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1030 PAPIER-ZEITUNG. No. 36. Dass eine solche Radikal-Reform in Deutschland manchen Gegner finden wird, bezweifle icli keinen Augenblick, glaube aber, dass meine Darlegungen bei klugen Geschäftsleuten ein kräftiges Echo finden werden. In vielen Fällen wird die Antiqua zu laufenden Zeitungen, Werken und sonstigem deut schen Satz gebraucht, wobei die zahlreichen reinen Antiqua-Figuren garnicht oder doch so selten vorkommen, dass man deswegen den Antiqua-Kasten nicht so schwerfällig machen sollte, wie er that- sächlich ist. Für diejenigen Antiqua-Zeichen, die im Einheits- Kasten keinen Platz finden, kann man schmale Ergänzungskästen schaffen, die beim Setzen der doch nur ausnahmsweise vor kommenden fremdsprachigen Theile neben den grossen Kasten gerückt werden und dann mit diesem ein Ganzes bilden. Ich schlage also in der Fraktur wie in der für deutschen Satz bestimmten Antiqua folgende Ligaturen vor: a) für Solche, die die Zahl der Typen-Charaktere nicht ver- grössern wollen: en er c et un ie on cf wofür ft fi ff II ff ft f( (c und c bleiben) fortfallen können; b) für Weitergehende zu den unter a angegebenen Ligaturen noch an ft fi. Mehr zu thun würde ich entschieden abrathen. Auch in der Antiqua können ff, fi und fl fortgelassen werden; man wähle die Schriften so, oder man verlange bei der Bestellung ausgesuchter Schriften, dass die f einen darauf folgenden Buchstaben mit Ober länge nicht stossen. c) Man nehme für deutschen Fraktur- wie Antiqua-Satz einen Einheits-Kasten an und bringe die übrigen Antiqua-Buchstaben in einem schmalen Neben-Kasten unter. Es ist sehr verführerisch, wenn man einmal dabei ist und sich keine Grenze zuvor gezogen hat, noch andere Verbindungen, z. B. sch, das ich 46 mal antraf, und ge, ver, und. usw. mit in das System aufzunehmen. Ich halte das aber für die sicherste Art. die Sache zu verderben. Auf die Frage, wie sich die Schriftgiesser zu Vorstehendem stellen werden, kann ich die nach meiner Erfahrung zutreffende Antwort geben, dass von dorther keine Erschwerungen kommen werden. Die Matern zu den angegebenen Verbindungen werden auf galvanischem Wege gewonnen, und bei der heutigen scharfen Konkurrenz wird kein Schriftgiesser die dadurch entstehenden ver- hältnissmässig geringen Kosten auf den Kunden abwälzen wollen. Man wird im allgemeinen auf noch weitergehende Zugeständnisse von Seiten der Giesser rechnen können. Wenn nun eine so beträchtliche technische Verbesserung um mehr als lOpCt. auf eine Weise erreicht werden kann, die keine Kosten verursacht und Niemandem lästig fällt, die ganz im Rahmen des Bestehenden bleibt, so wird man sich wundern, warum dies nicht schon längst geschehen ist. Aufmerksame Fachblattleser werden sich dabei des Umstandes erinnern, dass mehrere frühere Anläufe in dieser Richtung keinen Erfolg gehabt haben, und sie werden daraus den Schluss ziehen, dass eine derartige Reform wohl andere noch nicht erkennbare Schattenseiten haben müsse. Dem gegenüber sei bemerkt, dass man wohl lange schon zu einer befriedigenden Lösung gekommen sein würde, wenn man es seiner Zeit verstanden hätte, Maass zu halten. Dass ein Logotypen- System, wie das vor Jahren von Alois Weiss in Wien aufgestellte, etwa 500 Charaktere umfassende, als für die Praxis untauglich sich erweisen musste, wird Niemanden wundern, der die Ver hältnisse in Zeitungsdruckereien kennt. Systeme, die drei im Halbkreise stehende Kästen für eine einzige Schriftart erfordern und Setzer mit aussergewöhnlichem Gedächtniss, wie wir sie im Durchschnitt nicht besitzen, — Systeme, die dergestalt auf Irr- thümern aufgebaut sind, können ernsthaft nicht in Betracht kommen. Auch das einige Zeit darauf wieder in Wien aufgestellte, etwa 30 Verbindungen umfassende Logotypen-System konnte, ob wohl es sich an die gewöhnliche Schrift anschloss und mehr Rück sicht auf die Praxis nahm, zu allgemeiner Einführung nicht kommen, weil es besondere Kästen nöthig machte, den Druckereibesitzern also Opfer auferlegte und ihnen Unbequemlichkeiten verursachte. Gegenwärtig sollen in London, dem klassischen Boden für derartige Bestrebungen, etwa 40 Druckereibesitzer der Logotypen- Frage auf echt englische Art näher getreten sein. Man will dort eine Zentralstelle schaffen, die für sämmtliche betheiligte Druckereien den glatten Satz liefert. Dieser Satz soll aus Logo typen bestehen, mehrere hundert an der Zahl; Buchstabenver bindungen