Volltext Seite (XML)
10606 Börsenblatt s. d Dtschn Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 241. 15. Oktober ISO? Es folgte die Technik des Drucks in allen ihren Arten (Flachdruck, Hochdruck, Tiefdruck), wie die verschiedene Ver wendung sie bedingt. Die Zurichtung beim Werk- und beim Jllustrationsdruck wurde an Hand von Proben bis ins kleinste gezeigt, desgleichen Drucke vor und nach der Zurichtung! Stereotypie, Galvanoplastik wurden anschaulich vorgeführt. Weiter folgte der Jllustrationsdruck. Zwei lange Tafeln dienten diesem ausgedehnten, in jüngster Zeit durch die verschiedenen photomechanischen Verfahren ungemein er weiterten Arbeitsgebiet. Die Gruppe begann mit dem ältesten, jetzt leider etwas abgedrängten Verfahren, dem Holz schnitt, und leitete zu den photomechanischen Verfahren über. Zunächst wurde die Technik der photographischen Aufnahme gezeigt. Eine Kamera und andere Instru mente, Zeichnungen, Aufnahmen gaben anschaulichen Auf schluß. Gewöhnliche und orthochromatische Trockenplatten (mit und ohne Gelbfilter) lagen aus, daneben liegende Auf nahmen zeigten die Ergebnisse in unrichtiger und in rich tiger Wiedergabe der Farbe. Auch der Umdruck wurde gezeigt mit Verwendung gewöhnlichen Umdruckpapiers und mit Chromgelatine-Papier. Die Technik der Strichätzung ivurde auf interessanten Anschauungstafeln vorgeführt, desgleichen die Halbtonätzung (Autotypie), vom Original in allen Stufen der Behandlung bis zum fertigen Druckstock und davon gedruckten Bilde. Raster (Glasplatten mit un glaublich vielen feinen, sich kreuzenden, eingeätzten und ein gefärbten Linien), Lichtfilter in den drei Grundfarben (blau, rot, gelb, für den Dreifarbendruck) lagen aus, die Doppel-Halbton-Ätzung (Duplex-Autotypie) wurde gezeigt, des gleichen der Drei-, Vier- und Fünffarbendruck, die raster lose Halbton-Atzung (Spitzertypie), der Lichtdruck in allen Stufen der Entwicklung bis zur jetzigen Vervollkommnung im Vier-und Mehrfarben-Lichtdruck, die Helio-(Photo--Gravüre und vieles andre mehr. Zwei Tische, die über die ganze be trächtliche Länge des Saales gingen, dienten zum Aus legen der Objekte, die diesen schönen und hochinteressanten Druckverfahren zugehören. Gerade auf diesem schwierigen, beständig voranschreitenden Gebiete der photomechanischcn Druckverfahren herrscht bei Berufsgenossen, soweit sie nicht etwa den Kunsthandel pflegen, noch viel Unklarheit; um so dankenswerter ist der Aufschluß, den die lebendige An schauung in dieser Lehrmittelsammlung bietet. Der Herstellung der Musiknoten in Stich und Druck war eine weitere Ausstellungsgruppe gewidmet. Den Beschluß machte die Buchbinderei, deren Technik gleichfalls in allen Stufen der Arbeit vom rohen Bogen bis zum fertigen gebundenen Buch an der Hand von Objekten vorgeführt wurde. Was nun trotz aller dieser Unterrichtsmittel dem Schüler noch unklar bleiben sollte, hat er reiche Gelegenheit im un mittelbar benachbarten Deutschen Buchgewerbehause an dortigen Ausstellungsobjekten (Druck-, Buchbinderei- rc. Maschinen und anderem) sich völlig klar zu machen. Auch hier fehlt es dem Fragenden nirgend an sachkundiger mündlicher Erläuterung. So ist aufs vollkommenste dafür gesorgt, daß der Lehrling als späterer Gehilfe und Chef in allem Tech nischen wohlbewandert ist, was zu seinem Fach gehört. Zwei besondere Tafeln gleich beim Eintritt in den Saal waren mit prächtigen Proben von alten Drucken aus der Jnkunabelzeit, Initialen, Textseiten, alten japanischen Farbenholzschnitten, einer Chromolithographie von Grasset, u. a. m. belegt, die Herr KarlW. Hiersemann (Leipzig) in die Sammlung gestiftet hat, auch mit großen Werken (Maul und Friede!, Bucheinbände der Neuzeit; Bickell, Album alter und neuer Bucheinbände) aus