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AilsäruNer^ageblatt r Malt Nr. 27 - Sonntag, arn >/xevruartyrs Des Kindes Auge. truH Will keine Freude dich erquicken. Verzehrt das Herz dir Gram und Pein: -Dann scheu' mit stMgefahten Blicken In deines Kindes Äug' hinein! M. s h,8 Uh« rZi-1 MW alser 8-ll. Mark. Schlösse». ein 192S SüdweD- kstand. » 7 Uh« ll ivslä > Gäste bet enbarth, Straße), and. ien onaise. isd. 8 Uhr »mag Hof e. 1924 b.M. LUS Z»!l. WO OM In seinen Tiefen wird veysWen Der Erde tausendfaches Leid, Aus ihm wird dir ein Himmel winken Voll niegeahnter Seligkeit. vetmchlW siir dm t. ö«miI«liWdnWeiiiW Don Pfarrer Weber (Limbach). Röm. 13, 8: Seid niemand nichts schuldig, denn daß ihr euch untereinander liebet. So lesen wir in der Epistel des kommenden Sonntags. „Seid niemand nichts schuldig." Schon dies ist ein beherzigens wertes Wort für unsere harte Zeit. Ernste Christen sollten auch in der Befolgung dieser einfachen, zunächst rein wirtschaftlichen Regel aller Welt ein gutes Beispiel geben und auf solche Weise »n ihrem geringen Teste mit helfen, daß unser durch den Krieg arg mitgenommenes wirtschaftliches Leben wieder in Gang komme. Wie oft hört man Kaufleute, Handwerker klagen, daß sie das Geld für gelieferte Ware, für geleistete Arbeit schwer herein- bekommen und sie doch selbst das Geld zu allerlei Zahlungen nötig brauchen. Wieviel Sorgen und Unannehmlichkeiten könn ten so manchem Geschäftsmann erspart bleiben, wenn sich jeder mann es zum Grundsatz machen wollte, nicht leichtsinnig zu borgen, das Geliehene alsbald zurückzuzahlen, kurz niemand nichts schuldig zu bleibn. Nur der Gottlose borgt und bezahlt nicht. Darum, hast du von deinem Nächsten geborgt, hast du ihm etwas versprochen, sieh es nicht bloß als deine Ehren-, son dern als deine Christenpflicht an, deinen Gläubiger nicht warten zu lassen, dein Wort zu halten. Nur in einem werden wir freilich immer Schuldner bleiben, solange wir leben, nämlich in der Liebe, die wir anderen geben sollen. Ja, da geht es in der Rege! so, je mehr wir tun, um die Liebesschuld zu bezahlen, desto mehr erkennen wir, daß uns noch viel mehr zu tun schuldig bleibt. Oder vermag wohl einer von uns zu sagen, daß er an den Seinen, an Armen, Bedürf tigen und Elenden aller Art an Liebe genug getan habe, datz er ganz ruhig in feinem Gewissen sein könne? Ich kenne nur einen, der also zu sprechen ein Recht gehabt hat. Das ist der, der sein Leben für nichts geachtet, sondern es für uns alle zur Bezahlung unserer Schuld in den Tod gegeben hat, unser Heiland Jesus Christus. Ihn brauchen wir darum auch tagtäglich, ein mal, um für unsere uns täglich offenbar werdende Liebesschuld durch ihn Vergebung zu finden und sodann, um bei ihm immer besser lieben zu lernen. Denn in seiner Schule kernt man allein wahrhaftig lieben und immer selbstloser, opferfreudiger werden. Darum, liebe Christen, hin zu ihm, immer tiefer in seine Ge meinschaft, daß unsere Liebesschulden uns nicht einmal vor Gott verklagen, sondern wir sie einstinals alle getilgt finden durch die Liebe Gottes, unseres Heilands. Amen. Die drei schönen Bernhausens. 