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946 PAPIER-ZEITUNG. No. 33. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme; Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Ueberhitzen der Schrift beim Stereotypiren. Nürnberg, 18. April 1892. Die Frage, ob heisse Luft oder Dampf zum Trocknen der Matrizen auf der Form am geeignetsten sei, bedarf so lange keiner definitiven Entscheidung, als die Schnelligkeit des Trockenver fahrens in sachgemässen Grenzen gehalten wird; auf diesen Punkt ist aber in allen bisherigen Veröffentlichungen viel zu wenig Ge- wicht gelegt worden. Der Zeitungsbetrieb erfordert grösste Zeit- ersparniss. Die Kaltstereotypie sorgt dafür, dass nach dieser Richtung hin den weitgehendsten Bedürfnissen entsprochen werden kann. Die Kaltstereotypie liesse sich auch für eine grosse Reihe anderer Satzarten anwenden, wenn der »Aberglaube« nicht noch eine stattliche Zahl von Gewerbsgenossen davon abhielte. Hat nun der Stereotypiebesitzer für seinen Betrieb mit der Warm stereotypie zu rechnen, so dient er seinem Interesse am besten, wenn er die Trockendauer für die Matrizen sachgemäss ausdehnt und von seinen Gehilfen eine materialschädigende Leistungsfähig keit nicht verlangt. Einer Satzfläche in Reichsfolio soll wenigstens 25 Minuten Trockendauer gewährt werden, wenn’s 30 sind, so ist’s kein Schade. Wir haben in Deutschland über 900 mittlere und Kleinbetriebe, welche mit Flachstereotypie arbeiten; von diesen Betrieben werden nur sehr wenige eine Materialschädigung feststellen können, weil in den meisten Betrieben die Stereotypie nur nebenbei ausgeübt wird und eine gewisse Ueberhastung dabei sich von selbst aus schliesst. Sei nun die Heizart, welche sie wolle; die Hauptsache bleibt stets: Presse oder Ofen nicht zu überhitzen. Genügen, und das ist Thatsache, 80° R. in der Dampfpresse, um eine Matrizenform in 10—15 Minuten zu trocknen, so braucht die Heiss-Luftpresse, denn eine solche stellt ein kombinirter Stereotypieapparat dar, dessen Trockenwärme durch das flüssige Stereotypiemetall erzeugt wird, auch nicht höher erhitzt zu werden. Wird demnach auf die Regelung des Heizverfahrens im kombinirten (Ofen-)Apparat ge bührend geachtet, so ist eine Ueberhitzung und die dadurch be dingte Materialschädigung von selbst ausgeschlossen. Im übrigen seien die in Nr. 31, Seite 892 gegebenen Winke über das Abkühlen der Stereotypieformen allen Fachgenossen bestens empfohlen. Carl Kempe. Schrägschriften. Eine Schrägschrifttype mit nachstehend dargestellter Führung des Trennschnitts ist dem Amerikaner Bryant Godwin in New York im Deutschen Reich unter Nr. 61495 patentirt worden. Vorn und hinten angereihte Ausschliessungen von Dreieck- Grundform ergänzen die Zeile zum Rechteck-Prisma. Druckwalzen. Guter Druck ist nur mit guten Walzen möglich. Man halte diese stets in bestem Zustande, giesse rechtzeitig um oder neu und halte Ersatz für plötzlich schlecht werdende Walzen jederzeit bereit. In Farbendruckereien sollten für vielgebrauchte Farben besondere Walzensätze gehalten werden, mindestens für Schwarz, für Roth, für Kopirfarben und für Tonfarben. Im Hinblick auf die zahlreichen Vortheile, die ein reichlicher Walzenbestand im Laufe der Zeit mit sich bringt, ist die Ausgabe für einige Sätze Reservespindeln zu jeder Maschine geringfügig. Gute Walzen üben, wenn man leicht mit der flachen Hand darüber fährt, mässigen Zug aus. Diese Eigenschaft darf nie ver loren gehen. Wird die Walzenoberfläche mit zunehmendem Alter hart und glatt, dann ist Ersatz oder Umguss dringend nöthig. Neben den in Nr. 32 Seite 919 angegebenen Walzenmasse- Rezepten hat sich noch folgendes gut bewährt: 15 kg vom besten Glyzerin werden mit 13 kg reiner weisser Gelatine im Wasserbade geschmolzen. Das Wasser darf nicht sieden, sondern nur verdampfen. Nachdem die ersten beiden Theile gut verbunden sind, was durch öfteres Umrühren bewirkt werden muss, fügt man 5 kg weissen Kartoffel-Syrup unter fleissigem Umrühren hinzu, lässt die Mischung noch einige Zeit im Wasserbade stehen und giesst sie dann in schwach gefettete Formen. Die erkalteten Tafeln werden, in Wachspapier eingeschlagen für späteren Bedarf aufbewahrt. Will man die Masse härter machen, was z. B. für Reibwalzen nöthig ist, so setzt man