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1026 PAPIER-ZEITUNG. No. 36. Normalpapiere. Wie wir hören, sind der Königlichen Mechanisch -technischen Versuchs-Anstalt in Charlottenburg in letzter Zeit Mittheilungen über Bestrebungen gemacht worden, welche darauf abzielen, die in den neuen Vorschriften für die Lieferung und Prüfung von Papier zu amtlichen Zwecken« enthaltenen Bedingungen theilweise zu umgehen. In § 2 dieser Vorschriften ist ausdrücklich festgesetzt, dass das Wasserzeichen den Erzeuger des Papiers bezeichnen soll; wenn daher Fabrikanten ihre Normalpapiere ganz oder theilweise in anderen, nicht in' ihrem Besitz befindlichen Fabriken herstellen lassen, so erfüllen diese Papiere nicht die vorgeschriebenen Be dingungen, und es können für den Lieferanten leicht Unzuträg lichkeiten entstehen, da er bei Abschluss des Lieferungsvertrages die Vorschriften ausdrücklich anerkennen muss, also besonders auch die Gewähr dafür übernimmt, dass die Vorschriften wegen des Wasserzeichens erfüllt sind. Wie bekannt wurde, sollen einige Firmen die Absicht be kundet haben, um ihr Wasserzeichen in die von ihnen verkauften Papiere bringen zu können, kleine Papierfabriken anzukaufen, um dann ihr Wasserzeichen anmelden zu können, und sollen bereits an anderer Stelle wegen Anfertigung der Papiere mit ihrem Wasser- Zeichen angefragt haben. Dies widerspricht aber sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn der Vorschriften, und wir wollen deshalb die Interessenten vor solchen Verstössen warnen, da bei Bekanntwerden solcher offenbarer Umgehungen leicht eine Aus schliessung des betreffenden Wasserzeichens für Behördenlieferungen erfolgen könnte. Normalformate für Briefumschläge. Der Papier-Verein Berlin und Provinz Brandenburg hat, wie uns mitgetheilt wird, zu Ende vorigen Jahres eine Kommission zur Feststellung von Normalformaten für Billetpapiere und Um schläge bestellt, welche nach mehrfachen Versammlungen eine Einigung zwischen Fabrikanten und Abnehmern erreichte und nachstehende Normalformate für Briefumschläge vorschlug. Diese Normalformate wurden dann von einer grösseren Versammlung der in Berlin ansässigen und vertretenen Papier- und Briefum schlag-Fabrikanten einerseits, Papier - Ausstattungsgeschäften, Präge-Anstalten, Karton - Fabrikanten und Händlern anderseits angenommen. Die Formate der Billetpapiere ergeben sich aus denen der Umschläge von selbst, da sie hinein passen müssen. Vor geschlagene Normalformate für Briefumschläge. Dürener Englische Bezeichnung. Bezeichnung. 120 X 150 mm für Format D = 8° und 40 Courtshape 105 X 130 „„„ F = D Format 95 X 120 „ G = C w 83 X 90 X 80 X 108 „ „ » H = B 135 „ Deutsch Billet gross 120 _ „ _ klein. » W ährend in Deutschland die Fabrikanten Briefumschläge nach Maass, d. h. nach Laune des Bestellers anfertigen, giebt es in England und Amerika nur wenige bestimmte Grössen, die allge mein benützt werden, und denen sich Jeder anpasst. Diese kön nen in grossen Mengen angefertigt und auf Lager gehalten werden und vereinfachen dadurch die Herstellung sehr bedeutend. Die Maschinen können von vornherein für bestimmte Formate gebaut und eingestellt werden und leisten viel mehr, wenn keine Um stellung nöthig ist. Das für Umschläge erforderliche Papier kann in sehr grossen Mengen bestellt, also auch billiger geliefert und auf Vorrath gehalten werden. Besonders aber brauchen ■ die Händler keine so grossen Lagerbestände wie bisher, da sie mit wenigen Formaten auskommen. Dem Publikum ist die Qual der Wähl erspart, und es findet überall Papiere und Umschläge, die zu einander passen. Obwohl alle diese Vortheile den betheiligten Fabrikanten von jeher bekannt waren, gelang es doch den vor vielen Jahren und wiederholt unternommenen Bemühungen nicht, eine Einigung herbei zuführen. Die allmälig eingebürgerten Normalformate für Papier sowie die Bestimmungen für die Papierlieferungen an Behörden usw. mögen aber den Boden für eine solche Vereinbarung jetzt besser vorbereitet haben. Auch sind sich die Briefumschlag- Fabrikanten in letzter Zeit mehrmals näher getreten und haben gemeinsame Beschlüsse gefasst. Es ist desshalb sehr zu wünschen, dass alle Papier-Fachvereine diesen Gegenstand auf die Tages- Ordnung ihrer Frühjahrs-Versammlungen setzen und ihn nicht eher wieder verlassen, als bis endgiltig Normal-Formate für Brief- Umschläge festgestellt sind. Geschichte der Sulfitstoff-Fabrikation. Freiburg i. B., 30. April 1892. Berichtigung. In dem Werk von Max Schubert »Die Cellulosefabrikation« steht auf Seite 53: Professor Alexander Mitscherlich hat das grosse Verdienst, der eigentliche Vater der praktischen Sulfit-Zellstoff-Fabrikation zu sein, wenn auch der