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Wilsdruff-Dresden Nr. 31. 84 Zahrgan« FreitaF, dem 6. Februar 1925 Postscheck: Dresden 2640 Steuerwirtschast des Reiches. damaligen Reichstag »verschneit Mitteilung machte, dazu gezwungen, sich bei der nächsten Wahl nicht mehr als Kan didat aufstellen zu lassen. Das ist vorbildlich, und wenn die Erledigung aller dieser Affären des Augenblicks dazu führt, daß unseren Politikern das Gewissen wieder ge schärft wird, ganz gleichgültig, welcher Partei sie ange hören, dann haben wir einen solchen Gewinn doch nicht zu teuer erkauft.' Kein Beamtenkabinett Horton in Preußen. Berlin, 4. Februar. Der als preußischer Mimstcrpräst dcnteukandidat des Zentrums mehrfach genannte rheinische Landeshauptmann Horion weilt zurzeit in Berlin. Bei den Besprechungen zwischen dem Zentrum und der Deutschen Bolls partei ist inzwischen die Möglichkeit der Bildung eines reinen Beamtenkabinctts durch Horion erwogen worden. Diese Idee ist im Zentrum in Anwesenheit von Horion heute ausführlich besprochen worden. Sowohl die Zentrumsfraktion als auch Horion persönlich haben der Anschauung Ausdruck gegeben, daß ein Beamtenlabinett nach dem Wunsch der Deutschen BolkS- partci nicht gebildet werden könne. Horion stellte ausdrücklich fest, daß er sich einer derartigen Kombination versagen müsse. Amerika will keine „CaMionen". Das Pariser Finanzabkommen. Dem Senat der Vereinigten Staaten wurde von der Negierung der Text des Pariser Finanzabkommens nebst einer längeren Erklärung des Staatssekretärs Hughes vorgelegt. Hughes stellt darin nochmals fest, das; das Ab kommen sich ausschließlich auf die Zahlungsverteilung be zieht und fomit Amerika weder Moralisch noch gesetzlich irgendwelche Verpflichtungen auferlegt. Insbesondere habe sich die amerikanische Negierung nicht -verpflichtet, sich an Sanktionen zu beteiligen, falls Deutschland seinen Zahlungen nicht nachkomme. DieMisettsWivPrcheL Ministerpräsident üraun lehnt eine WieäerWShl ab. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 5. Februar. Der amtliche Berliner Pressedienst teilt mit: Ministerpräsident Braun stellte heute mittag ^-1 Uhr dem Präsidenten des preußischen Landtages folgendes Schreiben zu: „Auf Ihr Schreiben vom 20. v. M. über meine Wahl ats Ministerpräsident teile ich Ihnen ergebenst mit, daß ich die Wahl nicht annshme". Telcgr.-Bdr.: „Amtsblatt" Ms dEß-ftanzSMm VechaMmMN. ! Dr. Stresemann über Deutschlands Handelspolitik. > Staatssekretär Trendelenburg ist von Berlin nach Paris zurückgckehrt, und die deutsche Delegation wird nun wohl die unterbrochenen W i r t f ch a f t s v e r h a n d- lungen mit Frankreich wieder aufnehmen. Der Staatssekretär hat für den französischen Haudelsminister NaynaldY die deutsche Antwort auf die franzö sische Note vom 28. Januar d. Js. mitgebracht.. Es heißt, daß auf Grund dieser Antwort ein Kompromiß zur Her- bcifnhrung eines Vertragsabschlusses gesucht werden wird. Inzwischen hat im Auswärtigen Ausschuß des Reichstags der Außenminister Dr. Stresemann sich in vertraulicher Rede über die außsnpolitischen Ge sichtspunkte, die bei den abgeschlossenen oder jetzt noch schwebenden Handelsvertragsverhandlungcn mit Spa nien, England, Österreich Schweden, Frankreich, Italien, Belgien, Japan, Rußland und Polen maßgebend waren, geäußert. Reichswirtschaftsminister Neuhaus ging dann in längeren Ausführungen auf die wirtschaftlichen Hintergründe dieser Verhandlungen ein und teilte dem Ausschuß dabei seine grundsätzliche Einstellung für Han delspolitik mit. Zunächst wird festgestellt, daß