seinem schönen Verlage. Herr Woernlein erläuterte alle diese zahllosen An schauungsmittel unermüdlich mit großer Geläufigkeit und Sachkunde, belehrte manchen Fragenden, zeigte an chemischen und optischen Experimenten die zu erwartende, manchen überraschende Wirkung, und die Versammlung folgte ihm hörend, schauend, bewundernd mit ungemindeiter Aufmerk samkeit bis zum Schluß. Jeder Buchhändler wird sich freuen, daß unfern jungen Berufsgenossen die Kenntnis aller dieser technischen Geheimnisse des Fachs in so dankenswerter Weise vermittelt wird. Der junge Buchhändler gewinnt hier einen Einblick in die technischen Grundlagen seines Berufs, eine Kenntnis der nicht immer klaren, oft seltsamen Fach- und Handwerksausdrücke, eine Mahnung zur Vorsicht in der Berufsbetätigung, wie sie älteren Buchhändlern in ihrer Lehrlings- und Gehilfenzeit nicht geboten worden sind. Das ist ein Vorzug, der ihm bei richtigem Erfassen zeit lebens von Nutzen sein wird. Es ist zu erwarten, daß dieser Unterricht gute Frucht tragen wird. Red. »Kreis Norden« in Segeberg. »Segeberg«, so erklärte mir ein gelehrter Professor, als ich ihm erzählte, daß ich dort gewesen war, »trägt seinen Namen aus derselben Ursache wie Siegen, Siegburg und andre Orte mit ähnlichem Namen. Es ist dort einst ein großer Sieg errungen worden, und zwar hat bei Segeberg Heinrich der Löwe die Slaven gründlich aufs Haupt geschlagen und demnächst die Stätte befestigt. Daher der Name Segeberg«. »Ach«, erwiderte ich, »ich glaube, die Geschichte liegt viel länger zurück. Karl der Große, der bekanntlich weit in der Welt umhergekommen ist, hat dort einen großen Sieg erfochten und dann einer seiner Sattel-Meier*) als Statt halter zurückgelassen. Denn es lebt heute noch in Segeberg ein echter Meier mit »i«, der seinen Stammbaum auf einen der Sattel-Meier Karls des Großen zurückführt.« Der Professor hatte ob meiner Ignoranz, die Karl den Großen bis über die Elbe gekommen sein lassen wollte, neben mitleidigem Lächeln, einen großen Schatz von historischen Daten wortgerecht zur Verfügung. Aber hartnäckig und starrköpfig wie ich nun einmal bin, ließ ich mich von meiner Meinung nicht abbringen. Ich bin überzeugt, daß der echte Meier, der es doch am besten wissen muß, mir recht geben wird. — Er empfing uns am Frühmorgen des 15. September am Bahnhof in Segeberg in voller Frische, die nicht im ge ringsten ahnen ließ, welchen heldenhaften Anstrengungen er am Abend und in der Nacht zuvor schon hatte gerecht werden müssen. Die Stadt prangte im vollsten Flaggenschmuck. Später erfuhren wir, daß am selben Tage auch ein Rennen in Segeberg stattfand. Aber wer könnte genau ausrechnen, wieviel Flaggen zu Ehren des Kreises Norden und wieviel zu Ehren des Rennens gehißt waren! Der Weg führte uns zunächst zu den Geschäftslokalitäten unsers Kollegen Gerhard Meier, wo dessen Damen die Honneurs machten. Dann ging es hinauf auf den Gipfel des Kalkbergs. Ein imposanter Kegel! Ganz steil fällt er gen Norden ab, es sind jedenfalls viel über 100 Meter bis zur Sohle hinab. Der weite Rundblick von oben bietet ein anmutiges Bild echt holsteinischen Landes, dieser grünen, im Sonnenschein lachenden Landschaft mit ihren fruchtbaren Feldern und satten Wiesen, mit den charakteristischen Knicks und so manchem Wasserspiegel. Unmittelbar zu Füßen die roten Dächer der alten Stadt, geradezu typisch das Gepräge einer kleinen norddeutschen Stadt tragend. Daran anschließend der See, umschlungen von Gärten und schattigen Alleen, nordwestlich das Kurhaus, ein vornehmer Bau aus großem Park hervorlugend. Dorthin ging jetzt unsre Wanderung. Halbwegs trafen wir mit den Großen im Kreise Norden *) Vergl. »Ferschke, Im Rock des Königs- in der Erzählung -Mein Einjähriger».