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No. 47. PAPIER-ZEITUNG. 1349 Papier-Einfuhr in die Türkei. Salonichi, 29. Mai 1892. Der Auslandshandel mit Macedonien, speziell mit Salonichi, I nimmt von Jahr zu Jahr eine grössere Ausdehnung an und wird ( wahrscheinlich, wenn das Eisenbahnnetz sich vergrössert, so sehr an Bedeutung gewinnen, dass dieser Hafen mit Brindisi wird konkurriren können, besonders da seine Lage noch günstiger ist. Schon jetzt beläuft sich die Einfuhr von Papier durchschnittlich auf 700000 bis 800000 kg jährlich. Diese Ziffer umfasst Papiere aller Sorten: verschiedene Schreibpapiere, Druckpapier, Papier für Affichen, zum Verpacken, zu Cigaretten, Pappe usw. Für 1891 liegt die Statistik noch nicht vor, da dies ja in der Türkei sehr langsam geht; 1890 belief sich die Einfuhr auf 656300 kg, 1889 hatte sie 830779 kg erreicht. Die Einfuhr vertheilt sich wie folgt: 1889. 1890. Oesterreich .... 649 512 kg Oesterreich .... 507 800 kg Belgien 83 375 „ Belgien 45 500 „ Italien . . . . . 40 853 „ Italien 19 100' » Frankreich .... 32 339 „ Frankreich .... 51 000 » England 12 200 „ England 3 800 „ Deutschland . . . 5 700 „ Deutschland . . . 24 300 „ Verschiedene Länder _6800 » Verschiedene Länder 4 800 „ Zusammen 830779 kg Zusammen 656 300 kg Wie man sieht, liegt die Einfuhr fast ausschliesslich in den Händen Oesterreichs, das Dreiviertel des Gesammtverbrauchs liefert, doch hat sich Deutschlands Antheil, trotzdem der Ge- sammtimport zurückgegangen ist, erfreulicher Weise gehoben. Was die einzelnen Sorten anbelangt, so kommt Schreib- sowie Brief- oder, wie man es dort nennt, Postpapier zum bei weitem grössten Theil aus Oesterreich. Einzelne Spezialitäten stammen aus andern Ländern, doch erreicht deren Einfuhr zusammen nicht mehr als einige hundert Kilo. Das Briefpapier ist gewöhnlich karrirt, von verschiedenem Format, durchschnittlich aber in demselben, wie es bei uns gebräuchlich ist. Es wird fast nur geschnittenes Papier verlangt; die Preise betragen 28 bis 50 Gulden für 100 kg. Briefumschläge liefert auch hauptsächlich Oesterreich, und zwar ist die Einfuhr ziemlich bedeutend. Sie beläuft sich auf etwa 11/2 Millionen Stück. Die Umschläge sind in allen Grössen zu haben, aber das gebräuchlichste Format ist 14 zu 11 cm. Die gewöhnlichen Sorten zu 1 bis 11/2 Gulden das Tausend werden am meisten begehrt. Man sieht mehr und mehr darauf, dass Briefpapier und Briefumschläge in elegant aussehenden Schachteln verpackt sind. Das Schreibpapier ist, besonders wenn es für die Behörden bestimmt ist, streifig. Der Preis schwankt zwischen 22 und 60 Gulden für 100 kg. Die Einfuhr von Druckpapier nach Salonichi ist geringfügig, denn die Presse Salonichis besteht im ganzen aus drei Journalen, die wöchentlich erscheinen. Auch dieses Papier kommt aus Oesterreich, und 100 kg kosten 19 bis 21 Gulden. Ebendaher stammt auch das Papier zu Anschlägen. Die Gesammteinfuhr der genannten Papiersorten beläuft sich auf etwa 70 000 bis 80 000 M. jährlich. In die Einfuhr von Packpapier theilen sich Belgien und Oesterreich. Die am meisten verlangten Sorten sind: graues Papier, Strohpapier und sogenanntes Patentpapier. Das graue und das Patentpapier werden mit 17 M. 50 Pf. bis 19 M. 25 Pf. für 100 kg frei an Bord Triest oder Antwerpen, das Strohpapier mit 14 M. 50 Pf. bezahlt. Die