nicht etwa zwischen dem 20. Dezember und jetzt ein Betrag von 645 bzw. 745 Millionen ausgezahlt worden ist, sondern diese Zahlungen erstrecken sich in der Hauptsache über mehr als ein Jahr zurück. Es sind nicht Pauschalzahlungen an die Großindustrie gegeben worden. Die Interessen der klei neren Geschädigten seien nicht übergangen worden, wenn auch vielleicht in. der F o r m gefehlt . worden sei. Die Zuwendungen au die Industrie sind nicht , selbständig und unabhängig vom Kabinett oder den be teiligten Ministerien, sondern im Zusammenwirken mit den langer Hand dafür geschaffenen AufstchtsMen. Beyorven und Sachverständigen festgesetzt worden. Es handelte «ch AenlWrift MW AMrediie. Berlin, 4. Februar. Die Denkschrift der Reichsrcgierung in der Frage der Ersatzleistung für die unter dem Micumshstcm von der Industrie ausgeführteu Reparationsleistungen wird sor- aussichtlich am Freitag dem Reichstage zugeleiiet werden, über den Inhalt dieser Denkschrift, in der die Ansichten der Regierung zu den Vorwürfen sowohl über die Ver letzung des Budgeirechts des Reichstags wie über die Höhe und Verteilung der geleisteten Summen zum Aus druck kommen, wird bereits einiges bekannt. Es dürste in seinen Grundzügcn mit dem Text der Denkschrift äber- emstünmen. Nun aber Schluß i So wie es bisher ging, darf es nicht weitergehen. Denn die politische Atmosphäre ist derartig gespannt, daß allmählich alles anfüugt, die Nerven zu verlieren. Holzmann, Kutisker, Barmat waren es, seren Bloßstellung zuerst diese Spannung in die At mosphäre hineinbrachte, die sich trotz des letzten Wahl kampfes schon zu beruhigen angesangen hatte. Dann «wer ging's Schlag aus Schlag. Minister und Parlamen tarier, Banken und Versicherungsgesellschaften, Unter nehmungen jeder Art tanchten auf in Verbindung mit den Barmatschen und den Postkrediten. Das Thema Politik und Gesch äst schien unaushörlich variiert zu sein; Blase auf Blase stieg in dem Sumpf empor und platzte unter üblem Geruch. Was ist Wahrheit, was Dichtung? Gewiß ist es richtig, daß erbarmungslos hinein- ^leuchtet wird in dieses dunkle Treiben, aber die Ari und Weise, wie es geschieht, wird nachgerade unerträglich. Jeder glaubt etwas zu wissen, was zu jenem Thema ge hört, und gibt es sosort der Öffentlichkeit preis, wobei der Unterschied zwischen Wahrheit und Dichtung Wohl weniger absichtlich als unabsichtlich unbeachtet bleibt. Wir haben m Deutschland geradezu eine Barmat-Psychose. Nach zwei Richtungen hin ist das gefährlich. Deutsch- mnd wird in den Augen des Auslandes nicht gerade ge winnen. wenn es seine schmutzige Wäsche in einer derartig breiten Öffentlichkeit reinigt. Irgendein Pharisäerhoch- mut etwa Frankreichs oder sonstiger Staaten wäre ja natürlich nur eine objektive Lächerlichkeit im Hinblick auf die Skandale, die dort unter der Firma Kriegsverhec- nmge« und Geschäft nicht minder übel zum Himmel siauken. Aber auch nach innen wirkt diese Psychose nicht minder verwüstend. Die gegenseitigen Beschuldigungen unterliegen von Tag zu Tag mehr der politischen Aus nutzung von allen Seiten, gleichgültig, ob es sich um die Po st k r e d i t g c t d e r oder die Nuhrkredite hau delt. Im Reichstag redet man überhaupt nur noch von Barmat auf der einen, von schwerindustriellen Ver dienern auf der ander« Seite. Am Mittwoch begann dort auch dM Untersuchungsausschuß seine Tagungen, sie der preußische Untersuchungsausschuß ja schon rech« zahlreich abgehalten hat. Man kann über parlamentarische Unter suchung Sans schlisse ja seine eigenen Ansichten haben, namentlich über