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k?—- > - > — . s Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich qo Pfg., zweimonatlich 8v pfa., vierteljährlich 1,20 Mark. O Einzelne Nummer io Pfg. o ! ? Z Unterhaltungs- und Anzeigeblatt Wochenblatt und Anzeiger Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger V a Annahme von Anzeigen bis spätestens Mittags (2 Uhr des LrscheiNungstages. Preis für die Spaltzeile w Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. S Ü Älit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt" sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Na. 136. Mittwoch, den 11. November 1908. 7. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Mtendorf-Dkrilla, den in. November igo8. Wir machen unsere werten Leser noch- lNals hierdurch auf den morgen Mittwoch Abend 8 Uhr im schwarzen Rost stntlfindenden Vortrag des Naturforscher Herrn Dr. Arnold Vraß aus Kodesberg aufmerksam und wäre 'in recht zahlreicher Besuch sehr wünschenswert. /X Wie aus dem Inseratenteil ersichtlich finden von heute Dienstag an im Saale des Gasthof zu Lausa einige Vorstellungen eines kroßeren Zirkus statt. Das Programm ver spricht wirklich sehenswerte Piöcen und ist ein Besuch auch von hier aus sicher lohnend, zumal der CircuS im diesigen Ort mangels eines Vassenden Platzes Vorstellungen nicht halten kann. —* Martinslag. Der 10. November gilt als Martinstag. Man gedachte dab i des Bischofs Martin von Tours, der ums Jabr 400 gestorben ist. Ein unbefangener Spzial- forscher hat ihm nachgerühmt, dast er ein Mann der Tat und der Arbeit gewesen sei. „Ein kräftiger, gesunder Erdinstinkt, ein frischer engerischer Beläligungstrub verschafften seiner vielseitigen Wirksamkeit als Mönchsoater, als Heidenmissionar und als Volksarzt un beschreibliche Erfolge". Luther hat von seinem Nomenöpalron mit hoher Achtung gesprochen. Um so merkwürdiger, dast man diesen ehren werten Mann mit — SchmouS- und Zech- Kedanken in Verbindung gebracht hat. Möglich, daß hier eine volkstümliche Verwechslung vor- liegt, die sich aus irgend einem altgermanischen Herbst - Opserbrauche erklä't. Jedenfalls ist Martini als ein Tag belicht an dem es bezüglich des Essens und Trinkens nicht hoch genug hergehrn kann; so hat sich's wenigstens in ländlichen Gegenden noch erhalten. Dresden. Auf der Dippoldiswaldaer Landstraße, zwischen Kaitz und Bannewitz, ist in einer der vergangenen Nächte ein schweres EilllichkeitSattentat verübt vordem Ein jungzr Schweizer aus Bannewitz trat in der fraglichen Nacht mit seiner Geliebten von Dresden aus den Heimweg an. Zwischen den obengenannten Ortschaften näherten sich ihn-n zwei junge Leute, ein in einer Dresdner Weinhandluug beschäftigt r Markihelser und ein Arbeitsbursche, Und sprachen das Paar an. Im Laufe des Gesprächs reichte drr Markthelfer dem Schweizer und seiner Geliebten eine Flasche nebst Gias zum Trunk, den diese auch annahmen. Der Inhalt muß eine absonderliche Mischung ent halten haben, denn beide gerieten in einen stark berauschten Zustand, der ihnen die Besinnung raubte. Dies.n hilflosen Zustand benützten die Verbrecher, um sich an dem Mädchen zu ver gehen. Am anderen Morgen fanden Radfahrer das bedauernswerte R ädchen bewußtlos im Straßengraben liegend vor, während der Mann Unt blutigem Kops auf der Landstraße auf- krsunden wurde. Die polizeilichen Erörterungen haben die baldige Festnahme der Attentäter h'rbeigeführt. — Im Landtage ist heute Dekret Nr. 61 singegangenen, betreffend den Entwurf eines Gesetzes über die Bezüge früherer Staatsdiener und ihrer Hinterbliebenen. Darnach werden dir Pensionen bis mit 1500 Mark um 12,5, diejenigen über 1500 Mark bis 3000 Mark Um 10 Prozent und diejenigen über 3000 Mk Um 7,5 Prozent erhöht. Aehnliche Erhöhungen steten für Witwen, Halb- und Ganzwaisen ein. Die Erhöhung tritt bei bereits bezogenen