eigentliche Erfinder sein verstorbener Bruder Professor Richard Mitscherlich ist. Dieser letztere Satz ist, wie aus den der Redaktion der Papier-Zeitung vorgelegten beglaubigten Aktenstücken hervorgeht, irrthümlich. Ich war durch meine Berufsgeschäfte verhindert, die Aus beutung der Erfindung selbst vorzunehmen, veranlasste deshalb meinen Bruder Dr. Richard Mitscherlich, diese Ausbeutung zu versuchen und schloss einen Vertrag darüber mit ihm ab. Mit der Ausnutzung hatte Dr. Richard Mitscherlich keinen Erfolg, und ich war infolgedessen gezwungen, die Ausnutzung wieder in die Hand zu nehmen; mit welchem Erfolge, zeigt die jetzt blühende Industrie. Prof. Dr. A. Mitscherlich. Wir bestätigen gern, dass nach den uns vorliegenden be glaubigten Abschriften der Verträge der verstorbene Dr. Richard Mitscherlich zu Darmstadt lediglich Beauftragter des Herrn Professor Dr. Alexander Mitscherlich war, dass dieser also der alleinige Erfinder ist. D. Red. Ersparnisse und Vereinfachungen im Betriebe von Papierfabriken. Delary, 24. April 1892. Auf den Artikel »Papiermarkt« in Nr. 16 hat Herr J. E. S. mit einem Offenen Brief in Nr. 29 Herrn —m— die gebührende Abfertigung zutheil werden lassen. Nun erscheint in derselben Nummer ein Artikel mit der Aufschrift »Ersparnisse und Vereinfachungen im Betriebe von Papierfabriken«, welcher ebenfalls —m— unterzeichnet ist, und, nach dem Inhalt zu urtheilen, zweifellos auch von dem Verfasser des Artikels Papiermarkt in Nr. 16 herrührt. Und da muss ich Herrn J. E. S. um Entschuldigung bitten, wenn ich seinem »Offenen Brief« nach meiner Manier, indem ich den Artikel in Nr. 29 mit einziehe, noch Einiges zufüge. Ich glaube vorausschicken zu sollen, dass ich mit dem sozialisti schen Zukunftsschwindel nichts gemein habe. Das Bild, welches Herr —m— von der Papierfabrikation entwickelt, insbesondere was das Betragen der Arbeiter und deren Verhältniss zum Werkmeister anlangt, ist das verkommenste, was sich denken lässt, und wenn diese Aussagen, wie anzunehmen, auf Erfahrung beruhen, und nicht auf Uebertreibung, so glaube ich behaupten zu dürfen, dass Herrn —m das Schicksal zutheil wurde, der Einzige zu sein unter den Fabri kanten, welcher solche schreiende Ungezogenheiten in seiner Fabrik hat. Es soll zugestanden werden, dass es einzelne Arbeiter giebt, die von den aufgeführten Mängeln besitzen; diese bilden aber doch nicht die Regel, und solche Zustände als Regel hinstellen, das heisst das Kind mit dem Bade ausschütten. Was zunächst die Nachtarbeit betrifft, so wird vom Ueberkochen des Leims gesprochen. Ist denn die Fabrik so gross, dass bei Tage nicht genügend Leim gekocht werden kann, oder kocht man für jeden Holländer den Leim in einem Gemüsetopf? Das Ueberlaufen der Holländer betrifft wohl nur die Waschholländer: es könnte zweifellos durch Vorrichtungen verhütet werden, die ein Ueberlaufen unmöglich machen. Auch giebt es einen Apparat, der den zu niedrigen oder zu hohen Wasserstand des Dampfkessels mit einem Lärm signalisirt, der imstande wäre einen Todten zu erwecken, warum nicht einen schnarchenden Schläfer auf den Holzstoff-Säcken? Doch das scheint alles dem Herrn — m— unbekannt zu sein. Das Herunterdrücken der Arbeitslöhne hat eine so treffliche Be leuchtung durch Herrn J. E. S. erfahren, dass ich dem nichts beizu fügen habe; nur möchte ich auf einen Widerspruch in dem Artikel des Herrn —m— hinweisen. An der einen Stelle sind ihm die Bedürfnisse der Arbeiter zu gross, und an einer andern Stelle heisst es: die Leute haben meist kleine Wohnungen ohne besonderes Schlafzimmer. Das soll wohl heissen: sie benutzen einen Raum als Küche, Wohn- und Schlafzimmer. Wenn nun Herr —m— auch noch Lohn-Abzüge macht, so wird den Leuten wohl weiter nichts übrig bleiben, als »Mutter Grün«. Ich würde infolgedessen Herrn —m empfehlen, die Reduzirung der Löhne in anbetracht der Jahreszeit jetzt, im wunderschönen Monat Mai, vorzunehmen. Es scheint, dass Herr —m— den industriellen Fortschritt der Jetztzeit nicht begreift, oder nicht begreifen will. An einer Stelle des Artikels heisst es betreffs Bestrafung eines Arbeiters: »Will man ihn entlassen, so müsste man eben oft alle ent lassen, einschliesslich des Werkführers.« Darunter verstehe ich ein Komplott der Arbeiter gegen den Arbeitgeber, an dessen Spitze als Anführer der Werkführer steht. Ich glaube im Namen meiner Kollegen, ob sie sich nun Betriebsführer, Werkführer oder Werkmeister nennen, zu handeln, wenn ich gegen eine solche Unterstellung entschieden protestire. Ein Werkführer, der seiner Stellung gewachsen ist, wird nie solch eine Handlung begehen. Ist dies dennoch bei Herrn —m— passirt, so war der Thäter kein Werkführer, und Herrn —m— trifft