich daher nur zur Wiedergabe von Gemälden und dergl. in gebrochenen Farben eignet. Ein wesentlicher Fortschritt gegen die Chromo-Lithographie sei hierbei insofern zu verzeichnen, als es mit Hilfe der photographisch aufgenommenen, formgebenden Deckplatte nicht nur möglich gewesen sei, mehr Form-Treue in das Bild zu legen, sondern auch, die zu einem Farbendruck nöthige Plattenzahl zu ver ringern. Als das Höchste, was unter Anwendung dieses Verfahrens erzielt worden sei, wurden die an den Wänden hängenden Drucke nach Stoffmustern des Kunstgewerbe-Vereins bezeichnet. (Verlag von E. Wasmuth). , Gerade bei diesen Vorlagen sei es ausserordentlich schwierig gewesen, die vielfachen Tonabstufungen, die Fasern der alten Gewebe und die Wirkung des von rauhen Flächen eigenthümlich reflektirten Lichtes auf glattem Papier auch in der Farbe so getreu wiederzugeben, dass der Beschauer den Eindruck des Stoffes habe und nicht den einer getuschten flachen Zeichnung. Der Farben-Lichtdruck reihe sich dieser Methode an; auch hierbei werde die Deckplatte über ein vorgedrucktes, Farbenbild gelegt. Der Unterschied gegen die Photolithographie sei nur der, dass man hier von Gelatineplatten drucke, die eine fast photographieähnliche Weich heit in das Bild bringen. Ferner würden die untergedruckten Platten durch Negativ-Retusche so gestaltet, dass in den hauptsächlichsten Farben-Flächen die der Photo-Lithographie eigene Grau-Mischung ver mieden wird. Hierbei könne die Plattenzahl auf 8, gegen 12—30 in der Chromo-Lithographie, vermindert werden. Redner gedachte ferner der Goupil’schen Farbendrucke (Photogravüren), die mittels einer einzigen, nach einem photographischen Negativ kopirten, in Kupfer oder Gold (?) geätzten Platte hergestellt werden. Diese Platten werden wie Kupfer druckplatten mit kleinen Ballen eingefärbt, aber in den Farben des Originals, und es ergiebt sich hieraus, dass der betreffende Drucker nicht nur grosse Fertigkeit und Erfahrung besitzen, sondern dass er ein Künstler ersten Ranges sein muss, wenn die Drucke dem Original entsprechen sollen. Eine grosse Anzahl Goupil’scher Farbendrucke, mit 25—100 Mark das Blatt ausgezeichnet, hingen an den Wänden und wurden vom Vortragenden als sonst unerreichte Leistungen bezeichnet. Ferner wurde auf die Farben-Lichtdrucke von Troitzsch mit warmer Anerkennung hingewiesen. Wie unzulänglich die bisherigen Verfahren im Grunde waren, unsere schnelllebige Zeit zu befriedigen, erhellt daraus, dass ein einziges neues Bild des Troitzsch’en Verlages unter Umständen 4 Jahre in der Herstellung dauern und einschliesslich Original an 40 000 Mark kosten konnte, ehe nur ein Exemplar verkauft war. Der Redner erwähnte sodann die Leistungen der Buchdruckpresse auf dem Gebiete der farbigen Reproduktion. Er bemerkte sehr treffend, dass die gegen alle andern Herstellungsarten ungeheure Schnelligkeit der Buchdruckpresse, insonderheit der Rotationsschnellpresse, dieser den Vorrang sichern müsse, und dass die Bestrebungen aller Farbendrucker darauf hinausliefen, sich diese Schnelligkeit zu Nutze zu machen. Was darin bis jetzt erreicht sei, könne zwar nicht als vollkommen bezeichnet werden, es nöthige ihm, dem Vortragenden, aber hohe Achtung ab, wenn er sehe, wie ein Blatt Papier vorn weiss in die Presse gelegt werde und hinten mit vier Farben bedruckt herauskomme. Es sei daher ein grosser Gewinn, dass das Vogel-Ulrich'sche Ver fahren, auf dessen Besprechung der Redner zum Schluss überging, eine weitere so wesentliche Kürzung des Druckverfahrens auf nur 3 Farben platten ermögliche. Was hier vorliege, sei so aussergewöhnlich, dass es zunächst unglaublich erscheine. Es frappire, dass drei intensive, reine Farben durch Uebereinanderdruck alle die zahlreichen feinen Tönungen eines Gemäldes so treffend wiederzugeben imstande seien. Der Fortfall aller der mühseligen Vorarbeiten, deren Gelingen in Men schenhand stehe, sei ein unberechenbarer Gewinn. Er wolle nur hoffen, dass ein druckfähigeres Medium für die Herstellung der Bilder ge wonnen werden könne, als die oft sehr widerspenstige Gelatineplatte. Für ihn habe das