10s Roman von Fr. Lehne. Mr. Stork mit Frau und Tochter wandren ihre Blicke noch der bezeichneten Richtung, und Thora sah ganz deutlich einen Ausdruck des Befremdens und der Enttäuschung auf den Gesichtern der drei. Viviane rümpfte wegwerfend die Nase. Wahrscheinlich hatte sie sich unrer dem Sommersitz eines Grasen Bernhausen etwas ganz anderes als dieses ländliche, schlichte weiße Gebäude vorgestellt, das sich wenig oder gar nicht von den anderen Gutshäusern des Dorfes unterschied. Thora hörte es auch an der Unterhaltung der drei, die letzt ver Gartenpforte zuschritten, nachdem sie dem Chauf- ieur Befehl gegeben hatten, nach dem Wirtshause zu fahren Als Mr Stork das Gartentor öffnete, sprangen ihnen bellend zwei gelbbraune Dackel und ein weist und 'chwarz gefleckter Terrier entgegen, die die Ankömm linge mit wütendem Gekläff bis zur Haustür beglei- inen Nutig, Waldmann und Waldinel — Kusch, Bobbi!" ermahnte Gisela. Sie setzte ihre Schüssel von ihrem Schoß aus den Tisch und schritt ohne eine Spur von Resau lenheit, daß man sie, die Komtesse Bernhau sen bet einer solch prosaischen Beschäftigung angetros- ien, dem Besuch entgegen, ihn in ihrer herzgewinnenden Ar, begrüßend. .Wir wollen uns nur erkundigen, wie es Ihnen allen gebt, und wollten der lieben Braut nochmals in Rube unseren Glückwunsch aussprechen — ah, da ist sie Langsam kam Thora auf dem Kiesweg daher. Viviane hastete ihr entgegen. „Oh, Liebste, wie freue iw mich, Sie zu sehen! Unser Haus gefällt mir gar nickn mehr, seit unser liebenswürdiges Gegenüber fort ist — nicht wahr, Mama, die Straße ist so leer und greß" rief sie lebhaft. Um eine Unterhaltung zu erleichtern, hatte Graf Berni ousen früher einmal vorgeschlagen, daß man Eng- " w 's'" Storks sprechen wolle. Doch Gisela sowohl als auch Thora hatten das zuruckgewiesen. „Nein, Papa, so verlockend es auch ist, unser Englisch «ufzusrischen! Fräulein Stork hat Deutsch gelernt und mag sich uns anpassen. Einem Ausländer zuliebe sprechen wir nur dann seine Sprache, wenn er uns gar nicht versteht. Dann ist es selbstver ständlich. Aber Viviane versteht uns sehr gut. wenn sie will!" Viviane hatte sich in Thoras Arm gehängt. „Wie hübsch ist das hier, Komtesse! Man könnte Sie be neiden!" Die Angeredete lächelte ein wenig. Hatte sie doch vorhin ein anderes Urteil aus demselben Munde ge hört' Minister über Barmai. s. Berlin, 30. Januar. Der preußische Ausschuß, der in der Sache Preußische Staatsbank-Barmat untersucht, hatte gestern seinen großen Tag oder vielmehr seinen großen Abend, denn die Untersuchung begann erst lange . nach Sonnenuntergang und währte bis in die tiefste Nacht hinein. Aber es siel immerhin ein wenig Licht in das Dunkel, und man konnte allmählich klar sehen, oder doch so ziemlich. Eine ganze Garnitur von gewesenen und zur zeit noch amtierenden Ministern, von Gesandten, Abge ordneten und anderen hervorragenden Zeitgenossen mar schierte auf, um darzulegen, wie die Barmats zu ihren Pässen, die ihnen den Aufenthalt in Deutschland ermög lichten, gekommen sind. Da waren der bisherige preußische Innenminister Severing, der augenblicklich „in De mission" lebt, der frühere Reichskanzler Bauer, der sächsische Gesandte Dr. Gräd nauer, der Staatssekretär Meißner vom Bureau des Reichspräsidenten, der jetzt um Botschafter in Washington ausersehene bisherige Staatssekretär von Maltzan, Berlins Polizeipräsident Richler, der im Zusammenhang mit den Barmats viel genannte sozialdemokratische Abgeordnete Heilmann und viele andere. Man könnte Spalten und Spalten füllen, wenn man die Aussagen aller dieser Herren mit chronikrr- tiger Genauigkeit wiedergeben wollte, aber man kann sich ebensogut kürzer fassen, da alle Aussagen schließlich auf ein und dasselbe hinausliefen, daß nämlich damals, als den Barmats Empfehlungen gegeben wurden, ihre Einreise als unbedenklich erscheinen konnte. Die Zeugen treten auf. Herr von