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Arsenikhaltiges Löschpapier. Leoben, Juni 1892. Falls, wie in letzter Zeit mehrfach berichtet wurde, Arsen in be-1 merkenswerthen Mengen im Löschpapier gefunden wird, so ist dies meiner Ansicht nach nur auf die Farbstoffe, mit welchen diese Papiere gefärbt sind, zurückzuführen. Die Papiere werden höchst wahrscheinlich mit Anilinfarben gefärbt sein, und obgleich es viele Methoden giebt, nach welchen man Anilin farben auch ohne Arsen darstellen kann, so hat man doch gerade diesem letztgenannten Verfahren lange Zeit den Vorzug gegeben, und besonders bei unachtsamer Fabrikation dürften auch heute noch manche Anilinfarben in den Handel kommen, welche mehr Arsen enthalten, als gesetzmässig gestattet ist. Besonders zur Darstellung von Fuchsin wird oder wurde vorzugsweise Arsen benutzt. Fuchsin ist nach Wagner »stets arsenhaltig«, und der jährliche Verbrauch an Arsensäure beträgt oder betrug früher in den Fuchsin fabriken Deutschlands nach demselben Autor gegen 30 000 Centner. Dass Derartiges übrigens auch in andern Ländern vorkommt, beweist eine Notiz in der in New York erscheinenden Fachzeitschrift, »The engineering and mining journal« vom 12. März 1892, wo auf Seite 303 gesagt ist, dass von 1018 in 20 Städten gesammelten Tapeten- Proben 389 Arsenik in appreciable quantities, d. h. in bemerkbarer Menge enthielten. Da die Anilinfarben an und für sich nicht giftig sind, und es bekanntermaassen erst durch die bei der Darstellung hineingekommene Verunreinigung durch Arsen werden, so wird es gut sein, wenn die Behörden streng darauf sehen, dass zum Färben der gewöhnlichen Lebensmittel (Liköre und Zuckerwaaren), sowie der täglich gebrauchten Gegenstände, wie Papier und Kleiderstoffe, nur solche Farben benutzt werden, welche nach irgend einem der vielen - anderen Verfahren, ohne Benutzung von Giftstoffen, dargestellt sind. c, . ... e • ’ • Chem. August Harpf. Da Arsenik das bekannteste Gift ist und sich leichter nach weisen lässt als viele andere gefährlichere Gifte, so hat sich eine übertriebene Furcht vor dessen Vorkommen eingebürgert. Grosse Mengen von Arsenik werden jedoch als Arzeneien in Form von Fowlerscher Lösung und dergl. von Menschen ohne Schädigung ihrer Gesundheit verschluckt, und man darf annehmen, dass die kleinen Mengen, welche als Verunreinigungen in Anilinfarben Vorkommen können, durchaus harmlos sind. Sie sind es um so mehr, als von diesen Farben selbst nur winzige Mengen in Kehle und Magen der Menschen gelangen können. Der ganze Arsenik-Spuk kommt, wie eingangs erwähnt, daher, dass jeder nur einigermaassen analytisch erfahrene Chemiker das Metall leicht finden und in Form eines sogenannten Arsenik spiegels darstellen kann. Hat er diesen, so freut er sich über die gelungene Entdeckung, sorgt dafür, dass die Welt davon Kennt- n iss erhält und Andere bauschen dann die Sache zu ungebührlicher Bedeutung auf. Es wäre jedoch, wie wir in Nr. 41 erwähnten, sehr erwünscht, dass die Farbfabriken, insbesondere durch Anführung bestimmter Zahlen, diesem Spuk entgegentreten und Aufklärung in weiteste Kreise tragen möchten. D. Red. Sulfitstoff-Prozess in Amerika. Amerikanische Fachblätter bringen folgende Angaben über einen beim Supreme Court« (höchsten