Verfahren zunächst nur den grössten Werth für die Abbildung von Gewebe-Vorlagen für kunstgewerbliche Zwecke, deren Herstellung bisher die oben geschilderte mühevolle Arbeit veran lasst habe, und deren Ausfall nun der mechanisch und daher verläss licher wirkenden photographischen Platte anvertraut sei. Er sei sich über den hohen Werth dieses Verfahrens vollständig klar; wenn für ihn eine Schwierigkeit bestehe, so sei es die, dass es sehr genauer Farben- Abstimmung bedürfe, um nicht durch geringes Ueberwiegen einer oder der andern der drei sehr lebhaften Farben den Druck merklich zu ge fährden. Ferner sei zu beachten, dass die Photographie schärfer sehe als das Auge, dass sie also Farbentöne zur Darstellung bringe, die mit dem blossen Äuge nicht wahrgenommen werden und die, in Druckfarben umgesetzt, in gewissen Fällen die Treue des Bildes beeinträchtigen könnten. Besonders überraschend sei ihm die feine Nüancirung des Grün durch Uebereinanderdruck von Gelb und Blau in einer Aquarell- Reproduktion gewesen. Denn hier sei die rothe Platte überall gedeckt und hätte voraussichtlich alles Grün tödten müssen. Gerade hierbei aber sei zu beachten, wie abweichend von der bisher geübten Farben- Praxis die Natur verfahre, wie sie gewisse Farben an Stellen erzeuge, wo wir sie nicht vermuthet haben und nie an wenden würden, und wie die Mischung aller Farben durch drei einfache Grundfarben erfolgen könne. Im Anschluss an diesen sehr lehrreichen, beifällig aufgenommenen Vortrag gab Herr Prof. H. W. Vogel über die Entstehung des Ver fahrens die den Lesern der Papier-Zeitung aus Nr. 44 schon be kannten Aufschlüsse. Redner bestätigte die in Nr. 45, Seite 1297, enthaltene Mittheilung, dass es schon gelungen sei, Platten für die Buchdruckpresse herzustellen, und dass binnen einem Vierteljahre brauchbare Resultate in dieser Beziehung vorgelegt werden könnten. Aus den geschäftlichen Mittheilungen des Vorstandes war be merk enswerth, dass die in Büchern und Vorlagewerken des Vereins enthaltenen brauchbaren Blätter ausgetrennt und in Mappen, nach Gruppen geordnet, den Mitgliedern des Kunstgewerbe-Vereins zugänglich gemacht werden sollen. Um die Entnahme nicht an gewisse Tage und Stunden zu binden, ist mit der Verwaltung des Kunstgewerbe-Museums das Abkommen getroffen worden, dass diese neugeordneten Hefte in den Bibliotheksräumen des Museums untergebracht werden sollen und dort, wie jedes andere Werk, in den bis 10 Uhr abends geöffneten Sälen eingesehen oder von Mitgliedern von dort nach Hause entliehen werden können. H. H. Die zehn Gebote der Wortbrechung von einer Zeile zur andern. (Schluss zu Nr, 47.) Das sechste Gebot. Wörter, in denen die Ligaturen ck, tz vor kommen, sollen nur bedingungsweise dem hierunter angegebenen Verfahren gemäss gebrochen werden. Was bedeutet das? Weil jene Ligaturen oder Logotypen, sowie auch die Buchstaben pf eine Rückwirkung auf die vorher gehende Silbe äussern und gewissermaassen zu beiden gehören, so können dieselben nur gebrochen werden, indem man die Logo typen auflöst und für tz ein t und z, sowie für ck zwei kk an wendet. So haben wir demnach zu brechen: Dutzend als Dut-zend, nicht Du-tzend, wetzen als wet-zen, nicht we-tzen, Ketzer als Ket-zer, nicht Ke-tzer, Fetzen als Fet-zen, nicht Fe-tzen, hetzen als het-zen, nicht he-tzen, drücken als drük-ken, nicht drü-cken (noch besser: man meidet die Theilung; d. R.), flicken als flik-ken, nicht fli-cken, Acker (was sonst unbrechbar ist, da man in diesem Falle die Form von A-cker erhält, und einen einzelnen Buchstaben abzulösen ja nicht erlaubt ist) als Ak-ker, Zucker als Zuk-ker, nicht Zu-cker, Drucker als Druk-ker, nicht Dru-cker. Die beiden Buchstaben pf haben zweierlei Bedeutung, einmal vertreten sie den Laut des f, bleiben dann vereinigt und stehen zu Anfang der Silbe, also: Em-pfängniss, Em-pfehlung, Em-pfindung, Däm-pfer, Dam-pfer, Kam-pfer. Weiter werden diese beiden Buchstaben als zwei Laute gelesen, und dann macht das p den Schluss der ersten, das f den Anfang der zweiten Silbe, wie beispielsweise: Apfel als Ap-fel, nicht A-pfel, Zipfel als Zip-fel,