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856 PAPIER-ZEITUNG. No. 30. Kalenders im Zusammenhänge stehen konnte. Infolgedessen wünschte die Firma sowohl die Verpackung und Versendung, als deren Frankatur zu übernehmen. In ähnlichem Sinne schrieben mir die Herren Wykoff, Seamans & Benedikt mit Bezug auf deren prächtigen Remington- Typewriter-Kalender, obwohl deren Zweiggeschäft in St. Paul nur 84 Meilen von hier entfernt ist. Dieser Stahlstichkalender ist das Bedeutendste, was mir in 14 Jahren in dieser Richtung vorgekommen ist. Den komplizirten Mechanismus der Remington- Schreibmaschine in allen seinen Einzelheiten in Stahlstich dar zustellen, war eine Aufgabe, welche nur eine so bedeutende Stahldruckerei wie die der Lowell’schen Kunstanstalt in Boston unternehmen konnte, wo alle möglichen Gravirmaschinen dem erfahrenen und gewandten Künstler zur Seite stehen. Auch der monumentale Charakter der Schriftzeilen ist hervorragend und ein erfreulicher Beweis dafür, dass man selbst im Geburtslande der wilden verwegenen Schriftphantasie am richtigen Orte Maass zu halten weiss. Einen von gesundem, unverdorbenem Geschmacke zeugenden Kontrast bildet der schlichte, allen Schmuckes bare Rand des stattlichen Quartblattes, während die starke weisse Pappe, auf welche dasselbe aufgezogen ist, und die elegante weiss seidene Kordel zum Aufhängen von einem Versender zeugt, der seine bequemen und mit Kalendern überflutheten Leute kennt. Wie beim » Winchester « das Problem der Rollenpackung, so ist hier dasjenige der Flächenpackung in der denkbar vollkommensten Weise gelöst. Das durch Seidenpapier geschützte Blatt wird so zwischen zwei Decken von »corrugated strawboard« (gewellte Strohpappe) gelegt, dass die nach innen gekehrten Rinnen der einen Decke mit den Rinnen der andern sich kreuzen. Dadurch wird der Gegenstand so versteift, dass zur Aufnahme des Ganzen ein starker, unverschnürter Manilla-Umschlag genügt. Trotz der bemerkenswerthen Leichtigkeit des so zusammengesetzten Post stückes kann dasselbe ohne Anwendung von Gewalt kaum ge bogen noch geknickt, auch das Blatt selbst vom Poststempel nicht verunstaltet werden. Ganz reizende Ideen aus dem unerschöpflichen Borne der Kinderwelt sind es immer, welche der grosse Pillenmann Hood in seinen Wandkalendern zum Ausdruck bringt oder bringen lässt. Hatte schon der 1891er durch seine oblonge Form abstechende Kalender mit den köstlich dargestellten vier musizirenden Kleinen das Entzücken der lieben Jugend hervorgerufen, so war dies in noch erhöhtem Maasse der Fall mit dem »sewing circle« (Näh kränzchen) auf dem diesjährigen. Die Grundform der Kalender wand ist eine zirkelrunde Scheibe von etwa 20 cm. Zwölf Kinderchen im glückseligen Alter der Unbefangenheit, alle in Verbindung mit Nadel und Zwirn denkbaren Stadien des Nähens darstellend, sind von Meisterhand in Form eines Näh-Kränzchens oder -Zirkels hingeworfen. Das ist aber auch alles. Müsste man beim Betrachten solcher Sachen nicht immer des alten Satzes vom geschenkten Gaule ein gedenk sein, so könnte man ob der Kunstbarbarei des Yankee wild werden, der über einen gewissen Preis nicht hinausgehen will und daher oft ganz unentbehrliche Töne einfach aus dem Farbenprogramm streicht. Erwähnung verdient auch die von Milwaukee Herold« zu seiner Kalenderbeilage gewählte Form des Widmungsblattes. Ein Doppelblatt schweren Lithographiepapiers in Gross - Quart trägt auf seiner Titelseite in recht hübscher Anordnung die theils allegorisch, theils in nüchterner Wirklichkeit behandelten Stadien des Zeitungsgewerbes. Mit Bezug auf die Zeichnung der Phantasieschriften und die Verwendung der Goldbronze beim Druck lässt sich auch hier taktvolles Maasshalten erkennen. Auf der dritten Seite ist ein Neujahrswunsch angebracht. Die Wahl dieser Form dürfte mit dem Hintergedanken erfolgt sein, dass sich beinahe in jedem deutschen Farmerhause eine grosse Familienbibel findet, die einen würdigen Aufbewahrungsplatz bietet. Dem Plakatkalender der Schlitz’schen Brauerei kann man universelle Auffassung der Aufgabe nicht absprechen. Um den Erdball, den die Firma als Handelsmarke gewählt hat, tanzen die Völker aller Racen den Bierreigen. Das deutsche Gretchen zwischen der Columbia und der Irländerin ist etwas drall und übermüthig gerathen. Das wird aber von dem guten Schlitz’schen Bier kommen. Die männlichen Typen, zumal der Indianer, Mexikaner und Chinese sind dem Zeichner wesentlich besser ge lungen als die weiblichen. Die zwölf Monate wurden durch ebensoviele kleinere Erdgloben dargestellt, die den unteren Luft raum beherrschen, während Pfropfen entkorkter Bierflaschen das Firmament des Bierhimmels beleben. Die gesandten