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1280 PAPIER-ZEITUNG. No. 44. Umgehende« Annahme eines Draht-Angebots. Die Bezeichnung »umgehend« ist im Verkehr sehr häufig; es fehlt aber eine Regel, was als umgehend zu erachten ist, namentlich für den telegraphischen Verkehr. Die deutschen Landesrechte, welche älter sind, als die Erfindung der Telegraphie, können darüber nichts enthalten, und das Handelsgesetzbuch giebt keinerlei Vorschriften über den telegraphischen Verkehr. Spezial gesetze haben diesen Rechtsstoff noch nicht geordnet. Interessant ist daher der folgende Rechtsfall, in welchem entschieden ist, dass unter der verlangten umgehenden Annahme eines tele- graphischen Angebots die nächstmögliche telegraphische Absendung der Annahmeerklärung zu verstehen ist, selbst wenn die Ab sendung an einem Sonntag, oder an einem Abend erfolgen müsste: Nach vorheriger ergebnissloser Unterhandlung über den Verkauf von aufstehendem Holz in einem dem Gutsbesitzer N. gehörigen^ Walde telegraphirte N. an die Firma B. & W. zu Posen am 29. August, einem Sonntage: »Erlasse Ihnen Wald für 137 000 M., wenn umgehend Acceptation erfolgt«. Diese Depesche gelangte um 7 Uhr abends in die Hände der Adressatin. Diese antwortete telegraphisch acceptirend erst am andern Morgen. N. hielt die Bedingung seiner Offerte, die umgehende Annahme, für nicht erfüllt und verkaufte den Wald anderweit. Die Firma B. & W. war anderer Meinung und forderte klagend Schaden ersatz. Der erste Richter hat verurtheilt, die zweite Instanz aber hat die Klage abgewiesen, und das Reichsgericht hat durch Urtheil vom 7. Juli 1888 V 125, 88 die Entscheidung bestätigt aus folgenden’Gründen: »Die Depesche des Beklagten ist dahin aufzufassen, dass er für den Fall der Annahme der Offerte Drahtantwort, und zwar noch am Empfangstage der Depesche erwarte. Diese Auffassung wird begründet aus dem besonderen Umstande, dass die Offerte durch Telegramm gemacht und die Acceptation umgehend verlangt ist, woraus erhellt, es solle die Annahmeerklärung sich desselben Beförderungsmittels be dienen, welches für die Offerte benutzt worden, und so bald gegeben werden, als sich der Telegraph dafür darbiete. Das Rechtsgeschäft ist nach Handelsrecht zu beurtheilen, und die obige Auffassung ent- spricht den Vorschriften in Art. 278, 279, 319 des Handelsgesetzbuchs. Bei dieser Auffassung der Depesche war es für die Klägerin geboten, ihre Annahme noch am Abend des 29. August telegraphisch zu er klären. Den Nachweis, dass auf diese Weise ihre Erklärung nicht früher in die Hände des Beklagten gelangt sein würde, als die am andern Morgen von ihnen aufgegebene Depesche, hat sie nicht erbracht. Nach den geschehenen Ermittelungen würde vielmehr die Depesche, wäre sie Sonntag Abend aufgegeben, früher bei N. gewesen sein, als sie am Montag in Posen zur Beförderung gelangt ist. Die von X. für die Annahme seiner Offerte gestellte Bedingung ist also nicht erfüllt und deshalb kein Vertrag zu Stande gekommen, aus dessen Verletzung die Klägerin ihren Schaden-Anspruch bilden will«. Dasselbe muss in dem häufig vorkommenden Falle gelten, wenn »Drahtantwort« ohne weiteren Beisatz verlangt wird. M. Untersuchung von Tintenschrift. Einen schwierigen und wichtigen Theil der Gerichtschemie bildet die Ursprungsfeststellung und -Unterscheidung von Hand schriften bei vermutheter Fälschung. Neben der photographischen Untersuchung, von deren Erfolgen in der Papier-Zeitung mehrfach Beispiele mitgetheilt wurden, ist auch die chemische Untersuchung von Bedeutung. Dieselbe ist neuerdings von den Chemikern Dr. A. Robertson und J. J. Hofmann in Rotterdam in ein System gebracht worden, welches darauf beruht, dass die Veränderungen der Schriftzüge bei Anwendung chemischer Reagentien bei starker, etwa ‘100 facher Vergrösserung, betrachtet werden. Dabei sollen sich Unterschiede in Farbe und Glanz ergeben, die mit blossem Auge