Maltzan weiß nichts Gewisses. Er war, als die Barmats partout nach Deutschland wollten,' Le- aationsrat bei der deutschen Gesandtschaft im Haag. Ur sprünglich wurde ihnen ein Dauervisum für ihre j Deutschlandfahrten verweigert, aber das Auswärtige Amt in Berlin beschloß es dann anders, und so war für Herrn von Maltzan die Sache abgetan. Staatssekretär Meiß ner ist vom Reichspräsidenten ermächtigt, restlos alles zu sagen, was zu sagen ist. Es ergibt sich, daß der Reichspräsident von den Barmats nicht viel mehr wußte als andere Sterbliche. Ihre Gesuche um das Dauer visum sollten im üblichen Instanzenwege erledigt werden, s Aber. . . Aber es war da ein gewisser Krüger, seines i .Zeichens preußischer Landtagsabgeordneter und damaliger Leiter des Bureaus des Reichspräsidenten. Dieser Krüger soll sich an die strengen Weisungen des Reichspräsidenten, j auch mit den Barmais korrekt zu verfahren, nicht gehalten und mit ihnen allerlei private Techtelmechtel telephonischer und brieflicher Natur gehabt haben. Krüger bckani, als das alles publik wurde, ein Mißbilligungsvotum und wurde entlassen. Er ist seither gestorben, was die Sache außerordentlich vereinfacht. Zeuge Bauer, Reichs kanzler a. D., hat seinerzeit „aus rein menschlichen Grün den" den Eltern der Barmats die Pilgerfahrt von der Ukraine nach Holland, wobei Deutschland durchquert werden mußte, erleichtert. Papiere, ohne die ja sonst kein uvilisierter Europäer ein Recht auf Leben besitzt, hatten sie zwar nicht, aber durch kamen sie doch. Wie der Vermerk entstanden ist, daß die Barmats zur holländischen Gesandtschaft gehörten, ist nicht mehr zu ermitteln. Sauer war es auch, der die Barmats an die Staatsbank empfahl, nachdem sie an ihn selbst durch seinen Partei freund Heilmann empfohlen Horden waren. Und wer empfahl sie an Heilmann? Aber nun erscheint Preußens ? Innenminister Severing auf dem Zeugenstand, und es wird interessant. Severing hat aus alten Akten festgestellt, saß Empfehlungen, wie sie den Barmats gegeben wurden. auch zur Kalzerzeit nichts Ungewöhnliches waren uno auch damals schon Erfolg zu haben pflegten. So hat ein mal ein früherer Gardeoffizier, der sehr böse D w auf oem Kerbholz hatte, i n n e r h a l b 24 S t u u d e u . n e n Auslandspaß erhalten, weil er „von sehr hoher Stelle" empfohlen worden war. Richter vor den Richtern. Die Nacht schreitet vor, aber die Peinlichkeiten scheinen sich nimmer erschöpfen zu wollen. Dr. Gradnauer hat mit deii Barmats, die mit dem Freistaat Sachsen Lebens mittelgeschäfte „getätigt" hatten, keine schlechten Erfahrun gen gemacht. Exzellenz von Dombois, weiland Prä sident der Seehandlung, geht nicht allzusehr aus sich her aus. Sein Wissen ist Stückwerk. Dafür weiß Herr Richter, der die Berliner Polizei kommandiert, um so mehr. Er rühmt sich noch heute, mit den Barmats be freundet gewesen zu sein, und das ehrt ihn, denn einen Freund soll man auch im Schlamassel nicht verleugnen. Aber die Freundschaft scheint zu Zuwendungen verschiede ner Art — Vergnügungsfahrten auf Kosten der Barmats, Kredite ohne ausreichende Deckung usw. — geführt zu haben, und das ist minder schön. Die kommunistischen Mitglieder des Ausschusses setzen Herrn Richter, mit dem sie von jeher Hühnchen pflücken, bös zu, und als die Mitter nacht schon näher rückte, wurde ihm kund und zu wissen getan, daß er demnächst noch einmal gehört werden müsse ... Ob er sich Wohl sehr freut!? Aufge-eckie Wohnungsschiebungen. Beamte des Wohnungsamts verhaftet. Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft wurden in Frankfurt a. M. der Direktor des städtischen Woh nungsamtes Gresser, der Beamte Könemund vom Wohnungsamt, der Schwiegersohn des Direktors Gresser, Bankbeamter Hosch, der Architekt Willi Lutz und der Häusermakler Martin Levigard festgenommen und nach dem Polizeipräsidium gebracht. Die genannten Personen stehen im Verdacht, sich durch Wohnungsschiebungen und Bestechungen erhebliche Ve-.i-gensvorteile verschafft zu haben. Ferner werden sie des Meineides und der Ver leitung zum Meineide bezichtigt. Hosch soll gemeinsam mit Lutz in dem Hause, in dem sich das Wohnungsamt befindet, ei» Wohnungsvermittlungsbureau unterhalten haben. poiitilAr Kunaschsu ) Die Landespfandbriefanstalt vor dem Landtag. Die demokratische Fraktion des Preußischen Land lages hat wegen der Vorgänge bei der Landes Pfandbriefanstalt den Antrag eingebracht, dem Untersuchungsausschuß beim Preußischen Landtage, der sich gegenwärtig mit den Angelegenheiten Barmat uno Kutisker befaßt, die Aufklärung auch dieser Vorgänge zn übertragen. Staatsangehörigkeit im Memelgebirt. In der letzten Zeit hat sich bei der deutschen Bevöl kerung des Memelgebietes eine gewisse Unruhe über die Regelung ihrer Staatsangehörigkeit be merkbar gemacht, über den Stand der augenblicklich in Berlin mit einer litauischen Delegation geführten Ver- Munerweue waren Graz uno Granu Bernhausen ! gekommen, ihre Gäste zu begrüßen, die neben der Haus- ' tür in den Rohrsesseln Platz genommen hatten und laut die Schönheit und Gemütlichkeit dieses Sommer aufenthaltes rühmten. „Oh, es ist ja alles so einfach, fast primitiv!" widersprach der Graf. „Ich muß gestehen, ich habe in den letzten Jahren das Interesse verloren, seit ich den Gutshof verpachtet habe — da drüben, hinter dem Wirtschaftsgarten liegt er. Aber meine Frau ist leidend, ich nicht immer hier, so war es unmöglich, das Gut selbst zu bewirtschaften — und ehe man an allen Ecken und Enden betrogen wird, war es das ge scheiteste so! — Und für die schwachen Nerven meiner Flau ist dieses stille Bernhausen die beste Zer streuung und Erholung, wirksamer als jeder Bade- . aufenthalt. Der Arzt ist sehr einverstanden mit die ¬ ser Einteilung." Der Graf plauderte sehr vergnügt und heiter. Die Unpäßlichkeit, über die er am Morgen geklagt, war geschwunden, sie war auch wohl nur seiner Lange weile entsprungen Gisela hatte schnell für einen kleinen Imbiß ge sorgt, den sie in der geräumigen Veranda anrichtete, die sich hinter dem Hause neben dem Eßzimmer be fand. Sie war mit einfachen Korbmöbeln ausgestat tet. Bunte Feld- und Gartenblumen in Tonschalen ga ben dem schlichten Raum mit den gestickten Leinen vorhängen und farbigen Kissen ein heiteres Gepräge. Die hochgeschobenen Fenster ließen den Blick frei auf den Gemüsegarten, der sich weit hinaus erstreckte und durch einen breiten Weg, zu beiden Seiten mit Buchsbaum eingefaßt, in zwei Hälften geteilt wurde. Schnurgerade lagen die Beete da, mit Erdbeeren, Sa lat, Rettichen, Radieschen, Erbsen, Möhren, Zwiebeln, Kohl und Küchenkräutern bestanden. Und die vielen Bee rensträuchern: Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, deren Träubchen sich schon rot färbten! Einen solchen Garten hatte Viviane noch nicht ge sehen. Wie ein .Kind klatschte sie in die Hände. „Oh, das ist hübsch! Wie eure deutschen Soldaten in der Reihe stehen, so sind diese Beete!" Mit ruhiger Freundlichkeit bat Gisela ihre Gäste, sich zu bedienen. „Die Herrschaften müssen fürlieb neh men. Wir sind aus dem