Einfuhr erreicht eine Höhe von 24 000 bis 28 000 M. im Jahr. Pappe sendet Oesterreich, und zwar etwa 25 000 kg jährlich. Die Preise belaufen sich auf 6,50 bis 7 Gulden für 100 kg für weisse, und auf 8,50 bis 9 Gulden für braune Pappe, frei an Bord Triest. Geschäftsbücher kommen ebenfalls fast ausschliesslich aus Oesterreich; von Tinte werden etwa 10 000 kg eingeführt, von denen die eine Hälfte aus Oesterreich, die andere Hälfte aus Frankreich und England kommt. Man fabrizirt übrigens auch Tinten in der Türkei, wodurch sich der Import vermindert. Bleistifte, Federn und sonstige Bureauutensilien liefern Deutsch land, Oesterreich und Frankreich. Die Einfuhr beläuft sich nur auf 4000 bis 5000 M. Spielkarten kommen besonders aus Oester reich und ein wenig aus Frankreich; man entnimmt etwa 10000 kg; die Qualität ist sehr gering. Cigarettenpapier wird hauptsächlich in grossen Blättern ein geführt, die in Salonichi selbst geschnitten und in Pakete ver packt werden, welche man mit französischen Etiketts versieht. Oesterreich sendet den grössten Theil dieses Papiers, nämlich 4/5 der ganzen Verbrauchsziffer, die etwa 40 000 M. jährlich ausmacht. Der Rest stammt aus Frankreich. O. Zulässigkeit der »Trusts. < Zu Nr. 35, S. 999. Angesichts der in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gegen die »Trusts« bestehenden Gesetze tritt die Frage auf, ob nach deutschem Rechte dergleichen Vereinigungen erlaubt sind und mit rechtlicher Wirkung Bestimmungen treffen können. Das Reichsgericht hatte noch keine Gelegenheit, zu der Angelegenheit Stellung zu nehmen. Inzwischen ist die Frage durch ein Urtheil des obersten Landesgerichts für Bayern vom 7. April 1888, Reg.-Nr. I. 138. 1887 in folgendem Rechtsfalle bejaht worden: Die Ziegeleibesitzer von M. und Umgebung schlossen eine Vereinigung zu dem Zwecke, »durch gemeinsame Regelung ihrer Produktion und Verkaufspreise dem Rückgänge ihres Gewerbes Schranken zu setzen.« Zu diesem Behufe ist festgesetzt, dass für jedes Jahr die Menge des zu brennenden Materials und der Verkaufspreis bestimmt, das Zuwiderhandeln durch einen Vereins genossen mit Strafe bedroht werde, und dass keinem Ziegeleibe- • sitzer, der nicht dem Verein angehört, Steine von Vereinsgenossen abgekauft werden dürfen. Ein wegen Ueberproduktion gegen die Vereinssatzungen verstossender Genosse, welcher auf Zahlung der festgesetzten Geldbusse verklagt war, machte geltend, dass jener Vertrag rechtsunwirksam sei, weil er gegen die guten Sitten und gegen § 1, Absatz 1 und § 10, Absatz 1 der Gewerbeordnung verstosse. Der Einwand wurde aus folgenden Gründen zurück gewiesen: »Der Zweck des Vereins verstösst nicht gegen die guten Sitten Die Hebung eines im Niedergange befindlichen Gewerbezweiges durch Vereinbarungen unter den Angehörigen desselben über die Art und Weise, wie sie ihr Gewerbe künftig betreiben wollen, verstösst gegen kein Sittengesetz, ist vielmehr die Aufgabe jedes umsichtigen Geschäfts herrn. Die Beschuldigung, dass jener Zweck nicht der wahre sei, und der Verein eine ungerechtfertigte Bereicherung seiner Mitglieder durch künstliche Preissteigerungen bezwecke, ist nicht zutreffend. Auch die zur Erreichung des Vereinszwecks festgesetzten Mittel verstossen nicht gegen Gesetz oder die guten Sitten. Die von den Vereinsgenossen ge wollte Regelung ihrer Produktion