wie ing, shing, the usw. sollen zusammengegossen werden. Der ausgedruckte Satz soll eingeschmolzen werden, sodass immer neue Typen zur Verwendung kämen. Wenn ich nicht Gussproben schon gesehen hätte, so würde ich an diesen bei näherem Nachdenken unausführbar erscheinenden Plan nicht ge glaubt haben. Ich nehme auch an, dass es damit über Versuche hinaus nicht weit kommen wird. Wir, die wir das verunglückte Weiss’sche Experiment noch nicht vergessen haben, werden ab- warten, was aus dem englischen Unternehmen werden wird. Immer hin muss die Thatsache verzeichnet werden, dass sich in London 40 Druckereibesitzer zu geschäftlichen Versuchen vereinigen, was im lieben deutschen Vaterlande nicht leicht der Fall sein dürfte. Wenn auch der gedachte Plan, wie ich vermuthe, in dieser Form mit einem Fehlschlag enden wird, so trifft das, getheilt durch 40, die Einzelnen' in so geringem Maasse, dass sie sich davon nicht ab halten lassen werden, gelegentlich etwas Vortheilhafteres gemein sam zu unternehmen. Was hätte bei uns schon Alles geschehen können, wenn nicht Einer immer auf den Andern wartete, um von dessen Erfahrungen zu profitiren! Hermann Hoffmann. Halbtonverfahren für 'Steindruck- und Zinkätzung. Englische photographische Zeitschriften empfehlen zur Um wandlung eines photographischen Halbtonbildes in ein druckbares gekörntes Bild folgendes, »Papyrotint« genanntes Verfahren. Gutes geleimtes Papier wird durch ein warmes, folgender maassen Zusammengesetzes Bad gezogen: Gelatine . . . . . 11/2 Unzen — 3 Theile Kochsalz ’/z „ — 1 » Wasser 131/3 » =27 „ Chromalaun.... 6 Gran — 1/40 „ Dabei muss Sorge getragen werden, dass das Bad nicht zu heiss ist, und dass sich im Aufstrich keine Blasen zeigen. Nach erfolgtem Trocknen wird das Papier durch eine 25prozentige Lösung von doppeltkohlensaurem Kali gezogen und bei 60° Hitze (Fahrenheit) nochmals getrocknet. Es braucht hierzu etwa 10 Stunden, ist dann aber auch jahrelang haltbar. Seiner hygroskopischen Eigen schaften wegen muss das Papier trocken aufbewahrt werden. Vor dem Gebrauch wird das gestrichne Papier in folgendem Bade lichtempfindlich gemacht: Doppeltchromsaures Kali .... 1 Unze = 2 Theile chlorsaures Natron 1/2 „ = I Theil Ferrocyankalium (Blutlaugensalz) . 100 Gran = 0,24 Theil Wasser 30 Unzen = 61) Theile Das derartig sensibilisirte Papier wird nun in dunklem Raume bei 70 Grad Fahrenheit getrocknet und nach erfolgtem Trocknen unter einem gewöhnlichen Halbton-Negativ belichtet. Am besten erfolgt die Belichtung im Sonnenlicht; sie dauert bei Negativen von mittlerer Dichtigkeit etwa drei Minuten. Wenn das Bild in dunkelbrauner Farbe auf gelbem Grunde erschienen ist, kann die Belichtung als beendet gelten. Man legt den Abzug etwa zehn Minuten lang in kaltes Wasser, bis die löslich gebliebenen Theile der Gelatine aufgequollen sind, legt es dann auf eine ebene Glas oder Steinfläche und trocknet den Ueberschuss an Feuchtigkeit durch Antupfen von Löschpapier ab. Durch die Belichtung sind die vom Licht getroffenen Theile nicht allein unlöslich geworden, sondern sie haben auch ein feines Korn erhalten, welches das Bild zur Uebertragung auf Zink oder lithographischen Stein ge eignet macht. Zum Einschwärzen des Abzugs wird eine aus gleichen Theilen von weissem Wachs, Stearin und Harz bestehende Masse mit der acht fachen Menge Kreidedruckfarbe gemischt und durch Zusatz von Terpentin zur Sahnendicke verdünnt. Diese Farbe wird in üblicher Weise mit einem weichen Schwamm aufgetragen, mit einer kleinen Buchdruck-Handwalze vertheilt und angedrückt. Mit derselben Walze wird auch durch sanftes Ueberfahren des aufgespannten Blattes das Bild »entwickelt«, d. h. von den nicht belichteten, gequollenen Stellen wird die Farbe losgezogen, während sie an den belichteten Stellen haften bleibt. Das Ergebniss ist ein Grau in Grau gehaltenes, sanft abge töntes körniges Bild, welches in bekannter Weise auf Stein oder Zink übertragen werden kann. Die englische Vorschrift empfiehlt, das soweit fertiggestellte Bild nochmals in einer schwachen Lösung von Tannin und doppeltchromsaurem Kali zu baden und zu be lichten, und es nach erfolgtem Trocknen, vor dem l ebertragen, von der Rückseite hei- mit einer schwachen Lösung von Oxal- oder Phosphorsäure zu befeuchten. .Durch Zufügung von etwas mehr Blutlaugensalz zur Bad lösung und Trocknen bei höherer Temperatur, oder durch Erhitzen des Blattes vor der Belichtung kann ein gröberes Korn erzielt werden.