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MsdmfferAaeM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, G» »Vttvdnrffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. ö Uhr fitr den folgende« Ta-. Bezugspreis: Bei Abholung in W« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung »ÄPost°nst°lt?>> Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Po»d°ien ASirr „» G«schLft,stelltn nehmen zu jeder geil Be« Hesklnser Im Falle höherer Gewalt, Krie« oder sonstlger Bctried»ftöraa,en besteht hei» Anspruch auf Llesernng st« Aeitun^ »der LLrznng der Bezugspreise». — Rücksendung eiugesandter Schriftftüche ersalgt uur, wenn Part» deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gefpaltene Raumzelle 2V Goldpfennig, die 2gespaltene Feile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespalteneAeklamezeNe im textlichen Teile !00 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfennige. Dor» wÄm n'achEMögttchh^i Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 de?Lcksich«g?°Än^,«! annahmebisvorm.lOUHr —— — > Für die Richt'.gheit der durch Fernrus übermittelte» An^ige» übernehmen wir Heine Garantie. Jeder Radallanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage ein»«zogen werden mutz oder »er Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Vas Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meißen, des Amtsgerichts «nd Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt. Finanzamts Nosseu Nr. 20. 84 Jahrgang. Telcgr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend den 24 Januar 1925 Des Kanzlers zweite Rede. Von einem parlamentarischen Mitarbeiter wird uns über des Reichskanzlers zweite große Erkläruna geschrieben: Ursprünglich war vorgesehen worden, daß der Reichs canzler erst am Ende der großen Aussprache noch einmal das Wort ergreifen würde, um seine Erklärung vom letzten Montag in Einzelheiten zu vervollständigen, sich zu dem zu äußern, was die Gegner gegen ihn vorgebracht hatten. Nun hat er aber schon am Schluß der ersten Rednergarnitur Mittwoch abend im Reichstag eine längere Rede gehalten, die jener Aufgabe gerecht würde. Vielleicht ist das, was der Kanzler sagte, doch noch wichtiger als die eigent liche Regierungserklärung vom Montag. Der Kanzler hat zunächst einmal festgestellt, daß wir nach der Londoner Konferenz keinen Anlaß hatten, daran zu zweifeln, daß die Kölner Zone am 10. Januar geräumt werden würde. Das sei zunächst insofern ein Erfolg gewesen, als die Räumung zwar von dem Ergebnis der militärischen Entwasfnungskontrolle abhängig gemacht, damit aber gleichzeitig festgestellt war: Die R ä n m u n g s f r i st e n lausen. Also die französische These, daß der Ver sailler Vertrag erst von dem Augenblick an hinsichtlich der Verpflichtungen der Entente in Kraft trete, wenn Deutsch land seine Pflichten restlos erfüllt habe, ist unrichtig. Und immer und immer wieder ist bei den Negierungen der Ententeländer darauf aufmerksam gemacht worden, daß wir die rechtzeitige Räumung als selbstverständlich betrachten. Hatte der Kanzler mit Befriedigung feststellen können, oaß sich gegen sein außenpolitisches Programm kaum ein Bedenken, kaum ein Tadel, kaum anderweitige Absichten geltend gemacht hätten, so wurde das naturgemäß ganz anders, als er sich zu den i n n e r p o l i t is ch c n Fragen wandte. Der demokratische Abg. Koch hatte mehrere Fragen an Dr. Luther gestellt, die sich aus das Verhältnis des Reichskanzlers bzw. seines Kabinetts zur republikanischen Staatsform und ihrer Vertei digung bezog. Die Erklärung, dienun Dr. Luther gab, stellte fest, daß gegenüber der vaterländischen Bewegung, soweit sie sich nicht irgendwie putschistisch betätige, seitens des Staates ein Grund zum Eingreifen nicht vorliegt. Es erregte Aufsehen, daß Luther erklärte, man beabsichtige keine Förderung dieser Verbände, wohl aber begrüße man die vaterländische Bewegung. Die Art und Weise, wie Luther auf die innerpolitische Konstellation eingeht, kennzeichnet den Mann und