Vensianen am 1. Januar 1909 in Kraft. Der zukünftige jährliche GesaMtrnrhrbedarf für biese erhöhten Pensionen bet ägt 1877 127 Mk. — Am Sonnten abend stießen bei Wald- Klößchen zwei Straßenbahnwagen zusammen. entstand ein größerer Materialschaden. Da auch die Fenster cer Wagen zertrümmert wurden, wurden durch hl rumfliegende Glas- stlitter mehr-re Personen leicht verletzt. Einer Dame wurden beim Zusammenstoß, der sie auf bie gegenüberliegende Bank warf, die Vorder- iähne eingestoßen. Der Unfall soll an der dort abschüssigen Stelle auf das Versagen der Bremse zurückzuführen sein. Schandau. Infolge der anhaltenden Kälte im oberen COtale, heute früh hierselbst bis zu 10 Grad R., führt der Elbstiom in diesem Winterhalbjahre die ersten Eismassen mit sich Sollte diese Kälte noch länger anhalten, dürfte die Elbe bereits morgen so viel Treibeis aufweisen, daß man jm oberfächsischen und böhm scheu Elbtale d e Schiffahrt ganz einstellen muß. Kamenz. Sonnabend Mittag halb 10 Uhr brannte der Dachstuhl des Gemeindearmen hauses im benachbarten Jesau nieder. Nur durch schnelles Eingreifen der Bewohner, sowie der Arbeiter der nahen Steinbrüche und dadurch, daß die Gememdespritze gleich zur Hund war, war es mö lich, eine Weite, veibreilung des Feuers zu verhindern Die EnlstrhungSursache ist unbekannt. Zittau. Ein 18jähriges Mädchen, das in einem Restaurant beschäftigt war, sprang in den dortigen Burgteich. Da aber der Wisterstand jetzt sehr niedrig ist, erreichte das Mädchen seine A> sicht nicht, sondern es wurde unversehrt uuü dem Schlamme gezogen, Bei letztes Ehr gefühl soll d r Grund zu dem Schritte ge wesen sein. Oucrsa. Durch den Herrn Obe'pikeur Wrner von Jägerhof wurde nn hiesigen Holze ein Wildlieb beim Fr-uchen von Kaninchen Überrascht und festgenommen. Der Mann, ein Arbeiter aus Spremberg, hatte Netze und Frettchen bei sich und auch bereits einige Kaninchen gefangen. Vor einiger Zeit soll dieser 'Rann bereits auf Lampertswalder Revier frelitert und dabei von Einwohnern überrascht worden sein Drr Wilddieb wurde dem Gendarm übergeben, der denselben mittelst Geschirres am Fc-ilag mitlag an das Königliche Amtsgericht Großenhain ablieferte. Otterwisch. Endlich scheint es gelungen zusein, den Urheber der vielen Brände, die besonders das Rittergut des Herrn von Arnim heimsuchten, und dem vor 4 Wochen erst wieder eine große, 200 Jah>e alte Scheune zum Opfer gefallen war, in dem Kutscher des Kammerherrn von Arnim zu ertappen. Der Kutsch-r wurde dem Amtsgericht Lausigk eingeliefert Borna. Wie leichtsinnig oft mit Schuß waffen umgegangen wird, zeigen wieder trotz aller Warnungen zwei Fälle, die sich hier und in der Nähe ereignet haben. Auf einem Ritter guts legte ein mit dem Reinigen eines Jagd gewehres beschäftigter Kutscher auf ein jnngs Mäochen an, das in das Zimmer trat, nach dem er die Waffe mit einer vermeintlich schon abg-schoffenen Patrone geladen hatte. Der Schuß krachte und nur dem glücklichen Zufall des Fehlgehens d r Schrote hatte es der Leicht sinnige, der noch von dem gleichfalls anwesenden Ve, walter gewarnt worden war, zu verdanken, das kein Unglück, geschah, vielmehr nur ein an der Wand hängender Ueberock durchlöchert wurde. Weiler hatten sich hier zwei junge Leute Revolver mit dem stattlichen Kaliber von 7 rnm kommen lasten- Beim Probieren der Waff n ging nun der eine Besitzer, im Alter von 16 Jahreu stehend, so unvorsichtig zu Werke, daß der Schuß sich entlud und die Kugel ihm in die Handfläche'drang. Doberenz bei Geithain Die hiesigen Be wohner wurden durch Brandbriefe in starke Erregung versetzt. Ein Knecht ist als der Briefschreibsr ermittelt worden. Im schein! auch der jüngste Brand des Reißkyichen An wesens zur Last zu fallen. Leipzig. Einen schrecklichen Selbstmord verüble am Freitag vormittag vermutlich in einem Anfalle von Geistesstörung die 63 Jahre alte Eb-frau eines in der Frohburger Straße in L.