Gericht) abgehaltenen Termin in Sachen Perkins Goodwin & Co. in New York gegen A. Wertheim & Co. Am 7. Januar 1890 schlossen beide Parteien einen Vertrag über Lieferungen von Zellstoff, die sich bis zum Dezember 1890 erstrecken sollten. Wertheim & Co. sollten monatlich 250 'rönnen Stoff Nr. 1 bestimmter Marke deutscher Fabrik liefern, und keine andere Waare durfte an deren Stelle gesetzt werden. Der Preis sollte nicht über 3,35 Cents für das Pfund betragen, wobei Fracht und Versicherung bezahlt oder von der Rechnung abge zogen werden sol lten, für welche Kreditbrief auf Londoner Bankhaus haftete. Der Stoff sollte lufttrocken oder untersucht und auf städ tischer Waage gewogen sein. Verkäufer hatten den Wassergehalt zu tragen und jeden Ueberschuss über bezahlte 3,35 Cents frei Werft Boston oder New York herauszugeben. Die ermittelten Gewichte sollten für beide Theile bindend sein und der Unter schied sofort in Anweisung ausgeglichen werden. Die Feuchtig keit sollte von Griffin & Little festgestellt werden. Jeden etwaigen Zollunterschied sollten Verkäufer tragen. Perkins Goodwin & Co. behaupteten, die Lieferungen seien nicht vertragsmässig und benachrichtigten Wertheim & Co., dass sie den Vertrag als aufgehoben ansehen. Wertheim & Co. lieferten jedoch auf Grund des Londoner Kreditbriefes weiter, der gelieferte Stoff wurde öffentlich versteigert und Perkins, Goodwin & Co. klagten den Mindererlös von 4000 Dollar gegen Wertheim & Co. ein, welche den vollen Betrag berechnet hatten. Wertheim & Co. erhoben Gegenklage in Höhe von 18000 Dollar. Da eine Abschrift des Kreditbriefs erforderlich war, so wurde die Sache bis zur dritten Woche im Juni vertagt, um zu deren Beschaffung Zeit zu lassen. Sulfitverfahren. Das Patentblatt vom 25. Mai 1892 veröffentlicht folgende Entscheidungen, deren erste den gegen das Patent Nr. 33 283 des Herrn Professor Dr. Mitscherlich gerichteten Nichtigkeitsantrag zurückweist, während die zweite, endgiltige, das genannte Patent für nichtig erklärt. 1. In Sachen des Papierfabrikanten G. L. zu Sch., Klägers, wider den Professor Dr. M. in F., Beklagten, betreffend die Erklärung der Nichtig keit des Patentes Nr. 33 283, hat das Kaiserliche Patentamt, Abtheilung \ 11. in der Sitzung vom 18. Juni 1891 nach mündlicher Verhandlung ent schieden : Die Klage wird abgewiesen: Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Thatbestand. Der Beklagte ist Inhaber des auf die Anmeldung vom 29. Mai 1884 ertheilten Patentes Nr. 33 283, betreffend ein Verfahren zur Reinigung von Papiermaterialien, namentlich von Zellstoff. Der Patentanspruch lautet: »Verfahren zur kontinuirlichen Abscheidung gröberer Theilchen aus fein zerfaserten Papiermaterialien, indem dieselben, zerfasert und mit Wasser ausserordentlich verdünnt, zuerst in horizontaler Richtung bei sehr langsamem Fluss durch grosse Behälter aa geleitet werden, sodann ein nur wenig bewegtes, stets unterhalb des Flüssigkeitsniveaus liegendes Schlitzsieb i passiven, worauf das Entfernen der grossen Wassermengen (allein oder in Verbindung mit sehr feinen, nicht faserigen Verunreinigungen) durch ein kontinuirlich wirkendes cylindrisches Sieb p bewirkt wird, welches ausserhalb der Flüssigkeit in schräger Lage angeordnet, sich selbst