nicht wahrnehmbar sind. Die'genannten Chemiker wenden, wie in der »Pharm. Central halle« mitgetheilt wird, eine Reihe von Prüfungslösungen an, welche mittels einer Gänsefeder in dünnen Linien über die zu prüfenden Schriftzüge gezogen werden. Die Farbenänderungen werden an der Stelle, wo Tinte und Reagens zusammenkommen, genau beobachtet. Als zweckmässig werden folgende Reagentien empfohlen: 1) 3 prozentige Lösung von Oxalsäure in Wasser; 2) lOprozentige Lösung von Citronensäure in Wasser; 3) 2 prozentige Lösung von Chlorkalk in Wasser; 4) Lösung von I Theil Zinnchlorür in 1 Theil Salzsäure und 10 Theilen Wasser; 5) 15 prozentige Schwefel säure; 6) lOprozentige Salzsäure; 7) 20 prozentige Salpetersäure; 8) gesättigte Lösung von Schwefligsäureanhydrid in Wasser; 9) 4 prozentige Lösung von Goldchlorid in Wasser; 10) Lösung von 1 Theil Ferrocyankalium in 1 Theil Salzsäure und 10 Theilen Wasser; 11) Lösung von 1 Theil Natriumthiosulfat in 1 Theil Ammoniak und 10 Theilen Wasser; 12) 4prozentige Lösung von Natriumhydroxyd in Wasser. Beispiele der Einwirkung der vorgenannten Reagentien auf Tinten enthält folgende Tabelle: Reagentien Eisen- gallus- Tinte Campet mit Kalium chromat heholz mit Kupfer sulfat Nigrosin Vanadin- Tinte Re sorcin- Tinte 1. Oxal säure. ... ver schwindet violett orangen gelb unver ändert verbleicht und fliesst ein wenig aus hell roth 2. Citronen säure. ... verbleicht violett orangen gelb fliesst dunkel blau aus verbleicht und fliesst aus ver schwin det 3. Salzsäure ver schwindet, lässt aber eine gelbe Färbung bestehen purpur rot!) blutroth wenig ver ändert verbleicht wenig und fliesst wenig aus hellrosa 4. Schwefel säure .... ver schwindet roth purpur- roth unver ändert verbleicht wenig hell roth 5. Salpeter säure. ... ver schwindet roth purpur- roth fliesst wenig aus verbleicht wenig hell rosa 6. Zinn chlorür .. ver schwindet roth fuchsin- roth unver ändert verbleicht wenig ver schwin det 7. Schweflig- säure.... verbleicht grau violett roth unver ändert verbleicht wenig und fliesst aus ver bleicht 8. Gold chlorid .. verbleicht wenig roth- braun braun unver ändert unver ändert fliesst braun aus 9. Natrium thiosulfat und Am moniak .. dunkelroth un ver ändert dunkel blau dunkel violett, fliesst aus fliesst sehr aus braun 10. Ferro cyanka lium und Salzsäure blau roth ziegel- roth unver ändert unver ändert rosa 11. Natrium hydroxyd dunkelroth braun dunkel roth fliesst aus dunkel violett, fliesst aus schmutzig- braun fliesst aus unver ändert 12. Chlorkalk ver schwindet ver schwin det ver schwin det, lässt aber eine gelbe Färbung bestehen braun unver ändert braun Dem Sachverständigen wird nicht selten die Frage vorgelegt, ob Ziffern oder Buchstaben entfernt worden sind. Dies kann auf mechanische oder chemische Weise geschehen sein. Wenn Geschriebenes mechanisch entfernt ist, kann die An fertigung von Photographieen bei durchfällendem Lichte ein gutes Hilfsmittel sein. Es wurde auch empföhlen, das Papier der Ein wirkung von Joddämpfen auszusetzen (Jahrgang 1891, Seite 1704), welches Verfahren gute Ergebnisse liefert, wenn das Papier behufs Entfernung der Buchstaben gefeuchtet wurde. Solche Stellen des Papieres werden blau, die übrigen braun gefärbt. Zur chemischen Entfernung von Schrift dienen Säuren, Oxydations- und Reduktionsmittel (Oxalsäure, Chlorkalk, Schweflig- säure). Um die Wirkung dieser drei Chemikalien aufzuheben, werden die verdächtigen Stellen am besten mit einer Lösung von Schwefligsäure in Wasser, danach mit einer 3prozentigen Lösung von Wasserstoffsuperoxyd und zuletzt mit verdünntem Ammoniak behandelt. Endlich kann, nachdem der Ueberschuss von Ammoniak durch Trocknen entfernt worden ist, Tannin gute Dienste leisten, um die Buchstaben dunkler zu machen. [56713 mit schöner einseitiger Glätte. Gebrüder Müller, Papierfabrik, Coswig i. Anhalt, empfehlen dünne, zähe, natur- u. farbige Pack-Papiere