- Connewitz wohnhaften pensionierten Bahn wärters. Die Fran übergoß im Kelle, raum ihre Kleidung mit Spiritus und zündete sich dann an. Hierbei fand die Unglückliche einen qualvollen Tod. Bereits im Sommer dieses Jahres unternahm die Frau, welche schwer nervenkrank war, einen Selbstmordversuch, indem sie sich in den Pleißenfluß stürzte. Die Lebens müde wurde damals von Samtzleuten wieder aus dem Master herausgezogen. — In der Kurprinzstrnße sprang ein 18 jähriges Dienstmädchen aus der Funkenburg straße von einem noch im Gange befindlichen Straßenbahnwagen ab. Das Mädchen kam dabei zu Falle. Die Unglückliche zog sich eine Gehirnerschütterung und eine schwere Wunde am Kopfe zu. Sie mußte mittels Rettungs wagens nach dem Krankenhauss St. Jacob überführt werden. Dort ist die Bedauernswerte den erlittenen Verletzungen erlegen. Werdau. Ein 73jähriger Feuermann be suchte einen Kollegen. Kaum hatten die Freunde einige Worte gewechselt, als der erstere zu stammeln begann und ohnmächtig zusammen Der hinzugezogene Arzt konnte nur den bereits ein getretenen Tos infolge G hirnschlagö feststellen. Werdau. In dem in Oelsnitz i. V. ver hafteten und von hier gebürtigen, zuletzt in LteinpleiS wohnhaften Einbrecher Pelz haben d e beiden Frauen Kiester und Kahner aus Langenbernsdorf, auf die im Mai dieses Jahres ein Uebe-fall im Langenbernsdorfer Grunde von zwei unbekannten Männern unternommen wurde, den einen der Verbrecher bestimmt wiedcrerkannt. Pelz der übrigens eine Anzahl Einbrucksdubstähle auf dm Kerbholz hat, führte in diesem Sommer auch einen Raub- anfall auf eine Gutsbesitzersehefrau aus Königs walde auf dem Wege nach dort aus. Zwickau. Einem Brautpaare, da« in den Ehestand treten wallte, ist ein böser S reich zu spielen versucht worden. Langte da jetzt kurz vor dem als Termin bestimmten Hochzeitstage bei dem Standesamts eine Postkarte an, auf welcher der Bräutigam die Aufhebung des Ver löbnisses anzeigt, wodurch auch der Hochzeits tag hinfällig geworden sei. Nur durch Zufall wurden die üblen Folgen vermieden, weil die Braut kurz vorher nochmals auf dem Standes- amte erschien und da zu ihrer grenzenlosen Verwunderung von d r, wo sich herausstellte, fingierten Sinnesänderung ihres Zukünftigen Kenntnis erhalten hatte. Adorf. Ein ziemlich bedeutender Eisenbahn- unsall ereignete sich aus dem Bahnhofe. Beim Rangieren stießen mehrere Güterwagen auf einander. Drei Güterwagen entgleisten; einer ist total zertrümmert, die anderen stark be schädigt. Die Beamten kamen mit dem Schrecken davon. Der Materialschaden ist be deutend. Nus der Woche. Der Lärm über die Veröffentlichungen des ,Daly Telegraph ist im In- und Auslande verrauscht. Allerdings wäre es zuviel gesagt, wollte man behaupten, daß auch die verhängnis vollen Folgen beseitigt seien. Gerade England, an das ja des Kaisers Worte gerichtet waren, hat sie zum Anlaß genommen, um aufs neue Mißtrauen gegen Deutschland zu säen. Und dieses Mißtrauen ist uns in diesen Tagen häufig ausgesprochen worden und wir hören es noch täglich, Nur in Oesterreich haben wir einen zuverlässigen Freund auch in dieser Zeit ge funden. Wenn Volk und Presse in Deutschland einig waren in dem Bewußtsein, daß solche Vorkommniste vermieden werden mästen, so ist doch auch zu hoffen, daß die Nation einmütig erkannt hat, daß sie vorläufig auf sich selbst gestellt ist, daß sie auf Freundschaft in der Welt nicht zu rechnen hat. Ob wir unsern Blick nach Frankreich richten, ob wir nach England, Rußland oder Italien sehen, man sucht die deutsche Freundschaft nicht, man liebt uns nicht. Diese Erkenntnis mag manchem bitter scheinen, aber sie birgt keine Gefahr, so lange man uns noch fürchtet. Wir wollen keinem Nachbar drohen, aber ihm zeigen, daß innerhalb der schwarz-wnß-rolen Grenzpfähle ein einig Volk von Brüdern lebt, das