deutsche Untersuchungsausschüsse einfach aus dem Grunde, weil der Deutsche nun einmal alles politisch-weltanschaulich betrachtet, zumal wenn er im Hauptberuf Politiker ist. Das fall kein Vorwurf seiu. Aber für jeden, der nicht in dieser überhitzten politischen Atmosphäre drinsieüt, mag es doch sehr zweifelhaft er scheinen, ob diese Mitglieder der Untersuchungsausschüsse wirklich das Maß von Objektivität aufbringen, das mau an einen Richter anlegen soll. Nun sind sie allerdings keine Richter, sondern haben nur die Aufgabe, festzustellen, was geschehen ist. Da sich aber anch im Untersuchungs susschuß die politischen Interessen vielleicht noch schrosfcr entgegenstehen als im Parlamnt selbst, da außerdem dort so mancher sitzt, dem vielleicht das Nachspüren moderner Schiebermethodcn kaum möglich sein wird, wird mau wohl annehmen können, daß man in den Untersuchungs ausschüssen subjektiv das Beste leistet. Ob es aber objektiv das Beste ist, daran darf man nach den Erfahrungen, die man mit den früheren Untersuchungsausschüssen gemacht hat, doch noch einige Zweifel hegen. Aber außerdem läuft ja noch ein Verfahren vor dem Staatsanwalt, ein Verfahren, das nun wirklich den Vorzug hat, objektiv zu sein. Mag man politisch stehen, wie man will, mag man manches Urteil mancher deutscher Richter als Fehlurteil, als politisch voreingenommen be zeichnen —, trotz alledem ist d»e Ansicht der großen Mehr zahl des deutschen Volkes immer noch die, daß die Staats- «mwaltschaft die objektivste Behörde im Reiche ist. Der Staatsanwalt braucht keine Rücksicht zu nehmen auf Parteiinteressen und Parteigenossen, aber er kann auch den beim Kragen kriegen, der ihm mit vagen Beschuldigungen kommt. Natürlich ist das Nachspüren gerade jener Pfade sehr schwierig, die alle diese unerfreulichen in den letzten Jahren bei uns aufgetauchten Existenzen eingeschlagen haben. Aber das, was bisher geleistet worden ist, ist doch außerordentlich viel. Selbst wer also ein politisches Interesse an den Affären nimmt und mit Übereifer mithelfcn will, den Sumpf auszutrockuen, schädigt sein Vorhaben selbst, wenn mm der Berg der Vorwürfe und Anklagen sich immer höher erhebt. Ganz politisch, ganz im Interesse irgend einer Partei soll man dieses Streben aber auch nicht an- -« sehen. Es steckt ein gut Teil Reaktion in diesem Drängen und Treiben, eine Reaktion nämlich gegen die Methoden amerikanischer Politik, die in Tammanh-Hall, jener be kannten Newyorker Korruptionszentrale, ihren besonderen Ausdrnck sand. Deutschland ist noch nicht reis für eine Verquickung von Politik und Geschäft, die aus Kosten der Steuerzahler erfolgt. Also etwas mehr Besinnung aus ^diesen eigentliche» Kern der ganzen übelduftenden Affäre. Windthorst, der bekannte Führer der Zentrumspartei, hat einmal ein ^raktionsmitglied, das einem Freund zur geschäftlichen dlusnutzuna von dem Ausfall einer Abstimmung im auszuvrrugenden Neparattonslasten verschafft. In wirt schaftlicher Hinsicht bestehen zweifellos noch große Unge wißheiten fort. Das Fortbestehen dieser Ungewißheiten aus wirtschaftlichem Gebiet aber kann und darf uns von ! dem Ziele nicht abheilten, den Finanzausgleich so zu ge stalten, daß Reich, Länder und Gemeinden sich für längere Zeit darauf einstellen können. Auf die Dauer bestimmt oder endgültig soll der zu schaffende Finanzausgleich nicht etwa in dem Sinne sein, daß er Reich, Ländern nnd Ge meinden Einnahmen zur Verfügung stellt, die zur Be friedigung aller wünschenswerten Bedürfnisse hinreichen, sondern er soll lediglich die Beteiligungsverhältnisse an dem