das was er will viel stärker, als es die Regierungserklärung vom Montag vermochte, Luther legt stärkstes Gewicht darauf, Arbeit zu leisten. Die Möglichkeit dazu ist gegeben. Es hieße ja an unserer Staatsform verzweifeln, wenn wir nicht die Möglichkeit finden sollten, praktische Arbeit zu leisten, wenn wir auch in den Grundstimmungen ver schieden denken. Staatsform — den Reichskanzler dünkt an scheinend, daß die Form allzu schroff und allzu stark als Zauberwort gebraucht wird. Daß weniger das Wesen, vielmehr die äußere Form als Banner aufge- pflanzt wird. Im Kabinett jedenfalls will man von Aus einandersetzungen über diesen Gegenstand nicht das ge ringste wissen. Man hat die Sache dadurch erledigt, daß mail beschlossen hat, die Staatsform nicht zu ändern. Damit können alle Kreise zufrieden sein. Denn auch die Gegner der heutigen Staatsform sind sich klar darüber, daß aus verfassungsmäßigem Wege ange sichts des Reichstages irgendeine Änderung der Staats- sorm nicht möglich ist. Dr. Luther sprach frank und frei die Absicht aus, praktische Arbeit zu leisten, aber keine theore tischen Erörterungen und Auseinandersetzungen zu trei ben. Warum soll er also sich mit Fragen beschäftigen, deren Praktische Lösung zurzeit unmöglich ist und die nur theore tisches Interesse haben. Man hat ihm immer eine gewisse Nüchternheit vorgeworfen. Gerade diese Nüchternheit des Höchstverantwortlichen für unser Schicksal ermöglicht ihm »der den klaren ungetrübten Blick für das uns Notwen dige. Und hierin praktische Arbeit zu leisten, ist sein Wille, ist der Hintergrund zu seinen Worten. Das ist sein Wollen. Und es ist festzustellen, daß diese nüchterne Auffassung von den Erfordernissen des Tages ihre Wirkung auch auf jene Parteien nicht verfehlt hat, die ihm als Gegner gegenüber stehen. Auch die demokratische Partei, die nicht zur Koalition gehört, scheint nach den Worten ihres Führers K o ch zu urteilen jetzt entschlossen zu sein, dem neuen Kabinett die Arbeit nicht von vornherein unmöglich zu machen. Nicht unmittelbar, aber doch deutlich zu ver stehen, hat Dr. Luther die Forderung gestellt, ihn nicht gleich abzunrteilen, sondern ihn erst einmal zeigen zu lassen, was er leisten will. Nur nach seinen Taten soll- man ihn beurteilen. Wenn Luther das Billignngsvotum ausgesprochen er balt, so will er das nicht als Vorschußlorbeer betrachten. Er wies darauf hin, daß er kein unbeschriebenes Blatt mehr sei. Was aber auf diesem Blatt steht, ist Wohl ge eignet, der Arbeit dieses Mannes mit Erwartung ent- aeaenruseben. WIigung äer Regierungserklärung. Mit 24h gegen lös Stimmen. Deutscher Reichstag. (II. Sitzung.) 08. Berlin, 22. Januar. Das Haus setzte die Debatte über die Erklärung des neuen Kabinetts fort. Heute kamen die zweiten Redner der Parteien zum Wort, die Wohl in den wesentlichen Punkten die Aus- Führungen der zuerst vorgeschickten Redner unterschreiben wer den, so daß sich die Berichterstattung etwas kürzer sassen kann. Bei der Wetterbefprechnng des Regierungserklärung nahm zunächst das Wort für die Sozialdemokraten der Abg. Müller-Franken, der den Reichskanzler fragte, wie er seine frühere Versicherung, daß er kein Kampfkabmett gegen links bilden wolle, mit der Rede des Abg. Graf Westarp, die eine klare Kampfansage gegen die Sozialdemokrakie gewesen sei, vereinbaren könne. Der Redner verlangte baldiges Ein treten Deutschlands in den Völkerbund und forderte strengste Untersuchung der Finanzskandale ohne Rücksicht aus Partei- oder Familienzugehörigkeit der Be teiligten. Müller-Franken besprach dabei auch die Kor ruptionsfälle im alten Regime und erklärte zur Frage der Auf- sichtsräte, seine Freunde seien bereit, jeder Maßnahme zuzu- stimmen, die eine strenge Trennung zwischen parlamentarischer und geschäftlicher Tätigkeit bezwecke. Man werde das dann freilich auch auf die Syndizi erstrecken müssen. In seiner Fraktion befinde sich kein Aufsichtsratsmitglied. (Hier rief der nationalsozialistische Abg. Henning dazwischen: „Sie selbst