Medizinkalender sind nur ihrer enormen Auf lagen wegen bemerkenswerth. Die Hostetter Bitter-Firma beruft sich z. B. auf eine Auflage von 6 Millionen, alle Sprachen zu sammengenommen. Sechs Millionen Dollar beträgt auch das Vermögen ohne Grundeigenthum, welches der verstorbene Be gründer dieser Firma hinterlassen hat. Die Papiermüller und Buchdrucker haben gegen diese Kalenderliteratur, die den Herren Aerzten ein so schwerer Dorn im Auge ist, garnichts einzuwenden. Die vielleicht fünfundzwanzig Medizinfabriken grösseren Stils suchen jede der 15 Millionen Familien des Landes zu erreichen. Infolge dessen zeigen sie grundsätzlich in mindestens einer Zeitung jeden Druckortes an, und um ganz sicher zu gehen, verbreiten sie diese Hauskalender, die zur Herbstzeit den Apotheken das Ansehen einer Buchhandlung geben. Weniger als eine Million eines solchen zu drucken hätte gar keinen Zweck, und das Eingehen dieser Literatur würde dem Versiegen eines Papierabflusses von wenigstens 250 000 Tonnen gleichkommen. G. Kraft. Normalpapier - Wasserzeichen. Ein Papierfabrikant schreibt uns: Mit Bezug auf die vorschriftsmässigen Wasserzeichen für Normal- papiere dürfte es sich empfehlen, nochmals eine nähere Aufklärung über die Art der Ausführung durch die Papier-Zeitung ergehen zu lassen, da ein grosser Theil der Herren Papierhändler und grösserer Buch druckereibesitzer nicht richtig darüber orientirt ist. Heute zum Beispiel schreibt erst wieder eine grössere Druckerei an mich: »Wir verfehlen nun nicht, Sie noch darauf aufmerksam zu machen, dass wir nur Papiere brauchen können, die als W asserzeichen die Anfangsbuchstaben Ihrer Firma enthalten, vergl. § 2, Zeile 6 der angeführten Vorschrift, welche lautet: Abkürzungen der Firmenbezeich nung sind gestattet.« Eine solche Abkürzung ist indessen nach meiner Auffassung nicht erlaubt, da doch die Firma des Erzeugers (Fabrikanten) im Papiere enthalten sein soll, nicht aber nur ein monogrammartiges Wasserzeichen, aus welchem sich der Ursprung des Papiers nicht erkennen lässt. Abkürzungen sind doch nur bei langen Firmenbezeichnungen, wie das in der Papier-Zeitung Nr. 5 angegebene Beispiel, gestattet. Der Zweck der vorgeschriebenen Wasserzeichen ist, dass man aus jedem Bogen erkennen kann, wer das Papier angefertigt hat, damit man wegen etwaiger Mängel oder unrichtiger Angaben auf den Fabrikanten zurückgehen kann. Dadurch wird ermöglicht, dass nicht jedes Papier vor dem Gebrauch geprüft zu werden braucht, und es ist demgemäss in § 6 bestimmt, dass die Be hörde die Kosten der Prüfung trägt, wenn dieselbe ergiebt, dass das Papier wirklich der im Wasserzeichen angegebenen Klasse zugehört. Die Bestimmung in § 2 über Abkürzungen lautet: »Abkürzung der Firmenbezeichnung ist gestattet, indessen nur soweit, dass man ohne Zweifel und ohne weiteres auf den Inhaber (des Wasserzeichens) zurückgreifen kann.« Eine Bezeich nung des Fabrikanten durch Namens-Anfangsbuchstaben ist da her unstatthaft. Selbsteinschätzung. Vom Rhein, 8. April 1892. Die Erfahrungen, welche ich als Mitglied der Veranlagungs- kommission für unseren Stadtkreis zu machen Gelegenheit hatte, bestimmen mich, der Ansicht, welche der mit Elge« unterzeichnete Artikel in Nr. 28 der Papier-Zeitung über die »Selbsteinschätzung« aus spricht, beizutreten. Leider musste ich während des mehrere Wochen dauernden Ver anlagungsgeschäftes die traurige Erfahrung machen, dass es eine ganze Anzahl Deklaranten giebt, welche es mit Erklärungen »nach bestem Wissen und Gewissen« recht leicht zu nehmen scheinen. Nrn in einem Punkte stimme ich mit der Auffassung »Elge’s« nicht ganz überein, und zwar bezüglich der Abschreibungen auf Fabrik gebäude. Eine Abschreibung von 1 pCt. kann in vielen Fällen zu gering und ein höherer Prozentsatz zulässig sein. Dies ist ganz besonders bei solchen Fabrikanlagen der Fall, deren Gebäude nur als solche Werth haben, beziehungsweise behalten, solange sie dem betreffenden Betriebe, für welchen sie errichtet sind, dienen. Auf solche Gebäude sind meiner Ansicht. nach im Sinne des Gesetzes höhere Abschreibungen sehr wohl zulässig, und ich würde unter Umständen eine solche bis zu 4pCt. des Bauwerthes nicht beanstanden. — r. Verdeutschung. Die Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins richtet in ihrer Nr. 4 an die deutschen Geschäftsbücherfabrikanten die Bitte, die fremdsprachigen Seiten-Ueberschriften zu beseitigen, insbesondere Debet und Credit durch Soll und Haben zu ersetzen. Unseres Wissens halten die grösseren Geschäftsbücherfabriken Bücher mit deutschen Ueberschriften bereits vorräthig, und es wird nur darauf ankommen, dass die Geschäftsleute solche Bücher bei der Bestellung ausdrücklich fordern.