beim Umschmelzen noch Gelatine zu. Weichere Masse erzielt man durch Beimischung von Glyzerin und Syrup, sehr weiche, dünnflüssige Masse mit stärkerem Syrup-Zusatz. Aehnlich wie diese Masse sind die besten andern Fabrikate zubereitet. Glyzerin ist ein wesentlicher Bestandtheil jeder Walzenmasse, da es die Walzen frisch erhält und vor Fäulniss schützt. Glyzerin ist, wie schon in Nr. 32 hervorgehoben wurde, stark hygroskopisch, d. h. es nimmt gierig Wasser auf, ebenso der Syrup und jede andere Zuckerart. Beim Waschen wird nun von dem an der Oberfläche der Walzen lagernden Glyzerin (und Wasser) jedesmal etwas fortgenommen, wodurch die Walzen nach und nach hart werden. Schliesslich bildet sich obenauf eine harte, weil glyzerinlose Gelatineschicht. Ist es einmal so weit gekommen, so hilft nur Umschmelzen, denn es ist nicht möglich, dem Innern der Masse auf kaltem Wege wieder Glyzerin zuzusetzen. Nach dem Waschen mit Terpentin (einer Harzlösung) oder Petroleum ver bleiben ferner Rückstände auf der Walze, die das Hartwerden der Oberhaut begünstigen. Es muss also darauf Bedacht genommen werden, der Walze das, was ihr an Glyzerin beim Waschen entzogen wird, jedesmal wieder zuzusetzen und die harzigen Rückstände des Waschmittels sofort zu entfernen. Dies geschieht, indem man die Walze nach dem Abreiben des Waschmittels erst mit einem feuchten, aber nicht nassen faserfreien Lappen überwischt und gleich darauf mit einem Schwamm, der in eine Lösung von 3 Theilen Glyzerin, 1 Theil Syrup und 10 Theilen Wasser getaucht und gut ausgedrückt wurde. Darauf ist es gut, die Walze eine Stunde lang stehen zu lassen. Alte hartgewordene Walzen, die umgegossen werden sollen, überstreicht man einige Male mit einem in kochendes Wasser getauchten Schwamm, auch an den Rändern, und schabt dann die aufgeweichte Oberhaut mit einem Messer in langen Zügen herunter. Darauf wird die Walze von der Spindel genommen und in nuss grosse Stücke zerschnitten, die man eine Stunde lang in klares kaltes Wasser legt, in dem sie aufquellen. Dann schüttet man die weich gewordenen Stücke auf einen Bogen Pappe und lässt sie über Nacht stehen, damit sie den etwaigen Ueberschuss von Feuchtigkeit abgeben. Am andern Morgen kann die Masse wie neue geschmolzen werden, man muss jedoch Glyzerin und Syrup zusetzen. Alles Erhitzen und demzufolge jedes Umschmelzen ist der Walzenmasse stets schädlich. Selbst die gelindeste Wärme wird allmäliges Verdunsten des Wasser- und Glyzerin-Gehaltes der Masse bewirken und deren Zusammensetzung dadurch ändern. Man sollte daher bei jedem Schmelzen etwas Glyzerin, das stets Wasser enthält, zusetzen. Jedenfalls darf die Masse nie bis zum Kochen erhitzt werden, da sonst Milliarden kleiner Bläschen im Topfe aufsteigen, die Masse durchsetzen und unverbesserlich porös machen, was bekannt lich ein böser Fehler ist. Das Wasserbad, in dem der Kochtopf steht, sollte daher nur bis zum Verdampfen, nie bis zum Sieden erhitzt werden, wenn dann der Schmelzprozess auch länger dauert. Bei den mit Thermometer versehenen besseren Apparaten ist die Wärme-Regulirung leicht zu bewirken. Die Giesshülse muss gut gereinigt und mit zähem Fett ein gerieben werden. Kurz vor dem Giessen müssen Hülse und Spindel gleichmässig und ziemlich stark erwärmt werden. Die Eisenspindel kann sehr heiss gemacht werden. Am besten ist es, sich für die längste Hülse ein Blechrohr machen zu lassen, das diese mit etwa 3 cm Abstand umschliesst. Der Raum zwischen Rohr und Hülse wird von unten her mit Gas erwärmt. Der Guss muss in einem warmen, zugfreien Raume erfolgen, sobald die Masse dünnflüssig ist. Durchsieben der Masse während des Giessens hat den Nachtheil, dass die Masse dabei zu rasch erkaltet, sie muss daher von Knoten schon beim Kochen befreit werden, was bei Verwendung der mit Sieb-Einsatz versehenen Apparate geschieht. (Jahrgang 1888, Seite 1781; Jahrgang 1982, Seite 652). Die Masse muss ununterbrochen langsam ablauten. Schluss-Kreuze oder Sterne werden nachher über das Spindel-Ende geschoben. Nach drei bis vier Stunden muss die Walze aus der Hülse genommen werden, da sonst leicht Luftschlangen entstehen. Bisweilen geschieht es trotz aller Vorsicht, dass die fertige, sonst ganz tadellose Walze mit einem grossen Loch oder mit einer