den Stürmen trotzt, die es aus seinen Bahnen werfen wollen. In diesem starken Streben, die deutsche Einheit immer fester zu gestalten, liegt das geheimnisvolle Zaubermittel, das uns den Frieden sichert. Und rechnen wir hinzu, daß wir in Oesterreich einen treuen Waffengefährten haben, so brauchen wir nicht allzu trübe in die Zukunft schauen. Wir können das Revanche geschrei aus dem Vogesenlsch, wie das schaden frohe Lachen am Themsestrand überhören. Wenn wir in Einheit mit Ruhe und Stetigkeit den Zielen des Friedens leben, so wird ohne unseren besonderen Eifer der Tag kommen, da sich wieder, wie zu Bismarks Zeiten Freunde um uns scharen werden. — Daß wir in ernsten Tagen leben, hat der Zwischenfall von Casablanca mit aller Deutlichkeit gezeigt. Die deutsche Regierung, deren Konsolen beamten in Casablanca von französischen Marinesoldaten angegriffen und mißhandelt worden waren, halte von der französischen verlangt, daß sie ihr Bedauern darüber ausdrücke. Ist das zuviel? Jm Leben der Völker sollte es sein wie im Leben des einzelnen. W-r einem andern Unrecht tat, bitte um Verzeihung. In Frankreich aber entstell! man die Tatsachen, die Presse schürt das Feuer und schließlich wird aus dem „Wort laut der Entschuldigung" eine „nationale Frage" gemacht. Das zeigt am besten die unüber brückbare Kluft die sich seit 1870 zwischen Deutschland und Frankreich ausgetan hat. Die Regierung muß auf der Hut sein, dem Nachbar nicht allzu freundlichst ausdrücken, daß ihm unrecht getan worden ist! Werden die „Gesell schaften zur Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen" daraus nun endlich die Lehre nehmen, daß bis zu dem Ausgleich aller Gegen sätze noch ein weiter Weg ist? Werden sie merken, daß die „blonden Träumer", wie man uns am Seinestrand nennt, mit Gefühlspolitik niemals die gallischen Sprudelköpfe gewinnen können? Freundlich laßt uns sein, höflich und kühl, bis man eines Tages jenseits der Grenze empfänglicher sein wird für innigere Töne des Gefühls. — Auf dem Balkan ist wieder Ruhe eingekehrt. Und wenn auch Serbien sich immer noch in der Rolle des Rächers gefällt, der die Slawenvölker auf dem Balkan einen will zum Kampf gegen das andring-nde Germanentum, das sich in Oesterreich-Ungarn verkörpert, so kann doch das laute Geschrei nicht über die Ohnmacht des Völkchens hinweg- täuschen, das schon seit Jahren einen Selbst vernichtungskrieg führt. Die Türkei hat sich mit Bulgarien ausgesöhnt, sie unterhandelt mit Oesterreich- Ungarn. Vielleicht liegt in diesem Anerkennen geschichtlicher Notwendigkeiten mehr Größe, als in der Organisation der friedlichen Revolution, die die Verfassung brachte. Wir Deutsche können nur bedauern, daß die Orient krise von unsern Gegnern nicht ohne Erfolg benutzt worden ist, die deutsch-türkische Freund schaft zu lockern. Mit Abd ul Aziz und Abd ul Hamid haben wir auf absehbare Zeit die mühsam gewonnene mohammedanische Welt ver loren — Freundlichere Bilder zeigen sich uns, wenn wir einen Blick auf die Entwickelung unsrer Technik werfen. Vor einigen Tagen ist der Parseval-Ballon vom Reich übernommen worden, nachdem er seine Brauchbarkeit für Militär zwecke erwiesen hat. Und um dieselbe Zeit hat. Graf Zeppelin mit seinem neugebauten „Zeppelin I" Ausstiege unternommen, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigen. Was auch die Umwohner versucht haben, den Vorrang auf dem Gebiete der Luftschiffahrt können sie uns zurzeit nicht streitig machen. Warten wir noch ein Weilchen vielleicht kommt der Tag, an dem die Welt sich überzeugt, daß in dem Deutschen Reich, das man vergeblich einzuengen versuchte, ungebrochene Kräfte schlummern, die den Völkern zu größeren Segen gereichen, wenn sie sich uns friedlich nähern, anstatt uns die Almung zu erschweren. Zu den Slernen nimmt Graf Zeppelin den kühnen Flug, wo die Hoffnung wohnt Machen wir's wie er.