sind es doch.") Demgegenüber stellte der Redner fest, daß er niemals einem Auffichtsrat angehön habe. (Die sozialistischen Abgeordneten Dittmann und Simon- Franken riesen dem Abg. Henning das Wort „Verleumder" zu und wurden des halb zur Ordnung gerufen.) Das Material des Herrn v. Graefe, so fuhr der Redner fort, bestehe nur aus längst widerlegten Zeitungsnotizen. Abg. Dr. Scholz bestreite zwar, daß es sich um ein B ü r g e r b l o ck k a b i n e t t handele. Er möge recht haben, denn die Demokraten sind nicht dabei. Recht eigenartig berühre es, daß das Kabinett überhaupt die Frage der Staatsform zum Gegenstand eines Beschlusses machen konnte. Dieser Regierung sage seine Partei den schärfste»- Kamps an. Abg. Behrens (Deutschnational) meinte, die Sozialdemo- .catie stehe der Regierungserklärung ziemlich ratlos gegenüber. Weil sie nichts dagegen einwenden könne, vermute sie im Hintergründe böse Pläne. Die neue Regierung verfüge über eine feste Mehrheit. Sie stütze sich zwar nicht auf eine feste parlamentarische Koalition, aber das sei vielleicht ihre Stärke. Seine Partei freunde verträten den Gedanken der Volksgemeinschaft und möchten sie auf alle Volksgenossen ausdehnen. Hindernd « und störend trete dabei nur die marxistische Klasssndoktrin in i den Weg. Seine Partei würde es aufs tiefste beklagen, wenn der konfessionelle Zwiespalt erneuert und ein Kulturkampf gepredigt werden solle. Die Sozialdemokratie habe im übrigen lein Recht, sich als Vertreterin der Arbeiterschaft zu bezeichnen. Die Mehrheit der Arbeitnehmer stehe heute hinter den Parteien, die in der Regierung vertreten seien. Das Ein bringen unerfüllbarer Anträge sei sozialpolitische Schaum schlägerei. Der Redner kam zum Schluffe aus die Barmat- Affäre zu sprechen und hob hervor, daß der sozialistische Abg. Heilmann selbst Barmai seinen Freund genannt habe. Abg. v. Kardorfs (Deutsche Volkspartei) bestritt entschieden, oaß seine Partei die letzte Regierungskrise verschuldet habe. Er warf dem Abg. Koch vor, daß er vielmehr die Schuld daran trage, daß cs zu keiner aktionsfähigen Negierung gekommen fei. Der Redner stellte dann fest, daß auch verschiedene inter alliierte Generale der Überzeugung seien, daß die Entwaffnung Deutschlands vollständig sei. Jetzt handelt es sich nicht um die Frage: Republik oder Monarchie, sondern um die Frage: Republik oder Chaos. Der Reichslag werde, so führte der Abg. v. Kardorss weiter ans, die jünasten Finanzskandale gründlich untersuchen müssen. Dabei mutzten und wurden die Parteien rücksichtslos diejenigen ausmerzen, die sich kompromittiert hätten. Man dürfe dann aber die Vorwürfe nicht gegen eine ganze Partei richten, denn räudige Schafe seien überall darunter. Der Redner beklagte zum Schluß den Mangel an parlamentarischer Selbstzucht im deut schen Volke. Der kommunistische Abg. Schmetter verlangte Amnestie für die politischen Gefangenen. Alle Parteien seien bemüht, den Barmai-Skandal zu vertuschen. Die Regierung Luther sek durch die Schuld der Sozialdemokraten zustande gekommen. Abg. Dr. Haas (Demokrat) wies die Angriffe des Abg. v. Kardorfs aus die Demokraten zurück. Herr v. Kardorff habe dadurch den Ruf eines objektiven Politikers verloren. Trotzdem sei es doch die Volkspartei gewesen, die die Krise hcraufbeschworen habe, nachdem Dr. Stresemann kaum die große Koalition gebildet hatte. Die Volksparteiler im Lande seien un ruhig geworden, weil sie von ihrer Parteileitung dauernd ge hört hätten, daß ein Bündnis mit den Sozialdemokraten ein Verbrechen wäre. Die Demokraten hätten keine Sehnsucht ge habt, in dein neuen Kabinett vertreten zu sein. Wenn das- parlamentarische Vertrauen dasselbe wäre wie das Vertrauen im bürgerlichen Leben, dann würde der Reichskanzler höchstens von der Volkspartei ein Vertrauensvotum erhalten. Der Reichskanzler wolle die Außenpolitik des Kabinetts Marr fort setzen. Die Sozialdemokraten hätten diese Außenpolitik unter stützt. Nun hole man die Feinde dieser Politik in die Regie rung und stoße