Steueraufkommen so bemessen, wie es der Aufgaben- vcrteilnng zwischen Reich, Ländern und Gemeinden ent spricht. ! Für die Verteilung der Steuern schlügt der Minister vor, das Reich an der Einkommen- nnd der Kärperschastssteuer mit einem Drittel, an der Um- satzsteuer mit 7028 zu beteiligen und den Rest Ländern - und Gemeinden zu überweisen. Die Umsatzsteuer be zeichnete Herr v. Schlieben bei dieser Gelegenheit als in einer kapitalarmcn Wirtschaft wie der deutschen noch auf lange Zeit unentbehrlich; sic werde die Stellung, die sie im Etat einnehme, behaupten. Das Z u s ch l a g s r e ch t - der Länder und Gemeinden zur Einkommen- und zur Körpcrschaftssteuer sei begründet darin, > daß nur die volle Beherrschung der Ein- nahmewirtschast jenes Berantworiungsbewußtsein be gründe, das die Voraussetzung für das Anstreben höchst möglicher Wirtschaftlichkeit wäre. Deshalb tritt Herr v. Schlieben persönlich für das Zuschlagsrecht ein; das neue Kabinett habe sich mit der Frage noch nicht befaßt. Der Reichsfinanzminister verschließe sich der Einsicht nicht, daß dieses Zuschlagsrecht nicht mehr die Bedeutung haben könne, die ihm vor dem Kriege zukam, da die Reichstarife schon unter dem Gesichtspunkte tragbarer Höchstbelastung aufgestellt wären. Finanzausgleich für hie Länder. Berlin, 4. Februar. Unter dem Vorsitz des ReichsfinanzminisLers v. Schlieben traten heute die Finanzminister der Län der zu einer Konferenz im Reichsfinanzministerium zu sammen. Herr v. Schlieben bezeichnete gleich zu Au fang der Sitzung als ihren Zewck, Übereinstimmung zu erzielen über den künftigen Finanzausgleich und damit über die Grundlagen, auf denen Reich, Länder und Ge meinden ihre Finanzwirtschaft nicht nur im nächsten Haushaltsjahr, sondern auf lange Zeit hinaus aufbaue« können. Der Minister führte weiter aus, im vorigen Jahr hätte sich bei ähnlichen Erörterungen noch keinerlei Über sicht gewinnen lassen. Die Zeit vor dem Krieg war da mals die einzige Schätzungsgrundlage. Daher waren es verhältnismäßig grobe Maßstäbe, nach denen die Anteils verhältnisse des Reichs, der Länder und der Gemeinde;; an dem Steueraufkommen bestimmt wurden. Nachdem seit dem Inkrafttreten der Dritten Steirernotverordnung ein Jahr verflossen ist, nachdem wir damit rechnen können, daß Reich, Länder und Gemeinden trotz hoher außerge wöhnlicher Anspannungen und Leistungen das laufende Rechnungsjahr im großen und ganzen ohne Fehlbetrag, vielfach mit Überschuß werden abschließcn können, glaube ich feststellen Zu dürfen, daß die in der Dritten Steuernot verordnung getroffene Regelung des Finanzausgleichs die damit verfolgten Zwecke in vollem Umfange erfüllt hat. Das ablaufende Rechnungsjahr, trotzdem es ein Über gangsjahr ist, gibt doch ausreichende Anhaltspunkte, um danach den Finanzausgleich zu gestalten. In politischer Hinsicht ist die seit dem Ruhreinbruch unterbrochene Einheit des Reichsgebietes tvredorhergesLellt, sodann hat uns das Londoner Abkommen für die nächsten wenigstens eine gewisse Klarheit über die von uns V«s Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Weißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, A»» ^BMsdentfer Tageblatt" erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgende» Tag. Bezugspreis: Bei Abholung i» Aefchäst.fteSe und den Ausgabestellen 2 M». im Monat, bei Anstellung durch die Bote» 2,30 Mk., bei Postbestellung vN'. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend AUim "H^er ««D Geschäftsstellen nehmen zu jeder Aeit De- ÄÄkmgen mt-e-rn. 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