entleert und gleichzeitig die gereinigten und entwässerten Massen fortbewegt«. Kläger beantragt dieses Patent wegen mangelnder Neuheit für nichtig zu erklären und behauptet zur Begründung der Klage, dass das patentirte Verfahren mit den dazu gehörigen maschinellen Einrichtungen vor dem Tage der Anmeldung in den in dem Schriftsatz vom 27. August 1890 genannten Fabriken offenkundig in Benutzung gewesen sei. Der Beklagte bestreitet, dass eine offenkundige Benutzung statt gefunden habe, und beantragt die Klage abzuweisen. Es ist Beweis erhoben worden durch zeugeneidliche Vernehmung der Inhaber der vom Kläger bezeichneten Fabriken, soweit diese in Deutschland belegen sind. Bezüglich der Aussagen der Zeugen wird auf die Protokolle verwiesen. Nach Abschluss dieser Beweisaufnahme hat Kläger noch die Ver- nehmung des Inhabers der Firma B. Sch., Maschinenfabrik in Z. in W.. und des Zimmermanns D. G. daselbst beantragt. Der Beklagte hat gebeten, den Antrag auf weitere Beweiserhebung abzulehnen. Entscheidungsgründe. Der Kläger hat den Nachweis nicht erbracht, dass das patentirte Verfahren vor dem Tage der Anmeldung des Patentes im Inlande offenkundig benutzt worden ist. Zwar ist durch die Aussagen der Zeugen \ ., S. und T. festgestellt, dass das patentirte Verfahren vor dem Tage der Anmeldung sowohl in der Fabrik des Patentinhabers zu IL M. als in den Papierfabriken der Zeugen Z. i. W., W. und K. ausgeführt worden ist, allein die Zeugenaussagen lassen keinen Zweifel darüber zu, dass von dem Patent inhaber jegliche Vorkehrung zur Geheimhaltung des Verfahrens getroffen worden ist. Der Zeuge V. hat in dieser Beziehung ausgesagt, dass er sowohl während der Zeit seiner ‘T’hätigkeit in der Fabrik des Be klagten als auch, nachdem er das Verfahren in der eigenen Fabrik in Z. zur Ausführung gebracht hatte, zur Geheimhaltung des Ver- fahrens verpflichtet gewesen sei. Er habe dieser Verpflichtung ent sprochen und auch die Angestellten und Arbeiter seiner Fabrik auf Ehrenwort oder durch Unterschrift zur Geheimhaltung aller ihrer Wahr nehmungen verpflichtet. In dem nämlichen Sinne hat sich der Zeuge S. ausgesprochen. Der Zeuge T. hat zwar über die Maassregeln, welche er zur Geheimhaltung des Verfahrens in seiner Fabrik getroffen hat, sich nicht ausgelassen, allein aus den Worten: »Nach meiner Geber- zeugung war dieses Verfahren im Jahre 1884 in Deutschland noch nicht offenkundig benutzt worden . . . .« ist zu schliessen, dass die Benutzung des Verfahrens in der Fabrik des Zeugen selbst jedenfalls keine offenkundige gewesen ist. Diesen Thatsachen gegenüber wäre es Sache des Klägers gewesen, nachzuweisen, dass entweder die Zeugen ihrer Verpflichtung, das Ver fahren geheim zu halten, doch nicht nachgekommen sind, oder dass die zur Geheimhaltung des Verfahrens getroffenen Maassregeln den ge wünschten Erfolg nicht erreicht haben. Inwiefern der Kläger aus dem Umstande, dass mehrere Zeugen bekundet haben, es sei ihnen das Verfahren des Patentes Nr. 33 283 von dem Beklagten auf Grund ihres das Patent Nr. 4179 betreffenden Vertrages mitgetheilt worden, die ( ffenkundigkeit des hier in Rede stehenden Verfahrens ableiten will, ist nicht erfindlich, da das Patent Nr. 4179 zu dem Verfahren des Patentes Nr. 33 283 keine Beziehung