die Freunde zurück. Als Redner aus der Tat sache, daß der Minister Neuhaus den seinerzeit verweigerten Eid aus die Republik leistete, den Schluß zog, daß er ver mutlich inzwischen eingesehcn habe, daß das deutsche Volk nur aus dem Boden der Republik acreitet werden könne, nickte der Minister. Abg. Hampe (Wirtschaftspartei) sprach die Erwartung aus, daß der Innenminister Schiele für die niedersächsischen Wünsche mehr Verständnis zeigen möge als sein preußischer Kollege Severing. Der Abgeordnete entwickelte dann das Mit- telsiandsprogramm feiner Partei und erklärte schließlich, daß diese für den Billig ungsantrag stimmen werde. Abg. Graf Rcsentlom (Nationalsoz.) protestierte dagegen, oaß die heute von völkischer Seite herausgegebene Bro schüre zur Barmat-Affäre ans Grund des republi kanischen Schutzgesetzcs beschlagnahmt worden ist. Der Redner kritisierte dann die Dawes-Gesetze und bedauerte, daß die neue Regierung die bisherige Außenpolitik fortsetzen wolle und verlangte, daß die schon veröffentlichte Kriegsschuld note endlich abgesandl werde. Dann schloß die allgemeine Aus sprache. Es solgic eine Reihe persönlicher Vemerkungru, wobei die meiste Zeil eine Auseinandersetzung zwischen den beiden Abge ordneten v. Kardorfs und Koch in Anspruch nahm. * Billigung der Regierungserklärung. Der von den Deutschnationalen und der Deutschen Volks partei gestellte und vcm Zentrum, der Bayrischen Volkspartei und der Wirtschaftspartei unterschriebene Antrag „Der Reichs tag billigt die Erklärungen der Reichsreg'cnmg" wurde vom Reichstag kurz nach ^7 Uhr in namentlicher Abstimmung mit beträchtlicher Mehrheit angenommen. Das Abstimmungsergebnis war folgendes: Abgegeben 445 Stimmen. Mit Ja stimmten 246, mit Nein stimmten 160, Stimmenthaltungen 39. Damit ist das Billigungsvotum angenommen. Die Miß- trauensanlräge s ich erledigt. Weliabrüstungskonferenz. Ein Beschluß des amerikanischen Senats. Der Senat der Vereinigten Staaten hat, wie aus Washington berichtet wird, am 21. Januar ein stimmig durch Zuruf einen von dem demokratischen Se nator King (Utah) eingebrachten Zusatz zum Marine budget, der die Einberufung einer Weltab rüstungskonferenz fordert, angenommen. Prä sident Coolidge wird aufgefordert, alle in Washington durch Diplomaten vertretenen Länder (Rußland also nicht!) zu dieser Konferenz, die über Einschränkungen der Rüstungen zu Wasser und zu Lande beraten soll, einzu laden. Da der Kongreß und der Präsident dem Antrag zustimmen dürften, wird der Zusatz wahrscheinlich zugleich mit dem Budget Gesetz werden. Die Konferenz würde spätestens für Mai dieses Jahres einberufew werden können. Präsident Coolidge macht, allerdings dem Se natsbeschluß gegenüber noch einige Vorbehalte. So will er, daß nur die an der Abrüstung zur See wirklich interessierten Länder zur Konferenz eingeladen werden. Ferner wünscht er keine Erörterung der Ab rüstung zu Lande, weil feiner Ansicht nach die Ver einigten Staaten als kleinste Landheeresmacht keine Vor schläge machen und deshalb keine Abrüstung anderer Staaten verlangen können. Einverstanden ist der Präsi dent dagegen mit einer Besprechung der Frage der Ver - Wendung giftiger Gase. Er steht auch dem Plan, den Gaskrieg für ungesetzlich zu erklären, sym pathisch gegenüber. WWennote der Alliierten Wer Köln. Verzögerung der Entscheidung. Nach Londoner Meldungen sind die alliierten Negie rungen und besonders England geneigt, eine weitere vor läufige Note nach Berlin zu senden, die auf die von Strese mann vorgebrachten Gründe und Anfragen in allgemein gehaltenem Sinn antworten würde. Auf diese Weise werde Zeit für eine eingehende Erörterung des Berichts der Kontrollkommission zwischen den alliierten Regierungen gewonnen werden, bevor über den genauen Wortlaut der endgültigen Note an Deutschland eine Entscheidung gefällt wird. Frankreich soll nach wie vor darauf bestehen, eine Liste der Entwasfnnngsvcrfehlungcn Deutschlands aufzu stellen, während Enaland kür eine allgemein gehaltene Note eintritt.