setzt voraus, dass eine Ueberproduk tion als Ursache des gewerblichen Niederganges von ihnen erkannt war. Eine Ueberproduktion, welche störend in das Verhältniss zwischen Nachfrage und Angebot, wodurch der Preis einer Waare bestimmt wird, einwirkt, ist ein wirthschaftlicher Nachtheil, zumal dann, wenn der Marktpreis unter die Produktionskosten hinabsinkt. Das Bestreben, der Ueberproduktion entgegenzuwirken, richtet sich sohin gegen ein wirthschaftliches Uebel und kann nach der Natur der Sache da, wo eine Steigetung der Konsumtion nicht in der Gewalt des Produzenten liegt, nur durch Verminderung der Produktion selbst von Erfolg sein. Da aber der einzelne Produzent, — sofern er nicht ein Monopol be sitzt, — für sich allein durch Verminderung seiner Produktion regel mässig die Herstellung eines richtigen Verhältnisses zwischen Nachfrage und Angebot nicht erreichen kann, so ist der einzige Weg, solches zu erreichen, in der Vereinigung der Gewerbegenossen gewisser Bezirke ge geben. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass eine in dieser Richtung abgeschlossene Vereinbarung von Gewerbegenossen zunächst nur dann ausführbar ist, wenn eine Mehrzahl solcher Genossen sich da zu bereit erklärt, dass aber dann auch ein die getroffene Abrede sichern der Zwang geschaffen wird, da sonst die derselben entgegenhandelnden Gewerbegenossen die durch die bewirkte Preissteigerung auch für sie bestehenden Vortheile geniessen würden, ohne die durch die selbstauf erlegte Produktionsbeschränkung für die Vereinsgenossen entstehenden Nachtheile zu empfinden. Auch die Feststellung des Preisminimums, unter welchem kein Mit glied Verträge schliessen darf, verstösst an sich nicht gegen Gesetz und Ordnung. Vielmehr ist volkswirthschaftlich anerkannt, dass neben der freien Konkurrenz als Faktoren der Preisbildung auch Verabredungen bald der Käufer, bald der Verkäufer auf diese einwirken können, und dass derlei Einwirkungen auf die Preisbildung nicht als Wucher gelten dürfen. Derartige Abmachungen von Genossen gewisser Industriezweige bilden eine tägliche Erfahrung und werden regelmässig nicht als Ver stoss gegen Ordnung und Sitte aufgefasst. Darin, dass durch gewisse Bestimmungen des Statuts auf die ausser halb des Vereins stehenden Gewerbegenossen ein indirekter Zwang ge übt wird, sich demselben anzuschliessen, liegt nichts Ordnungswidriges. Es ist Existenzbedingung des Vereins, welcher einen erlaubten Zweck verfolgt, womöglich alle Gewerbegenossen des Konkurrenzgebiets in sich aufzunehmen, da ja die Aussenbleibenden sich wohl der durch den Verein erzielten Vortheile, aber ohne jedes Opfer ihrerseits, erfreuen würden. Der Ansicht des Beklagten, dass durch die Vereinigung der Kläger die Bauherren rücksichtslos deren Geboten ausgeliefert seien, steht der volkswirthschaftliche Satz entgegen, dass keine Macht auf die Dauer den Preis einer Waare bestimmen kann, die nicht das Verhältniss von Angebot und Nachfrage zu bestimmen vermag, während im gege benen Fall der Verein jedenfalls auf die Nachfrage einzuwirken äusser Stande ist. Dem § 1 der Gewerbeordnung, wonach der Betrieb eines Gewerbes Jedermann gestattet ist, widerspricht das Statut nicht; eine Aus schliessung irgend Jemandes von dem Betriebe des Ziegeleigewerbes ist darin nicht enthalten. Es steht Jedem frei, ein derartig bereits be-