Lande!" Und den verwöhnten Gaumen der Fremden sagte wirklich das lockere, goldgelbe, mit Petersilie versetzte Rührei zu, der rosige Schinken, die Radieschen, der Sa lat, die frische Butter und das kräftige Landbrot. „Ich bewundere Sie, Komtesse Gisela, wie schnell Sie das alles fertiggemacht haben!" sagte Viviane schmeichelnd. „Ich könnte das nicht! Papa hat mir schon ost empfohlen, mir an Ihnen ein Beispiel zu nehmen. Ich hab' immer so viel vor und komme dadurch zn nichts. Und besonders jetzt, da ich mich malen lasse —" s i „Malen?" fragte Thora erstaunt. „Von wem denn?" ' ' -Von einem noch ziemlich unbekannten Künstler, der aver ein entzückender Mensch ist, Gräfin Thora — Mr. Florstedl, Harold Florstedt heißt er. Wenn er nicht so bildhübsch und so unterhaltsam wäre, würde ich einem so unbekannten Maler nicht sitzen, und wäre er auch noch so talentvoll —" „Florstedl?" wiederholte Thora fragend. Doch ihre klare Stimme hatte einen merkwürdig trockenen Klang. „Ich habe noch nie von ihm gehört —" „Oh, in Neumeisters Kunsthandlung am Marktplatz war ein Bild ausgestellt, Vas uns sehr gefiel — ein« Nymphe. Papa hat es gleich gekauft und gut bezahlt. Wir suchten den Künstler in seinem Atelier auf. Er schien etwas verlegen, weil es gar so ärmlich bei ihm war. Papa sagte aber gleich, das schade nichts, er stabe inch kiem angegangen. Ich kaufte mir für mein Bou doir noch einen Studienkopf, weil er mir so leid tat, der arme Mensch, und weil er so hübsch und vornehm war! Denken Sie, und der Studienkops erinnerte mich so lebhaft an sie, Komtesse Thora, darum mußte ich ihn haben —" sie irren sich da sicher, Miß Stork," bemerkte Thora steif. „Ich kenne den Maler ja gar nicht." „Vielleicht hat er Sie einmal gesehen. Die Künstler haben ja so ihre Ideale! Na, ich fragte ihn, ob er auch Porträte male! O ja, sagte er, es sei sein Höch- ster Wunsch, interessante und schöne Frauen zu malen. Ob er mich malen wolle? Natürlich war er einver standen! Weiter fragte ich, weil es mir Spaß machte, dann sei ich ihm wohl schön genug — und denken Sie, da hat er die Kühnheit und sagt ganz seelenruhig, nein, nein, nein, eigentlich nicht, aber ich hätte doch etwas an mir, das einen Künstler fesseln könne. Schon wollte ich ihm böse sein, denn man hört es doch gern, daß man schön ist, aber ich konnte ihm nicht zürnen, seine Offenheit imponierte mir — und er hat so wundervolle Augen, deren Blick einem durch und durch geht!" Noch nie hatte Thora so aufmerksam auf Vivianes Geplauder gelauscht wie jetzt, obwohl es ihr beinahe wehe tat. Hochmütig warf sie hin: „Mir wäre meine Zeit und meine Person zu kostbar, um sie irgend einem obskuren Maler zu opfern." „Oh, sagen Sie das nicht!" widersprach Viviane Stork lebhaft. „Der Kunsthändler Neumeister ist der Ansicht, daß Florstedl sicher eine große Zukunft vor sich habe. Nur seien ihm die Verhältnisse bisher so un günstig gewesen. Er sei ganz arm und habe dennoch nie Vorschuß genommen! Und hier bei uns sei das Publikum nicht kunstliebend und kunstverständig genug. Eine Zeitlang habe er Ansichtskarten gemalt, um sich über Wasser zu halten. Jetzt hat er es aber nicht mehr so nötig. Er hat an ein fürstliches Haus Entwürfe für einen Musiksaal und eine Empfangshalle verkauft, die er, sobald mein Bild fertig ist, ausführen wird. Fürst Brandenstein soll ganz entzückt davon gewesen sein. Dafür bekommt er sicher ein schönes Honorar, ebenso auch für mein Vortritt! Marno und Vava werden uck ebenfalls malen lassen — da hat er jetzt vollauf zu tun.